Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 05.06.2009, RV/3555-W/07

Grunderwerbsteueräquivalent auch bei Verkauf des erbl. Grundstücks durch die Verlassenschaft vertreten durch den erbantrittserklärten Erben

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/3555-W/07-RS1
wie RV/0065-S/05-RS1
Die Erbschaftsteuerschuld entsteht grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers, soferne der Erbe vom Anfall durch Abgabe der Erbserklärung Gebrauch macht. Es ist daher von der Zusammensetzung und dem Wert des angefallenen Vermögens im Zeitpunkt des Todes des Erblassers auszugehen. Die Veräußerung einer Liegenschaft nach dem Tod des Erblassers und vor Einantwortung ist für die Erbschaftsbesteuerung irrelevant.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Sonja Tades, 1090 Wien, Türkenstraße 5, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr. betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Einantwortungsbeschluss vom wurde der Berufungswerberin (Bw.) die Verlassenschaft nach R., verst. am nach bedingt abgegebener Erbantrittserklärung zur Gänze eingeantwortet.

Auf Grund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (FAG) gegenüber der Bw. Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG in Höhe von € 1.238,08 ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb von € 7.738,00 zuzüglich Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG in Höhe von € 953, 82 ausgehend von einem steuerlichen Wert des erbl. Grundstückes EZ, KG in Höhe von € 27.252,00, somit insgesamt in Höhe von € 2.191,90 fest.

Lt. Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes vom wurde das oa. erbl. Grundstück mit Kaufvertrag vom von der Verlassenschaft vertreten durch die Bw. als erbantrittserklärte Erbin, also noch vor Einantwortung, verkauft.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wendete sich die Bw. ausschließlich gegen den Zuschlag gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG mit der Begründung, der Zweck des Zuschlages gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG sei als Ausgleich für die entfallende Grunderwerbsteuer vorgesehen. Gemäß Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 437/61 SLg 2732 F sei die Erhöhung gemäß § 8 Abs 4 ErbStG nur dann vorzuschreiben, wenn ein Grundstück im Erbweg unmittelbar der steuerpflichtigen Person angefallen sei. Da im gegenständlichen Fall die erbl. Liegenschaft während des laufenden Verlassenschaftsverfahrens, also vor Einantwortung, veräußert worden sei, habe es kein unmittelbares Anfallen der Sache an die steuerpflichtige Person gegeben, da erst mit Einantwortung der Eigentumserwerb stattfinde. Da der Erwerber der Liegenschaft Grunderwerbsteuer anlässlich des Kaufes bezahlt habe, wäre der Zweck des § 8 Abs. 4 ErbStG als Grunderwerbsteueräquivalent nicht mehr gegeben und doppelt Steuer verrechnet worden.

Gegen die abweisende Berufungsvorentscheidung brachte die Bw. einen Vorlageantrag ein.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (ErbStG) unterliegt der Steuer nach diesem Bundesgesetz der Erwerb von Todes wegen. Nach § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen ua. der Erwerb durch Erbanfall.

Erbanfall bedeutet nach den §§ 536 und 545 ABGB die Entstehung des Erbrechts, die grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers eintritt (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 3 zu § 2 ErbStG. Erbrecht ist gemäß § 532 ABGB das ausschließliche, dingliche und gegen jedermann wirkende Recht, die ganze Verlassenschaft oder einen Bruchteil der ganzen Verlassenschaft in Besitz zu nehmen. Auf Grund des Erbrechtes entsteht dem zur Erbschaft Berufenen ein Rechtsanspruch auf die Inbesitznahme der Erbschaft, und zwar mit dem Anteil, der seinem Erbrechtstitel entspricht. Dieser Anspruch bezieht sich grundsätzlich nur auf den jeweils zustehenden ideellen Anteil selbst, nicht aber auf einzelne Gegenstände des Nachlassvermögens. Der Erbe übt sein Erbrecht auf Grund seines Erbrechtstitels (=Berufungsgrundes) durch die Abgabe der Erbantrittserklärung aus. Die Erbantrittserklärung ist die gegenüber dem Abhandlungsgericht abgegebene, einseitige und unwiderrufliche Erklärung, eine Erbschaft anzunehmen (Fellner, a.a.O., Rz 11 zu § 2 ErbStG).

Auf Grund des § 8 Abs. 4 ErbStG erhöht sich die nach den Abs. 1 und 2 oder nach dem Abs. 3 ergebende Steuer bei Zuwendungen an den Ehegatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Zuwendenden um 2 vH, an andere Personen um 3,5 vH des Wertes der durch die Zuwendung erworbenen Grundstücke.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Tatbestand des Erwerbes durch Erbanfall iSd § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG mit der Annahme der Erbschaft, also der Abgabe der Erbserklärung (Erbantrittserklärung) erfüllt. Mit der Abgabe der Erbantrittserklärung ist also der Erwerb durch Erbanfall erbschaftssteuerrechtlich vollzogen. Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG entsteht die Erbschaftssteuerschuld grundsätzlich zwar schon durch den mit dem Tod des Erblassers eintretenden Anfall an den Bedachten, aber nur sofern er vom Anfall durch Abgabe der Erbantrittserklärung Gebrauch macht (siehe ).

Umfang und Zusammensetzung des erworbenen Vermögens sind im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld zu beurteilen (Fellner, a.a.O., Rz 4 zu § 12 ErbStG; , 0362).

Für die Wertermittlung ist, soweit in diesem Gesetze nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 18 ErbStG der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend.

Auf Grund des § 19 Abs. 1 ErbStG richtet die Bewertung sich, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften). Nach Abs 2 leg.cit. ist für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für inländisches Grundvermögen und für inländische Betriebsgrundstücke das Dreifache des Einheitswertes maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert dieser Vermögenswerte im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend.

Nach § 20 Abs. 1 ErbStG gilt als Erwerb, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber.

Der dem Erbteil entsprechende Anteil am steuerlich bewerteten Nachlassvermögen und nicht der effektiv zugeteilte Vermögensgegenstand gilt als angefallen (Fellner, a.a.O., Rz 23 zu § 2; , 0022, und , 95/16/0191).

Nach dem Erbschaftssteuergesetz ist mit der Abgabe der Erbantrittserklärung der Erwerb des Nachlasses durch den Erben vollzogen, wobei es hinsichtlich des Zeitpunktes des Erwerbes keinen Unterschied macht, ob zum Nachlass auch Liegenschaften gehören. Erbschaftssteuerrechtlich hat daher die Bw. durch die Abgabe der Erbantrittserklärung den gesamten Nachlass, zu dem auch die Liegenschaften gehörten, von Todes wegen erworben, wenngleich sie auch das Eigentum an den Liegenschaften erst mit der Einantwortung und der nachfolgenden Eintragung in das Grundbuch erworben hätte. Das erworbene Vermögen gilt erbschaftssteuerrechtlich dem Erben bereits im Zeitpunkt des Todes des Erblassers als zugekommen. Ab diesem Zeitpunkt ist der Erbe bereits als Erwerber des gesamten Nachlasses anzusehen. Das bedeutet aber, dass es für die steuerliche Behandlung nicht auf die Einantwortung und die nachfolgenden für die Erwerbung des Eigentums erforderlichen Rechtsakte ankommt, diese also für Zwecke der Erbschaftssteuer unbeachtlich sind. Da im vorliegenden Fall kein nach dem Grunderwerbsteuergesetz zu behandelnder Erwerb von Liegenschaften vorliegt, muss der Einwand, der Erwerb der Liegenschaften sei nach dem Grunderwerbsteuergesetz noch nicht eingetreten, ins Leere gehen. Dazu kommt aber noch, dass die Rechtfertigung der Erhebung des Zuschlages nach § 8 Abs.4 und 5 ErbStG beim Erwerb von Liegenschaften, nämlich als Äquivalent für die auf Grund der Grunderwerbsteuerbefreiung des § 3 Z. 2 Grunderwerbsteuergesetz entgangene Grunderwerbsteuer, bloß ein Motiv des Gesetzgebers darstellt, das im Gesetzeswortlaut nicht, zum Ausdruck kommt. Derartige Motive des Gesetzgebers dürfen aber bei im Übrigen eindeutigem Gesetzeswortlaut bei der Gesetzesanwendung nicht berücksichtigt werden (siehe ; Fellner, a.a.O., Rz 37 zu § 8 ErbStG).

Dem steht hier auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 706/00 nicht entgegen, in welchem der Verfassungsgerichtshof grundsätzlich einen (grunderwerbsteuerbaren) Erwerb mit der Erbserklärung anerkennt, aber auf Grund der Tatsache, dass die erbserklärten Erben durch einen Nachlasskonkurs an der Verfügungsmöglichkeit gehindert wurden und die Verfügung über die Grundstücke durch den Masseverwalter und nicht durch oder für die Erben getroffen wurde, zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Ergebnisses den Fall eines Nachlasskonkurses, der die Einantwortung an einen erbserklärten Erben hindert, einer grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Rückgängigmachung gleichhielt und damit den Erwerb eines Grundstückes iSd § 8 Abs. 4 ErbStG verneinte.

Im gegebenen Fall erfolgte der Verkauf des Grundstückes durch die Verlassenschaft, vertreten durch die Bw. als erbantrittserklärte Erbin, und es ist der Verkaufserlös in die Verlassenschaft geflossen. Ein dem oa. Erkenntnis des Verfassungsgerichthofes vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor, wobei bemerkt wird, dass eine Auslegung im Sinne des Berufungsvorbringens wohl zur Folge hätte, dass an Stelle des dreifachen Einheitswertes des Grundstückes in Höhe von € 27.252,00 der Kauferlös, welcher lt. ha. Aktenlage € 106.000,00 beträgt, zur Bemessung der Steuer nach § 8 Abs. 1 ErbStG heranzuziehen wäre, und der angefochtene Bescheid dann in diese Richtung abzuändern wäre.

Der gegenständliche Sachverhalt ist auch nicht mit dem Sachverhalt, welcher dem in der Berufung zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom , 437/61 zu Grunde lag, vergleichbar. Dort war Gegenstand des Erwerbes von Todes wegen kein Grundstück, sondern der Anteil an einer Personengesellschaft des Handelsrechtes, welche Eigentümerin eines Grundstückes war. Da der Erwerb von Todes wegen das Eigentumsrecht der Personengesellschaft an dem Grundstück nicht berührte, konnte auch kein Grunderwerbsteueräquivalent erhoben werden.

Da die Bw. das Grundstück EZ, KG im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG erworben hat, war die Steuer nach § 8 Abs 4 ErbStG iV mit § 19 Abs 2 ErbStG ausgehend vom dreifachen Einheitswert zu erheben (vgl. ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Grunderwerbsteueräquivalent

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at