Aufhebung unter Zurückverweisung an die Abgabenbehörde erster Instanz zur Durchführung weiterer Erhebungen
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch WT, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Haftungsbescheide gemäß §§ 9 ff BAO entschieden:
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 289 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Zum bisherigen Verfahrensablauf wird auf die ho. Entscheidung vom , RV/0198-L/05, verwiesen. Gegen diese Berufungsentscheidung wurde Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis vom , Zahl 2009/16/0109, hob der Verwaltungsgerichtshof die Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass dem Verein Verein gegenüber keine wirksamen Umsatzsteuerbescheide erlassen worden sind. Im Haftungsverfahren ist mangels wirksamer Bescheide an den Primärschuldner die Frage der Gemeinnützigkeit des Vereins Verein zu klären. Weiters ist die vom Bw. behauptete Aufgabenaufteilung innerhalb des Vorstandes zu überprüfen. Schließlich wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass eine Pflichtverletzung des Bw. dann nicht ursächlich für den Abgabenausfall sein würde, wenn es ihm trotz ordnungsgemäßer Überwachung aufgrund des betrügerischen Zusammenwirkens des faktischen Geschäftsführers mit anderen Vorstandsmitgliedern nicht möglich gewesen wäre, die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten zu entdecken.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist im vorliegenden Fall, ob der Verein Verein die gesetzlich normierten Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit erfüllte und daher die damit verbundenen steuerlichen Begünstigungen in Anspruch nehmen durfte oder nicht. Das bedeutet, dass untersucht werden muss, ob der Verein Verein in seiner tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung gemeinnütziger Zwecke diente, das heißt, ob die Bestimmung des § 35 BAO erfüllt war.
In weiterer Folge wird zu überprüfen sein, ob die vom Bw. behauptete Aufgabenaufteilung innerhalb des Vorstandes tatsächlich stattgefunden hat. Dazu wird die Einvernahme der Vorstandsmitglieder notwendig sein. Im Rahmen dieser Einvernahmen wird ebenfalls festzustellen sein, mit welcher Häufigkeit und Intensität der Bw. seinen Kontrollpflichten nachgekommen ist.
§ 289 Abs. 1 BAO lautet wie folgt:
"Ist die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs.2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 274) zu erklären, so kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Berufung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid erlassen werden oder eine Bescheiderteilung unterbleiben hätte können. Im weiteren Verfahren sind die Behörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im Aufhebungsbescheid dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat. Soweit die Verjährung der Festsetzung einer Abgabe in einer Berufungsentscheidung (Abs. 2) nicht entgegenstehen würde, steht sie auch nicht der Abgabenfestsetzung im den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz entgegen; § 209a gilt sinngemäß."
Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabenpflicht und die Erhebung der Aufgaben wesentlich sind.
Im vorliegenden Fall ist im Rahmen einer Ermessensentscheidung abzuwiegen, ob der Unabhängige Finanzsenat die fehlenden Ermittlungen selbst durchführt, solche durch die Abgabenbehörde erster Instanz durchführen lässt oder den angefochtenen Bescheid unter Zurückverweisung an die Abgabenbehörde erster Instanz aufhebt.
Zur Klärung der - vom Verwaltungsgerichtshof aufgegriffenen - Sachverhaltsfragen wäre es notwendig, im Haftungsbescheid über die Gemeinnützigkeit des Vereins abzusprechen. Sollte die Abgabenbehörde erster Instanz das Vorliegen der Gemeinnützigkeit verneinen, wären in der Folge allenfalls Erhebungen (Zeugeneinvernahmen) in Zusammenhang mit der behaupteten Aufgabenaufteilung im Vorstand und der Häufigkeit und Intensität der Kontrolle der Vorstandsmitglieder durch den Bw. durchzuführen.
Die Durchführung dieser Ermittlungen ist wesentlich für die Klärung der Frage, ob ein anders lautender Bescheid bzw. ob überhaupt ein Haftungsbescheid gemäß der §§ 9, 80 BAO zu erlassen ist.
Unter Wahrung des Parteiengehörs wäre im Zuge des kontradiktorischen Verfahrens sowohl dem Bw., als auch der Amtspartei Gelegenheit zu geben, Vorbringen einzureichen. Dies würde so umfangreiche Ermittlungen erfordern, die über das Maß einer nachprüfenden Kontrolle durch die zweite Instanz hinausgehen. Eine vom UFS durchgeführte Erforschung des geforderten Sachverhaltes würde das Verfahren inhaltlich aufblähen und zeitlich noch mehr verzögern. Es wäre daher unzweckmäßig, würde der UFS das Ermittlungsverfahren selbst durchführen.
Wie der UFS in seiner Entscheidung vom , RV/0429-L/04, ausgeführt hat, "geht der Gesetzgeber mit der Regelung des § 279 Abs. 2 BAO erkennbar davon aus, dass eine Beweisaufnahme vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz nur mehr darin bestehen soll, notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens vorzunehmen. Die Abgabenbehörde erster Instanz hätte es in der Hand, Abgabenansprüche zu realisieren, gleichzeitig aber den mit der Geltendmachung solcher Ansprüche verbundenen Aufwand zu ersparen. Eine solche Sichtweise der Aufgabenverteilung zwischen den Abgabenbehörden erster und zweiter Instanz kann der BAO, insbesondere den Bestimmungen des § 276 Abs. 6 erster Satz BAO sowie des § 279 Abs. 2 BAO nicht entnommen werden."
Es ist unbillig, den Bw. nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes mit dem angefochtenen Bescheid weiter zu belasten, solange die oben angeführten Fragen noch nicht geklärt sind. Aus diesen Gründen ist die Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz das geeignete Instrument, um zum Einen eine Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens durch die Abgabenbehörde erster Instanz zu ermöglichen, und zum Anderen den berechtigten Interessen des Bw. Rechnung zu tragen.
Der berufungsgegenständliche Bescheid wurde daher aufgehoben, das Verfahren tritt in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des angefochtenen Haftungsbescheides befunden hat.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 289 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Zurückverweisung Ermessensentscheidung Wahrung des Parteiengehörs kontradiktorisches Verfahren |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at