Kein Anspruch auf Familienbeihilfe für in einem anderen EU-Staat lebende Kinder mangels Rechtmäßigkeit der nichtselbständigen Beschäftigung
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/13/0173 eingebracht. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/3219-W/10 erledigt.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch R, gegen den Bescheid des Finanzamtes F vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum bis entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber ist slowakischer Staatsbürger. Er verfügt sowohl über einen Wohnsitz in Österreich als auch über einen Wohnsitz in der Slowakei.
Er beantragte mit Eingabe (Formular Beih 1) vom die Gewährung der Familienbeihilfe für seinen minderjährigen Sohn. Nach den Angaben im Antragsformular ist der Berufungswerber in Österreich selbständig erwerbstätig. Der Sohn und die Ehegattin des Berufungswerbers leben in der Slowakei.
Nach der Aktenlage wurde dem Berufungswerber in Österreich am ein Gewerbeschein für das Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässige Gesamtgewichte insgesamt 3.500 Kilogramm nicht übersteigen" ausgestellt.
Laut Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung wird der Berufungswerber ab als gewerblich selbständig Erwerbstätiger geführt.
Am wurde der Berufungswerber vom Finanzamt als Auskunftsperson zu seiner Tätigkeit befragt. Laut der hierüber aufgenommenen Niederschrift gab der Berufungswerber Folgendes an:
Er hielte sich seit dem in Österreich auf.
Er kenne seinen Auftraggeber, Herrn O.K., schon seit über zehn Jahren. Dieser sei Inhaber einer Entsorgungsfirma (Fa. C-Handelsges.m.b.H.) und benötige jemanden, der die Abholfahrten bei den verschiedenen Firmen durchführe.
Herr K habe ihm von der Möglichkeit erzählt, dass er ein freies Gewerbe ("Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen...") anmelden und dann als selbständiger Unternehmer für seine Firma tätig werden könne.
Er habe dann mit Hilfe von Herrn K und dessen Steuerberater dieses Gewerbe am angemeldet.
Einen Werkvertrag über seine Tätigkeit habe er mit der Fa. C nicht abgeschlossen. Es gäbe jedoch einen Mietvertrag bezüglich des Klein-LKW (Marke Opel Vivaro, Kennzeichen XXX). Dieser LKW gehöre der Fa. C und werde ihm zum Zwecke der Abholfahrten vermietet. Er werde von Herrn K über neue Aufträge telefonisch verständigt und erhalte von ihm dann eine Liste über die Firmen, bei denen er Abholungen durchzuführen habe.
Die Abrechnung erfolge in der Weise, dass er einmal pro Monat eine Rechnung an die Fa. C lege und in dieser seine Fahrten aufgeschlüsselt anführe.
Er habe bisher drei Rechnungen gelegt, für Juli, August und September. Diese werde er dem Finanzamt vorlegen.
Er lukriere selbst keine Aufträge, sondern erhalte seine Aufträge zur Gänze von Herrn K.
Er habe die deutsche Sprache von seinen Eltern gelernt, welche beide deutschsprachig waren. Er benötige daher keinen Dolmetsch.
Der bei der Befragung ebenfalls anwesende Auftraggeber des Berufungswerbers, O.K., gab Folgendes an:
Er sei früher ein Ein-Mann-Betrieb gewesen und habe sowohl die Aufträge lukriert als auch die Abholfahrten selbst durchgeführt. Da seine Firma (Fa. C) gewachsen sei, könne er die Abholfahrten nicht mehr selbst durchführen. Er habe sich bei der Wirtschaftskammer erkundigt, ob es möglich wäre, seinen langjährigen Bekannten (den Berufungswerber) für diese Tätigkeit einzusetzen. Dort habe er dann von der Möglichkeit eines freien Gewerbes erfahren.
Grundsätzlich erfolge dies so, dass die Fa. C den Firmen Sammelboxen für ihre Abfälle (Toner, Tintenpatronen) bereitstelle. Wenn diese Boxen voll seien, riefen ihn die Firmen an. Er beauftrage dann den Berufungswerber, die Boxen abzuholen. Derzeit bewegten sich diese Aufträge in einer Größenordnung von 10 bis 20 Fahrten pro Monat. In Zukunft werde der Berufungswerber aber auf Grund der steigenden Aufträge täglich unterwegs sein. Der Berufungswerber fahre meist mehrere Firmen pro Fahrt an, bis der LKW voll sei. Wenn es sich aber um Recycling- oder Altstoffsammelzentren handle, sei der LKW bereits bei einer Fahrt voll. Die Altstoffe würden dann in der Fa. C reinsortiert. Diese Arbeit führe er allein durch. Insofern sei er nach wie vor ein Ein-Mann-Betrieb. Er habe lediglich eine Sekretärin geringfügig beschäftigt. Die wiederverwertbaren Teile würden in ganz Europa gehandelt. Beispielsweise würden alte Toner bei bestimmten Firmen wieder befüllt.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für die Zeit vom bis mit folgender Begründung ab:
"Gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Wanderarbeiter und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu- und abwandern und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 besteht grundsätzlich Anspruch für Familienleistungen im "Beschäftigungsland" auch für Kinder, die sich ständig in einem anderen EU-Land aufhalten.
Die von Ihnen in Österreich auf Basis des gelösten Gewerbescheines ausgeübte Tätigkeit stellt eine Umgehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dar. Auf Grund von umfangreichen Ermittlungen der Finanzverwaltung war diese Tätigkeit als Dienstverhältnis zu beurteilen. Als neuer EU-Bürger haben Sie innerhalb der 7-jährigen Übergangsfrist keinen freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt. Die obige Verordnung ist in Ihrem Fall nicht anwendbar."
Gegen den Abweisungsbescheid vom erhob der Berufungswerber Berufung, in welcher er Folgendes ausführte:
"Meine Tätigkeit ist nicht als Dienstverhältnis zu beurteilen.
Es ist zwar richtig, dass ich den Großteil meiner Aufträge von der Firma C-Handelsges.m.b.H., 2222 E, E-Straße9, erhalte, von der ich auch das von mir benötigte Büro angemietet habe, jedoch bin ich in der Erledigung der von mir übernommenen Aufträge völlig frei und weisungsungebunden und erledige daher die von mir übernommenen Aufträge selbständig im Rahmen meines Unternehmens. Die von mir erbrachten Leistungen werden von mir regelmäßig abgerechnet und ist es mir zwischenzeitig auch gelungen, Aufträge von anderen Auftraggebern, wie der Firma D, Tonerhandel, FT 11, 4444 M, zu erlangen, welche ich ebenfalls selbständig im Rahmen meines Unternehmens erledige.
Beweis: Beiliegende Rechnungen an die Fa. C-Handelsges.m.b.H. vom 22.8., 12.9., 17.10., , beiliegende Rechnung an die Fa. D vom .
Weiters verwende ich derzeit im Rahmen meines Unternehmens ein Fahrzeug Marke Citroen Jumper mit dem Schweizer Kennzeichen YYY der Firma S GmbH, S-Straße3, CH-1111 A. Auch hieraus ergibt sich, dass ich nicht als Dienstnehmer der Fa. C-Handelsges.m.b.H. tätig bin.
Beweis: Bestätigung der S GmbH vom .
Die von mir gelegten Rechnungen wurden bezahlt. Auch die von mir zu entrichtende Miete für die von mir angemieteten Büroräumlichkeiten werden von mir pünktlich bezahlt. Auch bin ich meinen Verpflichtungen zur Abführung der von mir zu entrichtenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen vollständig und pünktlich nachgekommen. Auch daraus ergibt sich, dass ich nicht als Dienstnehmer tätig bin und meine Tätigkeit daher nicht eine Umgehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes darstellt.
Beweis: Auszüge Nr. 1 vom 6.10. und Nr. 2 vom der A-Bank samt Auftragsbestätigungen sowie Kontoauszug der SVA der gewerblichen Wirtschaft."
Nach den der Berufung angeschlossenen Rechnungen stellte der Berufungswerber der Fa. C-Handelsges.m.b.H. folgende Beträge in Rechnung:
Für Abholfahrten im Monat Juli:
Abholungen an 8 Tagen, Tagespauschale 162,50 €,
Gesamtbetrag: 1.300,00 € zuzüglich 260,00 € USt = 1.560,00 €.
Für Abholfahrten im Monat August:
Abholungen an 8 Tagen, Tagespauschale 162,50 €,
Gesamtbetrag: 1.300,00 € zuzüglich 260,00 € USt = 1.560,00 €.
Für Abholfahrten im Monat September:
Abholungen an 8 Tagen, Tagespauschale 162,50 €,
Gesamtbetrag: 1.300,00 € zuzüglich 260,00 € USt = 1.560,00 €.
Für Abholfahrten im Monat Oktober:
Abholungen an 12 Tagen, Tagespauschale 162,50 €,
Gesamtbetrag: 1.950,00 € zuzüglich 390,00 € USt = 2.340,00 €.
Der Fa. D, Tonerhandel, stellte der Berufungswerber folgenden Betrag in Rechnung:
Für Abholfahrten im Monat November:
Abholungen an 1 Tag, Tagespauschale 220,00 €,
Gesamtbetrag: 220,00 € zuzüglich 44,00 € USt = 264,00 €.
Nach der beiliegenden Bestätigung der S GmbH vom hat der Berufungswerber die Berechtigung, das Fahrzeug Marke Citroen Jumper mit dem Schweizer Kennzeichen YYY der Firma S GmbH zu benützen.
Aus den der Berufung angeschlossenen Kontoauszügen und Überweisungsbelegen ergibt sich, dass der Berufungswerber die von ihm in Rechnung gestellten Beträge erhalten hat. Die Miete für das Büro sowie die zu entrichtenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge wurden von ihm bezahlt.
Nach den Ermittlungen des Finanzamtes ist der Auftraggeber des Berufungswerbers, O.K., Gesellschafter und Geschäftsführer der S GmbH.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die gegen den Abweisungsbescheid vom eingebrachte Berufung als unbegründet ab.
Gegen die Berufungsvorentscheidung stellte der Berufungswerber den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Gemäß Art. 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern iVm der Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 hat ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegt, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten.
Der persönliche Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 ist in Art. 2 definiert. Gemäß Art. 2 Abs. 1 gilt die - als unmittelbares Recht anzuwendende - Verordnung Nr. 1408/71 insbesondere für "Arbeitnehmer und Selbständige, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten".
Gemäß Art. 3 der VO (EWG) Nr. 1408/71 haben Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen und für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten auf Grund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates, wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nicht anderes vorsehen.
Eine Leistung wie die Familienbeihilfe nach dem österreichischen FLAG 1967 ist eine Familienleistung iSd Art. 4 Abs. 1 lit. h der VO (EWG) Nr. 1408/71.
Da der Berufungswerber als slowakischer Staatsangehöriger infolge des Beitritts der Slowakei zur Europäischen Union vom persönlichen Geltungsbereich der genannten Verordnung erfasst ist, besteht somit grundsätzlich Anspruch auf Familienleistungen auch für ein Kind, das sich ständig in einem anderen EU-Land aufhält.
Mit dem EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz, BGBl I 2004/28, hat Österreich den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten umgesetzt und von der vertraglichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Arbeitnehmerfreizügigkeit für die neuen EU-Staatsbürger einzuschränken. Österreich kann Übergangsbestimmungen hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Dienstleistungsfreiheit für die neuen EU-Bürger für maximal sieben Jahre einführen. Für Staatsangehörige der neu beigetretenen Staaten (mit Ausnahme Maltas und Zyperns) wird im § 32a Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) normiert, dass sie nicht unter die Ausnahme für EWR-Bürger (§ 1 Abs. 2 lit. 1 AuslBG) fallen. Neue EU-Bürger unterliegen für die Dauer der Anwendung des Übergangsarrangements (dh bis maximal ) weiterhin dem AuslBG.
Für slowakische Arbeitnehmer besteht daher grundsätzlich Bewilligungspflicht nach dem AuslBG.
Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 28/2004, lauten:
"Begriffsbestimmungen
§ 2 Abs. 2: Als Beschäftigung gilt die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
d) nach den Bestimmungen des § 18 oder
e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.
Abs. 4: Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern
§ 3 Abs. 2: Ein Ausländer darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt."
Nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Mit dem Hinweis "unter der Leitung des Arbeitgebers" sollen in erster Linie Dienstleistungen im Außendienst, mit dem Hinweis "im geschäftlichen Organismus eingegliedert..." dagegen in erster Linie Dienstleistungen im Innendienst erfasst werden (vgl. ).
Voraussetzung für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist jedenfalls - sowohl bei Außendienst- als auch bei Innendiensttätigkeiten - Weisungsgebundenheit. Der Arbeitnehmer muss verpflichtet sein, den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen.
Zu beachten ist hiebei jedoch, dass nicht schon jede Unterordnung unter den Willen eines anderen die Arbeitnehmereigenschaft einer natürlichen Person zur Folge hat. Auch ein Unternehmer, der einen Werkvertrag erfüllt, ist in der Regel verpflichtet, Weisungen des Auftraggebers bezüglich der Tätigkeit einzuhalten, ohne dadurch seine Selbständigkeit zu verlieren. Dieses sachliche Weisungsrecht ist auf den Arbeitserfolg gerichtet, es kann sowohl bei einer selbständigen als auch bei einer nichtselbständigen Tätigkeit vorkommen.
Ist der Steuerpflichtige verpflichtet, innerhalb eines bestimmten örtlichen und zeitlichen Bereiches tätig zu werden, dann handelt es sich um eine sachliche Weisungsgebundenheit, welche auch bei einem Werkvertrag vereinbart werden kann. Ebenso ist die Verpflichtung, eine Arbeit sach- und termingerecht fertigzustellen, bloß eine sachliche Weisungsgebundenheit.
Für ein Dienstverhältnis spricht aber ein persönliches Weisungsrecht. Dieses fordert einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft schuldet.
Erklärt sich ein Arbeitnehmer bereit, über einen bestimmten Zeitraum bei den gerade anfallenden Arbeiten auszuhelfen, dann spricht das für eine persönliche Weisungsgebundenheit, weil die Verpflichtung übernommen wird, die jeweils zugewiesenen Arbeiten zu übernehmen (vgl. Doralt, EStG6, § 47 Tz 33 - 43 sowie die dort zitierte Judikatur).
Als weiteres Merkmal für die Nichtselbständigkeit gilt nach Literatur und Rechtsprechung insbesondere das Fehlen eines Unternehmerwagnisses.
Das Unternehmerwagnis besteht darin, dass der Steuerpflichtige die Höhe seiner Einnahmen beeinflussen und seine Ausgaben selbst bestimmen kann. Hängt also der Erfolg einer Tätigkeit weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der Ausdauer und der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens ab, und muss der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen, dann sprechen diese Umstände für ein Unternehmerwagnis. Ebenso spricht für ein Unternehmerwagnis die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen und somit den Umfang des Tätigwerdens zu bestimmen (vgl. Doralt, EStG6, § 47 Tz 59 sowie die dort zitierte Judikatur).
Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. ; ; ) ist bei der Beurteilung, ob ein steuerliches Dienstverhältnis besteht, vom tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern auszugehen. Maßgebend sind weder die Bezeichnung noch subjektive Gesichtspunkte, sondern ausschließlich die objektiven Umstände ().
Im vorliegenden Fall ist aus nachstehenden Erwägungen davon auszugehen, dass sich die Tätigkeit des Berufungswerbers nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt nicht als selbständige, sondern als unselbständige Beschäftigung darstellt:
Der Berufungswerber war - abgesehen von einem einzigen Auftrag (jenem von der Firma D) - unter der Leitung seines Auftraggebers O.K. tätig. Abgesehen von diesem einen Auftrag wurden sämtliche Aufträge von Herrn O.K. angebahnt. Herr O.K. hat aber auch die Vorbereitungsarbeiten (Bereitstellung von Sammelboxen) durchgeführt und als Kontaktstelle für die Firmen fungiert. Der Berufungswerber hat demgegenüber lediglich die Ausführungsarbeiten (Abholfahrten) übernommen.
Der Berufungswerber war von seinem Auftraggeber aber auch in hohem Maße wirtschaftlich und persönlich abhängig. Die wirtschaftliche Abhängigkeit war dadurch gegeben, dass der Berufungswerber die nötigen Arbeits- und Betriebsmittel (Büroräumlichkeiten und LKW) von seinem Auftraggeber angemietet hat. Die persönliche Abhängigkeit kommt dadurch zum Ausdruck, dass sich der Berufungswerber gegenüber seinem Auftraggeber verpflichtet hat, eine regelmäßig wiederkehrende persönliche Arbeitsleistung von bestimmtem Umfang zu erbringen. Der Berufungswerber hat somit nicht die Ausführung einzelner Arbeiten versprochen, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt.
Gegen das Vorliegen eines Unternehmerrisikos spricht im vorliegenden Fall insbesondere der Umstand, dass der Berufungswerber nicht die Möglichkeit hatte, durch entsprechende Leistungen die Höhe seiner Einnahmen zu beeinflussen. Dies deswegen, weil er den Umfang seines Tätigwerdens nicht bestimmen konnte und ein fixes Tagespauschale (in Höhe von 162,50 €) erhielt.
Der Umstand, dass der Berufungswerber seinem Auftraggeber Miete für die Benützung des Firmen-LKW und der Büroräumlichkeiten zu zahlen hatte (und somit für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkam), vermag kein Unternehmerrisiko zu begründen, da wirtschaftlich gesehen kein Unterschied besteht, ob ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Arbeits- und Betriebsmittel unentgeltlich zur Verfügung stellt oder stattdessen höhere Bezüge auszahlt.
Aus dem Gesamtbild der vorliegenden Tätigkeit geht nach Ansicht des UFS eindeutig hervor, dass der Berufungswerber nicht ein Werk, sondern - wie ein Dienstnehmer - seine Arbeitskraft schuldete bzw. dass der Berufungswerber dem Willen des Auftraggebers in gleicher Weise unterworfen war, wie dies bei einem Dienstnehmer der Fall ist.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Berufungswerber seinem Arbeitgeber nur seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat. Der Umstand, dass der Berufungswerber einen Gewerbeschein besitzt und dass er sich zur Sozialversicherung der selbständig Erwerbstätigen angemeldet hat, vermag daran nichts zu ändern. Denn eine solche nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeutende Beschäftigung wird auch nicht dadurch zu einer selbständigen Tätigkeit, dass die Formalvoraussetzungen vorliegen, sind doch nach ständiger Rechtssprechung für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis nicht die vertraglichen Abmachungen maßgebend, sondern stets das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist (vgl. ; ).
Auf Grund der obigen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit des Berufungswerbers nicht als selbständige, sondern als nichtselbständige Tätigkeit zu qualifizieren ist (vgl. zB auch die Entscheidungen des , vom , RV/0003-W/07 und vom , RV/2861-W/06).
Eine solche Tätigkeit muss aber den oben zitierten Vorschriften des AuslBG entsprechen, d.h. dass es sich dabei um eine - bewilligungspflichtige - Beschäftigung iSd § 2 iVm § 3 Abs. 2 AuslBG handelt.
Da der Berufungswerber die erforderliche Berechtigung zur Arbeitsaufnahme nicht nachgewiesen hat, folgt daraus, dass er in Österreich eine rechtmäßige Beschäftigung als Arbeitnehmer im dargelegten Sinn nicht ausübte und auch nicht von einer Beschäftigung iSd VO (EWG) Nr. 1408/71 ausgegangen werden kann. Die VO (EWG) Nr. 1408/71 ist daher auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Der Berufungswerber hatte demnach mangels Rechtmäßigkeit der nichtselbständigen Beschäftigung keinen Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. Gewährung einer Differenzzahlung für seinen in der Slowakei lebenden Sohn.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
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Materie | |
betroffene Normen | § 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte | Scheinselbständigkeit unrechtmäßige Ausländerbeschäftigung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at