Ablehnung einer Schuldnerberaterin gemäß § 84 BAO
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
RV/0004-L/10-RS1 | Schreitet ein "nicht befugter" Vertreter (der nicht zum Kreis der in § 83 Abs. 4 BAO erwähnten Personen zählt) ein, ohne sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen, so ist zunächst ein Mängelbehebungsauftrag zu erlassen. Erst wenn dieser Mangel (fehlende Vollmachtsvorlage) behoben wurde, ist nach Maßgabe des § 84 BAO vorzugehen (Ritz, BAO³ § 85 Tz 20; vgl. auch Stoll, BAO, 842). Wird im Zuge des Mängelbehebungsverfahrens keine schriftliche Vollmacht vorgelegt, ist ein Zurücknahmebescheid im Sinne des § 85 Abs. 2 iVm. Abs. 4 BAO (an den Vollmachtgeber; vgl. Ritz, BAO³, § 85 Tz 22) zu erlassen, und die Eingabe gilt als zurückgenommen. Für die Ablehnung des Einschreiters gemäß § 84 BAO besteht in einem solchen Fall keine Veranlassung. Nur wenn in Entsprechung des Mängelbehebungsauftrages eine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird, kann geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 84 BAO erfüllt sind, da der Umfang der Vollmacht entscheidend für die Frage ist, ob nur eine allenfalls zulässige "Hilfe in Steuersachen" geleistet wird, oder die Bevollmächtigung (unzulässigerweise) eine allgemeine Vertretung vor den Abgabenbehörden umfasst. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom zu StNr. 000/0000 betreffend ihre Ablehnung als Bevollmächtigte gemäß § 84 Abs. 1 BAO entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
In einer Eingabe an das Finanzamt vom wies die als Schuldnerberaterin tätige Berufungswerberin darauf hin, dass sie seit kurzem Herrn W M vertrete, und ersuchte um Mitteilung des aktuellen Schuldenstandes ihres Klienten beim Finanzamt.
Dieser Eingabe war ein als "Vollmacht" tituliertes und mit datiertes Schriftstück angeschlossen, nach dessen Inhalt der Abgabenschuldner jedoch das Finanzamt Linz lediglich von der Verpflichtung zur Wahrung der Verschwiegenheitspflicht und des Steuergeheimnisses gegenüber der Berufungswerberin entbunden hat. Die Erteilung einer Vertretungsmacht durch den Abgabenschuldner an die Berufungswerberin wurde darin in keiner Weise zum Ausdruck gebracht.
Das Finanzamt teilte daraufhin mit Schreiben vom den offenen Rückstand des Abgabenschuldners auf seinem Abgabenkonto der Berufungswerberin mit.
Mit Eingabe vom beantragte der Abgabenschuldner beim Bezirksgericht Traun die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens. Er werde dabei von der Berufungswerberin unterstützt.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Traun vom wurde das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Als Schuldnervertreter wird dabei beispielsweise im Protokoll über die allgemeine Prüfungstagsatzung, aber auch etwa im Beschluss vom über die Bestätigung des in diesem Insolvenzverfahren abgeschlossenen Zahlungsplanes die Berufungswerberin angeführt. Nach Rechtskraft der Zahlungsplanbestätigung (Quote: 10 %, zahlbar in 7 jährlichen Raten) wurde mit Beschluss vom das Schuldenregulierungsverfahren aufgehoben.
In einer Eingabe an das Finanzamt vom wies die Berufungswerberin darauf hin, dass mit Unterstützung von Verwandten des Schuldners die sieben Jahresraten auf einmal bezahlten werden könnten, "selbstverständlich nur, wenn die Gläubiger bereit sind auch etwas nachzulassen". Aus ihrer Sicht wäre es angemessen, wenn die Gläubiger auf 20 % der vereinbarten Quote verzichten würden. Es werde um Bekanntgabe ersucht, ob das Finanzamt mit diesem Angebot einverstanden sei.
Mit Mängelbehebungsauftrag vom forderte das Finanzamt die Berufungswerberin unter Bezugnahme auf diese Eingabe vom zur Vorlage einer (vom Schuldner an die Berufungswerberin erteilten) schriftlichen Vollmacht auf. In einem ergänzenden "Hinweis" führte das Finanzamt aus, dass es sich bei der Berufungswerberin offenbar nicht um eine anerkannte Schuldnerberatungsstelle im Sinne des § 12 Insolvenzrechtseinführungsgesetzes handle, weshalb dargelegt werden möge, woraus sich die Legitimation der Berufungswerberin ableite.
Da die Berufungswerberin diesem Mängelbehebungsauftrag keine Folge leistete, erklärte das Finanzamt mit Bescheid vom die Eingabe vom als zurückgenommen. Dieser Bescheid erging allerdings nicht an den Vollmachtgeber, sondern an die Berufungswerberin.
Erst mit Eingabe vom reagierte die Berufungswerberin auf den Mängelbehebungsauftrag vom , und führte aus, dass ihr Geschäftsführer laut seinen Gewerbeberechtigungen legitimiert sei, das Fachgebiet Schuldnerberatung auszuüben, und zwar sowohl für Unselbständige als auch für Unternehmer. Die aus Steuergeldern finanzierten Schuldnerberatungsstellen in ganz Österreich verfügten nicht über ein gesetzliches Monopol und seien ausschließlich zur Betreuung Unselbständiger befugt. Da das Bezirksgericht Traun die Berufungswerberin selbstverständlich als Vertretung zugelassen habe, sie die "Bitte" des Finanzamtes "um eine weitere schriftliche Vollmacht obsolet".
Mit Bescheid vom lehnte das Finanzamt die Berufungswerberin gemäß § 84 Abs. 1 BAO "als Bevollmächtigte" des Abgabenschuldners WM ab, und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die geschäftsmäßig Vertretungsbefugnis vor Abgabenbehörde von einer Berufsbefugnis abhängig sei. Befugt seien insbesondere Rechtsanwälte, Notare sowie Wirtschaftstreuhänder. Die Berufungswerberin gehöre keiner dieser Gruppen an und sei auch keine anerkannte Schuldnerberatungsstelle im Sinne des § 12 IEG. Die Berufungswerberin besitze keine Berufsbefugnis und habe auch keine Vollmacht vorlegen können. Damit komme eine allgemeine Vertretung vor Finanzbehörde nicht in Betracht. Der Abgabenschuldner wurde von dieser Ablehnung in Kenntnis gesetzt.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben. Die Berufungswerberin sei im Fall M Konkursvertreter bzw. Schuldnerberater bzw. Unternehmensberater, aber nicht Steuerberater. Die Berufungswerberin habe die gleichen Rechte wie eine anerkannte Schuldnerberatungsstelle. Es gebe keinen Unterschied, außer dass der Kundenkreis der vom Steuergeld lebenden Schuldnerberatungen auf Unselbständige eingeschränkt sei. Alle anerkannten Schuldnerberatungsstellen in Österreich seien inzwischen juristische und keine natürliche Personen. Im § 12 IEG werde nirgendwo über Vollmachten gesprochen. Im Übrigen sei der Abgabenschuldner bereits bei der Schuldnerberatung in Linz und dort völlig unzufrieden gewesen, weshalb er dann die Berufungswerberin kontaktiert habe. Eine Vollmacht gegenüber dem Finanzamt sei bereits in dessen Besitz, dazu werde das Antwortschreiben des Finanzamtes vom (zur Anfrage der Berufungswerberin vom ) vorgelegt. Die Berufungswerberin arbeite seit 15 Jahren österreichweit mit Finanzämtern positiv zusammen, und sei daher erstaunt, sich mit derartigen Lappalien beschäftigen zu müssen.
Laut Feststellung des Finanzamtes ist der Abgabenschuldner 2009 verstorben. In der Ediktsdatei findet sich ein Eintrag, dass der Abgabenschuldner 2009 verstorben ist, auch im Zentralen Melderegister wurde eingetragen, dass die Meldung am Hauptwohnsitz mit 2009 endete.
Mit Beschluss des Landesgerichtes Krems vom , 000, wurde ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Berufungswerberin mangels Vermögens abgewiesen. Die zu FN 0000 protokolliert gewesene Firma der Berufungswerberin wurde am im Firmenbuch gelöscht. Beim für die Berufungswerberin zuständigen Finanzamt wurden bislang keine Steuererklärungen für das Veranlagungsjahr 2010 eingereicht, eine am eingebrachte Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom ist noch offen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Bestimmungen der §§ 83 bis 85 BAO lauten auszugsweise wie folgt:
§ 83 (1) Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.
(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen.
(4) Die Abgabenbehörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder, Haushaltsangehörige oder Angestellte handelt und Zweifel über das Bestehen und den Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.
§ 84 (1) Die Abgabenbehörde hat solche Personen (Personengesellschaften) als Bevollmächtigte abzulehnen, die die Vertretung anderer geschäftsmäßig, wenn auch unentgeltlich betreiben, ohne hiezu befugt zu sein. Gleichzeitig ist der Vollmachtgeber von der Ablehnung in Kenntnis zu setzen.
§ 85 (2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
(4) Wird ein Anbringen nicht vom Abgabepflichtigen selbst vorgebracht, ohne daß sich der Einschreiter durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen kann und ohne daß § 83 Abs. 4 Anwendung findet, gelten für die nachträgliche Beibringung der Vollmacht die Bestimmungen des Abs. 2 sinngemäß.
Die Ablehnung eines Einschreiters gemäß § 84 BAO setzt schon nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut dieser Norm voraus, dass dieser überhaupt bevollmächtigt ist, da er "als Bevollmächtigter" abzulehnen ist, wenn die näheren Voraussetzungen dieser Bestimmung vorliegen. Schreitet ein "nicht befugter" Vertreter ein, der nicht zum Kreis der in § 83 Abs. 4 BAO erwähnten Personen zählt, ohne sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen, so ist zunächst ein Mängelbehebungsauftrag zu erlassen. Erst wenn dieser Mangel (fehlende Vollmachtsvorlage) behoben wurde, ist nach Maßgabe des § 84 BAO vorzugehen (Ritz, BAO³ § 85 Tz 20; vgl. auch Stoll, BAO, 842, wonach die Frage der Befugnis oder des Fehlens derselben nur von Bedeutung sein kann, wenn Personen als bevollmächtigte Vertreter einschreiten). Wird daher im Zuge eines Mängelbehebungsverfahrens keine schriftliche Vollmacht vorgelegt, ist ein Zurücknahmebescheid im Sinne des § 85 Abs. 2 iVm Abs. 4 BAO (an den Vollmachtgeber; vgl. Ritz, BAO³, § 85 Tz 22) zu erlassen, und die Eingabe gilt als zurückgenommen. Für die Ablehnung des Einschreiters gemäß § 84 BAO besteht in einem solchen Fall keine Veranlassung. Nur wenn in Entsprechung des Mängelbehebungsauftrages überhaupt eine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird, kann geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 84 BAO erfüllt sind, da der Umfang der Vollmacht entscheidend für die Frage ist, ob nur eine allenfalls zulässige "Hilfe in Steuersachen" geleistet wird (siehe dazu unten), oder die Bevollmächtigung (unzulässigerweise) eine allgemeine Vertretung vor den Abgabenbehörden umfasst.
Dem Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes vom war nicht entsprochen worden. Auch die mit Eingabe vom vorgelegte "Vollmacht" vom , auf die in der gegenständlichen Berufung durch den Hinweis auf das Schreiben des Finanzamtes vom sinngemäß verwiesen wurde, gibt keinen Aufschluss über die Frage, ob und in welchem Umfang der Berufungswerberin Vertretungsmacht gegenüber der Abgabenbehörde erteilt wurde, da mit dieser "Vollmacht" - wie bereits eingangs festgestellt - das Finanzamt lediglich von der Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit und des Steuergeheimnisses gegenüber der Berufungswerberin entbunden wurde. Auch aus dem von der Berufungswerberin ins Treffen geführten Umstand, dass sie im Schuldenregulierungsverfahren des Abgabenschuldners vom Bezirksgericht Traun als Schuldnervertreter anerkannt worden war, ist für die Frage des Bestandes bzw. Umfanges der Vertretungsbefugnis vor den Abgabenbehörden nichts zu gewinnen.
Die Frage, ob der Abgabenschuldner der Berufungswerberin überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang Vertretungsmacht gegenüber dem Finanzamt eingeräumt hat, kann jedoch im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, da der Abgabenschuldner Ende Juli 2009 verstorben ist. Durch den Tod des Vollmachtgebers ist eine allfällige erteilte Vollmacht gemäß § 1022 ABGB erloschen. Da es somit schon aus diesem Grund an einer (noch) aufrechten Vollmacht fehlt, die Berufungsbehörde Veränderungen des Sachverhalts zu berücksichtigen und von der Sachlage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen hat (Ritz, BAO³, § 289 Tz 59 mit Judikaturnachweisen), liegen die Voraussetzungen des § 84 BAO für eine Ablehnung der Berufungswerberin auch aus diesem Grund nicht (mehr) vor. Nochmals sei betont, dass die "Ablehnung als Bevollmächtigter" eine bestehende Vollmacht voraussetzen würde.
Der Vollständigkeit halber sei zur grundsätzlichen Vertretungsbefugnis eines "Schuldnerberaters" vor den Abgabenbehörden zunächst festgehalten, dass mit der Bestimmung des § 84 BAO der im § 83 BAO verankerte Grundsatz, dass sich die Parteien im Abgabenverfahren vertreten lassen dürfen, dahingehend eingeschränkt wird, dass zur geschäftsmäßigen Vertretung nur die nach den berufsrechtlichen Vorschriften befugten Personen berechtigt sind. Dazu bestimmt § 321 Abs. 2 BAO, dass die gemäß § 71 der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, BGBl. Nr. 125/1955, unberührt gebliebenen Befugnisse zur Vertretung vor Abgabenbehörden bzw. zur Hilfe- oder Beistandsleistung in Abgabensachen durch das Inkrafttreten der Bundesabgabenordnung keine Änderung erfuhren; dies gilt auch für die im § 107a Abs. 3 Z. 3 bis 9 in der Abgabenordnung genannten Personen und Stellen. Der verwiesene § 71 WTBO ordnete an, dass die Befugnisse der Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht berührt werden. Gleiches galt für die Befugnisse von Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereiches Hilfe oder Beistand in Steuersachen im Sinne der Abgabenordnung leisten, sowie die in § 107a Abs. 3 Z. 3 bis 9 der Abgabenordnung genannten Personen oder Stellen. Die Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung in Abgabensachen ergab sich mit Rücksicht auf die in den §§ 31 bis 33 WTBO den Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Rechte nur aus den Bestimmungen der WTBO selbst. Die Vertretung im Abgabenverfahren vor den Finanzbehörden des Bundes und der übrigen Gebietskörperschaften war gemäß § 31 Abs. 2 WTBO den Wirtschaftsprüfern (Wirtschaftsprüfungsgesellschaften) sowie den Steuerberatern (und Steuerberatungsgesellschaften) vorbehalten (§ 33 Abs. 1 lit. c WTBO). Der angesprochene § 107a Abgabenordnung bestimmt in seinem ersten Absatz, dass Personen, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, dazu der vorherigen allgemeinen Erlaubnis des Finanzamtes bedürfen. Dies gilt jedoch nicht für Unternehmer, die ein Handelsgewerbe betreiben, soweit sie in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft, das zu ihrem Handelsgewerbe gehört, ihren Kunden Hilfe in Steuersachen leisten (Abs. 3 lit. 5 leg. cit.). Die in dieser Bestimmung genannten Unternehmer, die ein Handelsgewerbe betreiben, sind befugt, ihren Kunden "Hilfe in Steuersachen" zu leisten, soweit diese in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft steht, das zu ihrem Handelsgewerbe gehört. Erforderlich ist, dass die den Kunden erbrachte Hilfeleistung gegenüber der Haupttätigkeit eine erheblich eingeschränkte, nicht ins Gewicht fallende Tätigkeit ist. Die Steuerhilfe muss stets eine solche unselbständige Hilfstätigkeit sein, die nicht zu einem selbständigen Hauptteil der angebotenen Leistung wird. Diese Tätigkeit, nämlich Hilfe in Steuersachen, darf also nicht selbständig neben die anderweitigen Berufsaufgaben treten, sie darf nicht wesentlicher Teil der eigentlichen Berufsaufgabe sein oder gar im Vordergrund stehen (). Diese Hilfe in Steuersachen darf nicht praktisch die beratende Tätigkeit einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person ersetzen und nicht so weit gehen und so geartet sein, dass damit im Ergebnis eine Aufgabe berufsmäßiger Parteienvertreter erledigt wird. Die Vorschrift soll vielmehr dazu dienen, einem Unternehmer die Ausübung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit nicht deshalb unmöglich zu machen oder zu erschweren, weil sie beispielsweise mit einer rechtsberatenden Tätigkeit verbunden ist und Geschäfte dieser Art nur abgewickelt werden können, wenn mit ihnen der Bezug zum Steuerrecht hergestellt wird (Stoll, BAO, 838).
Die Tätigkeit eines Schuldnerberaters besteht im Regelfall darin, zunächst die Ursachen der Überschuldung festzustellen, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu analysieren, und sodann in Abstimmung mit den Gläubigern des Schuldners ein Sanierungskonzept zu erarbeiten. Erfahrungsgemäß gelingt eine solche Sanierung nur bei zumindest teilweisem Forderungsverzicht von Gläubigern. Dazu ist aber die Kontaktaufnahme mit denselben und die Feststellung bzw. Überprüfung des aktuellen Saldos der aushaftenden Verbindlichkeiten unabdingbar. Diese Tätigkeiten gehören daher jedenfalls zum Kernbereich der Aufgaben eines Schuldnerberaters, ohne deren Wahrnehmung die Ausübung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit unmöglich wäre. Dazu zählen aber auch die Vorbereitungen eines allfälligen außergerichtlichen Ausgleichsvorschlages bzw. die diesbezügliche Kontaktaufnahme mit den Gläubigern. "Vertretungshandlungen", wie sie auch von der Berufungswerberin im gegenständlichen Fall gesetzt wurden (Anfrage an das Finanzamt vom bezüglich des aushaftenden Saldos am Abgabenkonto; modifizierter Zahlungsvorschlag vom betreffend die Zahlungsplanquote), zählen daher - eine entsprechende Bevollmächtigung durch den Abgabenschuldner immer vorausgesetzt - jedenfalls zur zulässigen "Hilfe in Steuersachen" im oben erwähnten Sinn, bzw. gehen diese noch nicht so weit und sind auch nicht so geartet, dass damit im Ergebnis eine Aufgabe erledigt würde, die typischerweise allein berufsmäßigen Parteienvertretern vorbehalten ist. Solche Aufgaben wären beispielsweise die Erstellung und Einreichung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen, die Einbringung von Rechtsmitteln und dergleichen mehr.
Abschließend ist noch festzuhalten, dass die bereits erfolgte Löschung der Firma der Berufungswerberin der Erlassung der gegenständlichen Entscheidung nicht entgegensteht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft so lange fort, als noch "Abwicklungsbedarf" vorhanden ist, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind (Judikaturnachweise bei Ritz, BAO³, § 79 Tz 11). Wie bereits oben festgestellt, wurden beim für die Berufungswerberin zuständigen Finanzamt bislang keine Steuererklärungen für das Veranlagungsjahr 2010 eingereicht und ist eine am eingebrachte Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom noch offen. Es besteht daher noch "Abwicklungsbedarf" im aufgezeigten Sinne, weshalb von einer noch bestehenden Rechtspersönlichkeit der Berufungswerberin auszugehen ist und diese somit noch als Adressat der gegenständlichen Entscheidung in Betracht kommt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 83 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 84 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 321 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1022 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | UFS Newsletter 2011/04 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at