Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 23.02.2012, RV/0347-F/11

Keine Zahlungserleichterung bei Insolvenz des Antragstellers

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., B., gesetzlich vertreten durch den Masseverwalter Mag. Bernd Widerin, Rechtsanwalt, 6700 Bludenz, Kasernplatz 5, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Zahlungserleichterung gemäß § 212 BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Nachdem der Berufungswerberin (in der Folge kurz: Bw.) bereits mit Bescheiden vom und vom Zahlungserleichterungen bewilligt wurden, brachte diese am betreffend eines zum damaligen Zeitpunkt bereits vollstreckbaren Abgabenrückstandes in Höhe von 37.263,38 € nochmals ein Ansuchen auf Gewährung von Ratenzahlungen in Höhe von monatlich 2.000,00 € beginnend mit ein. Das Zahlungserleichterungsansuchen enthielt keine Begründung, sondern lediglich den Vermerk, dass eine solche spätestens bis nachgereicht werde. Die angekündigte Nachreichung einer Begründung erfolgte nicht.

Mit Bescheid vom wurde das Zahlungserleichterungsansuchen mit der Begründung abgewiesen, die von der Bw. angebotenen Raten seien im Verhältnis zur Höhe des Rückstandes zu niedrig. Dadurch erscheine die Einbringlichkeit gefährdet. Da keine ausreichenden zusätzlichen Begründungen vorgebracht worden seien, die eine Änderung der bestehenden Zahlungserleichterung rechtfertigen würden, sei das neuerliche Ansuchen abzuweisen gewesen.

Am wurde seitens des rechtlichen Vertreters der Bw. wiederum ein Antrag auf Gewährung einer Zahlungserleichterung eingebracht, den das Finanzamt als Berufung gegen den Bescheid vom wertete. In diesem Antrag wurde ausgeführt, der Geschäftsführer der Bw. habe hinsichtlich der bestehenden Abgabenrückstände ein Zahlungserleichterungsersuchen eingebracht, welches nach vorliegender Information bewilligt worden sei. Im Zuge einer "Nachprüfung" sei der Bw. ein weiterer Abgabenrückstand in Höhe von ca. 6.000,00 € zur sofortigen Zahlung vorgeschrieben worden. Hinsichtlich dieses Betrages werde ebenfalls um Bewilligung einer Zahlungserleichterung ersucht und zwar insofern, als dieser Betrag im Anschluss an die Erfüllung der bereits einer Zahlungserleichterung unterworfenen Abgabenverbindlichkeit "angehängt werde". Durch die sofortige Vorschreibung des neuerlichen Abgabenrückstandes wäre die Erfüllung der bisherigen Zahlungserleichterung gefährdet. Dieser Umstand könne nicht im Interesse des Finanzamtes sein. Die gegenständliche Zahlungserleichterung sorge für eine Einbringlichmachung der offenen Rückstände beim Finanzamt und entspreche der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bw.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung mit der Begründung abgewiesen, gemäß § 212 Abs. 1 BAO könnten Zahlungserleichterungen nicht bewilligt werden, wenn die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Zahlungsaufschub gefährdet werde. Eine solche Gefährdung erscheine durch die Angaben im Zahlungserleichterungsansuchen gegeben.

Im Vorlageantrag wurde kein ergänzendes Vorbringen erstattet.

Über die Berufung wurde erwogen:

In Streit steht, ob die Bewilligung einer Zahlungserleichterung im Hinblick auf die rechtlichen Voraussetzungen des § 212 BAO möglich ist.

Vorweg ist festzuhalten, dass es sich bei jenem Abgabenrückstand in Höhe von ca. 6.000,00 €, für welchen mit Eingabe vom um Zahlungserleichterung ersucht wurde, um die Umsatzsteuer 01-12/2010 handelt. Diese wurde auf Grund von Feststellungen einer abgabenrechtlichen Prüfung mit Bescheid vom mit 17.175,34 € anstelle von bisher 12.175,34 € festgesetzt, wodurch sich eine Nachforderung in Höhe von 5.000,00 € ergab. Zahlungstermin für die gegenständliche, gemäß § 21 Abs. 4 UStG 1994 am fällige Umsatzsteuernachforderung war nach § 210 Abs. 4 BAO der . Die betreffende Nachforderung war bereits Gegenstand des Zahlungserleichterungsansuchens vom , über das mit Bescheid vom abgesprochen wurde.

Der Unabhängige Finanzsenat teilt nun die Auffassung des Finanzamtes, dass die Eingabe vom nach ihrem Inhalt als Berufung zu werten war. Denn bei der Beurteilung von Anbringen kommt es nicht auf deren Bezeichnung an, sondern auf den objektiven Erklärungswert, d.h. wie der Schriftsatz unter Berücksichtigung des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (siehe dazu die bei Ritz, BAO4, § 85 Tz 1 angeführte Judikatur).

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefasst verbucht wird (§ 213), erstrecken.

Gemäß § 212 Abs. 4 BAO sind die für Ansuchen um Zahlungserleichterungen geltenden Vorschriften auf Berufungen gegen die Abweisung derartiger Ansuchen und auf solche Berufungen betreffende Vorlageanträge (§ 276 Abs. 2) sinngemäß anzuwenden.

Eine Zahlungserleichterung kann nur gewährt werden, wenn sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 212 BAO erfüllt sind. Es ist daher zu prüfen, ob die sofortige (volle) Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten eine erhebliche Härte darstellt und die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Erst bei Vorliegen dieser Voraussetzungen steht es im Ermessen der Behörde, die beantragte Zahlungserleichterung zu bewilligen. Fehlt hingegen auch nur eine der genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern die Abgabenbehörde hat den Antrag aus Rechtsgründen abzuweisen. Dabei obliegt die Darlegung der Voraussetzungen dem Begünstigungswerber, der diese aus eigenem Antrieb konkretisiert anhand seiner Einkommens- und Vermögenslage überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen hat (siehe dazu ). Denn die Gewährung einer Zahlungserleichterung stellt eine Begünstigung dar, weshalb die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt.

Von einer erheblichen Härte ist auszugehen, wenn der Abgabepflichtige durch die sofortige (volle) Abgabenentrichtung in eine wirtschaftliche Notlage bzw. in finanzielle Bedrängnis gerät oder ihm die Einziehung, gemessen an den sonstigen Verbindlichkeiten und unter Berücksichtigung seiner anzuerkennenden berechtigten Interessen an der Erhaltung und am Bestand der ihm zur Verfügung stehenden Erwerbsquellen nicht zugemutet werden kann (siehe dazu Stoll, BAO-Kommentar, S. 2247 f). Diese in der Beengtheit wirtschaftlicher Dispositionen bestehenden Härten dürfen aber nicht von der Wirkung und der Schwere sein, dass in ihnen bereits die Quelle einer Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben gelegen ist. Eine Zufristung ist daher nur bei gerechtfertigter Erwartung späterer Leistungsfähigkeit möglich. Dagegen kann bei einer drohenden, ernsthaft zu besorgenden Leistungsunfähigkeit keine Zahlungserleichterung gewährt werden. Derartige eine Gefährdung darstellende Umstände sind im Allgemeinen anzunehmen bei einer Überschuldung des Abgabepflichtigen, bei schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnissen, voraussehbar geringem künftigem Einkommen, Vermögenslosigkeit oder Vorbelastungen (siehe dazu Stoll, a.a.O. S. 2249 f). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch bei einer bereits bestehenden Gefährdung der Einbringlichkeit eine Zahlungserleichterung nicht zu gewähren (z.B. ).

Festzuhalten ist, dass die Abgabenbehörde zweiter Instanz über die Sach- und Antragslage zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung abzusprechen hat. Während des anhängigen Berufungsverfahrens eingetretene Änderungen sind daher bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen (; ).

Im Berufungsfall hat sich die Sachlage insofern entscheidend geändert, als mit Beschluss des Landesgerichtes X. vom , xx, über das Vermögen der Bw. das Konkursverfahren eröffnet wurde. Die durch die Eröffnung des Konkursverfahrens dokumentierte Überschuldung der Bw. stellt klar, dass die Einbringlichkeit des gesamten Abgabenrückstandes gefährdet ist. Da somit eine der beiden tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung fehlt, war das Berufungsbegehren aus Rechtsgründen abzuweisen, ohne dass es erforderlich wäre, näher auf die Frage einzugehen, ob die sofortige volle Entrichtung für die Bw. mit einer erheblichen Härte verbunden wäre.

Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Gefährdung der Einbringlichkeit
Konkurseröffnung

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