Sonstiger Bescheid, UFSL vom 23.03.2011, RV/0368-L/11

1) Mitteilung des Abgabenanspruches im Haftungsverfahren 2) Berufungslegitimation eines Haftungspflichtigen


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Miterledigte GZ:
RV/0402-L/09
RV/0403-L/09

Entscheidungstext

Bescheid

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Referenten R. über die Berufung des Bw., vom gegen

1) den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch Hofrat Gottfried Buchroithner vom betreffend Geltendmachung einer Haftung gemäß § 12 der Bundesabgabenordnung (BAO) für Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin vom und

2) die (nicht näher bezeichneten) Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003, sowie Werbeabgabebescheide 2002 und 2003 des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch Oberrat Reinhard Schatzl

entschieden:

1) Der Bescheid betreffend Geltendmachung einer Haftung gemäß § 12 der Bundesabgabenordnung (BAO) wird gemäß § 289 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.

2) Die Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 und die Werbeabgabebescheide 2002 und 2003 wird als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Gegenüber der PS wurden mit den Bescheiden vom die Umsatzsteuer 2002 und 2003, sowie die Werbeabgabe 2002 und 2003 festgesetzt.

Mit dem angefochtenen Haftungsbescheid vom wurde gegenüber dem einschreitenden Masseverwalter die Haftung gemäß § 12 der Bundesabgabenordnung (BAO) für Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin in Höhe von 12.981,75 € geltend gemacht. Aus der Aktenlage geht nicht hervor, dass dem Masseverwalter auch die der Haftung zu Grunde liegenden Abgabenbescheide zugegangen sind.

In der gegenständlichen Berufung wird indirekt auf diesen Umstand hingewiesen und die Berufung sowohl gegen den Haftungsbescheid vom als auch gegen die zu Grunde liegenden Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003, sowie die Werbeabgabebescheide 2002 und 2003 eingebracht.

Die Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 und die Werbeabgabebescheide 2002 und 2003 wurden am dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt. Die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung mit Bescheid vom wurde am dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

1) Zur Geltendmachung der Haftung gemäß § 12 BAO

Nach § 248 der Bundesabgabenordnung (BAO) kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid § 224 Abs. 1 BAO) innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2 und 4 BAO sinngemäß.

"Bescheide über den Abgabenanspruch" sind insbesondere Abgabenbescheide (§ 198 BAO) und Haftungsbescheide (§ 224 BAO).

Ein Antrag auf Mitteilung der für den Haftungsbescheid maßgeblichen Abgabenbescheide wurde seitens des Berufungswerbers (Bw.) jedenfalls nicht gestellt.

Die genannte Bestimmung ermöglicht es dem Bw., nicht nur gegen den Haftungsbescheid, sondern auch gegen die diesem zugrunde liegenden, an die Primärschuldnerin gerichteten Abgabenbescheide berufen zu können. Aus dem dem Haftungspflichtigen eingeräumten Berufungsrecht ergibt sich allerdings, dass ihm anlässlich der Erlassung des Haftungsbescheides von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis zu verschaffen ist, und zwar vor allem über Grund und Höhe des feststehenden Abgabenanspruches (vgl. zB sowie ). Eine solche Bekanntmachung hat durch Zusendung einer Ausfertigung (Ablichtung) der maßgeblichen Bescheide über den Abgabenanspruch, allenfalls durch Mitteilung des Bescheidinhaltes zu erfolgen (vgl. zB Ellinger/Wetzel, BAO, 194). Das Unterbleiben einer solchen Bekanntmachung macht den Haftungsbescheid rechtswidrig (Ritz, BAO³, § 248 Tz 8 mit weiteren Nachweisen in und Stoll, JBl 1982, 9).

Der Verwaltungsgerichtshof () vertritt unter Hinweis auf seine Vorjudikatur, dass bei unterlassener Bekanntmachung des für Haftungsbescheid maßgeblichen Abgabenbescheides ein Mangel des Verfahrens vorliegt, der im Verfahren über die Berufung gegen den Haftungsbescheid nicht sanierbar ist.

Da im berufungsgegenständlichen Fall anlässlich der Erlassung des Haftungsbescheides eine Zusendung der Bescheide über die Abgabenansprüche nicht erfolgt ist, und darüber hinaus der Haftungsbescheid keinen Hinweis im Sinne des § 245 Abs. 1 BAO enthielt, wonach eine (weitere) Begründung zum Bescheid noch ergehen werde (diesfalls hätte auch eine spätere Zusendung der Abgabenbescheide als "anlässlich der Erlassung des Haftungsbescheides" zugestellt gegolten, weil erst zu diesem Zeitpunkt die Rechtmittelfrist zu laufen begonnen hätte), wurde der Haftungsbescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet.

§ 289 Abs. 1 BAO normiert:

"Ist die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 274) zu erklären, so kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Berufung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Im weiteren Verfahren sind die Behörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im Aufhebungsbescheid dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat. Soweit die Verjährung der Festsetzung einer Abgabe in einer Berufungsentscheidung (Abs. 2) nicht entgegenstehen würde, steht sie auch nicht der Abgabenfestsetzung im den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz entgegen; § 209a gilt sinngemäß."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (), liegt ein Mangel des Verfahrens vor, der im Verfahren über die Berufung gegen den Haftungsbescheid nicht sanierbar ist, wenn wie im gegenständlichen Fall Abgabenansprüche nicht anlässlich der Erlassung des Haftungsbescheides bekannt gegeben werden. Die Ermächtigung des § 289 Abs. 1 BAO zur kassatorischen Erledigung von Berufungen, deren Voraussetzung wesentliche Verfahrensmängel des erstinstanzlichen Verfahrens ist, liegt zwar im Ermessen der Behörde, ist aber vor allem auch angesichts des oben zitierten Erkenntnisses des in derartigen Fällen die einzige Möglichkeit einer gesetzmäßigen Entscheidung (vgl. sowie ).

Im Übrigen wäre im Haftungsbescheid die Primärschuldnerin so zu bezeichnen, wie sie im Firmenbuch zuletzt aufgeschienen ist. Die vom Finanzamt im angefochtenen Bescheid gewählte Formulierung Primärschuldnerin entspricht diesem Erfordernis nicht, da die Primärschuldnerin mit dem Firmenwortlaut "PS" zuletzt im Firmenbuch eingetragen war.

2) Zur Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 und die Werbeabgabebescheide 2002 und 2003

Wer befugt ist, ein Rechtsmittel einzubringen, ergibt sich aus den §§ 246 bis 248 BAO. Berufungswerber kann nur sein, dem der erstinstanzliche Bescheid wirksam bekannt gegeben wurde (§ 97 BAO und § 101 BAO) und für den dieser Bescheid auch inhaltlich bestimmt war (vgl. ). Rechtsmittel von Personen, an die ein gegen diese spruchmäßig gerichteter Bescheid nicht ergangen ist oder gegen die er nicht wirkt, sind zurückzuweisen.

Personen, die nach den Abgabenvorschriften für eine den Gegenstand eines Bescheides bildende Abgabe als Haftende in Betracht kommen, aber noch nicht selbst herangezogen sind, sind (zunächst) nicht befugt eine Berufung einzubringen. Sie können lediglich dem zulässigen Rechtsmittel des Berufungswerbers gegen den Bescheid beitreten (§ 257 BAO) und als Beitrittswerber die gleichen Rechte wie der Berufungswerber geltend machen. Der Beitritt zu einer Berufung muss gemäß § 258 Abs. 1 erster Satz BAO schriftlich erklärt werden. Hierbei ist eine förmliche Prozesserklärung notwendig.

Die gegenständliche Berufung richtet sich auch ausdrücklich gegen die der Haftung zu Grunde liegenden Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 und die Werbeabgabebescheide 2002 und 2003. Da der Haftungsbescheid nach § 289 Abs. 1 BAO aufzuheben war, ist die gegenständliche Berufung, soweit sie sich gegen Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 und die Werbeabgabebescheide 2002 und 2003 richtet, als unzulässig (geworden) zurückzuweisen.

Bemerkt sei noch, dass zwar die Berufung in diesem Punkt ein Formgebrechen insofern aufweist, als die Inhaltserfordernisse des § 250 Abs. 1 lit. b und c BAO fehlen. Die Behebung dieser Formgebrechen erübrigt sich, weil die Aussichtslosigkeit der Berufung von vornherein offenkundig ist (vgl. , 0096 unter Hinweis auf Zl. 1244/75 und die dort angegebene Judikatur).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 12 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at