Sicherstellungsauftrag, Prüfung der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringlichkeit
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/2936-W/09-RS1 | Abgabenhinterziehungen und Mängel in der Buchführung allein ohne Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Abgabepflichtigen reichen zur Annahme einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringlichkeit von Abgaben nicht aus (). |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Mag. Wolfgang Seifert, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Salztorgasse 1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit Sicherstellungsauftrag vom ordnete das Finanzamt zur Sicherung der im Betriebsprüfungsverfahren festgestellten voraussichtlichen Nachforderungen an
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Lohnsteuer 03/2008 | € 10.594,44 |
Dienstgeberbeitrag 03/2008 | € 3.240,00 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2008 | € 288,00 |
Lohnsteuer 04/2008 | € 10.565,44 |
Dienstgeberbeitrag 04/2008 | € 3.232,00 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2008 | € 287,00 |
Lohnsteuer 05/2008 | € 12.507,33 |
Dienstgeberbeitrag 05/2008 | € 3.825,00 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 05/2008 | € 340,00 |
Lohnsteuer 06/2008 | € 5.679,80 |
Dienstgeberbeitrag 06/2008 | € 1.737,00 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 06/2008 | € 154,00 |
Lohnsteuer 07/2008 | € 14.008,20 |
Dienstgeberbeitrag 07/2008 | € 4.284,00 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 07/2008 | € 381,00 |
im Betrag von insgesamt € 71.121,78 die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Berufungswerberin (Bw.) an, da sich aus den Kennzahlen der angemeldeten Dienstnehmer und der abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen ableiten lasse, dass die Bw. selbst nicht die Voraussetzungen besitze, um die erklärten Umsätze mit den angemeldeten Dienstnehmern zu erzielen. Weiters lasse sich aus der Kennzahl Steuerschuld für Bauleistungen ableiten, dass im inkriminierten Zeitraum insgesamt Subunternehmerfakturen im Ausmaß von € 686.270,60 an die Bw. gelegt worden wären. Dieses Volumen entspreche in etwa dem Zehnfachen des mit dem eigenen angemeldeten Personal erwirtschafteten Umsatzes.
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Sicherstellungsauftrag vom ordnete das Finanzamt zur Sicherung der im Betriebsprüfungsverfahren festgestellten voraussichtlichen Nachforderungen an
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Lohnsteuer 08/2008 | € 294,29 |
Dienstgeberbeitrag 08/2008 | € 90,00 |
Lohnsteuer 09/2008 | € 21.100,59 |
Dienstgeberbeitrag 09/2008 | € 6.453,00 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 09/2008 | € 574,00 |
Lohnsteuer 10/2008 | € 25.014,65 |
Dienstgeberbeitrag 10/2008 | € 7.650,00 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 10/2008 | € 680,00 |
im Betrag von insgesamt € 61.864,53 die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Bw. an, da sich aus den Kennzahlen der angemeldeten Dienstnehmer und der abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen ableiten lasse, dass die Bw. selbst nicht die Voraussetzungen besitze, um die erklärten Umsätze mit den angemeldeten Dienstnehmern zu erzielen. Weiters lasse sich aus der Kennzahl Steuerschuld für Bauleistungen ableiten, dass im inkriminierten Zeitraum insgesamt Subunternehmerfakturen im Ausmaß von € 597.355,45 an die Bw. gelegt worden wären.
Als Subunternehmer der Bw. hätte die L-GmbH mit Sitz in Adresse-2 , eruiert werden können. Zu dieser Gesellschaft wären seitens der Betriebsprüfung folgende Feststellungen getroffen worden:
Am hätte Frau G.F. im Finanzamt vorgesprochen und für sechs Unternehmen Unbedenklichkeitsbescheinigungen für die Bw. begehrt. Befragt zu ihrer Funktion in der Gesellschaft hätte Frau F. angegeben, dass sie seit zwei Wochen bei der Bw. geringfügig beschäftigt wäre. Ihre Funktion bestünde unter Anderem in der Erstellung von Fakturen für die Bw. am Standort Adresse-1, sowie aus diversen Botengängen. Es handle sich beim Firmensitz um ein Straßenlokal mit den Öffnungszeiten Montag-Freitag 9:00-13:00 Uhr. Angesprochen auf Subunternehmer der Bw. hätte Frau F. angegeben, dass aktuell die L-GmbH als Subunternehmer für die Bw. tätig wäre.
Während der Befragung wäre seitens des Finanzamtes eine Überprüfung der Personalien von Frau G.F. vorgenommen worden. Dabei hätte sich herausgestellt, dass diese seit bis laufend selbst bei der L-GmbH angemeldet wäre.
Eine im Anschluss an die Befragung durchgeführte Nachschau am Firmensitz der L-GmbH in Adresse-2, hätte keinen Hinweis auf die Existenz der Gesellschaft ergeben.
Als Grundlage der durchgeführten Sachverhaltsermittlung wäre davon auszugehen, dass die L-GmbH als reine Scheinfirma einzustufen wäre, die einerseits als Schnittstelle zur Verschleierung der wahren wirtschaftlichen Verhältnisse ("Scheingeschäfte") durch Erstellung von Schein- und Deckungsrechnungen mit dem Vorsatz der Abgabenhinterziehung herangezogen werde und andererseits zur Umgehung von Sozial- und Lohnabgaben ("Personalpool") und Ähnlichem diene.
Ausgehend von einem durchschnittlichen Bruttolohn von € 2.000,00 für einen A1-Bauarbeiter wären die dem Sicherstellungsauftrag zu Grunde liegenden Lohnabgaben auf das Subunternehmerfakturierungsvolumen hochgerechnet worden und hätten die Beträge laut vorstehender Tabelle ergeben.
Abschließend brachte das Finanzamt vor, dass die Einbringung der Abgaben auf Grund des im Vorfeld aufgezeigten Verdachtes der Abgabenhinterziehung gefährdet wäre. Eine Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben wäre desweiteren anzunehmen, da aus den im gegenständlichen Fall der im Vorfeld geschilderten Umstände geschlossen werden müsse, dass nur bei raschem Zugriff der Behörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheine.
In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte die Bw. ein, dass ihr Recht auf Parteiengehör vollkommen ignoriert worden wäre, da ihr nie Gelegenheit gegeben worden wäre, zu den Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen.
Außerdem wäre im angefochtenen Bescheid behauptet worden, dass Frau G.F. angegeben hätte, bei der Bw. geringfügig beschäftigt gewesen zu sein. Sie hätte jedoch niemals für das Unternehmen der Bw. gearbeitet und auch auf telefonische Anfrage bestätigt, der belangten Behörde gegenüber niemals angegeben zu haben bei der Bw. beschäftigt gewesen zu sein. Sie hätte lediglich ausgesagt, für die L-GmbH tätig zu sein. Frau F. hätte die Unbedenklichkeitsbescheinigungen nicht für die Bw., sondern im Auftrag ihres Dienstgebers L-GmbH angefordert.
Die pauschale Behauptung der Behörde, dass eine Nachschau am Firmensitz der L-GmbH keinen Hinweis auf deren Existenz ergeben hätte, stünde in krassem Gegensatz zu den Erfahrungen der Bw., da mit dem Geschäftsführer und einer Angestellten der L-GmbH vielfach telefoniert worden wäre, um Subunternehmeraufträge zu erteilen, und andererseits Dienstnehmer der L-GmbH im Rahmen dieser Subunternehmeraufträge auf den Baustellen der Bw. tätig geworden wären.
Die Behauptung der belangten Behörde stünde auch im Gegensatz zu den mehrfachen Kontrollen des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat, die nach Aussage von Frau G.F. durchgeführt worden wären. Bei diesen Kontrollen wären sowohl Frau F. als auch andere Mitarbeiter der L-GmbH angetroffen worden.
Die Darstellung der belangten Behörde widerspreche auch dem Eindruck des nunmehr eingesetzten Masseverwalters, der auf telefonische Anfrage hin mitgeteilt hätte, dass zumindest Frau F. im Büro der L-GmbH angetroffen worden wäre und sich dort auch eine Reihe von Unterlagen befunden hätten, aus welchen die Geschäftstätigkeiten der Gesellschaft zu entnehmen wären.
Außerdem hätte die bescheiderlassende Behörde auf Basis der von der Bw. an das Finanzamt erteilten Informationen festgestellt, welche Dienstnehmer bei der Bw. beschäftigt gewesen wären, und hätte versucht zu errechnen, welcher Umsatz mit diesen Dienstnehmern erzielbar gewesen wäre, wobei pauschal ein Stundenerlös von € 22,00 angenommen worden wäre. Die Behörde hätte sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Bw. zu befragen bzw. aufzufordern, Unterlagen vorzulegen, zu welchen Preisen sie tatsächlich tätig geworden wäre, zumal die von ihr erbrachten Leistungen keiner gesetzlichen Obergrenze unterliegen würden und es dem unternehmerischen Geschick der Bw. anheimgestellt wäre, einen möglichst hohen Ertrag aus den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen zu erzielen.
Es werde jedoch gar nicht bestritten, dass die Bw. sich bei einer Reihe von Aufträgen eines Subunternehmers bedienen hätte müssen, weil sie selbst nicht über die notwendigen personellen Ressourcen verfügt hätte, um die Aufträge alleine erfüllen zu können. Dafür hätte die Bw. verschiedene Unternehmen beschäftigt und im bescheidgegenständlichen Zeitraum rund € 600.000,00 an die diversen Subunternehmer bezahlt. Alle diese Zahlungen wären durch Banküberweisung erfolgt und somit sehr einfach nachvollziehbar.
Die Bw. stehe in keiner wie immer gearteten gesellschaftsrechtlichen Beziehung zur L-GmbH, sondern hätte diese Gesellschaft wie auch andere Subunternehmer immer wieder eingesetzt, da die Arbeiten von diesen Unternehmen ordnungsgemäß erledigt worden und preislich akzeptabel gewesen wären.
Die Bw. hätte sich bezüglich jedes Subunternehmerauftrages vom Subunternehmer entsprechende Unbedenklichkeitsbescheinigungen übergeben lassen. Dies wäre auch von den Auftraggebern der Bw. bezüglich ihres eigenen Unternehmens so verlangt worden.
Alle Arbeiter hätten sich beim jeweiligen Polier der Baustellen zu melden gehabt und wären deren Daten entsprechend aufgenommen und registriert worden. Insbesondere wäre die Arbeitsbewilligung ausländischer Arbeitnehmer und deren Anmeldung beim Subunternehmer überprüft worden. Nach Abschluss der jeweiligen Baustellen wären diese Daten selbstverständlich nicht aufbewahrt worden, jedoch könnten die jeweiligen Poliere diese Vorgehensweise jedenfalls bestätigen.
Die Bw. wäre ihren Verpflichtungen zur Gänze nachgekommen. Inwiefern die von ihr beauftragten Subunternehmer ihren steuerrechtlichen Verpflichtungen nachkämen, wäre von der Bw. nicht überprüfbar. Sie hätte jedoch keinen Anlass zur Annahme gehabt, dass es diesbezüglich Unregelmäßigkeiten gegeben hätte.
Zumal die Behörde selbst festgestellt hätte, dass die Bw. enorme Beträge für Subunternehmer nachweislich bezahlt hätte und nur dadurch in der Lage gewesen wäre, die erteilten Aufträge zu erfüllen und damit die der Behörde ordnungsgemäß gemeldeten Umsätze zu erzielen, wäre es geradezu absurd, die Bw. einer Abgabenhinterziehung mit der Begründung zu verdächtigen, dass sie mit ihrem Personal die gemeldeten Umsätze nicht hätte erzielen können. Genau aus diesem Grund hätte die Bw. sich ja verschiedener Unternehmen als Subunternehmen bedient.
Da die Bw. strafrechtlich und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten wäre, ihren steuerlichen Verpflichtungen immer nachkomme und keinen Versuch unternommen hätte, Geldmittel unrechtmäßig zu verheimlichen oder die Feststellung des tatsächlichen Sachverhaltes in irgendeiner Weise zu erschweren, wäre die gewählte Vorgangsweise, einen Betrag von € 61.864,53 sicherstellen zu wollen, unverhältnismäßig, zudem bereits im Vorjahr ein Betrag von € 71.121,78 als Sicherstellung bei der Behörde hinterlegt worden wäre, obwohl bisher keine korrespondierenden Abgabenverbindlichkeiten festgestellt worden wären, und es gelindere Mittel gäbe, die Bezahlung allfällig in Hinkunft festgestellter Abgabenverbindlichkeiten sicherzustellen. Da die Bw. ohne diese Beträge jedoch nicht in der Lage wäre, ihre laufenden Kosten abzudecken, zumal es sich bei den hinterlegten Beträgen ja nicht um Gewinne, sondern Umsätze handle, werde der Bestand des Unternehmens extrem gefährdet.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Dazu wurde nach Zitierung der gesetzlichen Bestimmungen und der maßgeblichen Judikatur ausgeführt, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Feststellungen der Lohnsteuerprüfung erst im Zuge des Abgabenfestsetzungsverfahrens zu erfolgen hätte.
Fristgerecht beantragte die Bw. mit Schreiben vom die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabenpflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung zu begegnen.
Im Berufungsverfahren ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als Ausnahme vom Grundsatz, wonach für Berufungsentscheidungen grundsätzlich die Sachlage zur Zeit der Entscheidung maßgeblich ist, lediglich zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben waren (), somit nicht, ob sie im Zeitpunkt der Berufungserledigung noch vorliegen.
Aus dem Vorbringen der Bw., dass ihr nie Gelegenheit gegeben worden wäre, zu den Ermittlungsergebnissen Stellung zu beziehen, lässt sich nichts gewinnen, weil ein Sicherstellungsauftrag kein abschließender Sachbescheid ist, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, aus deren Natur sich ergibt, dass die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht erforderlich ist (), zumal er dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind ().
Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages setzt somit die Entstehung eines noch nicht vollstreckbaren Abgabenanspruches sowie die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der betreffenden Abgaben voraus.
Auf Grund der im Sachverhalt ausführlichen Feststellungen der Abgabenbehörde in der Begründung zum Sicherstellungsauftrag, auf die verwiesen wird, wurde schlüssig und nachvollziehbar die Entstehung des Abgabenanspruches dargelegt. Auf die Erlassung sowie Rechtskraft der Abgabenbescheide kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einem Sicherstellungsverfahren dabei nicht an (); die Einwendungen der Bw. gehen daher ins Leere. Zudem ist die mit Bescheiden vom erfolgte Festsetzung der dem Sicherstellungsauftrag zu Grunde liegenden Abgaben ein Indiz für die Entstehung des Abgabenanspruches, obwohl dieser grundsätzlich unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit entsteht, er demnach keine diesbezügliche Bescheiderlassung voraussetzt ().
Da mittlerweile infolge Erlassung der Abgaben- und Haftungsbescheide das Ausmaß der Abgabenschuld feststeht, war die Sicherstellung auf nachstehende Abgaben einzuschränken, weil durch die genannten Bescheide (teilweise) Minderungen des Abgabenanspruches eingetreten sind. Unberücksichtigt bleiben mussten dabei jene Fälle, bei denen die bescheidmäßige Vorschreibung höhere Beträge als im Sicherstellungsauftrag angenommen ergab:
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Abgabe | laut Sicherstellungs-auftrag | laut Betriebsprüfung | laut Berufungs-entscheidung |
Lohnsteuer 08/2008 | 294,29 | 14.056,33 | 294,29 |
Lohnsteuer 09/2008 | 21.100,59 | 14.056,33 | 14.056,33 |
Lohnsteuer 10/2008 | 25.014,65 | 14.056,33 | 14.056,33 |
Dienstgeberbeitrag 08/2008 | 90,00 | 4.731,00 | 90,00 |
Dienstgeberbeitrag 09/2008 | 6.453,00 | 4.731,00 | 4.731,00 |
Dienstgeberbeitrag 10/2008 | 7.650,00 | 4.731,00 | 4.731,00 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 08/2008 | 0,00 | 420,53 | 0,00 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 09/2008 | 574,00 | 420,53 | 420,53 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 10/2008 | 680,00 | 420,53 | 420,53 |
gesamt | 61.856,53 | 57.623,58 | 38.800,01 |
Darüber hinaus war auch die weitere Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Sicherstellungsauftrages, nämlich das Nichtvorliegen einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgaben zu prüfen.
Von einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung von Abgaben im Sinne der Bestimmung des § 232 BAO ist im Wesentlichen dann zu sprechen, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint ().
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () sind derartige Gefährdungen oder Erschwerungen u.a. bei drohendem Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben. Auch schwerwiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, dass sich der Abgabenpflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, rechtfertigen ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabenpflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt, eine Maßnahme nach § 232 BAO.
Im gegenständlichen Fall bringt die Bw. zwar Einwände gegen die Annahme der Gefährdung oder Erschwerung der Abgabeneinbringung vor, die aber ins Leere gehen, da die zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Malversationen im Zusammenhang mit Scheinrechnungen und nicht existenten Subunternehmern durch die abgeschlossene Lohnsteuerprüfung und die daraufhin erlassenen Lohnabgabenbescheide bestätigt wurden.
Allerdings ist der Rechtsansicht des Finanzamtes, dass die Gefährdung der Einbringlichkeit bereits darin zu erblicken wäre, dass der dringende Verdacht der Abgabenhinterziehung ausreiche, das Vorliegen einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben zu begründen, entgegenzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Abgabenhinterziehungen und Mängel in der Buchführung allein ohne Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Abgabepflichtigen nicht ausreicht, damit eine solche Gefährdung oder Erschwerung angenommen werden kann (), zumal es bei der Sicherstellung nicht auf vom Abgabepflichtigen selbst gesetzte Gefährdungshandlungen ankommt ().
Dazu war anhand der zum erstellten Bilanz festzustellen, dass einem Anlage- und Umlaufvermögen von rund € 357.600,00 Verbindlichkeiten in Höhe von rund € 244.300,00 entgegenstehen, sodass daraus erhellt, dass die mit nunmehr rund € 38.800,00 ermittelten sicherzustellenden Abgaben in der Differenz von € 113.300,00 ausreichend Deckung finden.
Da die weitere kumulative Voraussetzung des § 232 Abs. 1 BAO nicht als erfüllt anzusehen ist, war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 232 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at