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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 11.03.2011, RV/2305-W/10

1. Aufhebung einer nach einer Berufungsentscheidung irrtümlich erlassenen Berufungsvorentscheidung 2. Zurückweisung eines Vorlageantrages nach Aufhebung der Berufungsvorentscheidung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, vertreten durch Steuerberater, gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO und vom betreffend Zurückweisung einer Berufung entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) ist ein - in Liquidation befindlicher - Verein nach dem Vereinsgesetz.

Das Finanzamt setzte mit vorläufigem Bescheid vom die Umsatzsteuer des Bw für das Jahr 2006 fest.

Mit Berufungsentscheidung vom , RV/2812-W/07, wies der unabhängige Finanzsenat eine am eingebrachten Berufung u.a. hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 2006 als unbegründet ab. Diese Entscheidung wurde dem Bw am zugestellt.

Mit Datum erließ das Finanzamt eine Umsatzsteuer für das Jahr 2006 betreffende Berufungsvorentscheidung (BVE), in der es unter Verweis auf die Berufungsentscheidung vom die Umsatzsteuer in gleicher Höhe festsetzte wie im Bescheid vom .

Gegen diese BVE brachte der Bw mit Schreiben vom einen Antrag auf Vorlage an die Abgabenbehörde 2. Instanz ein.

Mit Bescheid vom hob das Finanzamt die BVE vom gemäß § 299 BAO mit der Begründung auf, dass über die Umsatzsteuer 2006 bereits mit der Berufungsentscheidung vom abgesprochen worden sei. In der Folge wies es mit Bescheid vom die "Berufung" vom als unzulässig zurück; die - versehentlich erlassene - BVE sei durch die Aufhebung aus dem Rechtsbestand ausgeschieden, weshalb die Berufung unzulässig geworden sei.

Der Bw erhob sowohl gegen den Aufhebungsbescheid als auch gegen den Zurückweisungsbescheid Berufung.

In den Berufungsschriftsätzen vom 16. Juni und bringt der Bw vor, dass der Bescheid über die Umsatzsteuer 2006 vom vorläufig ergangen sei. Die Berufungsentscheidung vom habe das Jahr 2006 einbezogen, obwohl für dieses Jahr im Text der Berufung vom formelle Berufungsanträge nicht gestellt worden seien. Eine Endgültigerklärung sei durch die Berufungsentscheidung vom auch nicht erfolgt. Der Bw erkläre sich damit einverstanden, dass die BVE vom den vorläufigen Bescheid endgültig mache und die Vorbringen im Schreiben vom als Berufung gegen den nunmehr endgültigen Umsatzsteuerbescheid gelten. Mit Schreiben vom sei dann der Vorlageantrag gestellt worden. Durch den Aufhebungsbescheid vom sei die BVE vom aus dem Rechtsbestand genommen worden und die Veranlagung der Umsatzsteuer 2006 nach wie vor vorläufig. Die Zurückweisung der Berufung vom gegen den endgültigen Umsatzsteuerbescheid 2006 vom - richtig des Vorlageantrags vom einschließlich der Wertung der Vorbringen im Schreiben vom als Berufung - finde im Gesetz keine Deckung.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Inhalt eines Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht (Ritz, BAO Kommentar³, § 299 Tz 10). Auch Berufungsvorentscheidungen sind Bescheide der Abgabenbehörde erster Instanz und daher gemäß § 299 Abs. 1 aufhebbar (Ritz, BAO a.a.O., § 299 Tz 5).

Der unabhängige Finanzsenat hat mit Datum , RV/2812-W/07, u.a. eine Umsatzsteuer für das Jahr 2006 umfassende Berufungsentscheidung getroffen. Diese Berufungsentscheidung wurde dem Bw am zugestellt. Das Berufungsverfahren wurde damit rechtskräftig beendet, über die im Spruch der Berufungsentscheidung umschriebene Sache verbindlich abgesprochen. Die Rechtskraft der Berufungsentscheidung vom stand der Erlassung weiterer Bescheide in dieser Sache als Folge der materiellen Rechtskraft entgegen. Ein weiterer Abspruch über diese Angelegenheit war nicht mehr zulässig.

Die Berufungsvorentscheidung vom , mit der das Finanzamt dieser Wirkung der materiellen Rechtskraft widersprechend neuerlich über Umsatzsteuer für das Jahr 2006 abgesprochen hat, ist daher in rechtswidriger Weise ergangen.

In Bezug auf das Vorbringen des Bw, aus dem Schreiben vom sei nicht ersichtlich, dass gegen den Umsatzsteuerbescheid 2006 das Rechtsmittel der Berufung erhoben worden sei, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass das Schreiben vom als Betreff ausdrücklich die "Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide 2002 - 2006" bezeichnet, und der Bw im Schreiben vom im Übrigen selbst die "Vorlage der Berufung vom gegen den Umsatzsteuerbescheid 2006" begehrt. Zum anderen würde der Umstand, dass eine Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2006 überhaupt nicht vorliegt, an der Rechtswidrigkeit der Berufungsvorentscheidung vom nichts ändern. Da der Spruch des Bescheides vom eindeutig auf Entscheidung über die Berufung vom lautet, kann diesem auch nicht, wie vom Bw vorgeschlagen, die Wirkung eines den vorläufigen Umsatzsteuerbescheid 2006 vom für endgültig erklärender Bescheides zugebilligt werden.

Aufhebungen nach § 299 BAO liegen im Ermessen der Abgabenbehörde. Im Rahmen der Ermessensübung war im Hinblick auf den mit der Erlassung der Berufungsvorentscheidung bewirkten Verstoß gegen die Wirkungen der materiellen Rechtskraft dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit einzuräumen. Da durch die nochmalige Entscheidung in der selben Sache ein Zustand der Rechtsunsicherheit geschaffen wurde, liegt auch nicht eine bloß geringfügige Rechtswidrigkeit vor. In der Berufung wurde nicht dargetan, dass mit der Aufhebung berechtigte Interessen des Bw verletzt worden wären. Davon abgesehen ist eine solche Verletzung schon im Hinblick darauf, dass die Berufungsvorentscheidung nicht zu einer geringeren Steuerbelastung für den Bw geführt, sondern die Abgabe in gleicher Höhe festgesetzt hat, wie der Umsatzsteuerbescheid vom bzw. die Berufungsentscheidung vom , folglich mit der Aufhebung keine Schlechterstellung des Bw verbunden war, nicht ersichtlich.

Dass das Finanzamt die nicht dem Gesetz entsprechende Berufungsvorentscheidung ersatzlos aufgehoben hat, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, weshalb die gegen den Aufhebungsbescheid vom gerichtete Berufung spruchgemäß abzuweisen war.

2. Die Berufungsvorentscheidung vom ist durch die ersatzlose Aufhebung aus dem Rechtsbestand ausgeschieden. Da ein Vorlageantrag unabdingbar eine Berufungsvorentscheidung voraussetzt, eine solche aber infolge Aufhebung nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, ist der mit Schreiben vom eingebrachte Vorlageantrag unzulässig geworden. Unzulässige Vorlageanträge sind (ebenso wie verspätete) mit Bescheid gemäß § 273 Abs. 1 iVm § 276 Abs. 4 BAO zurückzuweisen (vgl. -G/08). Die Zurückweisung obliegt sowohl der Abgabenbehörde erster Instanz wie auch jener zweiter Instanz (vgl. Ritz, BAO Kommentar³, § 276 Tz 42, 43). Da das Finanzamt den Vorlageantrag somit zu Recht zurückgewiesen hat, war auch die gegen den Zurückweisungsbescheid vom erhobene Berufung abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at