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OGH 31.03.2016, 1Ob36/16z

OGH 31.03.2016, 1Ob36/16z

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Limited, *****, vertreten durch die Mag. Brunner, Mag. Stummvoll, Rechtsanwälte OG, Graz, gegen die beklagte Partei Dr. F***** H*****, vertreten durch die Hofstätter & Kohlfürst Rechtsanwälte OG, Graz, wegen Feststellung (15.000 EUR), über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 161/15f-31, womit das Urteil des Bezirksgerichts Graz-Ost vom , GZ 203 C 35/14t-27, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt - zusammengefasst - die Feststellung, dass sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Eigentümerin einer Motoryacht gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens durch das Erstgericht und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die gegen dieses Urteil erhobene „außerordentliche“ Revision der Klägerin legte das

Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar zur Entscheidung vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der geltenden Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO - wie hier - für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei gemäß § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim

Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.

2. Nach der unanfechtbaren und bindenden Bewertung durch das Berufungsgericht nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO - eine offenbare Unterbewertung durch das Berufungsgericht (RIS-Justiz RS0109332) macht die Klägerin gar nicht geltend - liegt der Wert des Entscheidungsgegenstands im dargestellten Zwischenbereich.

3. Im Wertbereich des § 502 Abs 3 ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 507b Abs 2 ZPO); dieser darf über das Rechtsmittel nämlich nur und erst entscheiden, falls das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausspricht, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS-Justiz RS0109623; RS0109501 [T4]).

4. Das Rechtsmittel wäre demnach - auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird - dem Berufungsgericht vorzulegen gewesen. Das wird das Erstgericht nunmehr nachzuholen haben. Ob die im Schriftsatz enthaltenen Ausführungen, wonach die Revision zulässig sei, den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entsprechen, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109623 [T5], RS0109501 [T12]).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Limited, *****, Malta, vertreten durch die Mag. Brunner, Mag. Stummvoll, Rechtsanwälte OG, Graz, gegen die beklagte Partei Dr. F***** H*****, vertreten durch die Hofstätter & Kohlfürst Rechtsanwälte OG, Graz, wegen Feststellung (15.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 161/15f-31, womit das Urteil des Bezirksgerichts Graz-Ost vom , GZ 203 C 35/14t-27, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.096,56 EUR (darin enthalten 182,76 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Nachdem die streitgegenständliche Yacht in einem vor dem Erstgericht zu AZ 234 Nc 18/10s geführten Erlagsverfahren rechtskräftig für verfallen erklärt worden war, schränkte die Klägerin das zunächst auf (unbedingte) Feststellung ihres Eigentums gerichtete Begehren auf die Feststellung ein, dass sie bis zum Eigentümerin der Motoryacht gewesen sei. Zur Begründung des rechtlichen Interesses für ihr eingeschränktes Begehren brachte sie vor, dass ihr in der Zeit bis noch abgesondert geltend zu machende Rechte gegenüber Dritten erwachsen seien.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens durch das Erstgericht. In rechtlicher Hinsicht gingen beide Vorinstanzen davon aus, dass die Klägerin ihr rechtliches Interesse an der gegenüber dem Beklagten begehrten Feststellung ihres Eigentumsrechts bis zum nicht ausreichend dargelegt habe.

Die Revision erklärte das Berufungsgericht über Antrag gemäß § 508 ZPO – zusammengefasst – für zulässig, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass es bei der Beurteilung des rechtlichen Interesses an der begehrten Feststellung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten beantwortete Revision der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung der Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

1. Das Bestehen eines rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung im Sinn des § 228 ZPO muss noch im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz gegeben sein (RIS-Justiz RS0039085; RS0039178; RS0039204). Ihr Vorliegen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, denen regelmäßig keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (6 Ob 113/06w uva, RIS-Justiz RS0039177 [T1]; RS0037977 [T2]).

2. Die Feststellung des Eigentumsrechts ist zulässig, wenn sich der Beklagte eindeutig und ernstlich des Eigentums an der streitgegenständlichen Sache berühmt (RIS-Justiz RS0010338 [T10]). Hier hat die behauptungs- und beweisbelastete Klägerin (dazu RIS-Justiz RS0037977 [T1]) ihr Interesse an der Feststellung, sie sei bis Eigentümerin der Motoryacht gewesen, nicht mit einer Berühmung des Beklagten, sondern mit ihr gegenüber Dritten zustehenden Rechten begründet.

3. Das Urteil über eine Feststellungsklage entfaltet grundsätzlich nur zwischen den Parteien des Rechtsstreits bzw ihren Rechtsnachfolgern Bindungswirkung, sodass die Frage des Bestands oder Nichtbestands eines Rechts oder Rechtsverhältnisses nur in einem Rechtsstreit zwischen denselben Parteien nicht neuerlich aufgerollt werden kann (Fasching in Fasching/Konecny, ZPO III² § 228 Rz 142; Rechberger/Klicka in Rechberger, ZPO4 § 228 Rz 15). Unsicherheit für von der Klägerin aus ihrem Eigentum gegenüber Dritten bis zum abgeleitete Leistungsansprüche werden mit der Rechtskraftwirkung eines Feststellungsurteils gegenüber dem Beklagten nicht beseitigt (vgl RIS-Justiz RS0039068 [T2]; Rechberger/Klicka in Rechberger³ § 228 Rz 11). Es begründet daher auch keine aufzugreifende Fehlbeurteilung im Einzelfall und damit keine erhebliche Rechtsfrage, wenn das Berufungsgericht ausgehend vom Vorbringen der Klägerin in erster Instanz schon das Vorliegen ausreichender Behauptungen zum rechtlichen Interesse verneinte.

4. Die mangelnde Parteifähigkeit ist nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung eine von Amts wegen zu prüfende (allgemeine) Prozessvoraussetzung, deren Fehlen nur zur Ablehnung der Sachentscheidung durch Zurückweisung der Klage führen kann (RIS-Justiz RS0110705; RS0039711; Nunner-Krautgasser in Fasching/Konecny³ II/1 Vor § 1 ZPO Rz 98; Fucik in Rechberger, ZPO4 Vor § 1 ZPO Rz 6). Der Oberste Gerichtshof hat aber bereits ausgesprochen, dass dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis für ein Rechtsmittelbegehren fehlt, seine Klage möge mangels Parteifähigkeit des Beklagten zurückgewiesen und das Verfahren für nichtig erklärt werden (1 Ob 545/81 = RIS-Justiz RS0035037). Entgegen den Ausführungen der Klägerin in ihrer Revision begründet es daher auch keine erhebliche Rechtsfrage, wenn sich das Berufungsgericht mit den von ihr in der Berufung zu ihrer Parteifähigkeit vorgebrachten Argumenten nicht ausdrücklich auseinandersetzte, sondern das Klagebegehren einer inhaltlichen Beurteilung unterzog. Damit stellte das Berufungsgericht gerade keine Nichtigkeit wegen des Fehlens dieser Prozessvoraussetzung fest, sondern ging ohnedies implizit von der Parteifähigkeit der Klägerin aus. Nichts anderes strebt die Revisionswerberin mit ihren inhaltlichen Ausführungen zum behaupteten Nichtigkeitsgrund an.

5. Mangels einer zu klärenden erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die mangelnde Zulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihm die Klägerin die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen hat. Zu berücksichtigen war, dass für diesen Schriftsatz gemäß § 23 RATG nur der einfache Einheitssatz gebührt.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Zivilverfahrensrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00036.16Z.0331.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAD-00789