Suchen Hilfe
OGH vom 26.03.2020, 1Ob40/20v

OGH vom 26.03.2020, 1Ob40/20v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.Prof. Dr.

Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. HoferZeniRennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Mag. Werner Piplits und Mag. Marko MacKinnon, LL.M., Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Alfred Hütteneder und Mag. Michaela HüttenederEstermann, Rechtsanwälte in Bad Hofgastein, wegen 41.306,72 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 17.738,40 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 301/19x14, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom , GZ 6 C 601/18z8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

D

Text

Entscheidungsgründe:

Die erhob am eine auf Rückzahlung zu viel bezahlter Betriebskosten für ein gemietetes Geschäftslokal gerichtete Klage. Hinsichtlich der Jahre 2014 bis 2017 begehrte sie zunächst – in Form einer Stufenklage – die Legung der Betriebskostenabrechnungen sowie Zahlung des sich daraus ergebenden Guthabens. Hinsichtlich des Jahres 2013 begehrte sie die Rückzahlung des Saldos zu ihren Gunsten aus der bereits erfolgten Abrechnung. Nachdem die Beklagte auch die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2014 bis 2017 gelegt hatte, schränkte sie ihr Begehren um die Rechnungslegung ein und bezifferte ihre Rückforderungsansprüche für die genannten Jahre. Dem Verjährungseinwand der Beklagten entgegnete sie, dass ihre Rückforderungsansprüche auch unter Zugrundelegung einer dreijährigen Verjährungsfrist, die frühestens mit tatsächlicher Abrechnung der Betriebskosten zu laufen begonnen habe, nicht verjährt seien.

Die bestritt das Klagebegehren und wandte unter anderem ohne dies näher zu begründen die Verjährung der Rückforderungsansprüche für die Jahre 2013 und 2014 ein.

Das gab dem Rückzahlungsbegehren hinsichtlich der Jahre 2015 bis 2017 statt und wies es hinsichtlich der Jahre 2013 und 2014 wegen Verjährung ab, weil die zugrundegelegte dreijährige Verjährungsfrist bereits „mit Zahlung“ zu laufen begonnen habe.

Das gab der gegen die das Jahr 2014 betreffende Abweisung gerichteten Berufung der Klägerin Folge und auch diesem Teil des Klagebegehrens statt. Der gegen den Erfolg des das Jahr 2015 betreffenden Klagebegehrens gerichteten Berufung der Beklagten (die nur eine Verfahrensrüge erhob und dem Erstgericht vorwarf, seine Rechtsansicht zum Verjährungsbeginn nicht erörtert zu haben; bei Kenntnis dieser Rechtsansicht hätte die Beklagte auch hinsichtlich des Jahres 2015 Verjährung eingewandt), gab es nicht Folge. Es ging zur – in zweiter Instanz allein
relevierten – Verjährungsfrage davon aus, dass vor Legung der Betriebskostenabrechnungen kein Anspruch auf Rückforderung zu viel bezahlter Betriebskosten für das noch nicht abgerechnete Jahr geltend gemacht werden könne. Dieser Anspruch entstehe vielmehr erst mit einer solchen (hinsichtlich der Jahre 2014 bis 2017 erstmals 2019 erfolgten) Abrechnung, weshalb die Verjährungsfrist vorher nicht zu laufen beginne. Es sei daher auch hinsichtlich der die Jahre 2014 und 2015 betreffenden Ansprüche noch keine Verjährung eingetreten. Die ordentliche Revision sei unter anderem zulässig, weil zur Frage, „ob die Verjährungsfrist bereits mit Ende der Abrechnungsperiode beginne, wenn innerhalb von drei Jahren weder eine Betriebskostenabrechnung übermittelt noch eine Klage auf Rechnungslegung erhoben werde“, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Beklagten erhobene ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist, dass nicht weiter zu prüfen ist, ob hier die lange dreißigjährige oder (wovon die Vorinstanzen ausgingen, was in dritter Instanz nicht bekämpft wird) die kurze dreijährige Verjährungsfrist zur Anwendung gelangt, weil – wie im Folgenden zu zeigen sein wird – die Rückforderungsansprüche betreffend die Jahre 2014 und 2015 jedenfalls (also auch unter Zugrundelegung einer bloß dreijährigen Frist) nicht verjährt sind.

2. Gemäß § 1478 Satz 2 ABGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem das Recht „zuerst hätte ausgeübt werden können“, seiner Geltendmachung also kein rechtliches Hindernis (insbesondere nicht mangelnde Fälligkeit) entgegensteht (RS0034343) und objektiv die Möglichkeit bestand, den Anspruch einzuklagen (RS0034343 [T3, T 4]). Dies gilt grundsätzlich für alle Verjährungsfristen (RS0034248 [T7, T 12]).

3. Zur in § 21 Abs 3 MRG für Betriebskosten und öffentliche Abgaben vorgesehenen „Jahrespauschalverrechnung“ wird sowohl in der Rechtsprechung (5 Ob 101/91; 5 Ob 2122/96m; 3 Ob 249/04w) als auch in der Lehre (vgl HausmannHausmannVonkilchEgglmeier-SchmolkeSchinnaglReßlerIlleditsReich-RohrwigWürthZingherKovanyi23Betriebskostenabrechnung liefert diesem die erstmalige Grundlage für die Beurteilung, welche – nach dem Gesetz bzw (außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG) dem Vertrag – von ihm zu tragenden Bewirtschaftungskosten dem Vermieter tatsächlich entstanden und vom Mieter anteilig endgültig zu tragen sind. Erst dann kann der Mieter auch beurteilen, in welchem Umfang seine Akontozahlungen seine nun feststehende wahre Verbindlichkeit allenfalls übersteigen. Die Fälligkeit des – erst mit Abrechnung entstandenen – Rückforderungsanspruchs tritt gemäß § 21 Abs 3 vorletzter Satz MRG (für die in dessen Anwendungsbereich fallenden Mietverhältnisse)

7. Die Kostenentscheidung beruht auf den § 41, 50 ZPO.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00040.20V.0326.000

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.

Fundstelle(n):
BAAAD-01755