Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 01.03.2012, RV/2933-W/11

Geltendmachung von Kfz-Aufwendungen, die über den Pauschbetrag gemäß § 3 der VO über außergewöhnliche Belastungen hinausgehen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag. Hubert Gantz KG, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 1030 Wien, Marokkanergasse 9/8, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

In seiner Einkommensteuererklärung 2009 machte der Berufungswerber (Bw.) unter anderem Steuerberatungskosten in Höhe von € 1.188 als Sonderausgaben und Kfz-Aufwendungen in Höhe von € 7.872,97 als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte die Steuerberatungskosten erklärungsgemäß, anerkannte jedoch die Kfz-Kosten nur in Höhe des in § 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastung, BGBl. 1996/303, idgF für das Streitjahr vorgesehenen Pauschbetrages von € 153 monatlich = € 1.836 jährlich.

Dagegen richtet sich die Berufung, die wie folgt begründet wurde:

"1. Sonderausgaben - Steuerberatungskosten

Die von meinem Mandanten im Jahre 2009 bezahlten Steuerberatungskosten betrugen tatsächlich € 1.248,--. Ich ersuche diese Höhe entsprechend zu berücksichtigen. Ursprünglich sind nur € 1.188,-- angegeben worden. In der Anlage übersende ich Ihnen dazu in Fotokopie die von (Bw.) bezahlten Honorarnoten.

2. Außergewöhnliche Belastungen - Berücksichtigung des Kraftfahrzeuges wegen eigener Behinderung bzw. nachgewiesene Taxikosten

Im Einkommensteuerbescheid 2009 wurde von der Finanzverwaltung nur der pauschale Freibetrag für das eigene Kraftfahrzeug wegen Behinderung berücksichtigt. Laut fundierter Aufstellung und Beweisführung meines Mandanten musste er jedoch wesentlich höhere Kraftfahrzeugkosten tragen. Hier mögen folgende belegbare Kosten Berücksichtigung finden


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Garagierungskosten 1)
784,56
Treibstoffkosten
1.526,60
Versicherung
2.431,81
AfA bei 10-jähriger Nutzungsdauer 2)
3.130,00
PKW-Kosten gesamt
7.872,97

1) Begründung für die Garagierungskosten: es kann meinem Mandanten aufgrund seiner Behinderung nicht zugemutet werden, dass er im Winter das Auto ausschaufelt.

2) Begründung für die AfA: die Nutzungsdauer von 10 Jahren wurde meinem Mandanten vom Bundessozialamt vorgeschrieben.

Darüber hinaus werden Taxikosten in Höhe von € 295,-- geltend gemacht. Dieses Begehren wird dadurch begründet, dass gemäß einer Ergänzung vom im Behindertenpass meines Mandanten vom Bundessozialamt die "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" vermerkt wurde. Die Taxispesen betreffen Tage, an denen das Kfz aus medizinischen Gründen, wie schlechter Diabetes-Einstellung, Schmerzen im Kniegelenk, oder wegen fehlender Parkplätze am Zielort, nicht genutzt werden konnte..."

Das Finanzamt legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vor.

Die Berufungsbehörde richtete an den Bw. folgendes Schreiben:

"Sachverhaltsmäßig ist unbestritten, dass Sie jedenfalls die Voraussetzungen erfüllen, den Pauschbetrag nach § 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastung, BGBl. 1996/303, idgF, geltend machen zu können.

Strittig ist, ob Mehraufwendungen für die Benutzung eines Kfz nur in Höhe der Pauschbeträge (153 €/Monat) abgesetzt werden können, wovon die Verwaltungspraxis ausgeht, oder ob auch eine Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen möglich ist, wie dies die Judikatur gelegentlich eingeschränkt zulässt.

Wie bei jeder außergewöhnlichen Belastung kann eine Absetzung aber nur insoweit erfolgen, als die Belastung höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwächst (sh. § 34 Abs. 2 EStG).

Absetzbar sind daher im Berufungsfall bloß die Mehraufwendungen an Kfz-Kosten, die durch die Körperbehinderung zwangsläufig erwachsen.

In , führt der Gerichtshof hierzu aus:

"Ein Steuerpflichtiger, der wegen seiner Körperbehinderung zur Fortbewegung auf einen PKW angewiesen ist, kann die anteiligen Kraftfahrzeugkosten, die ihm durch die Mehrbenützung seines Kraftfahrzeuges gegenüber gesunden Abgabepflichtigen entstehen, als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Als notwendiger und angemessener Mehraufwand sind jene Auslagen anzusehen, die nicht auf die typischen Kosten der allgemeinen Lebensführung entfallen (vgl. Doralt, EStG 4, § 35 Tz 14 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Belege betreffen typische Kosten der Fahrzeughaltung (Versicherung) und Nutzung (Benzin, Parkgebühren, Reifenwechsel). Welche Mehraufwendungen dem Beschwerdeführer im Vergleich zu einem gesunden Abgabepflichtigen beim Unterhalt und Betrieb seines Kraftfahrzeuges entstanden sind, konnte die belangte Behörde mangels differenzierender Unterlagen des Beschwerdeführers nur im Schätzungswege feststellen."

Legt man diesen Maßstab auf den Berufungsfall an, so ergibt sich, dass es sich beim Großteil der von Ihnen geltend gemachten Aufwendungen um geradezu typische Kosten der allgemeinen Lebensführung handelt; darunter fällt die Versicherung und auch die Garagierungskosten, da es für einen Steuerpflichtigen Ihrer Einkommensverhältnisse und in derselben Wohngegend üblich ist, sein Fahrzeug in einer Garage am Wohnort abzustellen. Gleiches gilt für die Anschaffungskosten des Fahrzeuges selbst; an behinderungsbedingten Mehraufwendungen ist aus dem Akt nur ersichtlich, dass ein elektronisch umschaltbares Gaspedal zu einem Bruttopreis von € 1.325 eingebaut wurde. Auf die Nutzungsdauer von 10 Jahren verteilt ergeben sich damit im Streitjahr Mehraufwendungen von € 132,50.

Somit verbleiben die Treibstoffkosten, in denen ein behinderungsbedingter Anteil enthalten sein könnte. Selbst bei großzügigster Anerkennung von 50% der Gesamtaufwendungen wären aus diesem Titel € 763,30 absetzbar.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die gesamten Taxikosten behinderungsbedingt angefallen sind - was äußerst unwahrscheinlich ist, benutzen doch auch gesunde Steuerpflichtige regelmäßig Taxis - ergibt sich ein Gesamtbetrag an Mehraufwendungen, der wesentlich unter dem vom Finanzamt anerkannten Pauschbetrag liegt.

Daraus folgt, dass die Anerkennung des Pauschbetrages nach § 3 der zitierten Verordnung für Sie steuerlich günstiger ist als die Geltendmachung der tatsächlichen Mehraufwendungen...."

Im Antwortschreiben führte der steuerliche Vertreter des Bw. aus, der derzeitige Pauschbetrag betrage € 1.836 pro Jahr. Der UFS habe in obigem Schreiben festgehalten, dass € 763,30 als zusätzliche Treibstoffkosten absetzbar seien und ein elektronisch umschaltbares Gaspedal zu einem Bruttopreis von € 1.325 behinderungsbedingte Mehraufwendungen darstellten. Der Bw. schätze, dass darüber hinaus noch etwa € 6.000 an zusätzlichen Anschaffungskosten, um das Fahrzeug behindertengerecht zu machen, erforderlich gewesen seien. Unter Annahme einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer von fünf Jahren ergebe dies aufgeteilt zusätzliche Anschaffungskosten von € 1.465. Zuzüglich der aus der Behinderung herrührenden zusätzlichen Treibstoffkosten von € 763,30 (Schätzung des UFS) ergebe dies zusammen € 2.228,30, womit der Pauschbetrag um € 392,30 überschritten werde. Es werde daher beantragt, diesen Betrag zusätzlich zu den bisher gewährten Aufwendungen zu berücksichtigen.

Dem Schreiben des Steuerberaters war eine vom Bw. verfasste Beilage angeschlossen; soweit für den Berufungsfall von Relevanz ist daraus ersichtlich, dass das Fahrzeug des Bw. gegenüber einem Pkw ohne Automatik, ohne hohe Sitzplätze und ohne einen Allradantrieb um ca. € 6.000 teurer gewesen sei, und nicht nur um ein elektronisch umschaltbares Gaspedal zu einem Bruttopreis von € 1.325.

Über die Berufung wurde erwogen:

1) Steuerberatungskosten

Diese können - den Ausführungen der Berufung folgend - antragsgemäß anerkannt werden.

2) Kfz-Kosten

Sachverhaltsmäßig ist unbestritten, dass der Bw. jedenfalls die Voraussetzungen erfüllt, den Pauschbetrag nach § 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastung, BGBl. 1996/303, idgF, geltend machen zu können.

Diese Bestimmung lautet in der für das Streitjahr geltenden Fassung:

"§ 3. (1) Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, daß ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 153 Euro monatlich zu berücksichtigen. Die Körperbehinderung ist durch eine Bescheinigung gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 oder einen Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1952 , gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 oder gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 des Versicherungssteuergesetzes 1953 nachzuweisen.

(2) Bei einem Gehbehinderten mit einer mindestens 50%igen Erwerbsminderung, der über kein eigenes Kraftfahrzeug verfügt, sind die Aufwendungen für Taxifahrten bis zu einem Betrag von monatlich 153 Euro zu berücksichtigen."

Der Bw. ist davon abgegangen, die in der Berufung angeführten gesamten Pkw-Kosten von insgesamt € 7.872,97 geltend zu machen; er teilt nunmehr die im Schreiben des UFS zum Ausdruck gekommene Rechtsansicht, dass bloß die behinderungsbedingten Mehraufwendungen allenfalls steuerlich absetzbar sind. Er beziffert diese mit insgesamt € 2.228,30 und bezieht in die Berechnung auch die von ihm geschätzten höheren Anschaffungskosten von € 6.000 ein. Nach der vom Bw. verfassten Beilage handelt es sich bei den von ihm als behinderungsbedingt bezeichneten Mehraufwendungen um solche für Automatik, hohe Sitzplätze und Allradantrieb.

Dabei aber liegt eine Mehrausstattung vor, die durchaus auch für nicht behinderte Steuerpflichtige von Interesse und gerade bei dem vom Bw. erworbenen Fahrzeugtyp (Toyota RAV4) äußerst attraktiv ist und auch regelmäßig gewählt wird.

Daraus folgt in rechtlicher Hinsicht, dass nicht mehr überprüft werden muss, ob eine Berücksichtigung der tatsächlichen Mehraufwendungen möglich ist, oder bloß die Pauschbeträge gemäß § 3 der zitierten Verordnung absetzbar sind. Scheidet man nämlich die Mehrkosten für die höheren Anschaffungskosten aus, ergeben sich Aufwendungen, die jedenfalls unter dem Pauschbetrag des § 3 der Verordnung liegen.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at