Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 20.07.2007, RV/0803-L/05

Ein mit dem Grundstückskauf übernommenes Wohnrecht gehört zur Gegenleistung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Dr. JW, geb. X, Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird dahin gehend abgeändert, als die Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Z. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) mit 3,5 % der Bemessungsgrundlage in Höhe von 134.807,68 € mit 4.718,27 €, festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage ist der Begründung zu entnehmen.

Entscheidungsgründe

Mit Kaufvertrag vom schlossen IW als Verkäuferin einerseits und Dr. EB als Rechtserwerberin sowie Dr. JW (Berufungswerber, in der Folge kurz: Bw) als Käufer andererseits einen Kaufvertrag mit im Folgenden auszugsweise wiedergegebenem Inhalt:

I. Kaufgegenstand

Die Verkäuferin ist grundbücherliche Eigentümerin von 1362/8852stel Anteilen der Liegenschaft (...), mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung W 2 (...) verbunden ist. (...).

Die Verkäuferin verkauft und übergibt und der Käufer und die Rechtserwerberin kaufen und übernehmen nach Maßgabe des Vertragspunktes V. die im Abs. 1 beschriebenen Liegenschaftsanteile samt allem tatsächlichen und rechtlichen Zubehör (...).

II. Kaufpreis/Fälligkeit

Der Summe der nachstehend definierten, von Käufer und Rechtserwerberin zu leistenden Zahlungen beträgt 143.000,00 € und ist wie folgt zur Zahlung fällig:

a) Die Hälfte dieses Betrages ist binnen zwei Wochen nach Unterfertigung dieses Vertrages auf ein von der Verkäuferin anlässlich der Unterfertigung bekannt zu gebendes Konto zu überweisen;

(...)

c) Die Rechtserwerberin haftet der Verkäuferin alleine für eine Gegenleistung in Form einer Zahlung in Höhe von 40.000,00 € für die von ihr erworbenen Rechte, der Käufer haftet der Verkäuferin alleine für einen Kaufpreis in Höhe von 103.000,00 € für den Erwerb des Eigentums (...).

(...)

V. Kaufgegenstände

Der Käufer Dr. JW übernimmt im Zuge des Kaufes das Alleineigentum, welches lediglich durch die nachstehend angeführten Rechte der Rechtserwerberin eingeschränkt wird. Die Rechtserwerberin erwirbt - zeitgleich mit dem Rechtserwerb des Käufers - am oben angeführten Kaufobjekt lediglich ein Wohnungsgebrauchs- und Fruchtgenussrecht einschließlich des Rechtes auf Vermietung, welches auf die Dauer von zehn Jahren ab Eintragung dieses Rechtes im Grundbuch befristet ist.

Die Vertragsparteien vereinbaren weiters ein Belastungs- und Veräußerungsverbot sowie ein Vorkaufsrecht zu Gunsten der Rechtserwerberin und zu diesem Zweck die grundbücherliche Einverleibung des letztgenannten Rechtes gemäß § 1072 ff ABGB, zumal die grundbücherliche Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes lediglich zwischen Ehegatten möglich ist. (...)

VI. Grundbuchserklärung

(...)

Ob den 1.362/8852stel Anteilen der Frau IW (...) wird das Eigentumsrecht zu Gunsten des Herrn Dr. JW (...) einverleibt.

Ob denselben Anteilen wird das Fruchtgenuss- und Wohnungsgebrauchsrecht sowie das Vorkaufsrecht zu Gunsten Frau Dr. EB (...) einverleibt.

In der vom Bw in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt verfassten Abgabenerklärung gemäß § 10 GrEStG ist als Gegenleistung ein Betrag von 103.000,00 € ausgewiesen.

Mit Bescheid vom wurde dem Bw Grunderwerbsteuer im Ausmaß von 3,5 % der Bemessungsgrundlage von 143.000,00 €, somit 5.005,00 €, vorgeschrieben.

Mit Bescheid gleichen Datums setzte das Finanzamt gegenüber Dr. EB eine Gebühr gemäß § 33 TP 9 GebG in Höhe von 800,00 € - das sind 2 % vom Wert des bedungenen Entgeltes von 40.000,00 € - fest.

Mit Schreiben vom erhob der Bw gegen den Grunderwerbsteuerbescheid Berufung und beantragte eine Reduktion der Grunderwerbsteuervorschreibung auf 3.605,00 €. Laut Kaufvertrag habe ihm die Verkäuferin das Wohnungseigentum um 103.000,00 € verkauft. Als Wert der Gegenleistung sei nur der Preis des Kaufgegenstandes, nicht der Wert oder Preis eines Nutzungs- oder Bestandsrechtes heranzuziehen. Die einzige Konstellation, in der die Bewertung der Dienstbarkeit relevant sei, sei der in der Praxis häufige Fall, dass jemand sein Eigentum - vorzugsweise einem Angehörigen - gegen Überlassung einer Dienstbarkeit übertrage, um sich dadurch ein Wohnrecht auf Lebenszeit zu sichern. In diesem Fall sei die Bewertung der Dienstbarkeit relevant, da sie eine Gegenleistung darstelle. In allen anderen Fällen könne die Bewertung einer Dienstbarkeit bei der Grunderwerbsteuerberechnung keine Berücksichtigung finden. So habe der VwGH zu 83/16/0079 und 3281/80 entschieden, dass die Überlassung der Nutzung eines Grundstückes im Wege der Bestellung des Fruchtgenussrechtes für sich allein grunderwerbsteuerrechtlich ebenso unerheblich sei wie die Einräumung eines bloßen Bestandsrechtes, von dem es sich - vom dinglichen Charakter abgesehen - kaum unterscheide. Daraus ergebe sich eindeutig, dass im vorliegenden Fall nur die Bezahlung des Kaufpreises von 103.000,00 € als Basis zur Berechnung der Grunderwerbsteuer gemäß § 5 GrEStG heranzuziehen sei. Der Betrag von 40.000,00 €, den Dr. EB laut Vertrag für die Einräumung des Wohnungsgebrauchs- und Fruchtgenussrechtes inkl. Vermietungsrecht der Eigentümerin der Wohnung überwiesen habe, sei durch die unrichtige Berechnung des Finanzamtes gleichsam doppelt als Basis für die Steuer- bzw. Gebührenermittlung herangezogen worden, nämlich einmal - korrekterweise - als Grundlage für die Ermittlung der Gebühr für eine Dienstbarkeit im Sinne des § 33 TP 19 GebG und einmal als Teilbetrag des Kaufpreises zur Ermittlung der Grunderwerbsteuer. Die beiden Beträge seien von den genannten Personen aber getrennt an die Verkäuferin bezahlt worden und stünden in keinem für die Grunderwerbsteuerberechnung relevanten Zusammenhang, da das GrEStG, wie in § 1 festgehalten sei, Abgaben regeln solle, die im Zusammenhang mit dem Erwerb bzw. der Übereignung von Grundstücken, nicht aber mit Dienstbarkeiten oder anderen Rechten, zu entrichten seien.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG sei die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Nach § 5 Abs. 1 GrEStG sei die Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Die Verkäuferin als Eigentümerin der vertragsgegenständlichen Liegenschaft habe Frau Dr. EB ein zeitlich befristetes Wohnungsgebrauchs- und Fruchtgenussrecht gegen ein Entgelt von 40.000,00 € eingeräumt. Der Bw habe diese Belastung laut Vertragspunkt V. übernommen. Dies stelle eine sonstige Leistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG dar, die zusammen mit dem Kaufpreis die Bemessungsgrundlage bilde.

Mit Eingabe vom beantragte der Bw die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Behörde habe ihre Ansicht damit begründet, dass der Bw die Belastung laut Vertragspunkt V. übernommen habe. Alleine aus dieser Formulierung sei ersichtlich, dass es sich bei der Dienstbarkeit um keinen dem Kaufpreis zuzurechnenden Vorteil im Sinne einer Leistung handle, sondern im Gegenteil um eine Belastung und Einschränkung, die den Kaufpreis dementsprechend auf einen Betrag von 103.000,00 € reduziert habe. Aus den in der Berufung bereits ausführlich dargestellten Gründen sei zur Bewertung des Kaufpreises einzig dieser Betrag heranzuziehen.

Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte die Referentin den Bw unter Anschluss einer Barwertberechnung und unter Hinweis auf § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG und die in der Verordnung BGBl. II Nr. 116/2004 enthaltenen Richtwerte nach dem Richtwertgesetz BGBl. I Nr. 800/1993, wonach der für Oberösterreich von bis gültige Richtwert 4,73 € je m² betragen habe, bekannt zu geben, wie groß die mit Kaufvertrag vom erworbene Wohnung sei, wie der für die Einräumung des Wohnungsgebrauchs- und Fruchtgenussrechtes entrichtete Betrag von 40.000,00 € ermittelt worden sei und aus welchen Gründen die Wohnrechtseinräumung für Frau Dr. EB im Veräußerungszeitpunkt durch die Verkäuferin (und nicht durch den Bw) erfolgt sei.

Der Bw teilte dazu mit, dass Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen (= erbrachten) sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen sei. Auch die genannten "sonstigen Leistungen" müssten, ebenso wie der Kaufpreis und die dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen, entweder dem Verkäufer selbst oder Dritten zukommen, wenn der Verkäufer ein wirtschaftliches Interesse habe, dass diesen Dritten an Stelle des Verkäufers etwas zugewendet werde. Die Ehegattin des Käufers stehe jedoch in keinerlei Naheverhältnis zum Verkäufer, sodass fraglich sei, welches wirtschaftliche Interesse der Verkäufer haben sollte, der Gattin des Käufers eine "sonstige Leistung" als "Gegenleistung" für die Überlassung der Wohnung zuzuwenden. Die Wohnung sei etwa 75 m² groß. Die Wohnrechtseinräumung im Veräußerungszeitpunkt sei durch die Verkäuferin und nicht durch ihn erfolgt, weil gemäß II. a) des Kaufvertrages die Gattin des Bw 29.767,50 € zur Verfügung gehabt habe. Seine Gattin habe diesen Betrag direkt an die Verkäuferin zahlen und von dieser direkt ihre Rechte erwerben wollen. Andernfalls hätte sie das Geld ihm zuwenden müssen, damit er dann den Kaufpreis bezahle. Wesentlich einfacher sei es, das Geld direkt zu überweisen und ihn als "Zwischenstation" zu vermeiden, also nur eine statt zwei Überweisungen zu tätigen. Zur Barwertermittlung sei insbesondere nicht nachvollziehbar, warum die wiederkehrende Nutzung wie eine "lebenslange" Einzelrente bewertet worden sei, weil die Nutzung laut Vertrag nur befristet sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Gegenleistung bei einem Kauf ist der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen (§ 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG).

Gegenleistung ist alles, was der Erwerber über den Kaufpreis hinaus für das Grundstück aufwenden muss, um es zu erhalten. Eine "sonstige Leistung" im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG liegt insbesondere in der Übernahme von Verpflichtungen des Verkäufers durch den Erwerber.

Was Gegenleistung ist, wird in § 5 GrEStG nicht erschöpfend aufgezählt. Gegenleistung ist die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält, somit jede nur denkbare Leistung, die der Käufer erbringen muss, um das Grundstück zu erhalten (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuergesetz, § 5 Rz. 6). Steht eine Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung anzusehen. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an. Es ist somit nicht maßgebend, was die Vertragschließenden als Kaufpreis bezeichnen, sondern was nach dem Inhalt des Vertrages der Käufer als Wert der Gegenleistung im maßgebenden Zeitpunkt des Erwerbsvorganges zu erbringen hat. In der Gegenleistung kommt der Wert zum Ausdruck, den das Grundstück nach den Vorstellungen der Vertragspartner hat.

Zur Gegenleistung gehören auch Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen, ausgenommen dauernde Lasten (§ 5 Abs. 2 Z. 2 GrEStG). Derartige Belastungen werden auch dann der Bemessungsgrundlage zugerechnet, wenn deren Übernahme nicht vereinbart ist. Erforderlich ist, dass die Verpflichtung auf dem Grundstück ruht, diese ohne besondere Abrede kraft Gesetzes auf den Erwerber übergeht und bereits bei Entstehung der Steuerschuld bestanden hat. Zu den nicht dauernden Lasten gehören Hypotheken, Wohnungs- und Fruchtgenussrechte, Ausgedingerechte oder sonstige persönliche Dienstbarkeiten (Dorazil-Takacs, GrEStG, 4. Aufl., Rz. 10.50 zu § 5)

Persönliche Dienstbarkeiten wie das Fruchtgenussrecht gehören somit grundsätzlich als auf dem Grundstück ruhende Belastungen nach § 5 Abs. 2 Z. 2 GrEStG zur Gegenleistung, da sie als absolute Rechte gegen den jeweiligen Eigentümer der belasteten Sache wirken und damit auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen.

Durch die Bestimmung des Abs. 2 Z. 2 soll sicher gestellt werden, dass solche Belastungen auf alle Fälle der Gegenleistung hinzugerechnet werden, damit bei der Besteuerung der Wert des Grundstückes an sich erfasst wird. Auch ein Fruchtgenussrecht stellt eine Last dar, die abzulösen wäre, wenn das Grundstück sofort lastenfrei auf den Erwerber übergehen würde. Entscheidend ist, dass eine Leistung sich im Vermögen des Verkäufers - etwa durch Befreiung von einer ihn treffenden Verpflichtung - auswirkt. Nicht zur Gegenleistung gehören dagegen die auf einem Grundstück ruhenden dauernden Lasten. Als dauernde Lasten - dazu zählen insbesondere Grunddienstbarkeiten - sind solche Lasten anzusehen, mit deren Wegfall der Eigentümer in absehbarer Zeit nicht rechnen kann, sodass sie als eine dauernde wertmindernde Eigenschaft des Grundstückes empfunden werden (Fellner, aaO, § 5 Rz. 159 und 160). Grundstücksbelastungen, die auf dem Grundstück ruhen, sind auch solche, die nicht im Grundbuch eingetragen sind [Boruttau, dGrunderwerbsteuer, 15. Aufl., § 9 (entspricht § 5) Rz. 586; Dorazil-Takacs, aaO, Rz. 10.51 zu § 5].

Im Berufungsfall ist die Höhe der Gegenleistung strittig. Während der Bw nur die Bezahlung des Kaufpreises von 103.000,00 € der Grunderwerbsteuer unterworfen wissen will, zog das Finanzamt auch den von Frau Dr. EB an die Verkäuferin für die Einräumung des Wohnungsgebrauchs- und Fruchgenussrechtes geleisteten Betrag von 40.000,00 € in die Bemessungsgrundlage mit ein.

Vertraglich festgelegt wurde, dass Frau Dr. EB der Verkäuferin einen Betrag von 40.000,00 € für den Erwerb des in Punkt V. des Kaufvertrages näher bezeichneten Rechtes und der Bw der Verkäuferin für den Eigentumserwerb einen Betrag von 103.000,00 € zu bezahlen hatten. Die Verkäuferin lukrierte somit aus der Veräußerung ihrer bis zum Veräußerungszeitpunkt unbelastet gewesenen Liegenschaft einen Erlös von insgesamt 143.000,00 €. Daraus kann aber der Schluss gezogen werden, dass dieser Betrag dem Wert entsprach, den sie dem Grundstück beimaß. Dass dieser Betrag auch den Wertvorstellungen des Bw und der das Fruchtgenussrecht erwerbenden Dr. EB entsprach, ist daraus zu erschließen, dass letztere der Verkäuferin ein Entgelt für den Erwerb des Fruchtgenussrechtes leistete und nicht dem Bw, dessen Eigentumsrecht durch das Dr. EB eingeräumte Fruchtgenussrecht geschmälert wurde. Das Grundstück hatte somit nach den Vorstellungen der Vertragsparteien einen Wert in Höhe des geleisteten Kaufpreises zuzüglich des Preises für das eingeräumte Fruchtgenussrecht. Hätte der Bw dieses - unbelastete - Grundstück zu erwerben beabsichtigt, hätte er dafür einen Betrag von 143.000,00 € aufwenden müssen.

Wird ein Grundstück erworben, auf dem eine (nicht dauernde) Last ruht oder verpflichtet sich der Erwerber, Leistungen oder Belastungen zu übernehmen, die dem Veräußerer obliegen, so bemessen die Vertragsparteien das vereinbarte Entgelt im Zweifel niedriger als beim Erwerb eines gleichwertigen unbelasteten Grundstücks. Die Vertragsparteien rechnen in der Regel den Wert der Belastungen dem Wert des Barkaufpreises hinzu und gehen somit davon aus, dass der Gesamtbetrag - Kaufpreis und übernommene Lasten - die Gegenleistung für das Grundstück darstellt. Nicht dauernde Lasten, wie das Dr. EB seitens der Verkäuferin eingeräumte, auf die Dauer von zehn Jahren befristete Wohnungsgebrauchs- und Fruchtgenussrecht, gehören daher zur Gegenleistung, gleichgültig, ob diese auf den Käufer kraft Gesetzes übergehen (§ 5 Abs. 2 Z. 2 GrEStG) oder von diesem rechtsgeschäftlich übernommen werden (§ 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG). Einzig maßgeblich ist, dass die Dr. EB eingeräumte Dienstbarkeit wirksam auf den Bw übergegangen und diese damit als weitere Gegenleistung zu erfassen ist.

Wenngleich somit für die Einbeziehung des Wohnungs- und Fruchtgenussrechtes in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage ohne Bedeutung, ist dennoch anzumerken, dass dieses als "Belastung, die auf dem Grundstück ruht, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergeht", im Sinne des § 5 Abs. 2 Z. 2 GrEStG zu qualifizieren ist.

Als Grundstücksbelastungen, die bereits auf dem Grundstück ruhen, sind, wie o.a., auch solche anzusehen, die nicht im Grundbuch eingetragen sind. Dieses zwischen der Verkäuferin und Dr. EB vereinbarte Wohnungs- und Fruchtgenussrecht ging bereits kraft Gesetzes auf den Bw über und war eine diesbezügliche Vereinbarung nicht erforderlich, weil selbst eine vertragliche, (noch) nicht verbücherte Dienstbarkeit gegenüber dem Rechtsnachfolger des Bestellers wirksam ist, wenn dieser von der Dienstbarkeit Kenntnis hatte oder wenn diese offenkundig war (vgl. OGH 1 Ob 300/1a).

Zum Einen erfolgten sowohl die Einräumung des Wohnungs- und Fruchtgenussrechts für Dr. EB als auch die Eigentumsübertragung an den Bw in einer einzigen, von sämtlichen Vertragsparteien unterfertigten Vertragsurkunde, zum Anderen übernahm der Bw laut Vertragspunkt V. das Alleineigentum eingeschränkt durch die genannte Dienstbarkeit, sodass eine Kenntnis des Bw unstrittig ist.

Die Verpflichtung muss darüber hinaus bei Entstehung der Steuerschuld bereits bestanden haben.

Nach § 8 Abs. 1 GrEStG entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

Nach Lehre und Judikatur wird ein Erwerbsvorgang bereits durch das Verpflichtungsgeschäft verwirklicht. Der Erwerbsvorgang ist verwirklicht, sobald die Parteien in der Außenwelt ihren Willen, ein Rechtsgeschäft abzuschließen (zB durch Unterfertigung der Vertragsurkunde) gehörig kundgetan haben.

Wenngleich der Kaufvertrag vom sowohl die Eigentumsübertragung an den Bw als auch die Einräumung eines Wohnungsgebrauchs- und Fruchtgenussrechtes an Dr. EB zum Gegenstand hatte und in Vertragspunkt V. ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Rechtserwerberin die ihr eingeräumten Rechte zeitgleich mit dem Eigentum des Bw erwarb, erfolgte der Eigentumserwerb des Bw logischerweise erst (unmittelbar) nach dem Zeitpunkt der Einräumung der Dienstbarkeit für Dr. EB, da der Bw andernfalls ein unbelastetes Grundstück erworben hätte und der Passus, das Alleineigentum des Bw sei durch die Rechte von Dr. EB eingeschränkt, unverständlich wäre. Hätte er das Grundstück unbelastet erworben, hätte er darüber hinaus nach den Vorstellungen der Verkäuferin nicht einen Barkaufpreis von 103.000,00 €, sondern einen solchen von 143.000,00 € zu entrichten gehabt.

Darüber hinaus ist der Bw den Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung, der nach der Judikatur die Wirkung eines Vorhaltes zukommt, er habe das Dr. EB seitens der Verkäuferin eingeräumte Wohnungsgebrauchs- und Fruchtgenussrecht als Belastung übernommen, nicht entgegen getreten.

Nach Ansicht der Rechtsmittelbehörde war daher die Einbeziehung des Wertes des Wohnungsrechtes in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbsteuer zutreffend.

Rechte auf wiederkehrende Nutzungen sind nach den Vorschriften der §§ 15 und 16 BewG, zuletzt geändert durch Art. 45 Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I 71/2003, zu bewerten. Nutzungen oder Leistungen, die nicht in Geld bestehen (hier: Wohnungsgebrauchs- und Fruchtgenussrecht) sind gem. § 17 Abs. 2 BewG mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen.

Laut den in der Verordnung BGBl. II Nr. 116/2004 enthaltenen Richtwerten nach dem Richtwertgesetz BGBl. I Nr. 800/1993 betrug der für Oberösterreich von bis gültige Richtwert 4,73 € je m².

Wenngleich der Bw trotz ausdrücklichen Ersuchens nicht darlegte, welche preisbildenden Faktoren zum Ansatz eines Betrages von 40.000,00 € für die Einräumung des gegenständlichen Wohnungsgebrauchs- und Fruchtgenussrechtes geführt haben, kann wegen der geringfügigen Differenz (Richtwert 4,73 € pro m² x 75 m² ist monatlich 354,75 € im Vergleich zu der auf einen monatlichen Betrag von 333,33 € herunter gerechneten Zahlung von 40.000,00 €) bei Ermittlung des Rentenbarwertes nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (§ 15 Abs. 1 BewG) zu Gunsten des Bw vom angegebenen Betrag ausgegangen werden (333,33 € monatlich x 12 x Barwertfaktor 7,952 = 31.807,68 €).

Anzumerken ist, dass bei der dem Ergänzungsvorhalt angeschlossenen Barwertberechnung irrtümlich auf die Bestimmung des § 16 BewG, dem unterschiedliche Lebenswahrscheinlichkeiten von Männern und Frauen zu Grunde liegen, abgestellt wurde, und nicht auf die Bestimmung des § 15 BewG. Danach wird der Kapitalwert von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen auf bestimmte Zeit durch die Summe der einzelnen Jahreswerte, abzüglich der - nach einem Zinssatz von 5,5 % zu berechnenden - Zwischen- und Zinseszinsen gebildet. Der Barwert einer vorschüssigen, auf zehn Jahre befristeten Leistung beträgt dabei 7,952 (vgl. Fellner, aaO, § 5 Rz. 48). Damit wurde der zehnjährigen Befristung ebenso Rechnung getragen wie im Falle der dem Ergänzungsvorhalt beigelegten Barwertberechnung, wo unter "abgekürzt" als Datum der letzten Zahlung der eingegeben worden ist.

Darüber hinaus erscheint die Berechnung ausgehend von einer monatlichen vorschüssigen Zahlungsweise bei einem Wohnungsgebrauchsrecht sachgerecht und ergibt zudem einen niedrigeren Barwert als bei jährlicher vorschüssiger Zahlungsweise.

Dem Bw ist insoweit zuzustimmen, als die Überlassung der Nutzung eines Grundstückes im Wege der Bestellung eines Fruchtgenussrechtes für sich alleine grunderwerbsteuerrechtlich unerheblich ist. Der vorliegende Fall ist aber insofern anders gelagert als die in den angeführten Judikaten dargestellten Sachverhalte, als Gegenstand dieses Verfahrens nicht die Bestellung eines Fruchtgenussrechtes ist - dieses wurde Dr. EB von der Verkäuferin eingeräumt -, sondern der Erwerb eines mit einem Fruchtgenussrecht belasteten Grundstücks durch den Bw und die Ermittlung der Gegenleistung im Sinne des GrEStG für diesen Grundstückserwerb.

Dem Einwand der Doppelbesteuerung hinsichtlich des Betrages von 40.000,00 € ist entgegen zu halten, dass der gegenständliche Kaufvertrag zwei voneinander zu unterscheidende Rechtsgeschäfte zum Inhalt hat: zum einen die entgeltliche Einräumung einer Dienstbarkeit, zum anderen den Kauf einer mit einem Fruchtgenussrecht belasteten Liegenschaft.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass gegenständlich eine Missbrauchsprüfung nach § 22 BAO angebracht erschiene, welche im Übrigen - von der Kapitalisierung des Nutzungsrechtes abgesehen - zum Gleichen steuerlichen Ergebnis führen würde (Erwerb einer unbelasteten Liegenschaft um einen Kaufpreis von 143.000,00 € durch den Bw, entgeltliche Einräumung eines Fruchtgenussrechtes zu Gunsten der nunmehrigen Ehegattin des Bw durch diesen). Ein Missbrauch ist eine rechtliche Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet; diesfalls ist zu prüfen, ob der gewählte Weg - nämlich die entgeltliche Einräumung eines Wohnungs- und Fruchtgenussrechtes durch die Verkäuferin im Zeitpunkt der Veräußerung - noch sinnvoll erscheint, wenn man den (beabsichtigten) abgabensparenden Effekt wegdenkt, oder ob er ohne das Resultat der Steuerminderung einfach unverständlich wäre. Es ist dabei Sache des Abgabepflichtigen, außersteuerliche Gründe darzutun ().

Dr. EB ist nunmehr mit dem Bw verheiratet und hat, wie eine Abfrage des Zentralen Melderegisters ergab, ihren Hauptwohnsitz ebenso wie der Bw bereits seit an der Adresse der durch den Bw erworbenen Eigentumswohnung. Wie der Bw mit Schreiben vom selbst anführte, bestand kein wirtschaftliches Interesse an der Einräumung eines Fruchtgenussrechtes für die Ehegattin des Bw durch die Verkäuferin. Nahe liegend wäre vielmehr gewesen, hätte der Bw Dr. EB die vertraglich festgelegten Rechte eingeräumt.

Gründe, weshalb Dr. EB Rechte direkt von der Verkäuferin erwerben wollte, wurden weder genannt, noch sind solche erkennbar, weil das ersterer eingeräumte Recht ohnedies nicht gegen die Verkäuferin, sondern gegen den Bw als nunmehrigem Liegenschaftseigentümer und Einzelrechtsnachfolger der Verkäuferin geltend zu machen wäre. Die Argumentation, es sei wesentlich einfacher gewesen, das Geld direkt zu überweisen und den Bw als "Zwischenstation" zu vermeiden, also nur eine statt zwei Überweisungen zu tätigen, ist unverständlich, weil ohnedies zwei Überweisungen getätigt wurden - nämlich je eine durch den Bw und dessen Ehegattin an die Verkäuferin - und es - außer steuerlich - keinen Unterschied gemacht und keinen Mehraufwand bedeutet hätte, hätte Dr. EB eine Überweisung von 40.000,00 € an den Bw anstatt an die Verkäuferin veranlasst und hätte der Bw sodann der Verkäuferin einen Betrag von 143.000,00 € anstatt von 103.000,00 € überwiesen. Außersteuerliche Gründe für diese ungewöhnliche Vertragsgestaltung konnten somit nicht glaubwürdig dargelegt werden.

Auf Grund obiger Ausführungen war das Dr. EB seitens der Verkäuferin eingeräumte und auf den Bw als Käufer übergegangene Wohnungs- und Fruchtgenussrecht - neben dem unstrittigen Kaufpreis von 103.000,00 € - nicht mit dem Nennbetrag von 40.000,00 €, sondern mit dem nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (§ 15 Abs. 1 BewG) ermittelten Kapitalwert in Höhe von 31.807,68 € in die Ermittlung der Gegenleistung einzubeziehen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Gegenleistung
befristetes Wohnrecht
auf dem Grundstück ruhende Belastung
Verweise
Dorazil-Takacs, 4. Aufl., Rz 10.50 und 10.51 zu § 5
Boruttau, dGrunderwerbsteuer, 15. Aufl., § 9 Rz 586

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