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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 21.03.2011, RV/2456-W/10

Privatpilotenlizenz als Umschulungskosten für Linienpilotenausbildung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adresse, vertreten durch FM Steuerberatung GmbH, 2460 Bruckneudorf, Lindenbreite 19, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Herr Bw. (Berufungswerber, Bw.) beantragte in seiner Einkommensteuererklärung ua. die Berücksichtigung von Umschulungskosten als vorweggenommene Werbungskosten in Höhe von € 18.768,20. Das Finanzamt (FA) versagte die Anerkennung dieser Aufwendungen mit dem Hinweis, dass die Aufwendungen für die Erlangung der Privatpilotenlizenz (PPL) keine Werbungskosten iSd § 16 EStG 1988 darstellen würden.

In der Berufung wird eingewendet, dass die PPL Bestandteil der modularen Linienpilotenausbildung sei zu welcher sich der Bw. im Jahr 2008 entschlossen hätte um sich beruflich neu auszurichten.

Die als Werbungskosten beantragten Aufwendungen würden neben den reinen Umschulungskosten auch Fahrtkosten sowie Taggeld beinhalten. Insgesamt wurden € 16.158,78 reine Umschulungskosten, € 261,23 Internetkosten, € 1.965,60 Fahrtkosten und € 354,20 Taggelder daher insgesamt € 18.739,81 (laut Berufung € 18.768,23, offenbar Rechenfehler) beantragt.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung (BVE) führt das FA aus: "Die Aufwendungen zur Erlangung des Berufspilotenscheines stellen erst dann Werbungskosten dar, wenn aus diesem Titel Einkünfte erzielt werden. Sobald Sie als Berufspilot Einkünfte erzielen, können Sie für das Veranlagungsjahr 2009 (innerhalb von 5 Jahren) einen Antrag gem. §295a BAO auf Wiederaufnahme der Verfahrens stellen".

Im Vorlageantrag wird unter Verweis auf die Entscheidung des UFS, RV/2153-W/08 dargestellt, dass die Führung von Verkehrsflugzeugen keine als Hobby betriebene Tätigkeit darstelle. Für diese vom Bw. angestrebte Tätigkeit sei die PPL(A) und der Berufspilotenschein unabdingbare Voraussetzung für die Erlangung der Linienpilotenlizenz. Eine Gefährdung der derzeitigen Einkünfte sei nicht Voraussetzung für das Vorliegen von abzugsfähigen vorweggenommenen Werbungskosten.

Die Inaussichtnahme des Vorgehens nach § 295a BAO sei im Ansatz verfehlt, da bereits bekannt sei, dass der Bw. die Tätigkeit eines Berufspiloten auszuüben plane und daher in den Folgejahren kein rückwirkendes Ereignis im Tatsachenbereich vorliegen könne.

Im Zuge des zweitinstanzlichen Verfahrens zog der Bw. die Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Berufungssenat zurück und schränkte sein Begehren auf Anerkennung von Werbungskosten für das Streitjahr durch Verzicht auf die Ausgaben für Internet im Betrag von € 261,23 ein.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Bw. war im Veranlagungsjahr als Vertragslehrer beim Land Wien beschäftigt und befand sich unstrittig in einem modularen Ausbildungskurs für Linienpiloten.

Die Ausbildung zum Linienpiloten umfasst nach den Ausführungen des Bw. folgende Module:


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Allgemeines Sprechfunkzeugnis (AFZ)
Dieses Zeugnis befähigt zur Durchführung des Funkverkehrs im Flugverkehr. Das AFZ ist die höchste Stufe und für Linienpiloten unumgänglich.
Privatpilotenlizenz (PPL)
Die Privatpilotenlizenz ist zur Erlangung der Linienpilotenlizenz unumgänglich und stellt somit die fliegerische Basis dar.
Instrumentenflugberechtigung (IR)
Der nächste Schritt nach der Privatpilotenlizenz ist die Absolvierung eines Instrumentenflugkurses. Die Instrumentenfluglizenz berechtigt zum Pilotieren eines Flugzeuges bei schlechten Sichtbedingungen und ist ebenfalls Voraussetzung zur Erlangung der Linienpilotenlizenz.
Berufspilotenlizenz (CPL)
Nach einer Flugpraxis von 200 Stunden kann die Berufspilotenlizenz erlangt werden - eine Vorstufe zur Linienpilotenlizenz.
Multi-Engine (ME)
Diese Klassenberechtigung erlaubt das Pilotieren von mehrmotorigen Flugzeugen. Im Linienverkehr dürfen nur mehrmotorige Flugzeuge eingesetzt werden.
Linienpilotenlizenz (ATPL)
Die Prüfung zum Linienpiloten ist eine theoretische Prüfung zur Erlangung der Berechtigung zur Ausübung des Berufes des Linienpiloten.

Nach den glaubwürdigen Aussagen des Bw. hat dieser bis dato folgenden Ausbildungsschritte bereits abgeschlossen (und die entsprechenden Kosten dafür getragen):


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Ausbildungsgebiet
Datum
Theorieprüfung Privatpilotenschein - PPL (A)
Allgemeines Sprechfunkzeugnis für den beweglichen Flugfunkdienst (AFZ)
Praxisprüfung Privatpilotenschein - PPL (A) - inkl. Flugstunden PPL
Nachtsichtflug - NVFR (A) - Theorie
Multi-Engine-Piston - MEP (A) - notwendig für IFR Ausbildung
IFR/CPL/ATPL - Theorieausbildung Instrumentenflug Berufspilotenlizenz Linienpilotenlizenz
-


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NVFR-Praxis
geplant 2011


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MEP Simulator


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MEP Praxis
IFR Praxis (Simulator und Flugzeug)
IFR Upgrade MEP
CPL Praxis
Timebuilding (Stunden sammeln)

Aus einer Bestätigung der Austro Control ist der ersichtlich, dass der Bw. am die letzte theoretische Prüfung für die Erlangung der Linienpilotenlizenz erfolgreich abgelegt hat. Für die Erteilung der Lizenz hat der Bw. nur noch die erforderlichen Flugstunden nachzuweisen.

Diese praktische Ausbildung absolviert der Bw. unstrittig lt. vorgelegter Schulbesuchsbestätigung vom in der Flugschule der Motorflugunion Klosterneuburg. Eindeutig angestrebtes Ziel der praktischen Ausbildung ist die endgültige Erlangung der Linienpilotenlizenz ATPL(A)nach JAR-FCL 1, wobei der Bw. bis dato etwa die Hälfte der für den Erwerb der Linienpilotenlizenz erforderlichen Flugstunden nachweisen kann.

Die geltend gemachten Werbungskosten von € 16.158,78 Umschulungskosten, € 1.965,60 km-Gelder und € 354,20 Taggelder wurden im zweitinstanzlichen Verfahren belegmäßig nachgewiesen und betragen insgesamt € 18.478,58.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 stellen Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, Werbungskosten dar.

Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass für das Jahr 2009 keine Fortbildungsmaßnahme sondern eine Ausbildungsmaßnahme vorliegt und dass deren Abzugsfähigkeit nur nach der letztgenannten Bestimmung in Frage kommt.

Das Gesetz verlangt dabei eindeutig, dass die Umschulungsmaßnahme auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes "abzielt". Es reicht nicht aus, dass die Umschulungen eine Tätigkeit in einem neuen Berufsfeld "ermöglichen" (vgl. Fuchs, UFS aktuell 2005,48, Taucher, FJ 2005, 341). Abzugsfähig sind Aufwendungen in Zusammenhang mit einem Beruf, der bisher noch nicht ausgeübt worden ist; es handelt sich also um vorweggenommene Werbungskosten (686 d.B.XXII. GP-AbgÄG 2004).

Der Begriff "Umschulung" impliziert, dass nur Fälle eines angestrebten Berufswechsels (von der bisherigen Haupttätigkeit zu einer anderen Haupttätigkeit) gemeint sind.

Es ist daher im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, ob der Zweck der Umschulung darin besteht eine andere Berufstätigkeit tatsächlich ausüben zu wollen oder andere Motive der Bildungsmaßnahme des Steuerpflichtigen zu Grunde liegen (zB hobbymäßiges Verwerten).

Die Regeln über die Flugberechtigung finden sich in Österreich in der Zivilluftfahrt-Personalverordnung 2006-ZLPV 2006; BGBl. II Nr. 205/2006 die zum Zivilluftfahrtgesetz (LFG, BGBl Nr. 253/1957 idgF) erlassen wurde.

Nach § 23 ZLPV 2006 richten sich die Voraussetzungen für die Erteilung und Erhaltung einer Privatpilotenlizenz, Berufspilotenlizenz oder einer Linienpilotenlizenz und deren Umfang und Gültigkeitsdauer sowie die Voraussetzungen für die Verlängerung und Erneuerung solcher Lizenzen und Berechtigungen nach den Bestimmungen der Anlage 1 (JAR-FCL 1 = Joint Aviation Requirement Flight Crew Licensing [Aeroplane]).

Die hier relevanten Vorschriften betreffen die Ausbildung zum Privatpiloten [PPL(A) - Private Pilots Licence - Aeroplane], Berufspiloten [CPL (A) - Commercial Pilots Licence - Aeroplane] und Linienverkehrspiloten [ATPL (A) - Airline Transport Pilot Licence - Aeroplane]. Der Zusatz (A) bei den jeweiligen Bezeichnungen bedeutet Aeroplane im Gegensatz zu (H) wie Hubschrauber oder Helikopter. (vgl. UFS RV/0028-S/08 und die darin enthaltenen Hinweise).

Aus der Anlage 1 zur ZLPV (JAR-FCL 1.290) ist abzuleiten, dass ein Bewerber für eine ATPL(A) gemäß Anhang 1 Z.2 zu JAR-FCL 1.285, welcher eine ATPL (A) in der modularen Ausbildung anstrebt, innerhalb von 18 Monaten, unter Aufsicht des Ausbildungsleiters der FTO, 650 Stunden theoretischen Unterricht für den Erwerb der ATPL erhalten haben und im Besitz der PPL(A) sein muss.

Daraus ergibt sich, dass die hier strittige PPL(A) eine Voraussetzung zur Erlangung der ATPL(A) darstellt und deshalb als Teil der Ausbildung zum Linienverkehrspiloten anzusehen ist.

Es steht für den Unabhängigen Finanzsenat außer Zweifel, dass die Führung von Verkehrsflugzeugen so weit von einer als Hobby betriebenen Fliegerei entfernt ist, dass die dafür erforderliche umfassende, zeit- und kostenintensive Ausbildung nicht mehr mit den - sicherlich gegebenen - persönlichen Neigungen in Verbindung gebracht werden kann, wie dies üblicherweise für die Privatpilotenlizenz gilt. Die Ausbildung zur Erlangung der ATPL(A) zielt typischerweise darauf ab, als Berufspilot tätig zu werden, große Verkehrsflugzeuge zu steuern und damit Einkünfte zu erzielen.

Eine andere Sichtweise wäre unter Umständen nur dann angebracht, wenn besondere Umstände vorlägen, die auf eine Nutzung der Lizenz im Rahmen der privaten Lebensführung hindeuten. Das könnte etwa dann der Fall sein, wenn der Bw selbst über ein Flugzeug verfügen würde, für das diese Berechtigung erforderlich ist, und er dieses Flugzeug tatsächlich vor allem für private Zwecke bzw. sein Hobby nutzt. Darauf gibt es im konkreten Fall aber keine Hinweise ().

Laut Rz 360 LStR 2002 ist das "Abzielen" somit veranlagungsjahrbezogen nach Art einer Liebhabereibeurteilung zu prüfen, eine spätere Änderung des zunächst vorhandenen Willensentschlusses hat keine schädliche Wirkung für die Vergangenheit.

Aufgrund der vorgelegten Unterlagen kann als erwiesen angenommen werden, dass der Bw seine Ausbildung so zielstrebig und konsequent betreibt, wie es in seiner persönlichen Situation - bei aufrechtem Dienstverhältnis in einem nicht artverwandten Beruf - möglich ist. Im Hinblick auf die momentane Berufstätigkeit bleibt dem Bw. nur die Möglichkeit der modularen Ausbildung in dem angestrebten Beruf, welche er zielstrebig betreibt. Tatsache ist, dass derder Bw. bis dato den gesamten theoretischen Teil der Ausbildung samt Prüfungen erfolgreich abgeschlossen hat und nunmehr lediglich die erforderlichen Flugstunden, welche für die Erteilung der Lizenz erforderlich sind, sammeln muss.

Da die Berechtigung PPL(A) unabdingbare Voraussetzung für die Ausbildung zur Erlangung der ATPL(A) ist muss sie als Teil dieser Ausbildung gesehen und damit einheitlich mit dieser beurteilt werden.

Der Rechtsansicht des Finanzamtes, dass für den Fall, dass der Bw in weiterer Folge tatsächlich einen Gesamtüberschuss aus seiner Tätigkeit als Linienpilot erzielen würde, dies ein rückwirkendes Ereignis darstelle, welches zu einer Bescheidänderung im Sinne des § 295a BAO führen würde und zwar für jenes Jahr in dem die Aufwendungen für die Umschulungsmaßnahmen anfallen würde, ist entgegenzuhalten, dass bei Betrachtung eines mehrjährigen Studiums diese Sichtweise im Tatbestand des § 295a BAO nicht gedeckt ist, weil das "Abzielen" auf eine andere Berufsausübung nicht von späteren tatsächlichen Entwicklungen abhängt (s. Atzmüller/Lattner, MSA EStG, § 16 Anm 144). Es liegt somit kein Anwendungsfall des § 295a BAO vor.

Es liegt auch kein Anwendungsfall einer vorläufigen Abgabenfestsetzung nach § 200 BAO vor, da Zweifel am ernsthaften Abzielen auf die Ausübung des Berufes des Berufspiloten durch den Bw nicht bestehen.

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen ist festzuhalten, dass es sich im vorliegenden Fall bei der vom Bw. absolvierten Ausbildung zum Berufs- und Linienflugpiloten um eine umfassende Umschulungsmaßnahme iS der vorzitierten gesetzlichen Bestimmung handelt, wird dem Bw. dadurch doch der Einstieg in eine vollkommen andere berufliche Tätigkeit ermöglicht.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 23 ZLPV 2006, Zivilluftfahrt-Personalverordnung 2006, BGBl. II Nr. 205/2006
§ 200 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Privatpilotenlizenz
Umschulungskosten
modulare Ausbildung zum Linienpiloten
hobbymäßige Verwendung
Verweise
Anmerkung
Parallelentscheidung zu RV/3489-W/09, selbes FA wie in dieser Entscheidung, gleiche Begründung für Abweisung der Umschulungskosten, Hinweis im abweisenden Erstbescheid auf § 295a BAO verfehlt!
Zitiert/besprochen in
RdW 2012/60

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at