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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 16.04.2010, RV/3246-W/07

Anspruch auf Familienbeihilfe einer ausländischen Studentin für ihr Kind

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Wien, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 6/7/15, vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für A., geb. x für - entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid betreffend den Zeitraum bis wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) Bw. , Staatsbürgerschaft Bosnien und Herzegowina, stellte am einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihre Tochter A., geb. x. Sie brachte ua. eine Bestätigung, dass ihre Tochter seit regelmäßig den Kindergarten in G., besuche.

Vorgelegt wurden die Geburtsurkunde ihrer Tochter, geb. x, eine Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister, ein Aufenthaltsbewilligung Familiengemeinschaft seit ihrer Tochter, eine Aufenthaltsbewilligung des Gatten als Studierender seit , und die Aufenthaltsbewilligung der Bw. als Studierende seit , Bestätigungen der Techn. Universität Wien für den Gatten und die Bw. als ordentliche Studierende im Wintersemester 2006/2007 der Studienrichtung Bauingenieurwesens. Weiters legte die Bw. einen Versicherungsdatenauszug vor, der von laufend eine selbständige Krankenvers. § 16 ASVG und eine geringfügige Beschäftigung der Bw. von bis auswies.

Am erließ das Finanzamt einen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für das Kind A. für die Zeit vom bis und vom bis über einen Rückforderungsbetrag in Höhe von € 2.104,90. Das Finanzamt führte aus, dass die Bw. verpflichtet sei, gemäß § 26 Abs.1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs.4 Z 3 lit.a bzw. lit.c Einkommensteuergesetz den oa. Betrag zurückzuzahlen.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Bw. vom bis bei keinem Dienstgeber beschäftigt gewesen sei und für das Jahr 2006 einen Aufenthaltstitel für Ausbildungszwecke erhalten habe. Gemäß § 3 Abs.1 und 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 sei für den oben genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe gegeben.

Gegen den Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vom brachte die Bw. Berufung ein.

Begründend wurde Folgendes ausgeführt: "Sie teilten mir mit Ihrer "Mitteilung über den Wegfall des Anspruches auf Familienbeihilfe" vom mit, dass ich ab keinen Anspruch auf Familienbeihilfe für meine Tochter A. , geb. x, mehr habe und daher die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt wurde. Daraufhin habe ich am bei Ihnen angerufen um einen Grund für den Wegfall der Familienbeihilfe zu erfahren. Es wurde mir gesagt, dass ich die Aufenthaltstiteln von meinem Mann, von meiner Tochter und mir, Heiratsurkunde und Kindergartenbestätigung meiner Tochter vorzulegen habe, damit ich die FB. weiter beziehen könne. Die angeforderten Unterlagen habe ich dann im November 2006 vorgelegt. Daher kann ich es nicht nachvollziehen, warum ich die für die Zeit vom bis bzw. vom bis bezogene Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zurückzahlen muss, wenn sie mir mit Ihrer Mitteilung vom mitteilen, dass ich ab keinen Anspruch auf Familienbeihilfe mehr habe. Das würde unter Umständen bedeuten, dass Sie nur den Betrag rückfordern können, den sie mir ab ausbezahlt haben.

In zwei weiteren schriftlichen Mitteilungen vom bzw. teilten sie mir mit (siehe Beilagen), dass nach Überprüfung meines Anspruches auf Familienbeihilfe mir ab März 2004 bis Nov. 2004 bzw. Februar bis Oktober 2006 Familienbeihilfe gewährt wird. Diese von Ihnen ausgestellten schriftlichen Mitteilungen gelten als Nachweis über den Bezug der Familienbeihilfe bei anderen Behörden, wie Sie auch in diesen Mitteilungen festhalten, daher sind sie meiner Meinung nach rechtswirksam bzw. verbindlich. Außerdem haben sich in meinem Fall keine Tatsachen oder Änderungen des Sachverhalts ergeben, die ich verabsäumt hätte dem Finanzamt mitzuteilen.

Mit ist unverständlich, warum wir schriftliche Mitteilungen Ihrerseits erhalten, dass wir einen Anspruch auf Familienbeihilfe haben für die genannten Zeiträume und dann im Nachhinein diese Auszahlungen von Ihnen rückgefordert werden."

Laut einer sich im Akt befindenden Mitteilung des Finanzamtes 6/7/15 vom wurde festgestellt, dass die Bw. ab keinen Anspruch auf Familienbeihilfe habe und die Auszahlung der Familienbeihilfe daher eingestellt werde.

Laut Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe des Finanzamtes 6/7/15 vom wurde der Bw. nach Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für März 2004 bis Juli 2004 gewährt. Es wurde festgestellt, dass für weitere Zeiträume kein Anspruch mehr bestehe. Die Auszahlung der Familienbeihilfe werde mit Aug. 2004 eingestellt.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung. Begründend wurde ausgeführt: "Gemäß § 3 Abs.1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der bis gültigen Fassung haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger/Innen sind, Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einer Dienstgeberin oder einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen. Kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer/Innen verstößt. Gemäß Abs.3 gilt Abs.1 nicht für Personen , die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde. Gemäß § 3 genügt es auch, wenn der andere - im gemeinsamen Haushalt lebende Elternteil - die Voraussetzungen gemäß Abs.1 oder 2 erfüllt. Sie waren in der Zeit ab bei keinem Dienstgeber beschäftigt. Gemäß § 3 Abs.1 und Abs.2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in der gültigen Fassung ab haben Personen und deren Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr.: 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Gemäß § 2 Abs.8 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Für Drittstaatsbürger in Österreich mit einer Aufenthaltsbewilligung für Ausbildungszwecken gemäß § 8 NAG besteht kein österreichischer Familienbeihilfenanspruch, da sich diese Personen nur für Ausbildungszwecke vorübergehend in Österreich aufhalten."

Gegen die Berufungsvorentscheidung brachte die Bw. gegen die Rückforderung der Familienbeihilfe für die Zeit vom bis über den Betrag von € 1.472,40 Berufung ein.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Bw. nicht verstehe, dass sie die Familienbeihilfe für diesen Zeitraum nicht bekomme. Sie habe den Antrag im März 2006 gestellt und ihr Visum (Aufenthaltsbewilligung) sei das Gleiche wie heute gewesen. Es sei die Schuld der Mitarbeiter gewesen, dass sie die Familienbeihilfe ausbezahlt bekommen habe, die nun zurückgefordert werde, da sich das Recht geändert habe.

Der UFS ersuchte die Bw. bekanntzugeben seit wann sie und ihre Familie in Österreich leben, seit wann sie und ihre Gatte in Österreich studiere, ob ihre Tochter sich ständig in Österreich aufhalte und ob sie einen Freundeskreis in Österreich hätten.

In der Beantwortung des Vorhaltes führte die Bw. aus, dass sie seit März 2001 in Österreich mit ihrem Gatten lebe. Die Kosten der Wohnung bezahlen ihr Gatte und sie. Weiters führte sie aus, dass sie und ihre Gatte seit 2001 in Österreich studierten und seit dem WS 2001/2002 als ordentlicher Hörer angemeldet seien. Sie hätten ihren Freundeskreis in Österreich. Wenn sie und ihr Gatte einen Job in Österreich bekommen, werden sie in Österreich bleiben. Ihre Tochter ist hier geboren und voll integriert.

Der UFS hat die Entscheidung bis zur Beendigung des Verfahrens des beim Verwaltungsgerichthof zur GZ 2007/13/0129 schwebenden Verfahrens ausgesetzt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Bw., mit der Staatsbürgschaft Bosnien und Herzegowina, stellte im November 2006 den Antrag auf Familienbeihilfe für ihre Tochter, ebenfalls Staatsbürgerschaft Bosnien und Herzegowina. Die Bw. und ihr Gatten halten sich seit März 2001 in Österreich auf. Sie und Ihr Gatte sind in Wien seit dem WS 2001/2002 als ordentliche Studenten angemeldet (Aufenthaltserlaubnis Ausbildung § 7 Abs. 4 Z.1 FRG). Die Tochter hält sich seit der Geburt am x dauernd in Österreich auf (Aufenthaltsbewilligung Familiengemeinschaft) auf.

Die Bw., ihr Gatte und ihre Tochter haben einen gemeinsamen Wohnsitz in Österreich.

Strittig ist, ob der Bw., die sich als Studentin seit 2001 in Österreich aufhält, die Familienbeihilfe für ihre Tochter zusteht.

Die Rechtsgrundlagen stellen sich wie folgt dar:

Gemäß § 2 Abs.1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) haben Personen unter in dieser Bestimmung näher ausgeführten Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder.

§ 2 Abs.8 FLAG lautet: Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Weiters sind die einschränkenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 (kurz FLAG) in der nach dem Fremdenrechtspaket 2005 (BGBl. I Nr. 100/2005) gültigen Fassung zu beachten, die lauten:

§ 3 Abs. 1 FLAG: Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

§ 3 Abs. 2 FLAG: Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Die erläuternden Bemerkungen (EB) zur Regierungsvorlage GP XXII RV 952 bestimmen, dass geregelt werden soll, dass Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, einschließlich Staatenloser, dann Anspruch auf die Familienbeihilfe haben, wenn sie zur Niederlassung in Österreich berechtigt sind (§§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes). Das gilt auch für deren nicht österreichische Kinder (§§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes).

Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe für haushaltszugehörige, minderjährige und volljährige in Berufsausbildung befindliche Kinder (§ 2 Abs. 1 FLAG), wenn sie selbst auch den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben (§ 2 Abs. 8 letzter Satz FLAG 1967)

In dem Erkenntnis vom , Zl. 2007/13/0129 hat der VwGH Folgendes ausgeführt: Zu dem Aufenthalt zu Studienzwecken, der von Anfang an als begrenzt zu betrachten sei, hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass der Umstand einer bloß befristeten Aufenthaltsberechtigung unerheblich ist (vgl. etwa , und 2009/16/0239, sowie und 2009/16/0258). Bei der Antwort auf die im vorliegenden Beschwerdefall allein interessierende Frage nach dem Mittelpunkt der Lebensinteressen iSd § 2 Abs.8 FLAG kommt es nicht darauf an, ob der Aufenthalt im Bundesgebiet ein ständiger Aufenthalt ist. Der Umstand, dass ein Aufenthalt zu Studienzwecken begrenzt ist, steht der Beurteilung, der Mittelpunkt der Lebensinteressen liege am Ort des Studiums, entgegen der Ansicht des beschwerdeführenden Finanzamtes nicht entgegen ( ) ().

Es könne aus der Tatsache, dass ein Aufenthalt zu Ausbildungszwecken erfolgt, nicht abgeleitet werden, dass keine Anbindung an Österreich bestehe und den Bezug von Familienbeihilfe ausgeschlossen wird. Die Frage des notwendigen Inlandsbezuges ist richtigerweise anhand der Prüfung des Mittelpunktes der Lebensinteressen des Anspruchsberechtigten sowie des ständigen Aufenthalts des Kindes zu beurteilen.

Eine Person hat den Mittelpunkt der Lebensinteressen in dem Staat, zu welchem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Unter persönlichen sind dabei all jene Beziehungen zu verstehen, die jemand aus in seiner Person liegenden Gründen, auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden, während den wirtschaftlichen Beziehungen nur eine weitergehenden Zwecken dienende Funktion zukommt (vgl. ).

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die stärkste persönliche Beziehung eines Menschen im Regelfall zu dem Ort besteht, an dem er regelmäßig mit seiner Familie lebt, dass also der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer verheirateten Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein wird. Diese Annahme setzt im Regelfall voraus, dass ein gemeinsamer Haushalt geführt wird und keine Umstände vorliegen, die ausschlaggebende und stärkere Bindungen zu einem anderen Ort bewirken ( u.a.).

Sowohl die Bw., ihr Gatte wie auch die Tochter halten sich nach § 8 NAG rechtmäßig in Österreich auf.

Nach Ansicht des UFS liegt den vorstehenden Ausführungen - die Dauer des Aufenthaltes in Österreich, die Integration der Tochter in Österreich und die persönliche Beziehung zu Österreich - folgend der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bw., des Gatten und der Tochter in Österreich, wo Sie in einem gemeinsamen Haushalt leben.

Die Rückforderung der Familienbeilhilfe und des Kinderabsetzbetrages für den Zeitraum bis erfolgte zu Unrecht.

Daher war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am

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