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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 05.08.2005, RV/1057-W/05

Berücksichtigung eines Wohnrechts bei der Ermittlung des Grundstückswertes für Zwecke der GrESt

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1057-W/05-RS1
Bei der Aufteilung im Sinne der §§ 81 ff Ehegesetz, selbst wenn sie rechtsgeschäftlich erfolgt, ist eine Gegenleistung im Sinne des § 4 Abs. 1 GrEStG in der Regel nicht zu ermitteln ( Zl. 88/16/0107). Der verfahrensgegenständlichen Festsetzung der Grunderwerbsteuer lag ein Vergleich gem. § 81 Ehegesetz zu Grunde. Gegenstand dieser Vereinbarung war nicht bloß die Transferierung der streitgegenständlichen Liegenschaft an die Bw. sondern darüber hinaus auch die Bereinigung anderer Ansprüche, ohne dass eine gegenseitige Zuordnung der von den Vertragsparteien (den nunmehr geschiedenen Eheleuten) jeweils zu erbringenden Leistungen bzw. die von der Bw. konkret für den Erwerb der Liegenschaft aufzubringende Gegenleistung zu erkennen war. Daraus folgt, dass ein Ausnahmefall im Sinne der Erkenntnisses des Zl. 98/16/0241, nicht vorlag. In diesem Beschwerdefall war nämlich im Gegensatz zu der vorliegenden Vereinbarung dem Vergleich ein sachlicher Zusammenhang zwischen den von der Beschwerdeführerin übernommenen Liegenschaftsanteilen und der von ihr konkret zu erbringenden Gegenleistung zu entnehmen. Wenn aber der Wert der Gegenleistung nicht zu ermitteln ist, ist gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG die Steuer zwingend vom Wert des Grundstückes zu berechnen. Der Abzug von allfälligen Gegenleistungen vom Wert des Grundstückes ist nach der zitierten Norm nicht vorgesehen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Christiane Pirker, Rechtsanwalt, 1120 Wien, Hasenhutgasse 9 Haus 3, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , Steuernummer 062/9534, Erfassungsnummer 206.243/2005, betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Frau Bw. (Bw.) schloss am beim Bezirksgericht Kl. unter Zl. NNN mit ihrem ehemaligen Ehemann einen gerichtlichen Vergleich zur Aufteilung gemäß § 81 Ehegesetz folgenden Inhaltes:

"Das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse werden wie folgt aufgeteilt:

I)

Die bisherige Ehewohnung im Hause in M., verbleibt dem Antragsgegner S..

Die Antragstellerin MS. hat die obbezeichnete Ehewohnung bereits geräumt von eigenen Fahrnissen an den Antragsgegner S. übergeben.

II)

a) Die Antragstellerin MS., geb. TT.MM.JJ, überträgt die ihr gehörigen ideellen Liegenschaftsanteile Platz XXX, verbunden mit Sondereigentum an der Wohnung im Obergeschoß links, einem Kellerraum und der Garage Nr. 1 in SA., an den Antragsgegner S. und verpflichtet sich sämtliche für die Übertragung notwendigen Erklärungen binnen 14 Tagen nach Aufforderung abzugeben.

Alle im Zusammenhang mit diesem Grundvermögen stehenden Verbindlichkeiten übernimmt der Antragsgegner S. und verpflichtet sich diesbezüglich die Antragstellerin MS. in jeder Weise schad- und klaglos zu halten.

b) Der Antragsgegner S., geb. ttmmjj, überträgt die ihm gehörige Liegenschaft K. an der Adresse A., an die Antragstellerin MS., geb. TT.MM.JJ, und erteilt seine ausdrückliche und unwiderrufliche Einwilligung, dass ob der oben genannten Liegenschaft das Eigentumsrecht für MS., geb. TT.MM.JJ, einverleibt werden kann.

c) Die Antragstellerin MS. übernimmt die ob der EZ.Nr.NNN unter COZ 1a zu Gunsten des Bundeslandes NÖ per ATSxxx samt Anhang einverleibte Hypothek zur Alleinzahlung, Vertretung und Verzinsung und verpflichtet sich diesbezüglich den Antragsgegner S. in jeder Weise schad- und klaglos zu halten.

d) Der Antragsgegner S. verpflichtet sich, an die Antragstellerin MS. einen Abfindungsbetrag von € 12.000,00 bis spätestens zu bezahlen.

2. Die Ehegatten erklären, auf weitere Ansprüche gegeneinander hinsichtlich des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (§§ 81 ff Ehegesetz) sowie hinsichtlich Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Betrieb des anderen (§ 98 ff ABGB) zu verzichten.

Damit sind alle wechselseitigen Ansprüche bereinigt und verglichen.

Dieser Vergleich wird erst rechtswirksam sofern er nicht von der Antragstellerin bis spätestens (Postaufgabe) widerrufen wird."

Nach der Aktenlage ist dieser Vergleich rechtswirksam geworden.

Auf der Grundlage dieses Vergleichs setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien mit Bescheid vom , Steuernummer 062/9534, Erfassungsnummer 206.243/2005 gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) eine Grunderwerbsteuer in der Höhe von € 1.617,70 fest.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung vom rügte die Bw. vor allem, dass das Finanzamt entgegen ihrem Anbringen vom die Grunderwerbsteuer vom dreifachen Einheitswert der Liegenschaft vorgeschrieben habe, ohne ihr bereits seit Jahren bestehendes Wohnungsrecht als den Wert der Gegenleistung mindernd zu berücksichtigen.

Diese Berufung wies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern mit Bescheid vom als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom beantragte die Bw. die Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde 2. Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Nach Abs. 2 Z. 1 der zitierten Gesetzesstelle ist die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen, soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist.

Die Bw. begehrt die Berechnung der Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG vom tatsächlichen Wert der Gegenleistung, welche sich ihrer Ansicht nach aus dem dreifachen Einheitswert der Liegenschaft in der Höhe von € 80.884,86 (3 mal € 26.961,62) abzüglich des kapitalisierten Wohnungsrechtes (ausgehend von einer fiktiven Monatsmiete in der Höhe von € 450,00) errechnet und demnach € 4.637,15 beträgt.

Bei der Aufteilung im Sinne der §§ 81 ff Ehegesetz, selbst wenn sie rechtsgeschäftlich erfolgt, ist eine Gegenleistung in der Regel nicht zu ermitteln ( Zl. 88/16/0107).

Diese wegen des üblichen Globalcharakters derartiger Vereinbarungen getroffene Grundsatzaussage schließt zwar nicht aus, dass im konkreten Einzelfall auch betreffend die in einem so genannten Scheidungsvergleich vorgenommenen grunderwerbsteuerpflichtigen Transaktionen Gegenleistungen zu ermitteln sind. Das ist z.B. dann der Fall, wenn auf Grund des Wortlautes der betreffenden Vereinbarung insbesondere bei Anwendung der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise davon auszugehen ist, dass sie ausschließlich der Transferierung eines konkreten Gegenstandes auf eine der Vertragsparteien dient ( Zl. 92/16/0149).

Im vorliegenden Fall trifft diese Voraussetzung nach Ansicht des Senates nicht zu und es ist daher entsprechend dem erstgenannten Erkenntnis davon auszugehen, dass sich der Wert der Gegenleistung aus dem erwähnten Vergleich nicht erschließen lässt zumal sich aus dem Wortlaut der getroffenen Vereinbarung nicht ergibt, dass eine bestimmte Leistung als Gegenleistung für die Übertragung der Liegenschaft gedacht ist (). Wie sich aus Punkt I und Punkt II Buchstabe a, c und d und 2. des Vergleiches ergibt, war Gegenstand dieser Vereinbarung zweifellos nicht bloß die Transferierung der in Punkt II Buchstabe b angeführten streitgegenständlichen Liegenschaft an die Bw. sondern darüber hinaus auch die Bereinigung anderer Ansprüche, ohne dass eine gegenseitige Zuordnung der von den Vertragsparteien jeweils zu erbringenden Leistungen bzw. die von der Bw. konkret für den Erwerb der Liegenschaft aufzubringende Gegenleistung zu erkennen war.

Alleine aus dieser für das Schicksal der vorliegenden Entscheidung wesentlichen Feststellung ergibt sich, dass mangels einer zu ermittelnden Gegenleistung die Steuer gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG vom Wert des Grundstückes zu berechnen war.

Mit ihrem Vorbringen, im vorliegenden Fall sei im Sinne des Erkenntnisses des Zl. 98/16/0241, doch von einer ermittelbaren Gegenleistung auszugehen übersieht die Bw. dass in dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Beschwerdefall dem Vergleich ein sachlicher Zusammenhang zwischen den von der Beschwerdeführerin übernommenen Liegenschaftsanteilen und der von ihr konkret zu erbringenden Gegenleistung zu entnehmen war, was jedoch im hier streitgegenständlichen Verfahren wie oben ausgeführt nicht zutrifft. Die Bw. räumt darüber hinaus selbst ein, dass die Übertragung der Liegenschaft auf sie u.a. dazu diente, ihre bestehenden Unterhaltsansprüche gegenüber dem geschiedenen Ehemann zu vergleichen und abzugelten. Daraus lässt sich schließen, dass dem Vergleich der oben beschriebene Globalcharakter innewohnt. Der in dem o.a. Erkenntnis vom aufgestellte Grundsatz, dass bei der Aufteilung im Sinne der §§ 81 ff Ehegesetz eine Gegenleistung in der Regel nicht zu ermitteln ist, ist daher auch aus diesen Gründen auf den Anlassfall anzuwenden.

Es fällt auch auf, dass nicht einmal die Bw. zu behaupten vermag, eine Gegenleistung in der von ihr angeführten Höhe von € 4.637,15 tatsächlich erbracht zu haben. Aus ihrem Vorbringen ist vielmehr zu erkennen, dass es sich bei diesem Betrag lediglich um eine Größe handelt, die auf eine bloße rechnerische Ermittlung basiert, die sich sogar auf die Einbeziehung von fiktiven Werten stützt. Der unabhängige Finanzsenat erblickt in diesem Umstand ein weiteres Indiz dafür, dass im vorliegenden Fall die tatsächliche Gegenleistung nicht zu ermitteln ist.

Wenn aber der Wert der Gegenleistung nicht zu ermitteln ist, ist gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG die Steuer zwingend vom Wert des Grundstückes zu berechnen. Der Begriff "Wert des Grundstückes" ist einheitlich auszulegen und nach der allgemeinen Regelung des § 6 Abs. 1 GrEStG jeweils mit dem Dreifachen des Einheitswertes festzusetzen (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrssteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, § 4 Tz. 10). Der Abzug von allfälligen Gegenleistungen vom Wert des Grundstückes ist nach der zitierten Norm nicht vorgesehen.

Der Höhe allfälliger Unterhaltszahlungen kommt keinerlei Relevanz bei der Abgabenberechnung gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG zu. Mit der auf die Geltendmachung eines Verfahrensmangels abzielenden Rüge, die Abgabenbehörde erster Instanz hätte sie zum Zwecke der Ermittlung der Gegenleistung zur Darlegung der Höhe der unterhaltsrechtlichen Ansprüche auffordern müssen, kann die Bw. daher nicht durchdringen.

Zu der von der Bw. begehrten Abgabenberechnung nach § 4 Abs. 1 GrEStG, die aus den oben genannten Gründen nicht zur Anwendung kommen konnte, wird zur Klarstellung erläutert:

Selbst wenn die Abgabenbehörde erster Instanz in der Lage gewesen wäre, den Wert der Gegenleistung zu bestimmen, wäre eine Minderung der Bemessungsgrundlage mit der Begründung, die Bw. habe mit ihrer Zustimmung zur Übertragung des Eigentumsrechts der gegenständlichen Liegenschaft auf das bereits zu ihren Gunsten bestehende Wohnrecht verzichtet, nicht in Betracht gekommen. Die Bw. übersieht mit dieser Argumentation nämlich, dass gemäß § 5 Abs. 2 Z. 2 GrEStG Belastungen die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen, ausgenommen dauernde Lasten zur Gegenleistung gehören.

Auch der höchstgerichtlichen Rechtssprechung ist zu entnehmen, dass der Wert eines dinglichen Wohnungsrechtes bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei der Berechnung gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. keinen Abzugs- sondern einen Hinzurechnungsposten darstellt. So hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Zl. 93/16/0111, unter Hinweis auf diese Gesetzesstelle festgestellt, dass zur Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinn auch diejenigen Lasten gehören, die abzulösen wären, wenn das Grundstück sofort lastenfrei übergehen würde. Nichts anderes gelte demnach, wenn der bisherige Fruchtgenussberechtigte eine Liegenschaft erwerbe. Auch der Fruchtgenuss stelle eine Last dar, die abzulösen wäre, wenn das Grundstück sofort lastenfrei auf den Erwerber übergehen würde (vgl. auch das Urteil des deutschen BFH vom , II R 187/72, BStBl II 579, zu einem Wohnungsrecht.

Nicht zuletzt angesichts dieser Rechtssprechung vermag sich der unabhängige Finanzsenat den von der Bw. geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Nichtanerkennung des von ihr geltend gemachten kapitalisierten Wohnungsrechtes im Rahmen der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen nicht anzuschließen. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des ua SlgNR 11190 und des Zl. 93/16/0139, unterliegt das GrEStG in seiner gegenwärtigen Fassung aus verfassungsrechtlicher Sicht keinen Bedenken (siehe Dorazil/Takacs, Grunderwerbsteuergesetz (2004) Pkt. 2.3 zu § 1 GrEStG).

Der unabhängige Finanzsenat geht daher zusammenfassend davon aus, dass im vorliegenden Fall die Abgabenbehörde erster Instanz in Ermangelung einer zu ermittelnden Gegenleistung im Rahmen der Ermittlung der Höhe der Bemessungsgrundlage zu Recht gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG vom Wert des Grundstückes ohne Berücksichtigung des von der Bw. geltend gemachten kapitalisierten Wohnungsrechtes ausgegangen ist.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Grunderwerbsteuer
Bemessungsgrundlage
Wert der Gegenleistung
Wert des Grundstückes
Belastungen
Aufteilung
Ehegesetz
Verweise
BFH , II R 187/72







Dorazil/Takacs, Grunderwerbsteuergesetz, § 1 GrEStG Pkt. 2.3
Fellner, Gebühren und Verkehrssteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, § 4 GrEStG Tz 10

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAD-00898