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OGH vom 25.02.1997, 1Ob37/97s

OGH vom 25.02.1997, 1Ob37/97s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gertrude P*****, vertreten durch Dr.Leonhard Ogris, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, wider die beklagte Partei Franz P*****, vertreten durch Dr.Paul Friedl, Rechtsanwalt in Eibiswald als Verfahrenshelfer, wegen Ehescheidung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 458/96x-39, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen schieden die 1969 geschlossene Ehe der Streitteile aus gleichteiligem Verschulden. Rechtlich lasteten sie beiden Parteien wechselseitige Beschimpfungen, weiters dem Beklagten tätliche Angriffe und der Klägerin das Eingehen einer geschlechtlichen Beziehung (und jetzt Lebensgemeinschaft) mit einem um 18 Jahre jüngeren Mann, allerdings erst nach Eintritt der endgültigen Zerrüttung der Ehe, an.

Das vom Berufungsgericht auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts angenommene gleichteilige Verschulden der Ehegatten hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Im übrigen hängt die Verschuldensabwägung iSd § 60 Abs 2 und 3 EheG so stark von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, daß einem Verschuldensausspruch regelmäßig die nach § 502 Abs 1 ZPO erforderliche Qualifikation fehlt (4 Ob 1655/95, 8 Ob 1663/91 ua). Ein Ausspruch überwiegenden Verschuldens ist nur gerechtfertigt, wenn das mindere Verschulden des einen Teils im Rahmen des maßgeblichen Gesamtverhaltens beider Ehegatten in seinem Zusammenhang fast völlig in den Hintergrund tritt (EFSlg 69.266, 63.465 uva, zuletzt etwa 4 Ob 1655/95). Nach stRspr fällt zwar bei der Verschuldensabwägung der Ehebruch entscheidend ins Gewicht, weil der darin gelegene Treuebruch regelmäßig die Vertrauensgrundlagen der ehelichen Gemeinschaft tiefgreifend und nachhaltig erschüttert. Nach der jüngeren Rechtsprechung spielt aber auch ein Ehebruch, der erst nach bereits eingetretener völliger Zerrüttung der Ehe begangen wurde, bei der Verschuldensabwägung und insbesondere in der Frage der Zuweisung eines überwiegenden Verschuldens keine entscheidende Rolle. Durch diese nunmehrige, bereits gefestigte Rechtsprechung ist die frühere gegenteilige Rechtsprechung als überholt zu betrachten (so schon 8 Ob 647/90 = EFSlg 63.477 = RIS-Justiz RS0056900).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).