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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 27.07.2007, RV/1687-W/04

Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug infolge Diebstahles

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1687-W/04-RS1
Wenn ein Arbeitnehmer gewerbsmäßig in mehrfachen Angriffen fremde bewegliche Sachen seines Dienstgebers in einem nicht mehr feststellbaren Gesamtwert entwendet, führt dies abgabenrechtlich zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil es sich gem. § 25 Abs1 Z1 lit.a EStG 1988 um Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis handelt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der A.B., Adr.Bw., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Harald Ofner und Dr. Thomas Wagner, 1160 Wien, Schuhmeierplatz 14, vom gegen die Bescheide des FA vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2002, entschieden:

Der Berufung hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2000 wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Den Berufungen hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahr 2001 und 2002 wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Die Abgabengutschrift für das Jahr 2000 beträgt S 1.500,00 (= € 109,01); Die Abgabenschuld für das Jahr 2001 beträgt S 47.197,00,00 (= € 3.429,94); Die Abgabenschuld für das Jahr 2002 beträgt € 0,00 (= S 0,00).

Entscheidungsgründe

A) Im undatierten BP-Bericht, AB-Nr. 103071/03, (OZ 3 ff./Dauerbelege) wurde hinsichtlich der Geld- und Warendiebstähle der Berufungswerberin (= Bw.) die unter Tz 14 ausgeführte Prüfungsfeststellung getroffen: Neben dem Gehalt habe die Bw. als Angestellte der Fa. S.S. auch andere nichtselbstständige Einkünfte ohne Lohnsteuerabzug erzielt, und zwar aufgrund des Diebstahles von Geld und von Waren.

Die Bw. sei im Zeitraum März 2000 bis Februar 2002 bei Frau S.S. angestellt gewesen. In diesem Zeitraum habe die Bw. laut ihrem Geständnis vom Waren und Geld mit einem Wert von mindestens S 500.000,00 entwendet. Für dieses Delikt sei die Bw. am vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Im Jahr 2002 seien von der Bw. € 7.300,00 als teilweise Schadensgutmachung an S.S. bezahlt worden. Dieser Betrag habe im Jahr 2002 Werbungskosten dargestellt. Obwohl die Bw. gegenüber der Betriebsprüfung behauptet habe, der Wert ihrer Bereicherung an Frau S. sei weit niedriger als S 500.000,00 gewesen, seien die im von der Bw. unterschriebenen Geständnis genannten S 500.000,00 als Bemessungsgrundlage heranzuziehen gewesen. Dieser Betrag sei von der Betriebsprüfung aliquot auf den Beschäftigungszeitraum (insgesamt 24 Monate) der Bw. bei Frau S. verteilt und als andere Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit der Einkommensteuer im Wege der Veranlagung unterzogen worden: - 2000: S 208.333,00 (10 Monate); - 2001: S 250.000,00 (12 Monate); - 2002: € 3.028,06 (= S 41.667,00) (2 Monate).

B) Die Niederschrift über die Schlussbesprechung wurde am (OZ 13 ff./Dauerbelege) aufgenommen; darin wurden folgende Feststellungen getroffen:

Bereicherung im Rahmen der nichtselbstständigen Tätigkeit für die Fa. S. im Zeitraum März 2000 bis Februar 2002 in Höhe von S 500.000,00 (Hinweis auf das Geständnis vom ). Im Jahr 2002 sei eine teilweise Schadenswiedergutmachung in Höhe von € 7.300,00 (= S 100.450,00) erfolgt. Die Bw. habe den Einwand erhoben, dass die (angenommene) Bereicherung von S 500.000,00 weit überhöht sei.

C) Kopie des Geständnisses vom , Wien (OZ 16/Dauerbelege): "Ich A.B., wohnhaft in Adr. gestehe aus freiem Willen mit heutigem Tag (), dass ich diverse Artikel (Rubbellose, Lotto, Wertkarten, Fahrscheine, Zigaretten, Brieflose) in einem Zeitraum von ca. 2 Jahren gestohlen habe. Ich bin seit März 2000 bei Frau S.S., im x-gartl, Adr.1 beschäftigt. Ich anerkenne eine Summe von mindestens S 500.000,00 in besagtem Zeitraum entwendet zu haben."

Dieses Geständnis ist firmenmäßig von Frau S.S. gezeichnet, sowie namensmäßig von der Bw. und den Zeugen G.O., Adr.2, und dem damaligen Lebensgefährten von Frau S., Adr.3, Adr.4.

D) Kopie der Vereinbarung vom , Wien (OZ 17/Dauerbelege): "Ich A.B. verpflichte mich mit diesem Schreiben bis eine rechtlich zwingende Bestätigung (von einem Rechtsanwalt oder einem Notar bzw. von einer Bank) über die Modalitäten der Rückzahlung von S 500.000,00 zu bringen, die Zahlung spätestens bis zu leisten. Im Falle der Nichterbringung, sowohl der Bestätigung als der Zahlung, bin ich darüber informiert, dass Frau S., Besitzerin des x-gartl, die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft übergibt bzw. mich wegen schweren Betrug zur Anzeige bringt".

Diese Vereinbarung ist von denselben Personen wie das Geständnis laut Abschnitt C) unterschrieben.

E) Kopie der Strafanzeige vom (OZ 18 ff./Dauerbelege), erstellt von den Rechtsanwälten von Frau S.S. betreffend die Bw. In dieser Strafanzeige wird ausgeführt:

Frau S.S. betreibe in Adr.1,eine Trafik. Im Rahmen dieses Geschäftsbetriebes habe Frau S.S. die Bw. seit März 2000 als Verkäuferin beschäftigt. Die Beschäftigung der Bw. sei rein gefälligkeitshalber erfolgt, da es sich bei ihr um die Mutter des damaligen Lebensgefährten von Frau S.S. gehandelt habe. Trotz einer einschlägigen Vorstrafe habe Frau S.S. der Bw. eine zweite Chance geben wollen.

Im Zuge des Beschäftigungsverhältnisses seien der Bw. die in der Trafik befindlichen Gegenstände, Artikel und die aus dem Tagesgeschäft lukrierten Geldmittel zur Ausübung ihrer Tätigkeit anvertraut worden. Im Verlauf der letzten zwei Jahre ihrer Tätigkeit in der Trafik habe die Bw. das ihr entgegengebrachte Vertrauen aufs Gröbste mißbrauchend, wiederholt diverse Artikel (Rubbellose, Wertkarten, Fahrscheine, Zigaretten, Brieflose) an sich gebracht, ohne dafür das entsprechende Entgelt geleistet zu haben. Zudem habe sie außerhalb ihrer Tätigkeit als Verkäuferin Geld aus der Kasse entnommen, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein und habe sich dieses Geld zugeeignet. Des Weiteren habe sie die in der Trafik aufliegenden "Lottoscheine" verwendet, um sich an den Ziehungen zu beteiligen, ohne dafür Zahlung geleistet zu haben. Die Bw. habe in Bereicherungsabsicht gehandelt. ... .

Frau S.S. habe die Bw. unmittelbar nach Kenntniserlangung vom gegenständlichen Sachverhalt mit ihren Handlungen konfrontiert. Die Bw. habe ihr schuldhaft rechtswidriges Verhalten anerkannt, durch welches Frau S.S. ein Schaden in der Höhe von € 36.336,42 (S 500.000,00) entstanden sei (Beweis: Geständnis vom ).

Ein Versuch, den entstandenen Schaden mittels einer zu vereinbarenden Ratenzahlung zu beheben, sei an der mangelnden Bereitschaft der Bw. gescheitert. ... .

F) Der Protokollsvermerk und die gekürzte Urteilsausfertigung (OZ 22 ff./Dauerbelege) wurden am erstellt. Unter der Rubrik "Sachverhalt" wurde ausgeführt, dass die Bw. schuldig sei, sie habe in der Zeit vom März 2000 bis in Wien gewerbsmäßig in mehrfachen Angriffen fremde bewegliche Sachen in einem nicht mehr näher festzustellenden € 2000,00 übersteigenden, € 40.000,00 jedoch nicht übersteigenden Gesamtwert, nämlich Monatskarten der Wiener Verkehrsbetriebe, Telefonwertkarten, Brief- und Rubbellose, Zigaretten und Bargeld, ihrer Dienstgeberin S.S., Inhaberin der Trafik X-Cafe, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, die ihr durch Rechtsgeschäft, nämlich durch das Dienstverhältnis, eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht, indem sie ausgefüllte Lottoscheine im Wege des Computerterminals der S.S. an die Österreichische Lotterien Ges. mbH. übermittelte, ohne den Preis der Tipps in die Kassa einzuzahlen, und dadurch der S.S. einen € 2.000,00 nicht übersteigenden Schaden in Höhe der ihr von der Österreichischen Lotterien Ges. mbH. in Rechnung gestellten Beträge zugefügt. ... . Die Strafe wurde mit 18 Monaten Freiheitsstrafe festgesetzt. ... .

G) Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 (OZ 2 ff./2000) wurde am erstellt. Er weist Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von S 39.118,00 (KZ 245) von S.S. für den Zeitraum 1. März bis aus sowie Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug in Höhe von S 208.333,00. Davon wurden S 1.800,00 Werbungskostenpauschale abgezogen, sodass sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von S 245.651,00 errechnete und - unter Abzug der Sonderausgabenpauschale von S 819,00 - ein Einkommen von S 244.832,00. Daraus errechnete sich eine Einkommensteuer von € 4.997,93 (= S 68.773,31). Zu bemerken ist noch, dass die Bw. in diesem Jahr S 19.162,00 an Arbeitslosengeld für 65 Tage (22. Jänner bis ) bezogen hat. Weiters erhielt die Bw. Notstandshilfe für 248 Tage (28. März bis ) in Höhe von S 66.315,00 erhalten hat. Der Bescheid wurde wie folgt begründet:

Bei der Ermittlung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) - siehe Hinweise zur Berechnung - seien zuerst die steuerpflichtigen Einkünfte der Bw. auf den Jahresbetrag umgerechnet worden, Sonderausgaben und andere Einkommensabzüge berücksichtigt und anhand der sich für das umgerechnete Einkommen ergebenden Tarifsteuer ein Durchschnittsteuersatz ermittelt und auf das errechnete Einkommen angewendet worden (Umrechnungsvariante). Danach sei anhand einer Kontrollrechnung festzustellen, ob sich bei Hinzurechnung der Bezüge gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 gegenüber der Umrechnungsvariante eine niedrigere Steuer ergebe. Da dies im Fall der Bw. zutreffe, werde der Tarif nicht auf das im Bescheid ausgewiesene, sondern auf ein Einkommen von S 323.838,00 angewendet. Weiters wurde ausgeführt, dass die Veranlagung unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sei.

H) Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 wurde am (OZ 2 ff./2001) erstellt. Er weist Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (KZ 245) von der PVAng in Höhe von S 8.011,00 für den Zeitraum 1. Dezember bis aus, weiters von der Fa. S.S. in Höhe von S 46.800,00 für den Zeitraum 1. Jänner bis und Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug in Höhe von S 250.000,00. Unter Abzug des Werbungskostenpauschbetrages von S 1.800,00 ergab sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte von S 303.011,00 sowie unter Abzug der Sonderausgabenpauschale von S 819,00 ein Einkommen von S 302.192,00. Daraus errechnete sich eine Einkommensteuer von € 7.209,87 (= S 99.209,63). Der Bescheid wurde grundsätzlich wie der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 begründet, weil auch im Jahr 2001 die Hinzurechnungsvariante eine niedrigere Einkommensteuer ergeben hat. Der Tarif wurde auf ein Einkommen von S 387.669,00 angewendet. Weiters wurde ausgeführt, dass auch im Jahr 2001 die Veranlagung unter Zugrundelegung der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgt sei.

I) Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 wurde am (OZ 2 ff./2002) erstellt. Er weist Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (KZ 245) von der PVAng in Höhe von € 5.456,91 (= S 75.089,00) für den Zeitraum 1. Jänner bis aus sowie Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug in Höhe von € 3.028,06 (= S 41.667,00). Davon wurden Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in Höhe von € 7.300,00 (= S 100.450,00) in Abzug gebracht, sodass sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte von € 1.184,97 (= S 16.306,00) errechnete sowie unter Abzug der Sonderausgabenpauschale von € 60,00 ein Einkommen von € 1.124,97 (= S 15.480,00). Bei der Berechnung der Einkommensteuer errechnete sich eine Abgabengutschrift in Höhe von € 29,11 (= S 401,00).

Der Bescheid wurde damit begründet, dass die Veranlagung unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgt sei. Diese Prüfung sei der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen.

J) Mit drei Schreiben vom (OZ 8 ff./2000; OZ 8 ff./2001; OZ 5 f./2002) wurde seitens der Bw. gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2000, 2001 und 2002 Berufung erhoben. In diesen Schreiben wurde im Wesentlichen gleich lautend das Nachstehende ausgeführt:

Die gegenständlichen Einkommensteuerbescheide würden insoweit angefochten, als zur Berechnung der Einkommensteuer Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug in Höhe von S 208.333,00 (2000), S 250.000,00 (2001) und € 3.028,06 (= S 41.667,00) (2002) zugrundegelegt worden seien. Der Prüfungsbericht über die abgabenbehördliche Prüfung, wonach eine Bereicherung im Rahmen der nichtselbstständigen Tätigkeit für Frau S.S. im Zeitraum März 2000 bis Februar 2002 insgesamt S 500.000,00 unter Hinweis auf das "Geständnis" vom habe betragen sollen, sei unrichtig.

Zwar stimme es, dass die Bw. im Zuge ihrer Tätigkeit in der Fa. S. sukzessive Waren entwendet habe, insgesamt betrage der Wert dieser Waren aber höchstens S 45.000,00 bis S 50.000,00.

Das vom stammende Anerkenntnis sei durch Überrumpelung und durch die Drohung mit einer Strafanzeige zustande gekommen. Hinsichtlich des Tatzeitraumes und des Wertes der entwendeten Waren entspreche es nicht den Tatsachen und sei gemäß § 870 ABGB nicht wirksam zustande gekommen.

In den Berufungsschreiben betreffend die Jahr 2000 bis 2001 wird zusätzlich noch ausgeführt:

Demgemäß sei die Bw. zwar am vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden, welche Strafe sie mittlerweile auch verbüßt habe. Ausdrücklich habe das Gericht aber festgehalten, dass der Schaden nicht feststellbar sei. Das heiße, auch das Landesgericht für Strafsachen Wien habe in seinem Urteil das "Geständnis" vom nicht als wirksam erachtet.

Die Bw. habe per eine Schadenswiedergutmachung in Höhe von € 7.300,00 an Frau S. bezahlt. Damit sei der verursachte Schaden zur Gänze abgedeckt. Frau S. habe auch keine zivilrechtlichen Schritte gegen die Bw. unternommen. Beweis (e): - Schreiben der Rechtsfreunde von Frau S.S. vom ; -Schreiben der Rechtsfreunde der Bw. an die Rechtsvertretung von Frau S. vom ; - Einzahlungsbeleg über € 7.300,00 an Schadensgutmachung; - Beischaffung des Aktes XYZ des Landesgerichtes für Strafsachen Wien.

Da die Bw. sohin keine Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug in Höhe von S 208.333,00, S 250.000,00 und € 3.028,06 lukriert habe, stelle sie den Antrag ihren Berufungen Folge zu geben und die erstinstanzlichen Bescheide dahingehend abzuändern, dass für die Berechnung der Einkommensteuer für die Jahr 2000 bis 2002 die Position "Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug" wegfielen.

Diesen drei Berufungsschreiben sind folgende Unterlagen in Kopie beigelegt:

a) Schreiben der Rechtsanwälte von S.S. vom an die Bw. (OZ 9/2000):

Wie von Frau S. zur Kenntnis gebracht, gebe es eine mit datierte Vereinbarung mit der Bw., in der sie sich zur Wiedergutmachung des durch sie im Verlauf der letzten zwei Jahre während ihrer Tätigkeit in der Trafik X-Cafe verursachten Schadens in der Höhe von S 500.000,00 (€ 36.336,42) bis spätestens verpflichteten. Ein Anerkenntnis des der Mandantin verursachten Schadens dem Grunde und der Höhe nach durch eine ebenfalls vom stammende, von der Bw. unterfertigte Erklärung liege gleichfalls vor.

Unter der Voraussetzung, dass die bestehende Vereinbarung durch einen zwischen der Bw. und Frau S. abzuschließenden durchsetzbaren gerichtlichen Vergleich vor dem zuständigen Zivilgericht ergänzt werde und die Bw. ihren daraus erwachsenden Verpflichtungen zur Schadenswiedergutmachung, die für Frau S. im Vordergrund stehe, entsprechend nachkomme, sehe sich diese auch nicht veranlasst, von sich aus weitergehende Schritte in dieser Angelegenheit zu unternehmen. Angesichts der Höhe des rückzuerstattenden Betrages sei es aus der Sicht von Frau S. unumgänglich, dass von Seiten der Bw. über ihre persönliche Haftung hinaus zusätzliche Sicherheiten angeboten würden, wobei die Aufnahme einer Verpflichtung zur Mithaftung seitens ihrer Kinder in die abzuschließende Vereinbarung für Frau S. akzeptabel wäre.

Was den Rückzahlungsmodus betreffe, so würde Frau S. gegebenenfalls eine Ratenzahlung akzeptieren.

b) Schreiben der Rechtsanwälte der Bw. vom (OZ 10/2000): 1) Es sei richtig, dass die Bw. im Zuge ihrer Tätigkeit in der Trafik X-Cafe Waren entwendet habe. Diesbezüglich habe sie bereits am Selbstanzeige erstattet. Zur Zeit sei das Kommissariat Floridsdorf mit den Vorerhebungen betraut. 2) Die Bw. bereue ihr nicht entschuldbares Verhalten zutiefst und sei auch bestrebt, rasche und umfassende Schadenswiedergutmachung zu leisten. Allerdings betrage der Tatzeitraum nicht zwei Jahre. Begonnen habe dieser vielmehr mit der Entwendung einer Monatsfahrkarte im März 2001. Der Wert der seither entwendeten Waren (Rubbellose, Zigaretten, Fahrscheine etc.) mache laut Berechnung der Bw. ca. S 45.000,00 bis S 50.000,00 aus.

Das vom stammende Anerkenntnis sei durch Überrumpelung und durch die Drohung mit einer Strafanzeige zustande gekommen. Hinsichtlich des Tatzeitraumes und des Wertes der entwendenden Waren entspreche es nicht den Tatsachen und sei entsprechend § 870 ABGB nicht wirksam zustande gekommen. Dennoch anerkenne die Bw. - diesmal frei von Willensmängeln - den Betrag von € 7.300,00 als Schadenssumme, weil sie bestrebt sei, die Sache möglichst umfassend zu bereinigen. Dieser Betrag sei mit heutigem Tag auf das Kanzleikonto der Rechtsanwälte von Frau S. überwiesen worden.

c) Überweisungsbeleg vom über € 7.300,00.

K) Mit Schreiben vom (OZ 8 f./2002) erstellte die Betriebsprüfung ihre Stellungnahme zur Berufung und führte darin aus:

Die Bw. vermeine in der Begründung zur Berufung, dass die Bereicherung nur S 45.000,00 bis S 50.000,00 betragen habe und das Geständnis vom (zugegebene Bereicherung von S 500.000,00) nur durch Überrumpelung und Drohung mit einer Strafanzeige zustande gekommen sei.

Dazu werde wie folgt Stellung genommen: Wie hoch die Bereicherung tatsächlich gewesen sei, habe die Betriebsprüfung nicht feststellen können. Das einzige Faktum sei das Geständnis vom (siehe Beilage) gewesen, in dem die Bw. eine Bereicherung von mindestens S 500.000,00 zugegeben habe sowie die daraufhin erfolgte Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten.

L) Eine schriftliche Gegenäußerung seitens der Bw. zur Stellungnahme der Betriebsprüfung laut Abschnitt K) erfolgte nicht.

M) Mit drei Berufungsvorentscheidungen vom wurde die jeweilige Berufung für die Jahre 2000 bis 2002 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde in allen drei Berufungsvorentscheidungen auf die zusätzliche Begründung zu diesen Bescheiden verwiesen. In dieser zusätzlichen Begründung (OZ 20 f./2002) zu den drei Berufungsvorentscheidungen für die Jahre 2000 bis 2002 wird Folgendes ausgeführt:

Aufgrund der Feststellungen der Prüfungsabteilung, welche dem gegenständlichen BP-Bericht bzw. der Niederschrift vom zu entnehmen sei, seien jeweils mit Datum für die Jahre 2000 bis 2002 Einkommensteuerbescheide ergangen. Den mit Lohnzettel(n) anher übermittelten Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit seien in 2000 S 208.333,00 (= € 15.140,14), in 2001 S 250.000,00 (= € 18.168,20) und in 2002 € 3.028,06 (= S 41.667,01), in Summe als S 500.000,00, hinzugerechnet worden. Dies insbesondere aufgrund des Geständnisses der Bw., wonach sie in besagtem Zeitraum eine Summe von S 500.000,00 als entwendet anerkannt habe.

Gegen die gegenständlichen Einkommensteuerbescheide habe die Bw. nunmehr mit Eingabe vom im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung das Rechtsmittel der Berufung ergriffen. Im Berufungsschreiben werde die Entwendung von Waren bestätigt, deren Wert aber mit höchstens S 45.000,00 bis S 50.000,00 beziffert. Des Weiteren werde ausgeführt, dass das Anerkenntnis vom durch Überrumpelung etc. zustande gekommen sei und überdies am eine Schadenswiedergutmachung in Höhe von € 7.300,00 bezahlt worden wäre. Eben aufgrund dieser Umstände würden die Positionen "Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug" zur Gänze herausfallen. Dazu sei zu sagen, dass es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung widerspreche, dass einer früher und zeitnäher getätigten Aussage idR höherer Wahrheitsgehalt zukomme als einer späteren, abweichenden Aussage (VwGH 90/13/0054).

Daher müsse der Erstaussage, wonach ca. S 500.000,00 (€ 36.336,41) entwendet worden seien, ein höherer Wahrheitsgehalt zugemessen werden. Ein strafgerichtliches Urteil entfalte bindende Wirkung nur hinsichtlich tatsächlicher Feststellungen, auf denen der Spruch des rechtskräftigen Strafurteils beruhe, wozu jene Tatumstände gehörten, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen zusammensetze. Da die Schadenshöhe keinen Einfluss auf den Spruch des Urteils habe, könne diesbezüglich keine Bindungswirkung bestehen.

N) Mit drei im Wesentlichen gleich lautenden Vorlageanträgen vom für die Jahre 2000 bis 2002 wurde Nachstehendes vorgebracht. Es werde der Antrag auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt.

Das Vorbringen in den Berufungen werde vollinhaltlich aufrecht erhalten. Bei dem "Geständnis" vom handle es sich keineswegs um eine "Aussage", der in der Regel höherer Wahrheitsgehalt zukomme als einer späteren, abweichenden Aussage. Dieses "Geständnis" sei nicht vor einer Behörde getätigt worden, nicht im Zuge irgendeiner Einvernahme. Vielmehr habe die seinerzeitige Arbeitgeberin, Frau S.S., die Bw. überrumpelt und ihr mit einer Strafanzeige für den Fall der Nichtleistung der Unterschrift unter das "Geständnis" gedroht.

Die Bw. habe nicht behauptet, dass das strafgerichtliche Urteil hinsichtlich seiner Begründung Bindungswirkung entfalte. Dennoch könnten die im Strafverfahren aufgenommenen Beweise im gegenständlichen Abgabenverfahren herangezogen werden. Im Übrigen habe Frau S. den von ihr angeblich erlittenen Schaden bis heute nicht belegmäßig nachgewiesen. Die Summe von S 500.000,00 (= € 36.336,41) sei eine reine Phantasiezahl. Die Bw. sei von Frau S. dementsprechend auch zivilrechtlich nicht in Anspruch genommen worden.

Die Bw. halte daher ihre Anträge, ihren Berufungen Folge zu geben und die erstinstanzlichen Bescheide dahingehend abzuändern, dass für die Berechnung der Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2002 die "Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug" in Höhe von S 208.833,00, S 250.000,00 und € 3.028,06 zur Gänze harausfallen, aufrecht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist die Höhe der von der Bw. entwendeten Waren während ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit im Einzelunternehmen von Frau S.S. im Zeitraum bis .

I) Der Sachverhalt ist durch folgende Umstände bestimmt:

a) Laut gekürzter Urteilsausfertigung über die Hauptverhandlung vom ist die Bw. schuldig gewesen in dem Zeitraum vom März 2000 bis gewerbsmäßig in mehrfachen Angriffen fremde bewegliche Sachen in einem nicht mehr festzustellenden Gesamtwert, der € 2.000,00 überstieg und € 40.000,00 nicht überstieg, nämlich Monatskarten der Wiener Verkehrsbetriebe, Telefonwertkarten, Brieflose, Rubbellose, Zigaretten und Bargeld, ihrer Dienstgeberin S.S., Inhaberin der Trafik X-Cafe, mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Weiters hat die Bw. die ihr durch das Dienstverhältnis eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht, indem sie ausgefüllte Lottoscheine im Wege des Computerterminals der S.S. an die Österreichische Lotterien GesmbH. übermittelte, ohne den Preis der Tipps in die Kassa einzuzahlen und dadurch der S.S. einen € 2.000,00 nicht übersteigenden Schaden in Höhe der ihr von der Österreichischen Lotterien Ges. mbH. in Rechnung gestellten Beträge zugefügt. Die Strafe wurde mit 18 Monaten Freiheitsstrafe festgesetzt. [siehe Abschnitt F)].

b) Mit Überweisungsbeleg vom wurde seitens der Bw. der Betrag von € 7.300,00 (= S 100.450,00) auf ein Konto der Rechtsanwälte von Frau S.S. als (teilweise) Schadenswiedergutmachung überwiesen.

c) Mit Niederschrift vom erstattete die Bw. beim Bezirkspolizeikommissariat Alsergrund Selbstanzeige wegen gewerbsmäßigen Diebstahls als Angestellte in der Trafik S.S., in der sie als Minderbeschäftigte tätig gewesen war. Sie war auch im dazugehörenden Blumengeschäft und im Cafe beschäftigt und berechtigt zu kassieren [siehe Strafakt XyZ, OZ 31 ff.)]. Die Bw, gab darin u. a. an, dass sie seit Juni 2001, seit Frau S. eine Lottoannahmestelle gehabt habe, Lottoscheine von ca. S 3.000,00 gespielt aber nicht bezahlt zu haben. Weiters habe sie Rubbellose gestohlen, anfangs ca. 10 täglich, zum Schluss schon ca. 25 bis 30. Ebenfalls habe sie fünf Stangen Zigaretten der Marke Kim zum Preis von € 32,00 pro Stange gestohlen. Einmal habe sie einen Fünf Euro Schein aus der Kasse gestohlen. Sie könne nicht ausschließen auch andere Gegenstände gestohlen zu haben, könne sich aber daran nicht mehr erinnern. Insgesamt schätze sie die gestohlenen Sachen auf einen Wert von € 7.267,00 (= S100.000,00) ein.

d) In der Hauptverhandlung vom [siehe Strafakt des Landesgerichtes für Strafsachen, AZ.: XyZ] wurden u. a. folgende Aussagen getroffen: - Die beschuldigte Bw. sagte auf Seite 7 f. aus, dass sie das Geständnis und die Wiedergutmachungsvereinbarung, beide vom , unterschrieben habe, obwohl sie mit der Höhe des Schadens nicht einverstanden gewesen sei. Ihre Kinder wollte sie da heraus halten. Ihre Kinder haben dann € 7.300,00 als Schaden(swiedergutmachung) für die Bw. zurückbezahlt. - Die Zeugin (und ehemalige Arbeitgeberin der Bw.) sagte auf Seite 9 aus, dass sie ihre Aussage vor der Polizei aufrecht erhalte und sie schon vor dem Valentinstag (2002) bemerkt habe, dass sie von der Beschuldigten (= Bw.) bestohlen worden sei, aber am Valentinstag definitv. Daraufhin seien zwei Kameras installiert geworden, die man aber nicht habe sehen können und keiner außer der Zeugin und ihr Lebensgefährte wusste etwas davon (S. 11 f.). Ihr Lebensgefährte überwachte dann die Videoaufzeichnungen und teilte der Zeugin telefonisch mit, dass die Bw. bis zu 50 Lose am Tag stehle. Außerdem habe sie eine Betriebsprüfung gehabt und vom Finanzamt sei gesagt worden, dass die Aufstellung nicht stimme. - Auf Seite 13 sagte die Zeugin aus, dass sie die Lose, die die Beschuldigte genommen und versteckt habe, gefunden habe. Die Zeugin fand sie bis zum Dezember zurück, die alleine einen Wert von S 20.000,00 an Gewinn gehabt haben. Dass die Bw. natürlich viel mehr Lose gestohlen habe, um so zu einem Gewinn zu kommen, sei klar. ... Die Zeugin sagte der Beschuldigten, dass sie am Videofilm zu sehen ist, dass sie gestohlen habe und sie nicht wolle, dass sie ins Gefängnis komme, aber sie auch ihren Schaden ersetzt haben wolle. - Auf die Frage des Verteidigers, ob vom Buchhalter der tatsächliche Schaden ausgerechnet worden sei, antwortete die Zeugin "nein", der Finanzbeamte habe sie angerufen und ihr gesagt, dass etwas nicht stimme (S. 15). Es gebe seit zwei Wochen eine Bilanz und da gingen die Diebstähle hervor, dass die Einnahmen mit den Abbuchungen von S 500.000,00 nicht übereinstimmten. Es gebe auch einen Schwund bei den Blumen, die kaputt werden und bei der Gastronomie, wennn etwas verderbe, nur sei dieser Schwund ungewöhnlich hoch gewesen und beim Schaden von S 500.000,00 noch gar nicht dabei. Ihr Unternehmen habe ca. S 250.000,00 Schulden. Als die Beschuldigte bei ihr aufhörte zu arbeiten, habe sie S 600.000,00 Schulden gehabt. - Der Privatbeteiligtenvertreter schloss sich mit € 29.696,00 (inklusive Kosten, abzüglich geleisteter Schadensgutmachung von € 7.300,00 an (S. 18).

II) einkommensteuerliche Beurteilung:

§ 15 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 in der für die Streitjahre gültigen Fassung normiert, dass Einnnahmen vorliegen, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 zufließen.

§ 25 Abs. 1 Z 1 lit.a erster Satz EStG 1988 in der für die Streitjahre gültigen Fassung bestimmt, dass Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis sind.

Im Fall der Bw. ist unstrittig, dass ihr Geld und geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsart des § 2 Abs. 3 Z 4 (= Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) zugeflossen sind, da auch der Diebstahl von Waren oder Geld durch Dienstnehmer zu einem Vorteil aus dem jeweiligen Dienstverhältnis führt (vgl. Doralt, EStG, Kommentar, Bd. II, Tz 29 zu § 15). Dass die Bw. im Betrieb ihrer Arbeitgeberin S.S. Geld und Waren entwendet hat, hat sie selbst zugegeben, und zwar - in dem Geständnis vom [siehe Abschnitt C)], in der Niederschrift vom sowie in der Hauptverhandlung vom [siehe I), Punkt c), erster Teilstrich].

Gemäß § 116 Abs. 2 BAO sind Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, von der Abgabenbehörde im Sinne des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Abgabenbehörde an die im Spruch des die Partei betreffenden rechtskräftigen Strafurteiles (erster Instanz) festgestellten Tatsachen bzw. an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen dieser Spruch beruht, gebunden. Die Judikatur betrifft verurteilende Entscheidungen (vgl. Ritz, BAO, 3. Aufl., Kommentar, Tz 14 zu § 116 sowie die dort zitierte Judikatur).

Nach den Feststellungen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom ist erwiesen, dass die Bw. "von März 2000 bis in WienI) gewerbsmäßig in mehrfachen Angriffen fremde bewegliche Sachen in einem nicht mehr näher festzustellenden 2000 Euro übersteigenden, jedoch Euro 40.000,00 nicht übersteigenden Gesamtwert, nämlich Monatskarten der Wiener Verkehrsbetriebe, Telefonwertkarten, Brieflose, Rubbellose, Zigaretten und Bargeld, ihrer Dienstgeberin S.S. mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;II) die ihr durch Rechtsgeschäft, nämlich durch das Dienstverhältnis eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht, indem sie ausgefüllte Lottoscheine im Wege des Computerterminals der S.S. an die Österreichische Lotterien Ges. mbH. übermittelte ohne den Preis der Tipps in die Kassa einzuzahlen, und dadurch der S.S. einen Euro 2.000,00 nicht übersteigenden Schaden in Höhe der ihr von der Österreichischen Lotterien GesmbH. in Rechnung gestellten Beträge zugefügt."

Die bereits wegen Betruges vorbestrafte Bw. wurde des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 130 1. Fall StGB sowie des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen und zu 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Ausgehend von der gegebenen Bindung an den vom Strafgericht festgestellten Sachverhalt ist die steuerrechtliche Beurteilung zunächst dahingehend zu treffen, dass die Bw. aus ihren strafbaren Handlungen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die zwar nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen, jedoch im Veranlagungswege zu erfassen sind, erzielt hat.

Angesichts der Tatsache, dass auch im Strafverfahren keine zeitraumbezogenen und betragsmäßigen Feststellungen getroffen wurden, in welchem sich die Bw. in welcher Höhe (" ... in einem nicht mehr näher festzustellenden 2000 Euro übersteighenden, jedoch Euro 40.000,00 nicht übersteigenden Gesatmtwert ...") bereichert hat, waren die Besteuerungsgrundlagen für den vom Strafurteil umfassten Zeitraum 2000 bis 2002 im Schätzungswege zu ermitteln.

Das Finanzamt hat in den bekämpften Einkommensteuerbescheiden - mangels anderer Unterlagen - die im von der Bw. unterschriebenen Geständnis bzw. Anerkenntnis genannten S 500.000,00 als Bemessungsgrundlage herangezogen, diesen Betrag aliquot auf den Beschäftigungszeitraum (März 2000 bis März 2002 = insgesamt 24 Monate) aufgeteilt und im Jahr 2000 (10 Monate) S 208.333,00, 2001 (12 Monate) S 250.000,00 und 2002 (2 Monate) S 41.667,00 der Einkommensteuer unterzogen.

Die anwaltlich vertretene Bw. hält dem im Berufungsverfahren entgegen, das von ihr unterfertigte Anerkenntnis sei durch Überrumpelung und durch die Drohung mit einer Strafanzeige zustande gekommen und entspreche hinsichtlich des darin angeführten Schadensbetrages von S 500.000,00 und des Tatzeitraumes nicht den Tatsachen. Hinsichtlich Tatzeitraum und Höhe des von ihr verursachten Schadens hat die Bw. im Strafverfahren folgende Angaben gemacht:

Sowohl in ihrer Selbstanzeige vom als auch im Zuge ihrer polizeilichen Einvernahme vom sowie in der gerichtlichen Strafverhandlung vom hat die Bw. übereinstimmend ausgesagt, sie habe aus Verärgerung über eine im März 2001 vorgenommene Lohnkürzung ab diesem Zeitpunkt begonnen, Monatskarten der Wiener Verkehrsbetriebe sowie Telefonwertkarten zu stehlen. In weiterer Folge habe sie dann auch Zigaretten, Rubbellose und Bargeld gestohlen und in der ab Juni 2001 vorhandenen Lottoannahmestelle Lottoscheine gespielt, aber nicht bezahlt.

In der vorerwähnten Selbstanzeige und der polizeilichen Einvernahme bezifferte die Bw. den Wert der von ihr gestohlenen Sachen bzw. des verursachten Schadens mit ca. S 100.000,-- (€ 7.267,--), in der Strafverhandlung gab die Bw. eine Schadenssumme von insgesamt ca. S 45.000,-- an.

Weiters gab die Bw. zu Protokoll, aufgrund der Drohung der S.S., die Polizei zu rufen, wenn sie das Anerkenntnis bzw. Geständnis mit einem Schadensbetrag von S 500.000,-- nicht unterfertige und aufgrund ihrer einschlägigen Vorstrafe wegen schweren Betruges, die von ihrer Arbeitgeberin aufgesetzten und ihr vorgelegten Schriftsätze unterschrieben zu haben.

Im April 2002 hat die Bw. € 7.300,00 als Schadenssumme anerkannt und wurde dieser Betrag an den anwaltlichen Vertreter der S.S. überwiesen.

S.S. bezifferte den ihr von der Bw. verursachten Schaden im Zuge ihrer polizeilichen Einvernahmen und auch im Strafverfahren stets gleichbleibend mit rd. S 500.000,--.

Im Zuge ihrer am erfolgten polizeilichen Einvernahme gab sie u.a. Folgendes an:

"...Zum Sachverhalt möchte ich noch ergänzend anführen, dass ich aufgrund meiner stetigen Arbeitsüberlastung, ich bin selbst im Geschäft tätig, erledige sämtliche Einkäufe, führe Zustellungen von Blumen durch, über die letzten beiden Jahre noch keine buchhaltungsmäßige Bilanz erstellen konnte. Daher war mir die Differenz zwischen den getätigten Einkäufen und den Einnahmen, die ich aufgrund der gekauften Waren hätte erzielen müssen, nicht sofort aufgefallen.

...Zur Zeit wird über meinen Buchhalter festgestellt, wie hoch der tatsächliche Schaden ist. Die Differenzen aus dem Bereich der Lotteriegesellschaft lässt sich überprüfen. Ebenso im Bereich Tabakoland (Zigaretten und Telefonwertkarten) und Verkehrsbetriebe. Bei den Bereichen Gastronomie und Blumenhandel kann die genaue Schadenshöhe nicht mehr festgestellt werden, da es in diesem Bereich auch einen natürlichen Schwund gibt, beispielsweise verdorbene Blumen oder Lebensmittel...."

Die in der Strafverhandlung am gestellte Frage, ob vom Buchhalter der tatsächliche Schaden ausgerechnet wurde, verneinte die als Zeugin einvernommene S.S. (Niederschrift über die Hauptverhandlung, Seite 15). Sie gab in diesem Zusammenhang lediglich an: "Der FA-Beamte rief mich an und sagte, es stimmt was nicht. Es gibt seit zwei Wochen eine Bilanz und da gehen die Diebstähle hervor, dass die Einnahmen mit den Abbuchungen von S 500.000,00 nicht übereinstimmen. Es gibt auch einen Schwund bei den Blumen, die kaputt werden und bei der Gastronomie, wenn z.B was verdirbt, nur war dieser Schwund ungewöhnlich hoch und dieser ist beim Schaden von S 500.000,-- noch gar nicht dabei. Mein Unternehmen hat ca. S 250.000,-- Schulden. Als die Besch. bei mir aufhörte zu arbeiten, hatte ich ca. S 600.000,-- Schulden..."

Unter Bedachtnahme auf vorstehende Aussagen steht fest, dass S.S. hinsichtlich der von ihr angeführten Schadenshöhe keine exakten Angaben gemacht hat und auch keine entsprechend nachvollziehbaren Unterlagen vorgelegt hat, die die von ihr geschätzte Schadenssumme untermauert hätte. Aus den von ihr gemachten Aussagen lässt sich vielmehr ableiten, dass keine ordnungsgemäßen, laufend geführten Aufzeichnungen und Bücher vorlagen, wenn im Zeitpunkt des Prozesses im Juli 2002 - sohin rd. 4 Monate nach Aufdeckung der Diebstähle durch die Bw. - noch immer keine konkreten Berechnungen über die Schadenshöhe vorliegen. Daraus folgt, dass die behauptete Schadenssumme jedenfalls keinesfalls erwiesen ist und daher nicht unbedenklich als Schätzungsgrundlage herangezogen werden kann. Auch lässt sich den Akten des Strafverfahrens nicht entnehmen, auf welcher Grundlage S.S. die von ihr angegebenen S 500.000,00 ermittelt hat, wenn sie einerseits selbst im Zuge der polizeilichen Einvernahme angibt, dass erst der Buchhalter das tatsächliche Schadensausmaß feststellen müsse und andererseits laut ihrer Aussage in der Strafverhandlung noch immer keine Berechnung des Buchhalters vorlag. Außerdem ging auch das Gericht in seinem Urteil von einem "nicht mehr näher festzustellenden 2000 Euro übersteigenden, jedoch Euro 40.000,-- nicht übersteigenden Gesamtwert" aus.

Dass außerdem die unvorbereitet mit den Videoaufzeichnungen über ihre Diebstähle konfrontierte Bw. angesichts ihrer Vorstrafe (bedingte Freiheitsstrafe von 1 Jahre, Probezeit 3 Jahre) und der noch offenen Probezeit das Anerkenntnis auch mit einem höheren Schadensbetrag als dem von ihr tatsächlich verursachten unterschrieben hätte, erscheint gleichfalls nachvollziehbar und glaubhaft.

Unter Bedachtnahme auf vorstehende Ausführungen gelangt der unabhängige Finanzsenat zu folgender Auffassung:

Aus dem Strafverfahren lässt sich nicht eindeutig ableiten, dass sich die Bw. bereits im Jahr 2000 unrechtmäßig bereichert hat. Die diesbezüglichen Angaben der S.S., wonach bereits kurz Zeit nachdem sie die Bw eingestellt habe, "die Kassa nicht gestimmt habe", sind in diesem Zusammenhang lediglich vage und zu wenig konkretisiert, um daraus für dieses Jahr einen Abgabenanspruch ableiten zu können. Die Angaben der Bw., erstmals ab März 2001 aufgrund einer Lohnkürzung mit den Diebstählen begonnen zu haben, ist hingegen nachvollziehbar und glaubwürdig.

Was die Höhe der Bereicherungen betrifft, so ist aus vorstehenden Gründen davon auszugehen, dass die konkrete Schadenshöhe unbewiesen geblieben ist und daher die im Anerkenntnis angeführten S 500.000,-- keine verlässliche Bemessungsgrundlage für die Geltendmachung des Abgabenanspruches darstellen.

Die Bw. hat allerdings weder im Strafverfahren noch im abgabenbehördlichen Rechtsmittelverfahren konkret nachvollziehbare Zahlen genannt, sondern sind die von ihr genannten Zahlen - ebenso wie jene der S.S. - lediglich auf Schätzungen zurückzuführen, wobei die Bandbreite ihrer Angaben große Ungenauigkeiten vermuten lässt, wenn sie einmal den Gesamtschaden mit rd. 100.000,00 und im Prozess wiederum mit S 45.000,00 angibt, jedoch € 7.300,00 rückbezahlt.

Dem § 184 Abs. 1 BAO zufolge hat die Abgabenbehörde die Besteuerungsgrundlagen dann zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Sinn der Schätzung im Abgabenverfahren ist es, der Wahrheit möglichst nahe zu kommen, somit ein Ergebnis zu erreichen, von dem anzunehmen ist, dass es die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich hat; eine Schätzung darf daher nicht den Charakter einer Strafbesteuerung haben.

"Schätzen" bedeutet, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsschlüsse sowie durch begründetes Einbeziehen und Ausschließen von Möglichkeiten zu ermitteln. Das Ziel muss die sachliche Richtigkeit des gewonnenen Ergebnisses sein. Je geringer die Anhaltspunkte, von denen auch schlüssige Folgerungen gezogen werden können, desto größer sind naturgemäß die Unsicherheiten, desto weiter kann sich das Schätzungsergebnis vom tatsächlichen Geschehen entfernen. Wer zur Schätzung begründeten Anlass gibt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Unsicherheit hinnehmen. Eine Fehlertoleranz - im Ergebnis, nicht im Verfahren und Denkvorgang - muss als der Schätzung immanent angenommen werden ()

Der unabhängige Finanzsenat geht jedenfalls davon aus, dass der von der Bw. rückerstattete Betrag in Höhe von € 7.300,00 (= S 100.448,00) als Ausgangsbasis für eine Schätzung heranzuziehen ist. Im Hinblick auf die nicht bestehenden Kontrollmöglichkeiten der von der Bw. gemachten Angaben und inwieweit der rückerstattete Betrag den Schaden abdeckt, erscheint die Verhängung eines Sicherheitszuschlages für allfällige darüber hinausgehende Bereicherungen gerechtfertigt.

Es liegt im Wesen eines Sicherheitszuschlages, dass er nicht "berechnet" wird, sondern pauschal dem Umstand Rechnung trägt, dass das Abgabenermittlungsverfahren zur Annahme berechtigt, auch die Bw. selbst habe in Hinblick auf den langen Zeitraum ihrer strafbaren Handlungen den Überblick verloren und nur sehr ungenau den von ihr verursachten Schaden beziffern können. Aus diesem Grund wird ein Sicherheitszuschlag von 50% (€ 3.650,00) zu dem von der Bw. selbst einbekannten Betrag von € 7.300,00 als gerechtfertigt angesehen, um allfällige weitergehende Bereicherungen abzudecken.

Der sich daraus ergebende Betrag von € 10.950,00 (= S 150.675,00) ist wie folgt aufzuteilen:

Folgt man - wie bereits vorstehend dargestellt - dem Vorbringen der Bw. hinsichtlich des Tatzeitraumes (von März 2001 bis Februar 2002 = 12 Monate), so ergibt dies bei aliquoter Aufteilung einen auf das Jahr 2001 entfallenden Betrag von € 9.125,00 (= S 125.563,00) und für 2002 von € 1.825,00 (= S 25.113,00), wobei - analog zur Vorgangsweise des Finanzamtes - im Jahr 2002 die von der Bw. geleistete Rückzahlung von € 7.300,00 als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

Damit war spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage : 3 Berechnungsblätter

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 15 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 116 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Entwendungen von Geld und Waren des Arbeitgebers

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