OGH vom 12.11.1984, 1Ob31/84
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann F*****, vertreten durch Dr. Hans Miksch, Rechtsanwalt in Jennersdorf, wider die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Max Keimel, Rechtsanwalt in Fürstenfeld, wegen Unterlassung (Streitwert 150.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 13 R 162/84-5, womit der Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom , GZ 4 Cg 96/84-2, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs und die Beantwortung des Revisionsrekurses, deren Kosten die Streitteile selbst zu tragen haben, werden zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, die Zuleitung des Wassers des H***** (L*****) über den künstlich angelegten Wasserweg zwischen H***** und K***** und von diesem über das Gerinne am rechten Ufer der Lafnitz in die Lafnitz im Bereich der Mühlenanlage des Klägers zu unterlassen. Er brachte zur Begründung des Begehrens vor, er sei Alleineigentümer der F***** in *****, die am linken Ufer der Lafnitz gelegen sei. Der H***** münde ein kurzes Stück unterhalb des am rechten Feistritzufer gelegenen Freibades der beklagten Partei in die Feistritz und habe bei Hochwasser wiederholt Überschwemmungen im Bereich des Bades ausgelöst. Es bestehe schon seit Jahren ein Projekt, den H***** und die Gewässer des K***** im Wege eines zu schaffenden Gerinnes im Bereich der Mühle des Klägers in die Lafnitz zu leiten. Dieses Projekt sei jedoch bisher von der Wasserrechtsbehörde nicht genehmigt worden. Am sei zwischen dem Bürgermeister der beklagten Partei und dem Kläger vereinbart worden, dass eine Einleitung des H***** in den Vorfluter (der Mühle) auch in geringen Mengen nicht vorgenommen werden dürfe, solange hierüber nicht weitere Verhandlungen erfolgten. Dennoch seien ohne Vorliegen einer Genehmigung der Wasserrechtsbehörde Grabungen, Umleitungen, Kanalisierungen, Verdämmungen und Schleusenanlagen errichtet worden, die es ermöglichten, das Wasser des H***** und des K***** in den Tumpf unterhalb der Wehranlage seiner Mühle zu leiten, wodurch diese bei Hochwasser des H***** von der Überschwemmung bedroht sei.
Das Erstgericht wies die Klage noch vor deren Zustellung an die beklagte Partei zurück. Gemäß § 138 WRG sei für die Beseitigung eigenmächtiger Neuerungen die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde gegeben.
Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs des Klägers Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Für die Zulässigkeit des Rechtswegs seien das Klagebegehren und der in der Klage vorgebrachte Sachverhalt maßgebend. Es sei auch möglich, dass derselbe Streitfall sowohl Gegenstand eines gerichtlichen als auch eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens sei; dies gelte insbesondere dann, wenn sich ein Grundeigentümer oder Wasserberechtigter durch eine eigenmächtige Neuerung beschwert erachtete. Im vorliegenden Fall stütze der Kläger sein Unterlassungsbegehren darauf, dass die beklagte Partei ohne Bewilligung der Wasserrechtsbehörde Einrichtungen zur Umleitung des Wassers des H***** in die Lafnitz im Bereich der Mühle des Klägers errichtet habe, wodurch dem Eigentum des Klägers durch unzulässige Immissionen erheblicher Schaden drohe. Es werde weiters behauptet, dass die Vorgangsweise der beklagten Partei einer zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung widerspreche. Der in der Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch werde demnach auf die drohende Verletzung des Eigentums des Klägers durch Immissionen sowie auf die Nichteinhaltung einer Vereinbarung, somit auf einem Privatrechtstitel, gestützt. Aufgrund dieses Sachvorbringens sei der Rechtsweg zulässig.
Einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands hielt das Rekursgericht nicht für erforderlich, weil der beklagten Partei nach einhelliger Rechtsprechung ein Rekurs gegen den im ersten Prüfungsverfahren ergangenen Beschluss des Rekursgerichts nicht zustehe.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den Beschluss erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig. Da mit dem angefochtenen Beschluss der Beschluss des Erstgerichts zwar formell aufgehoben, inhaltlich aber über die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs vom Rekursgericht in einem der Auffassung des Erstgerichts entgegengesetzten bejahenden Sinn entschieden wurde und demnach eine Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses vorliegt, gilt für dessen Anfechtung die Rechtsmittelbeschränkung des § 527 Abs 2 ZPO nicht (SZ 51/132; SZ 49/31 und 61; SZ 48/113; Fasching, Lehr- und Handbuch Rz 2018). Da das Rekursgericht eine Bewertung des Streitgegenstands unterließ, kann auch nicht gesagt werden, dass der Rekurs schon gemäß § 528 Abs 1 Z 5 ZPO unstatthaft (vgl hiezu Fasching aaO Rz 1682) wäre. Der Revisionsrekurs ist aber jedenfalls wegen mangelnder Legitimation des Rechtsmittelwerbers (vgl Fasching aaO Rz 1690) unzulässig. In der Entscheidung JB 61 neu = SZ 27/290 begründete der Oberste Gerichtshof ausführlich, dass dem Beklagten ein Rechtsmittel gegen den Beschluss, mit dem das Rekursgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über eine vom Erstgericht wegen Unzuständigkeit a limine zurückgewiesene Klage aufträgt, nicht zusteht. Der Beklagte, dem die Klage erst mit der Ladung zur Tagsatzung oder dem gemäß § 243 Abs 4 ZPO erteilten Auftrag, die Klagebeantwortung zu erstatten, zugestellt wird, nimmt an dem vor Anberaumung der Tagsatzung bzw vor Erteilung des Auftrags zur Klagebeantwortung vorgesehenen Prüfungsverfahrens (§ 41 Abs 1 JN;§ 230 Abs 2 ZPO) nicht teil. Mangels Zustellung der Klage ist der Beklagte formell noch nicht Partei des Prozesses geworden. Das Ergebnis der Vorprüfung ist für das weitere Verfahren auch nicht bindend, sodass dem Beklagten eine Beteiligung an diesem ersten Prüfungsverfahren trotz Eingriffs der zweiten Instanz verwehrt ist. Ebenso wie der Beschluss des Erstgerichts, über eine Klage eine Tagsatzung anzuberaumen, nach § 130 Abs 2 ZPO unanfechtbar ist, muss auch der Auftrag des Rekursgerichts, dies zu tun, unanfechtbar sein. Gegen den Auftrag zur unmittelbaren Erstattung der Klagebeantwortung schließt § 243 Abs 4 zweiter Halbsatz ZPO ein Rechtsmittel ausdrücklich aus. Die dargestellten Grundsätze werden von der Rechtsprechung auch auf andere Prozesshindernisse wie den Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit, die Zulässigkeit des Rechtswegs und die Streitanhängigkeit übertragen (SZ 27/355; SZ 37/94; JBl 1967, 90; MietSlg 24.538; 7 Ob 793/79; 8 Ob 14/82). Die beklagte Partei räumt im Revisionsrekurs selbst ein, dass ihr die Klage noch nicht zugestellt wurde. Sie ist demnach noch nicht Partei des Verfahrens geworden und schon deshalb nicht befugt, den Beschluss des Rekursgerichts mit dem dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage aufgetragen wurde, zu bekämpfen. Der von Fasching aaO Rdz 231 vertretenen gegenteiligen Rechtsansicht vermag der Oberste Gerichtshof aus den dargelegten Gründen nicht beizutreten.
Die Erstattung einer Rekursbeantwortung sieht § 521a ZPO nur in den dort genannten Fällen vor, insbesondere (§ 521a Abs 1 Z 3 ZPO) wenn sich ein rechtzeitig erhobener Rekurs gegen einen Beschluss richtet, mit dem eine Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen wurde. Gemäß § 232 Abs 1 ZPO wird die Streitanhängigkeit der Sache durch die Zustellung der Klage an den Beklagten begründet. Da im vorliegenden Fall die Klage vor Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen wurde, ist die Beantwortung des Revisionsrekurses unzulässig.
Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.