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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 28.01.2013, RV/1493-W/12

Studienerfolgsnachweis im ersten Studienjahr

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1493-W/12-RS1
Für das erste Studienjahr besteht Anspruch auf Familienbeihilfe bereits dann, wenn der Studierende zur Fortsetzung des Studiums gemeldet ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., W., vertreten durch die Klosterneuburger Wirtschaftstreuhand GmbH, 3400 Klosterneuburg, Hölzlgasse 50, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum bis  entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber, in der Folge Bw. genannt, wurde zwecks Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe für das Kind N., geboren am XX im Oktober 2011 aufgefordert, Studienblatt/Studienbuchblatt und Studienerfolgsnachweis von N. , sowie die Scheidungsurkunde/Vergleich vorzulegen.

Der Bw. gab an, die Tochter sei Studentin und wohne ständig bei ihm.

Datiert mit wurden der Beschluss über die Scheidung im Einvernehmen (rechtskräftig seit XXX) sowie eine Studienbestätigung für das Wintersemester 2011 an der Universität XY, wonach die Tochter als ordentliche Studierende des Studiums Lehramtsstudium UF Spanisch und UF Bewegung und Sport zur Fortsetzung gemeldet sei, vorgelegt.

Mit Bescheid vom wurden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Oktober 2010 bis September 2011 in Höhe von insgesamt € 2.468,80 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert. Als Begründung wurde angeführt, dass trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht vorgelegt worden seien.

Mit Schriftsatz vom wurde gegen diesen Bescheid fristgerecht berufen und als Begründung folgendes vorgebracht:

Die abverlangten Unterlagen, wie Studienbestätigung und Studienblatt, seien der Dienststelle termingerecht übermittelt worden. Da der Leistungsnachweis für das Studienjahr 2010/2011 nicht erbracht worden sei, werde für die Tochter Nina seit September 2011 auch keine Kinderbeihilfe ausbezahlt. Die Tochter habe mit dem Wintersemester 2011 einen Studienwechsel von Geographie auf Lehramtsstudium Spanisch und Bewegung und Sport vorgenommen. Ein Leistungsnachweis für die neuen Studienrichtungen werde im Jänner 2012 erfolgen.

Folgende Beilagen wurden ergänzend vorgelegt:

Studienblatt Wintersemester 2010 betreffend Bachelor Studium Geographie, beginnend mit ,

Studienbestätigung für das Wintersemester 2010, für eben dieses Studium.

Ein Studienblatt der Universität XY für das Sommersemester 2011 betreffend Bachelorstudium Geographie beginnend mit , endend am , sowie das Bakkalaureats Studium Sportwissenschaft, beginnend mit . Dabei befindet sich der Hinweis: "Nachweis körperlich motorische Eignung ist noch abzulegen.",

Die Studienbestätigung für das Sommersemester 2011 betreffend das Bachelorstudium Geographie,

Das Studienblatt der Universität XY, betreffend Wintersemester 2011, hinsichtlich der zu diesem Zeitraum beendeten Studien Geographie und Sportwissenschaft, sowie betreffend Lehramtsstudium UF Spanisch und UF Bewegung und Sport, beginnend mit

Die Studienbestätigung für das Wintersemester 2011 betreffend Lehramtsstudium UF Spanisch und UF Bewegung und Sport.

Ergänzend brachte der Bw. mit Schriftsatz vom vor, dass für das Studienjahr 2010/2011 kein Studienerfolgsnachweis erbracht werden könne, da die Tochter nach zweimalig nicht bestandenen Aufnahmetests einen Studienwechsel vorgenommen habe. Da der Leistungsnachweis für das Studienjahr 2010/2011 nicht erbracht werden habe können, werde für die Tochter seit September 2011 auch keine Kinderbeihilfe ausbezahlt. Ein Leistungsnachweis für die neue Studienrichtung Lehramt Spanisch und Lehramt Bewegung und Sport, auf die im Wintersemester 2011 gewechselt wurde, werde im Jänner 2012 erfolgen.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung verwies das Finanzamt im Wesentlichen darauf, dass ein Familienbeihilfenanspruch nur dann bestehe, wenn sich das Kind in Berufsausbildung befinde. Als Berufsausbildung werden nur solche Zeiten gelten können, in denen aus objektiv erkennbaren Umständen darauf geschlossen werden könne, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich erfolge. Das Vorliegen rein formaler Erfordernisse werde daher nicht genügen. Die Zulassung an einer Universität bzw. die Bestätigung über die Fortsetzung des Studiums sei als reiner Formalakt allerdings nicht geeignet, eine Berufsausbildung nachzuweisen. Dabei verwies das Finanzamt auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und zwar auf die Erkenntnisse zu den Zahlen 94/15/0034, vom , 94/15/0130, vom und 96/15/0213 vom .

Nach § 2 Abs. 1 lit.d FLAG würden die im Studienförderungsgesetz 1992 angeführten Regelungen auch für die Gewährung der Familienbeihilfe gelten. Demnach stehe diese nur zu, wenn nach § 16 Studienförderungsgesetz ein günstiger Studienerfolg vorliege. Dies sei dann der Fall, wenn der Studierende sein Studium zielstrebig betreibe (Verweis auf § 17 Studienförderungsgesetz über den Studienwechsel), die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet und Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlege (Verweis auf § 20 bis 25 Studienförderungsgesetz).

Die Tochter sei im Berufungszeitraum Oktober 2010 bis September 2011 zwar als ordentliche Studierende des Bachelorstudiums Geographie gemeldet gewesen, aus diesem Studium sei jedoch kein Nachweis über abgelegte Prüfungen beigebracht worden.

Der Bw. stellte in der Folge mit Schriftsatz vom den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und stellte den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

Der Bw. verwies darauf, dass für das erste Studienjahr für das Familienbeihilfe gewährt werden soll, die Fortsetzungsbestätigung, welche auch vorgelegte wordensei, genüge. Im Übrigen sei ein Studienwechsel nach zwei Semestern nicht familienbeihilfenschädlich. Hinsichtlich des vom Finanzamt verlangten Nachweises der Absolvierung von Prüfungen im ersten Studienjahr verwies der Bw. darauf, dass die Tochter zweimal zu Ergänzungsprüfungen für das Studium Sportwissenschaften angetreten sei, diese aber in diesem Zeitraum nicht bestanden habe.

Die Absicht zu einer erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen habe bestanden, darauf ob diese erfolgreiche Absicht tatsächlich gelinge, komme es nicht an.

Der im Vorlageantrag gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung wurde mit Schriftsatz vom zurückgenommen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) 1967 in der ab gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.

Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr.

Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder aus Prüfungen von Pflicht-und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird.

Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes gelten daher nur bei einem Studienwechsel die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.

Abs. 1 des § 17 Studienförderungsgesetz lautet:

Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:

Studienwechsel, 1. bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind, 2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden, 3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde, sowie 4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.

Abs. 4: Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Studienwechsel vor, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher nicht abgeschlossene Studium nicht weiter fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes von § 3 Studienförderungsgesetz erfasstes Studium beginnt (vgl. ).

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung ein Kinderabsetzbetrag von € 58,40 für jedes Kind zu.

Gemäß § 26 Abs.1 FLAG hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Der Unabhängige Finanzsenat geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Tochter des Bw. N. begann mit das Bachelorstudium Geographie. In diesem Studium war sie sowohl im Wintersemester 2010/2011, als auch im Sommersemester 2011 zur Fortsetzung gemeldet. Im März 2011 inskribierte sie zusätzlich Sportwissenschaften, bestand allerdings die erforderlichen Eignungstests noch nicht.

Im Wintersemester 2011/2012 wechselte sie die Studienrichtung und zwar auf das Lehramtsstudium Unterrichtsfach Spanisch und Unterrichtsfach Bewegung und Sport. Da sich ein Studienjahr gemäß § 52 UG 2002 bzw. § 36 Hochschulgesetz auf einen Zeitraum vom 1. Oktober bis 30. September des Folgejahres erstreckt, begann für die Tochter am das erste Studienjahr und endete dieses am . In diesem Studienjahr war sie sowohl im Wintersemester als auch im Sommersemester für das Bachelorstudium Geographie zur Fortsetzung gemeldet. Mit Beginn des zweiten Studienjahres wechselte sie auf das Lehramtsstudium, wie bereits ausgeführt.

§ 2 Abs. 1 lit.b FLAG verweist für den Fall eines Studienwechsels ausdrücklich auf § 17 Studienförderungsgesetz und die dort getroffenen Regelungen in welchen Fällen ein Studienwechsel beihilfenschädlich ist. Anspruchsdauer und Studienerfolg sind jedoch in FLAG 1967 im Wesentlichen eigenständig geregelt. Demnach gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr ein entsprechender Studienerfolg nachgewiesen wird.

Wenn das Finanzamt darauf verweist, dass die Tochter im ersten Studienjahr keine Prüfungen abgelegt habe, so ist darauf zu verweisen, dass das FLAG diese Voraussetzung für das erste Studienjahr nicht vorsieht. Erst ab dem zweiten Studienjahr ist die Ablegung im Gesetz näher bezeichneten Prüfungen als Anspruchsvoraussetzung normiert, für das erste Studienjahr genügt kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Aufnahme als ordentlicher Hörer.

Wenn das Finanzamt weiters auf diverse Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes verweist, wonach der bloße Formalakt der Meldung zur Fortsetzung als Nachweis für eine Berufsausbildung nicht ausreichen würde, so ist darauf zu verweisen, dass in sämtlichen angeführten Erkenntnissen nicht der Familienbeihilfenanspruch im ersten Studienjahr Gegenstand des Verfahrens war, sondern sich der Rückforderungszeitraum auf spätere Studienjahre bezog.

Da die Tochter des Bw. im ersten Studienjahr nachweislich zur Fortsetzung gemeldet war, ist damit die Voraussetzung für die Gewährung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen im ersten Studienjahr erfüllt. Eines weiteren Nachweises bedarf es dazu nicht.

Die Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Oktober 2010 bis September 2011 (das ist genau der vom ersten Studienjahr umfasste Zeitraum) erfolgte daher zu Unrecht, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at