Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 29.08.2006, RV/1083-W/06

Erfolgsaussichten der Berufung im Zusammenhang mit der Frage des Zeitpunktes des Vorsteuerabzuges für Vorleistungen bei beabsichtigter Option zur Steuerpflicht bei Grundstücksumsätzen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO entschieden:

Der Berufung wird stattgegeben und die Umsatzsteuer 04-06/2005 im Betrag von € 60.882,00 gemäß § 212a BAO von der Einhebung ausgesetzt.

Entscheidungsgründe

Gleichzeitig mit dem Vorlageantrag vom gegen die Berufungsvorentscheidung vom betreffend Umsatzsteuer 04-06/2005 stellte die Berufungswerberin (Bw.) den Antrag, den von der Berufung betroffenen Betrag in Höhe von € 60.882,00 gemäß § 212a BAO auszusetzen. Die Berechnung des für die Aussetzung der Einhebung in Betracht kommenden Betrages wurde dargestellt.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Aussetzung der Einhebung mit der Begründung ab, dass die Berufung wenig Erfolg versprechend erscheine, da sich aus dem Gesetzestext des § 6 Abs. 2, 2. Unterabsatz UStG 1994 ergebe, dass ein Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der Optionsausübung möglich sei.

Voraussetzung für die Optionsausübung sei, dass der Unternehmer einen gemäß § 6 Abs. 1 Zi 9a UStG 1994 grundsätzlich steuerfreien Umsatz tätige. Da der Umsatz erst im Zeitpunkt der Lieferung (= Verkauf der Vorsorgewohnungen) getätigt werde, sei ein Vorsteuerabzug frühestens in diesem Zeitpunkt möglich. Die Berufung erscheine daher wenig Erfolg versprechend.

In der dagegen eingebrachten Berufung führte die Bw. aus, dass, wie in der Begründung zur Berufung bzw. zum Vorlageantrag dargelegt, hinsichtlich der materiellen Frage eine Entscheidung des UFS (, RV/1617-L/02) vorliege, wonach der Vorsteuerabzug bereits im Zeitpunkt des Bezuges der Vorleistungen zustehe. Weiters sei diese Meinung auch in der Literatur (SWK 1999, Seite 559ff) mit Hinweis auf EUGH , Rs 268/83 vertreten.

Gemäß , komme eine Abweisung nur dann in Betracht, wenn die Erfolglosigkeit offenkundig sei, wenn also die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar sei (nach Meinung der Behörde dürfte daher der UFS Linz offensichtlich keine urteilsfähige Person sein).

Insbesondere sei es nicht Aufgabe des Aussetzungsverfahrens, die Berufung vorweg zu nehmen ().

In einer derartigen Konstellation den Vorlageantrag als wenig Erfolg versprechend im Sinne des § 212a BAO zu qualifizieren, entbehre somit jeglicher sachlicher juristischer Begründung und lasse diese Entscheidung aus dem Blickwinkel des Steuerpflichtigen als reinen Willkürakt erscheinen.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 212 a Abs. 1 BAO lautet:Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,a) insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheint, oderb) insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oderc) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

Gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/16/0383, kommt eine Abweisung eines Aussetzungsantrages nur dann in Betracht, wenn die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels offenkundig ist, wenn also die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar ist.

Strittig ist im gegenständlichen Fall der Zeitpunkt des Vorsteuerabzuges für Vorleistungen bei beabsichtigter Option zur Steuerpflicht bei Grundstücksumsätzen, somit ob der diesbezügliche Vorsteuerabzug sofort oder erst im Zeitpunkt der steuerpflichtigen Weiterlieferung zusteht.

Diese Frage lässt sich aus dem Gesetzestext nicht zweifelsfrei klären.

Auch die diesbezügliche Literatur ist widersprüchlich. Wie die Bw. in ihrer Berufung auch zutreffend ausführt, hat der unabhängige Finanzsenat in der Berufungsentscheidung vom , GZ. RV/1617-L/02, ausgeführt, dass der Vorsteuerabzug bereits im Zeitpunkt des Bezuges der Vorleistungen zusteht.

Gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2002/13/0216, ist es nicht Aufgabe des Aussetzungsverfahrens, die Berufungsentscheidung vorwegzunehmen.

Die endgültige Klärung der hier strittigen Rechtsfrage hat daher im diesbezüglichen Abgabenfestsetzungsverfahren zu erfolgen.

Im Hinblick auf diesen Sachverhalt kann daher keine offenkundige Erfolglosigkeit des Rechtsmittels festgestellt werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Schlagworte
Erfolgsaussichten
Vorsteuerabzug
Option zur Steuerpflicht bei Grundstücksumsätzen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at