Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 26.07.2007, RV/0785-L/07

Rechtzeitigkeit der Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie (Zeitpunkt der Vorlage des Verzeichnisses); Verzeichnisvorlage mit Einreichung einer weiteren (berichtigten) Steuererklärung; Frist für Antragstellung bei abweichendem Wirtschaftsjahr

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der P. GesmbH, A., vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2002 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben, die Investitionszuwachsprämie für 2002 wird mit 8.499,80 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Die berufungswerbende GesmbH (im Folgenden kurz: Bw.) betreibt die Metallwarenerzeugung und den Handel von Metallwaren in A.B.. Sie übermittelte dem Finanzamt die Körperschaftsteuererklärung für 2002 (auf Grundlage des Wirtschaftjahres 2001/2002 vom bis ) am (Einlangen beim zuständigen Finanzamt Linz). Der (erklärungsgemäße) Körperschaftsteuerbescheid für 2002 erging am . Gleichzeitig mit der Abgabe einer "berichtigten Körperschaftsteuererklärung" (im Folgenden kurz: KöSt.-Erklärung) für 2002 am reichte die Bw. ein Formular zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie für 2002 (E 108e) beim Finanzamt ein. Das Finanzamt erließ daraufhin einen gemäß § 293b BAO berichtigten Körperschaftsteuerbescheid für 2002 (Bescheid vom ) sowie einen Bescheid betreffend die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie (im Folgenden kurz: IZP) für 2002 mit Null (Bescheid vom ). Den Bescheid hinsichtlich der IZP für 2002 begründete das Finanzamt im Wesentlichen wie folgt: Die IZP müsse in einem der Steuererklärung für das betreffende Jahr angeschlossenen Verzeichnis geltend gemacht werden, nach erfolgter Abgabe der (ersten) Steuererklärung sei eine nachtägliche Geltendmachung ausgeschlossen. Die Frist werde so ausgelegt, dass eine Geltendmachung bis zum Ergehen des betreffenden Jahressteuerbescheides ausreichend sei. Da die Steuererklärung bereits am eingereicht und die Veranlagung am durchgeführt worden sei, wäre die Einreichung des Formulars E 108e am verspätet, die IZP sei daher mit Null festzusetzen gewesen.

Gegen den angeführten Bescheid über die Festsetzung der IZP für 2002 erhob die steuerpflichtige Gesellschaft Berufung und begründete diese im Wesentlichen wie folgt (Berufungsschrift vom ): Im § 108e Abs 4 EStG sei nirgends die Rede davon, dass der ersten Steuererklärung ein Verzeichnis betreffend die IZP beizulegen sei, dass es also eine Frist für die Verzeichnisvorlage gäbe. Die Einreichung des Verzeichnisses sei vor der Abgabe der berichtigten Körperschaftsteuererklärung (im Folgenden kurz: KöSt.-Erklärung) 2002 mit und somit rechtzeitig erfolgt, die Auslegung der Finanzverwaltung in RZ 8229 der EStR sei daher unzutreffend. Darüber hinaus wären schon auf Grund der ursprünglichen KöSt.-Erklärung im Zusammenhang mit den Vorjahreserklärungen und deren Beilagen die Umstände offen gelegt worden, die für die Berechnung der IZP notwendig wären; die Voraussetzungen des § 108e EStG seien somit erfüllt worden. Auch ein Vergleich der Regelung des § 108d Abs 3 EStG mit der Regelung des § 108e Abs 4 EStG zeige, dass die Bestimmung über die Verzeichnisvorlage zur Geltendmachung der IZP im Gegensatz zur Regelung der Verpflichtung zur Vorlage von Verzeichnissen zur Geltendmachung von katastrophenbedingten Ersatzbeschaffungen keine Befristung enthalte. Aus der Bestimmung, dass das IZP-Verzeichnis als Abgabenerklärung gelte könne abgeleitet werden, dass für die IZP - entgegen der Verwaltungspraxis - ein eigenes Veranlagungsverfahren durchzuführen sei, das vom Veranlagungsverfahren für die Körperschaftsteuer (KöSt) abgekoppelt sei. In § 108e EStG sei keine Rechtfolge für die Nichtabgabe des IZP-Verzeichnisses gleichzeitig mit der KöSt.-Jahreserklärung vorgesehen. Sanktionen für die Verletzung von Erklärungsfristen sehe nur der § 135 BAO vor, ein Verspätungszuschlag sei jedoch bei einer Gutschrift der IZP ausgeschlossen. Das Veranlagungsverfahren für die IZP sei innerhalb des Zeitraumes der Bemessungsverjährung durchzuführen, da das IZP-Verzeichnis als Abgabenerklärung gelte. Die vom Finanzamt angenommene Rechtsfolge, dass bei Einreichung des IZP-Verzeichnisses nach Ergehen des betreffenden Jahresbescheides eine IZP nicht zu gewähren sei, sei weder aus dem EStG, noch aus der BAO herauszulesen. Diese Rechtsauslegung bewirke einen, zum Ausmaß des Verschuldens iZm mit der Verspätung, unverhältnismäßigen Nachteil und verstoße somit gegen das dem Gleichheitssatz innewohnende Verhältnismäßigkeitsgebot. Dies werde auch durch die Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum Steuerreformgesetz 2005 untermauert wo ausgeführt werde, dass die derzeitige Verwaltungspraxis (Erfordernis der Einreichung des IZP-Verzeichnisses bis zur Zustellung des jeweiligen Jahresbescheides) unbefriedigend sei.

In weiterer Folge legte das Finanzamt die Berufung (ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung) der Abgabenbehörde zweiter Instanz vor (Einlangen beim Unabhängigen Finanzsenat am ).

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist die Rechtzeitigkeit der Geltendmachung der IZP für das Jahr 2002. Die Bestimmung des § 108e Abs. 4 EStG 1988 in der im Berufungsfall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 155/2002, lautet: "Der Steuererklärung ist ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres anzuschließen (§§ 42, 43). Das Verzeichnis hat die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie zu enthalten. Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung."

Der unabhängige Finanzsenat hat in Übereinstimmung mit dem überwiegenden Teil des Schrifttums (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 108e Tz 7; Doralt, EStG7, § 108e Tz 15; Thunshirn/Untiedt, SWK 3/2004, S 069 und SWK 6/2004, S 63; Unger, SWK, 25/2004, S 75) wiederholt die Auffassung vertreten, dass nach der oben wiedergegebenen, für die Jahre 2002 und 2003 anzuwendenden Regelung (die Neuregelung des § 108e EStG 1988 durch das Steuerreformgesetz 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, derzufolge die Geltendmachung der Prämien bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft des jeweiligen Jahresbescheides zulässig ist, ist nach der Inkrafttretensbestimmung des § 124b Z 105 EStG 1988 erstmals für Prämien anzuwenden, die das Kalenderjahr 2004 betreffen) die Einreichung des Verzeichnisses zur Geltendmachung der IZP mit dem Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung des betreffenden Jahres befristet ist und mit der nicht fristgerechten Einreichung des Verzeichnisses der Anspruch auf IZP verloren geht. Diese Auffassung hat nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2004/15/0104, bestätigt. Begründend führt der Verwaltungsgerichtshof zusammengefasst aus, dass das Gesetz eine Antragstellung in der Form einer Vorlage eines Verzeichnisses vorsehe. Nach dem letzten Satz des § 108e Abs. 4 EStG 1988 gelte das Verzeichnis der IZP des betreffenden Jahres als Abgabenerklärung, die Fristen der BAO für die Einreichung von Abgabenerklärungen seien diesbezüglich jedoch nicht anzuwenden. Abgabenerklärungen nach § 108e EStG 1988 seien im § 134 Abs. 1 BAO nicht genannt; der Antragsteller sei zur Einreichung einer solchen Abgabenerklärung nicht verpflichtet. Der Gesetzgeber habe nach der Stammfassung des § 108e EStG 1988 eine Antragsfrist für die Geltendmachung der IZP nicht ausdrücklich formuliert, nach der Systematik und Teleologie der Regelungen seien sie aber dahin gehend zu verstehen, dass mit der Wortfolge "ist anzuschließen" der zeitliche Rahmen der Antragstellung festgelegt werde. Es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er für die Geltendmachung der IZP - in der Stammfassung des § 108e EStG 1988 - keine Befristung vorgesehen habe. Auch eine zusammenschauende Betrachtung mit den Regelungen betreffend die Prämie für Forschung und Bildung (§ 108c), die befristete Sonderprämie für die katastrophenbedingte Ersatzbeschaffung (§ 108d) und die Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f) lasse erkennen, dass der Gesetzgeber jeweils eine überschaubare Frist für die Einreichung des Antrages auf Prämiengewährung festgelegt habe. Die Stellung des Antrages auf Prämiengewährung sei in allen genannten Fällen zeitlich begrenzt. Dass der in § 108e EStG 1988 verwendeten Wortfolge, wonach der Steuererklärung ein Verzeichnis der IZP anzuschließen ist, gleichfalls ein zeitlicher Aspekt beizumessen sei, erscheine auch nicht unsachlich: Dem Finanzamt sei es dadurch möglich, in einem Arbeitsgang einerseits die Veranlagung zur Jahressteuer (bzw. die Gewinnfeststellung) vorzunehmen und andererseits zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die beantragte Prämie gegeben seien. Zudem sei davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Zeitpunkt der Erstellung der Jahressteuererklärung bereits alle Informationen vorlägen, die er in Bezug auf die Geltendmachung von Prämien benötige. Dazu komme, dass bei Begünstigungsvorschriften, wie der Gewährung staatlicher Prämien, dem Antragsteller die Beachtung bestimmter Antragsmodalitäten oder -fristen durchaus zugemutet werden könne, um nach Ablauf einer bestimmten Frist den finanziellen Bedeckungsbedarf des Staates feststellen zu können. Daraus ergebe sich, dass ein Antrag auf Gewährung der IZP, der nach Einreichung der Steuererklärung des betreffenden Jahres gestellt wird, verspätet sei (sh. auch -F/04).

Im Berufungsfall wurde das Verzeichnis unbestritten erst nach der ("ersten") KöSt.-Erklärung für das Jahr 2002 eingereicht. Den Ausführungen der Bw., dass im Gesetz nirgends die Rede davon sei, dass der "ersten" Steuererklärung ein Verzeichnis betreffend die IZP beizulegen sei, ist folgendes entgegen zu halten: Die vom VwGH im oben angeführten Erkenntnis vom angeführten sachlichen Gründe für die Befristung der Antragstellung bis zur Abgabe der (ESt.- KöSt.- oder Gewinnfeststellungserklärung) Steuererklärung für das jeweilige Jahr treffen nur dann zu, wenn man dieser Regelung den Sinn beimisst, dass das IZP-Verzeichnis jedenfalls gleichzeitig mit der Abgabe der (ersten) Steuererklärung einzureichen ist (auch wenn - aus welchen Gründen immer - zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere "Steuererklärung" für das betreffende Jahr eingereicht werden sollte). Zudem würde die aus dem Gesetz resultierende Befristung der Geltendmachung der IZP bei einer Auslegung, wie sie von der Bw. intendiert wird, ausgehöhlt und es wären dadurch Umgehungsversuchen Tür und Tor geöffnet (zur Auslegung der strittigen Bestimmung im angeführten Sinn vgl. auch -G/06, und die dort zitierte Literatur und Judikatur, wonach der Begriff Steuererklärung nur für die erste Erklärung steht und die spätere Nachreichung eines IZP-Verzeichnisses daher nicht der Bestimmung des § 108e Abs 4 EStG entspricht).

Der Berufungsfall weist aber insofern eine Besonderheit auf, als die Bw. ihren Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (jeweils vom 1. Februar eine Jahres bis zum 31. Jänner des Folgejahres) ermittelt. Bei Bestehen eines abweichenden Wirtschaftjahres ergibt sich die Problematik, dass der Jahresabschluss, welcher der KöSt.-Erklärung zu Grunde gelegt wird, nach dem Wirtschaftsjahr erstellt wird, im § 108e Abs 3 EStG hingegen auf die Investitionen eines Kalenderjahres abgestellt wird. Im bereits oben zitierten Erkenntnis des , hat der Gerichtshof ausgesprochen, dass die Antragsfrist nach § 108e Abs 4 EStG darauf Bedacht nimmt, dass dem Antragsteller bei der Einreichung seines Antrages alle Informationen für die Berechnung der Prämie zugänglich sind. Daraus folgt nun nach Ansicht des Höchstgerichtes, dass im Falle eines abweichenden Wirtschaftjahres die Antragstellung hinsichtlich des gesamten Kalenderjahres mit der Abgabenerklärung für das nachfolgende Kalenderjahr möglich ist, weil erst zu diesem Zeitpunkt die für die Geltendmachung erforderlichen Daten vollständig vorliegen würden (sh. auch Hofstätter/Reichel, § 108e, Tz 7 sowie Zorn in SWK 1/2007, S 024). Im Fall der vorliegenden Berufung hat die Bw. die KöSt.-Erklärung für das Jahr 2003 (= das dem Jahr 2002, für das die strittige IZP beantragt wurde, nachfolgende Kalenderjahr) am eingereicht. Nach dem oben Gesagten war somit eine Antragstellung betreffend die IZP für 2002 bis zum möglich, sodass die Einreichung des IZP-Verzeichnisses, welche am erfolgte, als rechtzeitig im Sinne der angeführten Rechtsprechung zu werten ist. Der Umstand, dass die Geltendmachung der IZP schon geraume Zeit vor Einreichung der maßgeblichen KöSt.-Erklärung für 2003 erfolgte ist nach der Verwaltungspraxis nicht schädlich (vgl. EStR 8229) und widerspricht nach Ansicht der Berufungsbehörde auch nicht den durch das zitierte VwGH-Judikat vom gegebenen Begründungen für die Befristung der Antragstellung (Vorhandensein der notwendigen Informationen für die Geltendmachung der IZP, Möglichkeit der gleichzeitigen Prüfung der Steuererklärung und des IZP sowie rechtzeitige Feststellung des finanziellen Bedeckungsbedarfes des Staates).

Der Berufung war somit im Ergebnis stattzugeben und die IZP im beantragten Ausmaß.von 8.499,80 € festzusetzen.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Investitionszuwachsprämie
Rechtzeitigkeit der Geltendmachung
Verzeichnis
"erste" Abgabenerklärung
berichtigte Abgabenerklärung
abweichendes Wirtschaftsjahr
Verweise

-F/04
-G/06

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at