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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSK vom 21.03.2011, RV/0394-K/08

Familienbeihilfe bei in Ägypten lebenden Kindern

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der KM, vormals: R nunmehr verzogen in Nicht-EU-Raum, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für

- SK (geb. M) für den Zeitraum November 2004 - Mai 2005 und November 2006 - Juni 2007 und

- KS (geb. S) für den Zeitraum November 2006 - Juni 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist österreichische Staatsbürgerin und seit 1993 mit MK, geboren in I (Ägypten) verheiratet. Der Ehe entstammen vier Kinder: K, geboren D, J, geboren Jä, Sa, geboren 00 und A, geboren 05. Die Familie war von bis in der RS gemeldet. (Anm.: Am 12.01.1009 erfolgte eine amtliche Abmeldung des Hauptwohnsitzes, die Familie verzog in den Nicht-EU-Raum) . Davor hielt sich die Familie zeitweise in Ägypten auf. Die Bw. war lt. Sozialversicherungsauszug vom - Arbeit suchend gemeldet. Laut Datenbank 2 liegen Mitteilungen der Firma q als Zeitungszustellerin vor.

Der Ehegatte der Bw., MK, ist seit 1996 österreichischer Staatsbürger. Er bezog seit im Wesentlichen Arbeitsloseneinkünfte, Notstandshilfe, Krankengeld. Die effektiven Dienstverhältnisse waren von - , - , - .

Das Kind KJ (geb. Jä) ist österreichische Staatsbürgerin mit Anrecht auf ägyptische Staatsbürgerschaft. J war seit in Österreich gemeldet. Sie besuchte den Kindergarten G bis . Anschließend hielt sich das Kind mit den Eltern bis April 2001 in Ägypten auf. Trotz Schulpflicht ab 09/2000 erfolgte der Schulbesuch in Österreich erstmalig in der Zeit von - in der VS in Klagenfurt. Im Schuljahr 2002/2003 wurde sie an der VS. angemeldet und gleichzeitig wieder abgemeldet. Vom bis wurde sie wieder an der VS angemeldet. Es liegen (zT undatierte) Schulbesuchsbestätigungen für die Jahre 2001, 2004/2005, 2005/2006 der privaten AS in Ägypten vor. Dem Leistungsblatt der GKK für 2005 sind ärztliche Abrechnungen ohne Daten der Behandlung ersichtlich. Die Bewilligung für den häuslichen Unterricht ist erfolgt, die Jahresprüfung wurde im Inland nicht abgelegt.

Das Kind KK (geb. D) ist österreichischer Staatsbürger mit Anrecht auf die ägyptische Staatsbürgerschaft. K war seit in Österreich gemeldet. Er besuchte den Kindergarten in G bis . Anschließend hielt sich das Kind mit den Eltern bis April 2001 in Ägypten auf. Ab 09/2002 war Schulpflicht gegeben. Die Anmeldung an der VS. erfolgte am , die Abmeldung erfolgte am . Vom bis erfolgte wieder die Anmeldung an der VS.. Tatsächlich fand von 09/2002 bis 07/2003 kein Schulbesuch in Österreich statt. Auch für K wurde der häusliche Unterricht beantragt und bewilligt; Jahresprüfungen in Österreich wurden nicht abgelegt. K ist an der privaten AS seit 2002 als Schüler registriert. Dabei sind Widersprüche hinsichtlich besuchten Schulstufe evident (2004/2005 wird bereits der Besuch der 3. Klasse bescheinigt). Ärztliche Abrechnungen für 2005 liegen ohne Datierung vor.

Das Kind KhS (geb. 00) ist österreichischer Staatsbürger. Er war seit in Österreich gemeldet. Laut Mutter-Kind-Pass erfolgte eine Untersuchung während der Schwangerschaft (die erste, zweite und dritte Untersuchung fehlen). Untersuchungen des Kindes während des ersten Lebensjahres fehlen. Impfungen wurden durchgeführt am , , , , , und 04. 2004. Eine Untersuchung (Impfung) im 4. Lebensjahr erfolgte am . Im Jahr 2005 gab es drei ärztliche Abrechnungen jeweils ohne Angabe des Datums.

Das Kind KS. (geb. 05) ist österreichische Staatsbürgerin. A war seit in Österreich gemeldet. Laut Mutter-Kind-Pass erfolgten die Schwangerschaftsuntersuchungen am , und ; die erste und zweite Untersuchung fehlen. Das Kind wurde am , , untersucht bzw. am , , , geimpft. 2 (undatierte) ärztliche Abrechnungen liegen vor.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Bw. die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für ihren Sohn Sa im Zeitraum November 2004 bis Mai 2005 sowie November 2006 bis Juni 2007 und für die Tochter A im Zeitraum November 2006 bis Juni 2007 zu Recht bezogen hat oder nicht.

Im Einzelnen wurden folgende Erhebungen durchgeführt:

Im Juni 2006 erhob das Finanzamt, dass die Kinder J und K im Jahr 2003 lediglich vom 17.06. - 04.07. die VS in Klagenfurt besuchten. Seitens der Bw. wurde bekannt gegeben, dass K und J an der privaten AS im Bezirk Is (Ägypten) als Studenten registriert seien und sie der Kindesvater nach dem Lehrplan der ägyptischen Grundschule privat unterrichte. Am Ende eines Schuljahres (Juni) müssten die Kinder am ägyptischen Konsulat in Wien an 1 - 2 Tagen schriftliche Prüfungen ablegen. Die Prüfungsunterlagen würden an die Schule nach Ägypten gesendet, die in der Folge das Zeugnis für die jeweilige Schulstufe ausstelle.

Das Finanzamt versuchte das Vorbringen der Bw. sowohl bei der Österreich-Ägyptischen Privatschule in Wien wie auch beim ägyptischen Konsulat zu verifizieren. Darüber hinaus wurde das Ägyptischen Konsulat um Auskunft zur Staatsbürgerschaft der Kinder und der Gültigkeitsdauer der Reisepässe ersucht. Im Antwortschreiben vom teilte es mit, dass für alle Fragen bezüglich Schulbesuch und Privatunterricht die Ägyptische Kulturabteilung zuständig sei. Auf ein Ermittlungsersuchen des Finanzamtes reagierte die Ägyptische Kulturabteilung bislang nicht.

Der Bezirksschulrat Klagenfurt-Stadt teilte dem Finanzamt mit, dass die Anzeige von MK. (Kindesvater) über die Teilnahme am häuslichen Unterricht zur Kenntnis genommen werde.

Laut dem Aktenvermerk des Finanzamtes vom sei nach Angaben der Bw. ihr Reisepass nicht auffindbar.

Erhebungen bei der Wählerevidenz (Dr. H) ergaben, dass im Zusammenhang mit ehemaligen ägyptischen Staatsbürgern es sehr wahrscheinlich sei, dass mittlerweile Österreichische Staatsbürger wiederum in Ägypten um die Staatsbürgerschaft ansuchten und diese dann auch erhalten. Sie wären somit im Besitz von zwei Reisepässen. Auskünfte seitens der Ägyptischen Behörden würden verweigert. KM. habe die ägyptische Staatsbürgerschaft mit zurückgelegt. Am habe er die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten.

Im Auskunftsersuchen des Finanzamtes vom wurde das Passamt Klagenfurt um Mitteilung der Gültigkeitsdauer der Pässe der Bw. sowie der Kinder ersucht.

Dem Reisepass von KM. sind folgende Daten zu entnehmen:

1. Passkontrolle Flughafen Kairo 61, ABFLUG 2. Passkontrolle Flughafen Kairo 11, ANKUNFT 3. Passkontrolle Flughafen Kairo 099, ABFLUG 4. Arab. Rep. Ägypten - Flughafen Kairo 180, ANKUNFT 5. Arab. Rep. Ägypten - Flughafen Kairo 019, ANKUNFT 6. Arab. Rep. Ägypten - Flughafen Kairo 026, ABFLUG 7. Arab. Rep. Ägypten - Flughafen Kairo 186, ANKUNFT 8. Arab. Rep. Ägypten - Flughafen Kairo 095, ANKUNFT 9. Arab. Rep. Ägypten - Flughafen Kairo 159, ABFLUG 10 42227 22-4-2001 Nur für den Vater. Arab. Rep. Ägypten. Amt für Reisedokumente, Emigration und Staatsbürgerschaft Sektion Aufenthaltsbehörde. Aufenthaltstitel läuft heute ab und wird zwecks Ausreise für zwei Wochen verlängert. 22-04-2001 4/11/G .... 11. Arab. Rep. Ägypten - Flughafen Kairo 240, ABFLUG 12. Arab. Rep. Ägypten - Flughafen Kairo 136, ANKUNFT 13. Arab. Rep. Ägypten - Flughafen Kairo 185, ABFLUG

Im Rahmen von Erhebungen bei der Gebietskrankenkasse zeigte sich, dass im Jahr 2005 ärztliche Leistungen vom Ehemann der Bw., der Bw., den Kindern J, K und Sa in Anspruch genommen wurden.

Im Mutter-Kind-Pass betreffend A sind gynäkologische Untersuchungen am , und dokumentiert. Kinderärztliche Untersuchungen erfolgten im September 2005, Jänner 2006, März 2006 und Mai 2006.

Am erfolgte die Versendung einer Vorladung betreffend der Prüfung des Aufenthaltes der Kinder A und Sa an den Kindesvater. Dieser bezog ab 07/2007 die Familienbeihilfe. Der Vorladung wurde nicht Folge geleistet.

Das Finanzamt ermittelte im August 2008 bei der Austrian Airlines Flugbewegungen der Familie K.. Im Antwortschreiben vom teilte die AUA Folgendes mit:

"Frau KM ist im Jahr 2004/2005 wie folgt nach Kairo geflogen: OS 289/ Klagenfurt-Frankfurt, LH 582/ Frankfurt-Kairo Rückflug geflogen: LH 583/ Kairo - Frankfurt, OS 294/ Frankfurt - Wien. Auf denselben Flügen sind geflogen: KJ, KK, KhS.

Im Jahr 2007 ist Frau KM nach Kairo geflogen: OS 934/ Klagenfurt-Wien, OS 863/ Wien - Kairo, OS 864/07 Kairo - Wien, OS 929/ Wien - Kairo. Mit auf denselben Flügen gebucht und abgeflogen: KhS, KK, KJ, KS..

Ermittlungen im nachbarlichen Umfeld an der Wohnadresse der Bw. ergaben, dass die Kinder sich unter dem Schuljahr nicht an der Wohnadresse aufhielten. So seien sie auch von 11/2006 bis Mai 2007 nicht im Wohnhaus gesehen worden. Im Dezember 2007 seien nur die Kinder A und Sa aus Ägypten nach Klagenfurt zurückgekehrt.

Laut Auskunft des Schulamtes Klagenfurt vom legten die Eltern von KJ und K die Jahreszeugnisse 2006/2007 und die Schulbesuchsbetätigungen 2007/2008 einer ägyptischen Schule vor. Laut den Aussagen der Eltern besuchten die Kinder eine Schule in Ägypten.

Am erließ das Finanzamt den Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge für A (Zeitraum 11/2006 - 06/2007) und für Sa (Zeitraum 11/2004 - 05/2005 und 11/2006 - 06/2007). Der Rückforderungsbetrag beläuft sich auf € 3.763,00. (FB: € 2.592,30 KG: € 1.170,70). Nach Zitierung der §§ 26 Abs. 1, 2 Abs. 1, 2 Abs. 2 und 25 des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) und der §§ 115 Abs. 1 und 167 Abs. 2 BAO führte das Finanzamt aus: Da der ständige Aufenthalt eines Kindes im Bundesgebiet grundsätzlich dessen tatsächliche (körperliche) Anwesenheit voraussetzt, folgt daraus auch, dass ein Kind nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Zudem wird der ständige Aufenthalt im Ausland auch dann nicht unterbrochen, wenn der Aufenthalt im Bundesgebiet nur vorübergehend ist. Somit sind die Umstände, unter denen sich die Kinder im Ausland aufgehalten haben, für die Beurteilung des "ständigen Aufenthaltes" maßgeblich. Wenn sich Kinder während des Jahres im Ausland aufhalten, ist das Verbringen der Sommermonate in Österreich als vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen, wodurch der ständige Aufenthalt der Kinder im Ausland nicht unterbrochen wird. Entsprechend der vorliegenden Nachweise, Informationen und Resultate umfangreicher Erhebungen ist es für das Finanzamt Klagenfurt als erwiesen anzunehmen, dass der überwiegende und gewöhnliche Aufenthalt von Ihnen und ihren Kindern A und Sa in Österreich in der Zeit vom bis sowie ab November 2006 nicht gegeben ist.

Die Bw. erhob am Berufung gegen den Rückforderungsbescheid. Sie führte aus, dass sie mit ihren Kindern A und Sa Österreich nicht verlassen habe. Sie übermittle Unterlagen über Arztbesuche. Da die Kinder in Österreich lebten, hätten sie sehr wohl das Recht auf Kinderbeihilfe. Aus dem Karteiblatt für KS sind nachfolgende Arztbesuche ersichtlich:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
MKP Untersuchung 1-14.Monat
Denitintionsbeschw.
MKP Untersuchung 7-9 Monat
viraler Infekt
viraler Infekt
Infanrix
MKP Untersuchung 3 LM
Luftwegsinfekt
MKP Untersuchung 6-8 LW

Aus dem Karteiblatt für SK sind nachfolgende Daten ersichtlich:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
MKP Untersuchung 4 LJ
Anämie
Harnwegsinfekt
Bronchitis
Luftwegsinfekt
Luftwegsinfekt
Angina
MKP Untersuchung 2 LJ
Blut am Stuhl
MKP Untersuchung 3 LM
Luftwegsinfekt

Im E-Mail vom teilte das Finanzamt mit, dass laut Auskunft des Schulamtes Klagenfurt, das Kind KhS zu Schulbeginn nicht (und auch nicht nach Ablauf des Ramadan) zum Unterricht in der Volksschule erschienen sei. Im Rahmen der Schuleinschreibung habe die Bw. bekannt gegeben, dass die Familie sich im Sommer 2008 in Ägypten aufhalten werde. Der Schulbesuch der anderen schulpflichtigen Kinder in Ägypten wurde dem Schulamt angezeigt.

In einem weiteren E-Mail vom teilte das Finanzamt mit, dass laut Meldeamt Klagenfurt MK samt Familie am vom Wohnsitz in der R. amtlich abgemeldet worden sind (Vermerk: Verzug in Nicht-EU-Raum lt. ZMR).

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG haben Personen für Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Personen, die sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland einen Wohnsitz haben, haben gemäß § 2 Abs. 8 FLAG nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie

1) den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben und

2) sich die Kinder ständig im Bundesgebiet aufhalten.

Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen; dies bedeutet, dass, selbst wenn sich das Kind ständig im Bundesgebiet aufhält, ein Anspruch auf Familienbeihilfe nur dann besteht, wenn sich auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Antragsteller im Bundesgebiet befindet.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Aufgrund des Sachverhaltes ergeben sich folgende Feststellungen zum Vorliegen der in § 2 Abs. 8 FLAG 1967 geforderten Voraussetzungen:

1. Ständiger Aufenthalt der Kinder:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinn dieser Gesetzesbestimmung unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Diese nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abstellende Beurteilung ist nach objektiven Kriterien zu treffen. Ein Aufenthalt im genannten Sinn verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt.

Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in mehreren Erkenntnissen den Familienbeihilfenanspruch für Kinder verneint, die im Ausland eine Schule besuchen und sich nur in der Ferienzeit im Inland aufhalten (vgl. z.B. ; , u.a.). Kehren die Kinder nach ihren jeweiligen Ferienaufenthalten in Österreich wieder an die Schule ins Ausland zurück, dann ist das Verbringen der Ferien in Österreich nur als vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen, durch die der ständige Aufenthalt der Kinder im Ausland nicht unterbrochen wird. Auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen kommt es bei dieser Beurteilung nicht an.

Im Berufungsfall ist offenkundig, dass die zwei älteren Kinder der Bw. in Ägypten ihre Schulausbildung absolvierten, nach Ende des ägyptischen Schuljahres nach Österreich reisten und zu Beginn des neuen Schuljahres wieder dorthin zurückkehren. Wie sich aus den Flugunterlagen der AUA ergibt, verließ die Bw. mit ihren (damals) drei Kindern (J, K und Sa) am Österreich in Richtung Kairo. Sie kam erst im Mai 2005 wieder zurück nach Österreich. Der Aufenthalt in Ägypten deckt sich im Wesentlichen mit einem Schuljahr in Ägypten.

Auf Grund dieser Feststellungen bestand für den damals 2-jährigen Sa (wie auch für die zwei älteren Kinder) für den Zeitraum 11/2004 - 05/2005 kein Anspruch auf Familienbeihilfe, da der ständige Aufenthalt im Streitzeitraum in Ägypten war.

Was den Zeitraum 11/2006 - 06/2007 (bzw. bis 12/2007 vgl. RV/0393-K/08) anlangt, sieht es der Unabhängige Finanzsenat als erwiesen an, dass auch während dieses Zeitraumes die Kinder Sa und die am 05 geborene A (wie auch die Kinder J und K) sich nicht in Österreich aufgehalten haben. Während dieser Zeit besuchten die beiden ältern Geschwister wieder die Amonschule in Ägypten; Sa und A besuchten in Österreich keinen Kindergarten, ärztliche Bestätigungen, Impfbescheinigungen betreffen nicht den Streitzeitraum, die Abwesenheit der Kinder an der Adresse R. wurde von Mitbewohnern bestätigt.

2. Mittelpunkt der Lebensinteressen der Berufungswerberin:

Zum Mittelpunkt der Lebensinteressen vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine Person zwar über mehrere Wohnsitze verfügen kann, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen haben kann (z.B. , u.a.). Zur Legaldefinition, wonach für die Feststellung, wo eine Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen hat, die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen den Ausschlag geben, wird Folgendes ausgeführt: Unter persönlichen Beziehungen zu einem Land sind all jene zu verstehen, die jemand aus in seiner Person liegenden Gründen aufgrund der Geburt, der Staatsangehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden, während den wirtschaftlichen Beziehungen nur eine weitergehenden Zwecken dienende Funktion zukommt. Wiederholt hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, dass die stärkste persönliche Beziehung eines Menschen im Regelfall zu dem Ort besteht, an dem er regelmäßig mit seiner Familie lebt, sodass bei verheirateten Personen der Mittelpunkt der Lebensinteressen regelmäßig an dem Ort sein wird, an dem sich die Familie aufhält. Bei getrennter Haushaltsführung kommt es auf die Umstände der Lebensführung an, wie etwa eine eigene Wohnung, gesellschaftliche Bindungen und auf objektive und subjektive Beziehungen.

Hat eine Person mehrere Wohnsitze, können auch die auf die einzelnen Wohnsitze entfallenden Aufenthaltszeiten ein bedeutsames quantitatives Kriterium dafür sein, wo eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse hat (vgl. ).

§ 2 Abs. 8 FLAG fordert nicht, dass die Absicht besteht, den Mittelpunkt der Lebensinteressen für immer im Bundesgebiet beizubehalten. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen kann sich auch verlagern - aufgrund der verstärkt zu erkennenden Mobilität ist dies auch mehrmals möglich. Entscheidend ist, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Streitzeitraum befunden hat.

Die Bw., ihr Ehegatte und die Kinder sind österreichische Staatsbürger mit Anrecht auf die ägyptische Staatsbürgerschaft. Während die Bw. von Geburt an österreichische Staatsbürgerin ist, ist ihr Ehegatte in Ägypten geboren und es leben dort auch die Verwandten (vgl. Aussage des Ehegatten, wonach ein Onkel die Amonschule in I leitet). Die Familie hat in Österreich einen Wohnsitz und hielt sich zumeist im Winter in Ägypten, im Sommer in Österreich auf. Die beiden ältesten schulpflichtigen Kinder besuchten in Ägypten (I) die Amonschule. Die beiden nicht schulpflichtigen Kinder A und Sa besuchten in Österreich keinen Kindergarten.

Für den Berufungszeitraum November 2004 bis Mai 2005 steht unbestritten fest, dass die Bw. sowie die Kinder J, K und Sa nicht in Österreich aufhältig waren. Aus den Flugtickets der AUA ergibt sich, dass die Bw. und ihre Kinder am Österreich verließen. Am kehrte die Familie wieder nach Österreich zurück. Dieser Umstand in Verbindung mit den Schulbesuch der beiden älteren Kinder in Ägypten lässt nur den Schluss zu, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht in Österreich war.

Was den Zeitraum November 2006 - Juni 2007 anlangt, kann der Ansicht des Finanzamt gefolgt werden, wonach auch während dieser Zeit, die Bw. samt den Kindern Sa, A (K und J) nicht in Österreich aufhältig waren bzw. dass die stärkeren persönlichen Beziehungen nicht zu Österreich, sondern zu Ägypten bestanden, da die älteren Kinder K und J 2006/2007 die private Amonschule in Is besuchten; Sa und A in Österreich nie einen Kindergarten besuchten, weder Bestätigungen über Arztbesuche (Mutter-Kind-Pass Untersuchungen) noch über Impfungen udgl. während dieser Zeit vorgelegt (Anm: die vorgelegten Bestätigungen betreffen nicht den Streitzeitraum); die Kinder im Wohnhaus nicht gesehen wurden.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich im gegenständlichen Fall folgendes Bild: Die Bw., die zweifellos ihre Wurzeln in Österreich hat lebt in aufrechter Ehe mit ihrem in Ägypten geborenen Ehegatten, der seit September 1996 österreichischer Staatsbürger ist, dessen Verwandtschaft jedoch in Ägypten leben. Bereits seit mehreren Jahren hält sich die gesamte Familie regelmäßig während des Winterhalbjahres für mehrere Monate in Ägypten auf. Der Ehegatte der Bw. steht seit in keinem regelmäßigen Arbeitsverhältnis und bezieht zumeist Überbrückungshilfe durch das Arbeitsmarktservice. Die Bw. selbst bezog im Streitzeitraum ein geringfügiges Einkommen als Zeitungskolporteurin. Die beiden älteren Kinder absolvieren ihre Schulausbildung in Ägypten. Diese Lebensweise zeigt trotz der österreichischen Herkunft der Bw. starke persönliche Beziehungen zu Ägypten auf, zumal auch die Entscheidung für eine Schulausbildung der Kinder in Ägypten den Schluss zulässt, dass den dort vermittelten kulturellen Werten der Vorzug gegenüber den in Österreich vermittelten Werten gegeben wurde.

Aus den zuvor geschilderten Lebensumständen kommt der Unabhängige Finanzsenat aus folgenden Gründen zu dem Schluss, dass die Bw. im maßgeblichen Zeitraum die engeren persönlichen Beziehungen zu Ägypten hatte: Die Bw. lebt mit ihrer Familie (Ehegatte und vier Kinder) regelmäßig sowohl in Österreich als auch in Ägypten zusammen, wobei aufgrund der Schulausbildung der zwei älteren Kinder jedenfalls ein zeitlicher Überhang in Ägypten gegeben ist. Insbesondere aus der Tatsache, dass die Kinder ihre gesamte Schulausbildung in Ägypten erhalten, dass in Österreich zu den Prüfungen nicht angetreten wurde, schließt der Unabhängige Finanzsenat, dass die Bildung der Kinder im Sinn der kulturellen Werte dieses Landes auch von der Bw. gewollt ist, was wiederum annehmen lässt, dass diese Werte für sie größere Bedeutung gegenüber den in Österreich vermittelten kulturellen Werten haben. Ist doch davon auszugehen, dass auch die Kinder damit einen stärkeren Bezug zu Ägypten erhalten und sich dadurch das Familienleben der Bw. immer stärker nach Ägypten verlagern wird. Dies wird auch durch die im Jahr 2008 erfolgte Aufgabe des Wohnsitzes (amtliche Abmeldung erfolgte am ) untermauert. Die persönlichen Bindungen zu Österreich treten - insbesondere wohl auch durch den Tod der Mutter der Bw. im Jahr 2006 - in den Hintergrund.

Aus dem Umstand, dass der Ehegatte der Bw. in Österreich im Streitzeitraum nur Transferleistungen bezog und dass die österreichischen Einkünfte der Bw. so gering waren, dass damit der Lebensunterhalt einer sechsköpfigen Familie nicht bestritten werden kann, ist zu schließen, dass auch die wirtschaftliche Anbindung an Österreich sehr gering war.

Der Unabhängige Finanzsenat sieht im Berufungszeitraum 11/04 - 05/05 und 11/06 - 06/07 (Sa) und 11/06 - 06/07 (A) den Mittelpunkt der Lebensinteressen als nicht in Österreich gelegen an, sodass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 8 FLAG nicht vorliegen.

Der Einwand der Bw., wonach sie mit den Kindern A und Sa Österreich nicht verlassen hätte, geht angesichts der obigen Ausführungen ins Leere. Was die Bestätigungen der Ärztebesuche anlangt, so fanden diese alle im nicht streitrelevanten Zeitraum statt und sind somit irrelevant.

Es kann damit als erwiesen angenommen werden, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bw. in dem in Rede stehendem Zeitraum nicht im Bundesgebiet befunden hat.

Die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages waren für Sharif für den Zeitraum November 2004 - Mai 2005 sowie für Sa und A von November 2006 bis Juni 2007 nicht gegeben.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 zurückzuzahlen.

Die Rückzahlungspflicht gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 trifft ausschließlich den Bezieher der Familienbeihilfe. Diese Bestimmung normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).

Gemäß § 33 Abs. 4 Z. 3 lit. a EStG 1988 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 50,90 € Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Zustellung:

Ändert eine Partei während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre Abgabestelle, so ist sie gemäß § 8 Abs. 1 ZustG verpflichtet, diese Änderung ihrer bisherigen Abgabestelle der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

Im Berufungsfall hat die Bw. die Abgabenbehörde nicht von der Änderung ihrer Abgabestelle unterrichtet. Maßnahmen zur Feststellung der bisherigen Abgabestelle wurden vom Unabhängigen Finanzsenat erfolglos durchgeführt. Aus diesem Grunde erfolgt die Hinterlegung der Berufungsentscheidung ohne vorausgehenden Zustellversuch gemäß § 23 ZustG.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 23 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Schlagworte
Ägypten
Mittelpunkt der Lebensinteressen
Rückzahlung
ständiger Aufenthalt
Schulbesuch in Ägypten

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at