Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 29.05.2009, RV/0525-I/08

Bemessungsgrundlage bei einem Erbschaftskauf vor Abgabe der Erbserklärung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0525-I/08-RS1
Hat der Alleinerbe (= Bw) vor Abgabe der Erbantrittserklärung durch Erbschaftsverkauf über sein ihm angefallenes Erbrecht disponiert (und dadurch unmissverständlich sein Erbrecht in Anspruch genommen) , dann erfüllt seit dem VwGH- Erkennntis vom , 90/16/0167 (verstärkter Senat) der Erbschaftsverkäufer den Tatbestand des Erwerbs durch Erbanfall iSd § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG. Durch den Erbanfall , der mit Abschluss des Veräußerungsgeschäftes durch den Erben als vollzogen gilt, ist ihm das hinterlassene Nachlassvermögen als ihn bereichernder Vermögensanfall zugekommen. Die Erbschaftssteuer wurde daher zu Recht vom hinterlassenen Nachlassvermögen und nicht vom Kaufpreis lt. Erbschaftskauf vorgeschrieben.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Vereins K.L., Adresse, vertreten durch RA, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Laut Abhandlungsprotokoll hat der am mit Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung verstorbene H.P. den Verein K.L. zum Alleinerben eingesetzt und verschiedene Legate angeordnet. Auf Grund der gesetzlichen Erbfolge wären die erbliche Witwe S.P. zu einem Drittel, und die erblichen Kinder zu je 2/15 Anteilen als Erben zum gegenständlichen Nachlass berufen. Der Verein K.L. als eingesetzter Alleinerbe hat keine Erbantrittserklärung abgegeben.

Mit notariellem Erbschaftskaufvertrag vom verkaufte der Verein K.L. an die erbliche Witwe S.P. das ihm nach dem verstorbenen H.P. zustehende testamentarische Erbrecht um den Kaufpreis von 45.000 €.

Laut Einantwortungsbeschluss wurde die Verlassenschaft nach dem verstorbenen H.P. unter Hinweis auf den erfolgten Erbschaftskauf an die Erbin S.P., die eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben hat, eingeantwortet.

Mit Erbschaftssteuerbescheid vom wurde für den "Erwerb von Todes wegen nach P.H. gestorben am " gegenüber dem Verein K.L. (im Folgenden auch Bw genannt) gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG mit 3,5 % vom steuerlich maßgeblichen Wert der Grundstücke in Höhe von 132.847 € die Erbschaftssteuer mit 4.649,65 € festgesetzt. Da die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen iSd § 20 ErbStG einen steuerpflichtigen Erwerb von Null € ergab, wurde laut Bescheidbegründung gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG vom Wert der erworbenen Grundstücke bzw. Grundstücksanteile die Steuer als Mindeststeuer festgesetzt.

Die gegen diesen Erbschaftsteuerbescheid erhobene gegenständliche Berufung bestreitet die Rechtmäßigkeit der erfolgten Vorschreibung nicht dem Grunde, sondern ausschließlich der Höhe nach im Wesentlichen mit dem Argument, mit Erbschaftskaufvertrag vom habe der Verein K.L. das testamentarisch ihm zustehende Erbrecht zu einem Kaufpreis von 45.000 € an die Witwe S.P. verkauft. Ein Erbantritt des Vereins sei niemals erfolgt, dieser habe keine Erbantrittserklärung abgegeben und die Verlassenschaft samt Liegenschaften sei demzufolge auch S.P. eingeantwortet worden. Gegenüber dem Bw. wäre daher gemäß § 8 Abs. 3 lit. a ErbStG vom Kaufpreis von 45.000 € die Erbschaftssteuer mit 1.125 € vorzuschreiben gewesen.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde wie folgt begründet:

"Die Berufungswerberin hat nicht auf ihr Erbrecht verzichtet, sondern mit Erbschaftskaufvertrag das ihr zuzurechnende Erbvermögen gegen Bezahlung eines Kaufpreises verkauft. Dieser Erbschaftskauf entbindet die Berufungswerberin nicht von der entstandenen Erbschaftssteuerschuld. Die Erbschaftsteuerpflicht richtet sich nicht nach Art und Höhe der abgegebenen Erbserklärung, sondern nur danach, inwieweit der Erwerber vom Erblasser bereichert wurde oder nicht. Da die Berufungswerberin durch den Verkauf der Erbschaft über das ihr zugedachte Vermögen verfügt hat, hat sie auch die Erbschaftsteuer dafür zu entrichten. Nachdem steuerrechtlich der Nachlass negativ war blieb für die Erbschaftsteuerbemessung auf Grund Vorhandenseins von Liegenschaftsvermögen nur die Mindeststeuer nach § 8 (5) ErbStG übrig (= s.g. Erbschaftsteueräquivalent). Die steuerlichen Auswirkungen bei der Käuferin der Erbschaft (= Rechtsgeschäft unter Lebenden) stehen im gegenständlichen Berufungsverfahren nicht zur Diskussion. Das Berufungsverfahren war daher vollinhaltlich abzuweisen."

Der Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Entscheidung über dieses Rechtsmittel durch den Unabhängigen Finanzsenat.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG in der auf den Streitfall noch anzuwendenden Fassung vor dem BGBl. I Nr. 9/2007unterliegen der Steuer der Erwerb von Todes wegen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG unterstellt ua. ausdrücklich den "Erwerb durch Erbanfall" diesem der Erbschaftssteuer unterworfenen Begriff des "Erwerbes von Todes wegen".

§ 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG normiert, dass (wenn die in lit. a bis h aufgezählten Fällen nicht vorliegen) die Steuerschuld bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tod des Erblassers entsteht.

Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG gilt als Erwerb, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber.

Der zu den Rechtsgeschäften unter Lebenden zählende Erbschaftskauf ist die entgeltliche Veräußerung des Erbrechtes zwischen Erbanfall und Einantwortung (§ 1278 ABGB, , JBL 1999,108).

Im vorliegenden Berufungsfall besteht ausschließlich Streit darüber, ob die gegenüber dem Verein K.L. vorzuschreibende Erbschaftssteuer vom Nachlasswert (bzw. gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG vom steuerlich maßgeblichen Wert der Grundstücke) oder entsprechend dem Berufungsbegehren vom Kaufpreis lt. Erbschaftskaufvertrag anzufordern ist.

Bei dieser Entscheidung ist von folgendem unstrittigen Sachverhalt auszugehen: Der auf Grund einer testamentarischen Verfügung zum Alleinerben eingesetzte Verein K.L. hat vor Abgabe der Erbantrittserklärung das Erbrecht formgerecht durch notariellen Erbschaftskaufvertrag an S.P. (= Witwe) um den Kaufpreis von 45.000 € veräußert. Die Ehegattin wäre bei gesetzlicher Erbfolge neben den Kindern des Erblassers bloß zu einem Drittel als Erbin zum in Frage stehenden Nachlass berufen gewesen. Die Käuferin hat eine (bedingte) Erbantrittserklärung abgegeben und ihr wurde mit Beschluss die gesamte Verlassenschaft eingeantwortet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Tatbestand des Erwerbes durch Erbanfall mit der Annahme der Erbschaft, also der Abgabe der Erbserklärung (ab 2005 der Erbantrittserklärung) erfüllt. Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG entsteht die Erbschaftssteuerschuld zwar schon mit den mit dem Tod des Erblassers eintretenden Anfall an den Bedachten, aber nur sofern er vom Anfall durch Abgabe der Erbantrittserklärung Gebrauch macht. Um einen die Steuerpflicht auslösenden Erwerb von Todes wegen annehmen zu können, bedarf es neben dem gültigen Erbrechtstitel bloß der Erbantrittserklärung, mit deren Abgabe der Erwerb durch Erbanfall erbschaftsteuerrechtlich vollzogen ist. Dagegen kommt es auf die Einantwortung des Nachlasses durch das Gericht nicht an (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 12 zu § 2 ErbStG und die dort referierte hg. Rechtsprechung).

Der Erwerb, der zum Erbanfall iSd § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG hinzutreten muss, vollzieht sich dadurch, dass der Erbe zu erkennen gibt, gewillt und bereit zu sein, in die Rechte und Pflichten des Erblassers einzutreten. Wie diese Bereitschaft, die die Annahme rechtfertigt, den Erben erbschaftsrechtlich als Erwerber des gesamten Nachlasses anzusehen, auszudrücken ist, ist nirgends abschließend geregelt. Die Erbantrittserklärung kann deshalb nicht die einzige Möglichkeit sein, sich dem Erbanfall zuzuwenden, wenn der Erbe in der Lage ist, ein gleiches Ergebnis auch durch ein anderes Verhalten herbeizuführen. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Zl. 90/16/0167 (verstärkter Senat) ua. ausgesprochen, dass für den berufenen Erben allein durch den Erbanfall abgesehen von der Möglichkeit, die Erbschaft anzutreten, bereits das Recht entstanden ist, unter anderem eine Entscheidung dahin zu treffen, entweder der Erbschaft zu entsagen oder aber die angefallene Erbschaft (bzw. einen Teil davon) vor Abgabe der Erbantrittserklärung entgeltlich (= Erbschaftskauf) oder unentgeltlich (=Erbschaftsschenkung) einem Dritten zu übertragen. Darin erblickte der verstärkte Senat einen echten Vermögensvorteil, eine Bereicherung, die schon mit dem Erbanfall eingetreten ist.

Während der Erbe, der sich erbantrittserklärt, dadurch zu erkennen gibt, dass er die Erbschaft annimmt, gibt der Erbe, der die Erbschaft (vor der Erbantrittserklärung) veräußert, dadurch zu erkennen, dass er sich dem Erbrecht zuwendet und den Anfall dieses Erbrechtes jedem anderen verwehrt. In beiden Fällen macht der Erbe von dem ihm angefallenen Erbrecht in einer Weise Gebrauch, die die Inanspruchnahme des Erbrechts unmissverständlich zum Ausdruck bringt. Der Erbe erfüllt deshalb nicht nur durch die Erbantrittserklärung, sondern auch durch die Veräußerung des ihm angefallenen Erbrechts den Tatbestand des steuerpflichtigen Erwerbs durch Erbanfall iSd § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG. Bei Veräußerung des Erbrechts vor Abgabe der Erbantrittserklärung durch den Erben wird nämlich der steuerpflichtige Erwerb durch Erbanfall iSd § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG mit dem Abschluss des Veräußerungsgeschäftes durch den Erben vollzogen. Dabei ist es gleichgültig, ob die Veräußerung vor oder nach Abgabe der Erbantrittserklärung durch den Erben erfolgt, die erbschaftssteuerrechtliche Situation ist gleich. In beiden Fällen muss der steuerpflichtige Erwerb durch Erbanfall iSd § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG - gedanklich- vor der Übertragung des Erbrechts (§ 442 ABGB letzter Satz) vollzogen sein und in beiden Fällen erlangt durch die Einantwortung das Eigentum an den zum Nachlass gehörenden Gegenständen nicht der Erbe sondern der Erwerber. Wird aber die eingetretene Bereicherung des Erben bei der Veräußerung des Erbrechts nach der Erbantrittserklärung bejaht, dann besteht kein Grund, sie bei der Veräußerung des Erbrechts vor der Erbantrittserklärung zu verneinen (siehe diesbezüglich Dr. Friedrich Iro, Erbschaftssteuerrechtliche Beurteilung der Erbrechtsveräußerung vor Abgabe der Erbantrittserklärung in der ÖStZ 1994, Seite 131ff und ).

Auf Grund obiger Ausführungen ist bei der Entscheidung des vorliegenden Berufungsfalles davon auszugehen, dass seit dem VwGH- Erkenntnis vom , 90/16/0167 der Erbschaftsverkäufer nicht mehr den Tatbestand des § 2 Abs. 2 Z 4 ErbStG (Auffangtatbestand), sondern den Erwerb durch Erbanfall und damit den Grundtatbestand des § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG erfüllt (vgl. auch Dorazil- Taucher, ErbStG, Pkt. 2.68 zu § 2 ErbStG). Hat der Bw. vor Abgabe der Erbantrittserklärung durch Erbschaftsverkauf über sein ihm angefallenes Erbrecht disponiert (und dadurch unmissverständlich sein Erbrecht in Anspruch genommen), dann kann keine Zweifel darüber bestehen, dass dem Testamentserben (Bw) durch diesen Erbanfall das hinterlassene Nachlassvermögen als ihn bereichernder Vermögensvorteil zugekommen ist bzw. anders ausgedrückt, dass die Nachlassgegenstände als Erwerbsgegenstände iS § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG gelten (vgl. Taucher, Dispositionen über erbrechtliche Ansprüche in NZ 2001, Seite 120,129). Im Sinne des ErbStG unterliegt damit der Bw. als testamentarisch eingesetzter Alleinerbe mit seinem Erwerb durch Erbanfall (Grundtatbestand) der Erbschaftsteuer und dieser gesamte Vermögensanfall bildet gemäß § 20 ErbStG seine Bereicherung. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Bw. dieses ihm gegenüber angefallene Erbrecht mittels Erbschaftskauf (und damit durch ein gesondert abgeschlossenes Rechtsgeschäft unter Lebenden) an S.P. veräußert und von den beiden Vertragsparteien für den Erbschaftskauf ein Kaufpreis von 45.000 € vereinbart worden war. Das Finanzamt hat folglich zu Recht vom Nachlasswert bzw. gemäß der Bestimmung des § 8 Abs. 5 ErbStG als Mindestansatz von den steuerlich maßgeblichen (betragsmäßig unbestrittenen) Werten der Grundstücke in Höhe von 132.847,00 € unter Anwendung des Steuersatzes für "an andere Personen" die Erbschaftssteuer mit 3, 5 % berechnet und die Erbschaftssteuer mit 4.649,65 € festgesetzt. Dem Berufungsbegehren gerichtet auf Steuervorschreibung in Höhe von 1.125 € ausgehend vom vereinbarten Kaufpreis von 45.000 € und unter Anwendung des Steuersatzes von 2,5 % (§ 8 Abs. 3 lit. a ErbStG) war somit nicht zu entsprechen.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Innsbruck, am

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