Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 02.06.2009, RV/0199-I/09

Mittelpunkt der Lebensinteressen (Beweiswürdigung)

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom betreffend Einkommensteuer 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (kurz: Bw.) wandte in seiner Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 ein, im Jahr 2007 im Ausland gearbeitet und seinen Hauptwohnsitz in der Schweiz gehabt zu haben. Da er Eigentümer einer Wohnung in B gewesen sei, habe er diese als Zweitwohnsitz "angemeldet" gelassen. Mit seiner Lebensgefährtin habe er im Jahr 2007 "keinen gemeldeten Haushalt" gehabt.

Den Ausführungen des Bw. wurde in der abweisenden Berufungsvorentscheidung des Finanzamts "entgegen gehalten": Die aufrechte Partnerschaft im Jahr 2007 werde durch die Angaben der Partnerin in deren Einkommensteuererklärungen der Jahre 2006 und 2007 ausreichend dokumentiert. Es habe bis ein "gemeinsamer Haushalt" in der C, Top I, bestanden (der Umzug in die Top II habe laut vorliegender Meldebestätigung erst am stattgefunden). Die Beibehaltung der Zulassung von drei Fahrzeugen in Österreich im Jahre 2007 (eines der Fahrzeuge sei erst am zugelassen worden) lasse auf die Beibehaltung des Mittelpunkts der Lebensinteressen schließen. Österreichische Arbeiter, die sich für mehrere Monate durchgehend in der Schweiz aufhielten, unterlägen dem Besteuerungsrecht Österreichs.

Nach dem Vorbringen des Bw. im Vorlageantrag war sein Beweggrund, in die Schweiz zu gehen, der, dass sich von 2006 auf 2007 die "Partnerschaft getrennt" habe und sich dies womöglich mit der Steuererklärung gekreuzt habe. Laut Auskunft des Schweizer Steuerberaters bestehe nur die Möglichkeit, die ersten drei Monate, in der der Bw. seinen Hauptwohnsitz noch in Österreich gehabt habe, zu berechnen. Fahrzeuge bildeten noch keinen Lebenszweck, sondern Mittel zur Bewegung, die auf den Zweitwohnsitz ("Top II") gemeldet worden seien.

Über die Berufung wurde erwogen:

1.) Auszugehen ist von folgendem, als erwiesen anzunehmendem Sachverhalt: Der Bw. war, wie sich aus den Beilagen zur Einkommensteuererklärung 2006 ergibt, bereits ab September 2006 in der Schweiz tätig. Mit dem Schreiben vom hatte er auch gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 berufen. Über Mängelbehebungsauftrag vom (betreffend die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006) teilte der Bw. mit, sich im Jahr 2007 von seiner Lebensgefährtin getrennt zu haben, die ihre eigene Firma und Wohnung habe (Top I). Der Bw. besitze im selben Haus eine Wohnung (Top II), die er während seines Aufenthaltes in der Schweiz als Zweitwohnsitz angemeldet gehabt habe. Im Jahr 2007 habe er seinen Hauptwohnsitz in der Schweiz gehabt, da sein Hauptinteresse in seinem Job bestanden habe (und dieser zu dieser Zeit in der Schweiz gewesen sei). In dieser Zeit habe er auch seine Steuern, Krankenkasse usw. in der Schweiz bezahlt.

Aus den gleichzeitig vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass der Bw. Top I (Eigentumswohnung der D) vom 16.4. bis als Nebenwohnsitz und von bis wiederum als Hauptwohnsitz gemeldet hatte. Seit ist Top II Hauptwohnsitz (Auszug aus dem ZMR). Aus der "Wohnsitzbestätigung" der Gemeinde E geht hervor, dass der Bw. vom bis in dieser Gemeinde gemeldet war. Einer Abfrage vom zufolge war D zu diesem Zeitpunkt "Unterkunftgeberin" des Bw. (ZMR). Unbestritten ist, dass D in den - am bzw. eingereichten - Abgabenerklärungen der Jahre 2006 und 2007 von einer Partnerschaft mit dem Bw. ausgegangen ist.

Der Bw. arbeitete in der Schweiz zuletzt auf Grund einer am ausgestellten und bis gültigen "Kurzaufenthaltsbewilligung EG/EFTA für die gesamte Schweiz", die zu "unselbständiger Erwerbstätigkeit" berechtigte.

2.) Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich in keiner Weise, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bw. im Jahre 2007 - ungeachtet der nichtselbständigen Beschäftigung in der Schweiz - nicht in Österreich gewesen wäre: der Bw. hatte die Eigentumswohnung seiner Partnerin zwar vom bis zum als seinen Nebenwohnsitz gemeldet, doch ergibt sich aus der Bestätigung der Gemeinde E noch in keiner Weise, dass er den Wohnsitz in der Schweiz als seinen Hauptwohnsitz angesehen hätte (bzw. dass der Wohnsitz als ein solcher gemeldet gewesen wäre). Selbst nach seiner Rückkehr aus der Schweiz nahm er seinen Wohnsitz wiederum bei seiner Partnerin (Top I). Der Bw. behauptet weder, dass sein Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt gewesen wäre, noch, dass er nach seinem "Kurzaufenthalt" nicht wieder nach Österreich zurückzukehren dachte (und schließlich, den Meldedaten entsprechend, tatsächlich wieder in der seiner Partnerin gehörigen Eigentumswohnung Wohnsitz genommen hat). Fahrzeuge stellen zwar, wie der Bw. zutreffend ausführt, lediglich Fortbewegungsmittel dar. Aus der Anmeldung des Fahrzeugs "F" im Mai 2007 im Inland kann aber unbedenklich ein weiteres Beweisanzeichen dafür erblickt werden, dass die engeren persönlichen Beziehungen des Bw. im Inland lagen. Die weiteren Fahrzeuge (G, H) des Bw. blieben - dem Zentralen KFZ-Register zufolge - im Inland zugelassen. Die Entrichtung von Steuern und Beiträgen zur Sozialversicherung bildet eine Folge der nichtselbständigen Betätigung des Bw. in der Schweiz. Schließlich kann auch aus dem Umstand, dass der Bw. in der Schweiz beruflich tätig geworden ist, noch nicht geschlossen werden, dass er - allein aus diesem Grund - stärkere persönliche und wirtschaftliche Beziehungen zur Schweiz unterhalten hätte als zu Österreich. Der Bw. ist, sobald er seine Tätigkeit in der Schweiz beendet hatte (; siehe Lohnausweis), umgehend nach Österreich zurückgekehrt.

Der Bw. war daher im Jahr 2007 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 1 EStG 1988 sowie "ansässig" im Sinne des Abkommens zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, BGBl. Nr. 64/1975 (kurz: DBA).

3.) Das genannte Abkommen wurde mit Wirksamkeit ab der Veranlagung 2006 bzw. 2007 geändert. Wesentliche Elemente sind der Entfall der Grenzgängerregelung in Art. 15 Abs. 4 DBA unter gleichzeitiger Ausdehnung der Methode der Steueranrechnung durch Österreich in Bezug auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Durch die Ausweitung der Anrechnungsregel des Art. 23 Abs. 2 DBA auf sämtliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des Art. 15 Abs. 1 DBA ergibt sich für Personen, die zuvor nicht unter den Grenzgängerbegriff gefallen sind, eine deutliche Erhöhung der Steuerbelastung (Schuh, Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Österreich, SWI 10/2006, 469).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass Österreich die vom Bw. erzielten Einkünfte (gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA) besteuern darf, nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 2 DBA aber jenen Betrag anzurechnen hat, der der in der Schweiz gezahlten Steuer entspricht.

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Art. 4 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Schlagworte
Ansässigkeit
Mittelpunkt der Lebensinteressen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at