Nicht im Sinne des § 17 GrEStG wirksame Vertragsaufhebung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 17 GrEStG entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Übergabsvertrag vom übertrug Frau RC an Bw (Berufungswerber) und dessen Schwester je 2.594/100.000 Anteile der Liegenschaft EZ 501 Grundbuch G (Haus Nr. 600 in G, Anschrift xx, verbunden mit Wohnungseigentum an W 17, G 17, Haus II). Die Übernehmer verpflichteten sich nach Vertragspunkt III., der Übergeberin in der gesamten vertragsgegenständlichen Eigentumswohnung samt Garage für den persönlichen Bedarf das ausschließliche und uneingeschränkte Wohnungsgebrauchsrecht einzuräumen. Die Betriebskosten und sonstigen Aufwendungen werden auf die Dauer des Wohnungsgebrauchsrechtes von der Übergeberin bezahlt, diese hat auch für die Instandhaltung der Wohnung selbst aufzukommen. Der Wert dieses Rechtes wurde in Vertragspunkt X. einvernehmlich mit monatlich 250,00 € bewertet. Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom die Grunderwerbsteuer vom halben Kapitalwert des eingeräumten Rechtes fest; die Vorschreibung wurde rechtskräftig.
Mit Schreiben vom richtete der Rechtsvertreter des Berufungswerbers folgendes Schreiben an das Finanzamt: Mit Übergabsvertrag vom hat Frau RC zu je 2.594/100.000 Anteile der Liegenschaft EZ 501 Grundbuch G an ihre Kinder übergeben. Mit Übergabsvertrag-Nachtrag vom wurde die diesbezügliche Übergabe an Bw storniert und wurden die diesbezüglichen Anteile an die Übergebertochter übergeben. Im Hinblick auf diese Stornierung wird um Rückzahlung der von Bw bereits bezahlten Grunderwerbsteueres ersucht.
Der Eingabe angeschlossen war der Nachtrag zum Übergabsvertrag vom .
Das Finanzamt wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid den Antrag auf Rückerstattung der Grunderwerbsteuer im Sinne des § 17 Grunderwerbsteuergesetz mit der Begründung ab, dass die Veräußerin nicht die volle Verfügungsmacht über das Grundstück, die sie vor Vertragsabschluss innehatte, wieder erlangt habe.
Dagegen richtet sich die Berufung mit folgender Begründung (auszugsweise): Das Vertragsobjekt sei mit einem Wohnbauförderungsdarlehen des Landes Oberösterreich samt Veräußerungsverbot zu Gunsten des Landes Oberösterreich belastet. In Punkt XIV. des Übergabsvertrages haben die Vertragsparteien festgehalten, dass zu diesem Vertrag die Zustimmung des Landes Oberösterreich im Hinblick auf das einverleibte Veräußerungsverbot erforderlich sei. Nach Unterfertigung wurde der Übergabsvertrag dem Land Oberösterreich mit dem Ersuchen um Zustimmung hinsichtlich des bestehenden Veräußerungsverbotes vorgelegt. Mit dem in Kopie beiliegenden Schreiben vom forderte das Land Oberösterreich einen Einkommensnachweis der Übernehmer an. Mit Telefonat vom teilte der Bearbeiter beim Land Oberösterreich mit, dass zur Liegenschaftsübertragung an Bw die Zustimmung nicht erteilt werden kann, da das Einkommen des Übernehmers die Richtlinien der Wohnbauförderung übersteige. Die Übertragung des Vertragsobjektes an Bw war somit bezüglich seiner Rechtswirksamkeit von der Erteilung der Zustimmung seitens des Landes Oberösterreich abhängig und daher habe der Übergabsvertrag vom bezüglich Bw somit nie Rechtswirksamkeit erlangt. Im Hinblick auf diesen Umstand haben die Übergeberin und Bw den Übergabsvertrag mit Vertrags-Nachtrag vom auch formell aufgehoben und Bw hat die Rückzahlung der bereits eingezahlten Grunderwerbsteuer beantragt. Die Feststellung des Finanzamtes, die Übergeberin habe nicht wieder die volle Verfügungsmacht über das Grundstück erlangt, sei nicht zutreffend. Vielmehr kam das Grundstück tatsächlich niemals aus der Verfügungsmacht der Übergeberin. Die Übertragung des Grundstückes an Bw hatte mangels Zustimmung des Landes Oberösterreich nie Rechtswirksamkeit erlangt.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Im Antrag gemäß § 276 BAO wird Folgendes ausgeführt: Es sei nicht richtig, wenn in der Berufungsvorentscheidung festgestellt werde, dass die Rückgängigmachung aus dem Grund erfolgte, um die Übergabe an einen im Voraus bestimmten Übernehmer zu ermöglichen. Es handle sich auch bei der neuen Übernehmerin nicht um eine vom ursprünglichen Übernehmer ausgesuchte Person. Durch die Rückgängigmachung sei die Verfügung über das Vertragsobjekt nicht bei Bw verblieben, sondern ist dieser gem. § Punkt II. des Übergabsvertrags-Nachtrages als Vertragspartei ausgeschieden. Die Übergeberin habe ihre ursprüngliche Stellung wieder erlangt, war sohin in der Lage, neuerlich und völlig frei bezüglich des Vertragsobjektes zu entscheiden. Die Übergeberin hätte sich das Vertragsobjekt auch weiterhin in ihrem Eigentum behalten können, sie habe sich jedoch völlig frei und unbeeinflusst zur Übergabe an ihre Tochter entschieden und diese war weder im Voraus bestimmt, noch vom Erstübernehmer ausgesucht. Es sei auch nicht richtig, dass die Abhängigkeit des Rechtsgeschäftes von der Zustimmung durch das Land Oberösterreich keinen integrierenden Vertragsbestandteil bilde. In Punkt XIV. des Übergabsvertrages haben die Vertragsparteien ausdrücklich zur Kenntnis genommen, dass zum Vertrag die Zustimmung des Landes Oberösterreich im Hinblick auf das einverleibte Veräußerungsverbot erforderlich ist. Dadurch ist dieser Umstand Vertragsbestandteil geworden und die Übergabe an Bw nie rechtswirksam geworden, sodass auch aus diesem Grund die Voraussetzung für die Steuervorschreibung nicht vorliege.
Über die Berufung wurde erwogen:
Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist von folgendem insoweit unstrittigen Sachverhalt auszugehen: Frau RC hat mit Übergabsvertrag vom die ihr in B. situierte Eigentumswohnung an ihren Sohn und ihre Tochter übertragen. Das zu Gunsten des Landes Oberösterreich (Wo-2009919) aushaftende Darlehen verblieb in der Zahlungs- Verzinsungs- und Haftungspflicht für die Dauer des Wohnungsgebrauchsrechtes der Übergeberin. Die Übertragung des Eigentums an einer Liegenschaft durch Rechtsgeschäft unter Lebenden bedarf bei einem einverleibten Veräußerungsverbots zu Gunsten des Landes Oberösterreich der schriftlichen Zustimmung des Landes (§§ 9 und 28 OÖ Wohnbauförderungsgesetz, Landesgesetzblatt Nr. 6/1993). Mangels Vorliegens der Förderungsvoraussetzungen beim Berufungswerber wurde der Übergabsvertrag vom mit diesem aufgehoben und die Miteigentumsanteile an seine Schwester übertragen. Dies geschah formell dadurch, dass der Übergabsvertrag vom aufgehoben und der Berufungswerber als Vertragspartei aus dem Übergabsvertrag ausschied. Frau RC und die Schwester des Berufungswerbers vereinbarten, dass die ursprünglich laut Übergabsvertrag vom übernommenen Miteigentumsanteile ebenfalls von der Übernehmerin Beatrix Be übernommen werden.
Dieser Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu würdigen: Gem. § 17 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von 3 Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufrechtes rückgängig gemacht wird. Die privatrechtliche Vertragsfreiheit des Schuldrechtes erlaubt zwar eine formelle Aufhebung eines Kaufvertrages, diese ist jedoch für die Anwendung des § 17 nicht unbedingt bindend. Erfolgt die Vertragsaufhebung lediglich zu dem Zweck der gleichzeitigen Übertragung eines Grundstückes auf eine bereits vorbestimmte Person, so ist der frühere Vertrag über seine formale Aufhebung hinaus nicht rückgängig gemacht im Sinne des § 17 GrEStG.
Im vorliegenden Fall wurde der Übergabsvertrag mit dem Berufungswerber ausschließlich zu dem Zweck aufgehoben, die Miteigentumsanteile an die Schwester des Berufungswerbers zu übertragen. Da die Vertragsaufhebung und Weiterübertragung zeitgleich, ja sogar in derselben Urkunde erfolgten, ist ausschließlich von einer formellen Aufhebung auszugehen.
Was das Vorbringen im Bezug auf das Entstehen der Steuerschuld im Sinne des § 8 GrEStG betrifft, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, zuletzt vom /88/16/0148, zu verweisen, in welchem der Gerichtshof zum Ausdruck gebracht hat, dass das Veräußerungsverbot nach § 22 Wohnbauförderungsgesetz 1968 nicht als Bestimmung aufzufassen ist, nach der der Erwerb eines Liegenschaftsanteiles der Genehmigung der Förderungsbehörde bedarf. Es besteht keine Veranlassung, die im Wesentlichen gleich lautende Bestimmung des § 28 OÖ Wohnbauförderungsgesetzes anders auszulegen. Der - steuerpflichtige - Abschluss des so genannten Verpflichtungsgeschäftes war somit nicht abhängig von der Genehmigung einer Behörde im Sinne des § 8 Grunderwerbsteuergesetzes, weshalb die Abweisung des Antrages gem. § 17 Grunderwerbsteuergesetz zu Recht erfolgte. Über die Berufung war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 17 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Schlagworte | Vertragsaufhebung Genehmigung nach OÖ WFG |
Zitiert/besprochen in | UFSjournal 5/2012, 192 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at