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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 18.06.2008, RV/0158-I/08

Ist religiöser Bekenntnisgemeinschaft die Befreiung nach § 15 Abs. 1 Z 14 ErbStG insbes. wg. "Gemeinnützigkeit" zuzuerkennen ?

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 1397/08 eingebracht. Mit Erk. v. aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/0466-I/09 erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X, Adr, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom hatte die Berufungswerberin (Bw) der Abgabenbehörde die Schenkung eines Geldbetrages in Höhe von € 40.000 von F angezeigt. Gleichzeitig wurde die Anwendung der Befreiung nach § 15 Abs. 1 Z 14 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG), BGBl 1955/141, idgF, beantragt, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Die Bw verfolge als staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft gemeinnützige und kirchliche Zwecke bzw. sei als gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgemeinschaft anzusehen. Die genannte Befreiung stehe schon deshalb zu, weil die Bw aufgrund der verfassungsmäßig garantierten Rechte ebenso - wie andere staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften - als juristische Person zu betrachten sei, die kirchliche Zwecke verfolge. Zudem stünde die Begünstigung wegen Förderung gemeinnütziger Zwecke zu, da insbesondere die Bw als eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft auch durch ihre tatsächliche Tätigkeit zur Förderung der Allgemeinheit auf geistigem, kulturellem, sittlichem und materiellem Gebiet beitrage. Die bisherige Rechtsauffassung, diese Begünstigung sei wegen Verfolgung von religiösen Zwecken nicht zu gewähren, sei überholt, da hiedurch regelmäßig auch die Allgemeinheit gefördert werde.

Das Finanzamt hat der Bw mit Bescheid vom , StrNr, gem. § 8 Abs. 1 (Stkl. V) ErbStG die 20%ige Schenkungssteuer im Betrag von € 7.978 vorgeschrieben.

In der dagegen erhobenen Berufung - welche dem UFS direkt (ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung) zur Entscheidung vorgelegt wurde - hat die Bw ua. unter Verweis auf §§ 35 und 38 BAO und die Vereinsrichtlinien ergänzend vorgebracht: "Sowohl aus unseren Statuten als auch aus unserer tatsächlichen Geschäftsführung geht hervor, dass wir dabei nicht nur unsere Mitglieder fördern, sondern dass unsere Tätigkeit sich an die Allgemeinheit wendet. Die Verbreitung dieser sittlichen und ethischen Wertvorstellungen erfolgt nämlich unentgeltlich und geschieht unter anderem durch das Abhalten von Zusammenkünften, zu denen auch die Öffentlichkeit eingeladen wird, durch die Verbreitung von Schriften, die jedem Interessierten kostenlos zur Verfügung gestellt werden und durch Seelsorgeeinrichtungen (auch in Krankenhäusern und Haftanstalten), die sowohl X als auch Außenstehenden zugute kommen. Die biblisch gebotene Gottes- und Nächstenliebe veranlasst X zu einer breiten Palette von Tätigkeiten, die von der Durchführung kostenloser Bibelkurse für Einzelpersonen bis hin zu groß angelegten Hilfeleistungen für die Allgemeinheit in Katastrophenfällen reicht. Außerdem sind wir in Österreich mittlerweile bereits die fünftgrößte Religionsgemeinschaft (lt. Volkszählung 2001), das heißt, wir haben mehr Mitglieder als 9 der 13 staatlich anerkannten Religionen. Angesichts dessen wird wohl niemand behaupten, dass der von uns geförderte Personenkreis eng begrenzt oder dauernd nur klein ist.Zweifellos sind wir also nicht nur "religiös für sich" tätig, sondern unsere religiösen Zwecke nützen im Einklang mit § 35 Abs. 2 BAO "dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet". Daraus ergibt sich, dass uns eine Abgabenbegünstigung aufgrund von Gemeinnützigkeit zu gewähren ist ...".

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in die aktuellen Statuten der Bw, die seit dem Jahr 1998 unverändert gültig sind, und auszugsweise lauten:

"PräambelAlleinige Grundlage ihres Glaubens und ihres Gottesdienstes ist die Heilige Schrift, durch deren Studium eine genaue Erkenntnis des allmächtigen Gottes ... erlangt werden kann ... X sind Christen und wenden die biblischen Grundsätze auf alle Bereiche des Lebens an. Sie folgen dem Beispiel des Sohnes Gottes, Jesus Christus, der durch sein Opfer die Rettung des Menschengeschlechtes bewirkt hat ...I Allgemeines 3) Die Religionsgesellschaft verfolgt das Ziel, allen Menschen zu helfen, ein persönliches Verhältnis zu ... Gott, dem Allmächtigen zu entwickeln und ihr Leben nach den Grundsätzen seines Wortes, der Bibel, auszurichten. Die öffentliche Verkündigung des Königreiches Gottes und seiner Segnungen für die Erde ist ein wesentliches Mittel zur Erreichung dieses Zieles ...II Mitgliedschaft1) Jemand wird Mitglied der Religionsgemeinschaft durch vollständiges Untertauchen in Wasser durch einen dazu bevollmächtigten Täufer. Zur Taufe wird nur zugelassen, wer keiner anderen Kirche oder Religionsgemeinschaft angehört, die Grundlehren der Bibel studiert hat, im Einklang mit den Lehren der Bibel lebt und daher von den Ältesten seiner Versammlung zur Taufe zugelassen wurde ...2) Alle Mitglieder haben das Recht, die Abendmahlsfeier und sämtliche anderen Zusammenkünfte der Versammlung zu besuchen und unentgeltliche Schulung und Unterweisung durch die vorhandenen Schulungs- und Versammlungsrichtlinien (Theokratische Predigtdienstschule, Bibliothek, etc.) zu empfangen. Die Gewährung geistlichen Beistandes sowie Hochzeitsansprachen und Beerdigungen durch ernannte Älteste sind unentgeltlich ...4) Die Mitgliedschaft endet durch Tod, Austritt oder Ausschluss ...III Leitung der Religionsgesellschaft1) Die Leitung der Religionsgesellschaft in Österreich obliegt dem Vorstand, der aus mindestens drei Personen besteht ...2) Dem Vorstand kommen alle Aufgaben zu, die nicht laut Statut einem anderen Organ der Religionsgesellschaft zugewiesen sind. In seinen Wirkungsbereich fallen insbesondere folgende Angelegenheiten: Geistliche und organisatorische Aufsicht über alle Versammlungen und sonstigen Einrichtungen der Religionsgesellschaft, der Predigttätigkeit und Verbreitung der Schriften der Religionsgesellschaft; Behandlung aller Lehr- und Glaubenspunkte sowie Kontaktpflege zu ... in anderen Ländern, um das Ergebnis der Erforschung der Bibel im Ausland auch den Mitgliedern der Religionsgesellschaft im Inland zugänglich zu machen und umgekehrt; ...11) Der Vorstand wählt jeweils für die Dauer von 3 Jahren einen oder mehrere Älteste zu ordentlichen Seelsorgern, welchen insbesondere die geistliche Aufsicht über das Lehrwerk und die Beratung der Versammlungen hinsichtlich der Seelsorge, der Lehrfragen sowie der Leistung der Zusammenkünfte der Versammlungen obliegt.IV Sonstige organisatorische Einrichtungen1) Die Religionsgesellschaft gliedert sich in Ortsgruppen, die als Versammlungen bezeichnet werden und aus den Mitgliedern und Gläubigen ihres begrenzten örtlichen Gebietes bestehen. Die Versammlungen werden von Ältesten (Aufsehern) und Dienstamtgehilfen geleitet. Die regelmäßigen Zusammenkünfte der Versammlungen dienen dem gemeinsamen Gottesdienst, der christlichen Belehrung und der Schulung für das Verkündigungswerk. Sie sind frei zugänglich ...V Finanzierung1) Die Finanzierung erfolgt durch Spenden, Erbschaften, Legate sowie Erträgnisse aus Besitz und Aufnahme von Darlehen ...VIII Vereine1) Bestehende Vereine, welche bisher zur Erfüllung religiöser Nebenzwecke gebildet wurden und nach dem Inhalt ihrer Satzungen dem Ziel der Bw dienen, werden über Antrag des Vereinsvorstandes als Vereine der Bw anerkannt ...2) Anerkannte Vereine unterstehen der Aufsicht des Vorstandes der Religionsgesellschaft und genießen die Förderung durch die Religionsgesellschaft auf geistlichem, organisatorisch administrativen, rechtlichem und wirtschaftlichem Gebiet ..."

An Sachverhalt steht weiters fest: Die Bw ist eine Religionsgesellschaft, welche am den Antrag auf Anerkennung gemäß BGBl. Nr. 68/1874 stellte. Mit dem Bescheid des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom wurde festgestellt, dass die Bw gemäß § 2 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften BGBl. I 19/1998 (im Weiteren kurz: BekGG) mit Wirksamkeit vom Rechtspersönlichkeit erworben hat. Sie ist daher berechtigt, sich als "staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft" zu bezeichnen.

Über die Berufung wurde erwogen:

I.) Abgabenrechtliche Grundlagen

Gemäß § 15 Abs. 1 Z 14 ErbStG sind Zuwendungen unter Lebenden von körperlichen beweglichen Sachen und Geldforderungen ua. an a) inländische juristische Personen, die ausschließlich gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, b) an inländische Institutionen gesetzlich anerkannter Kirchen oder Religionsgesellschaften, c) an politische Parteien steuerfrei.

Die Tatbestandsmerkmale "gemeinnützig, mildtätig und kirchlich" werden in den §§ 34 - 47 BAO definiert und geregelt.

Gemäß § 35 BAO sind solche Zwecke gemeinnützig, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt. Dies gilt insbesondere für Förderung der Kunst und Wissenschaft, der Gesundheitspflege, der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge für alte, kranke oder mit körperlichen Gebrechen behaftete Personen, des Körpersports, des Volkswohnungswesens, der Schulbildung, der Erziehung, der Volksbildung, der Berufsausbildung, der Denkmalpflege, des Natur-, Tier- und Höhlenschutzes, der Heimatkunde, der Heimatpflege und der Bekämpfung von Elementarschäden.

Gemäß § 37 BAO sind solche Zwecke mildtätig (humanitär, wohltätig), die darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen.

Gemäß § 38 BAO sind solche Zwecke kirchlich, durch deren Erfüllung gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften gefördert werden.

Unter den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sind nur (abgesehen von den durch Konkordat oder unmittelbar durch Gesetz anerkannten Kirchen) die durch das Anerkennungsgesetz RGBl. 68/1874 anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften zu verstehen.

Gemäß § 39 BAO liegt eine ausschließliche Förderung nur dann vor, wenn die Körperschaft, abgesehen von Nebenzwecken, keine anderen als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt.

II.) Religiöse Bekenntnisgemeinschaften

Gemäß § 1 des BekGG sind religiöse Bekenntnisgemeinschaften Vereinigungen von Anhängern einer Religion, die gesetzlich nicht anerkannt ist. Religiöse Bekenntnisgemeinschaften erwerben die Rechtspersönlichkeit durch Antrag beim Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach dem Einlangen dieses Antrages, wenn nicht innerhalb dieser Frist ein Bescheid über die Versagung der Rechtspersönlichkeit zugestellt worden ist.

Seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen für Religionsgemeinschaften folgende Möglichkeiten der rechtlichen Konstituierung: a) eine Anerkennung nach dem Gesetz betreffend Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl. 68/1874 b) die Eintragung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft nach dem BekGG 1998 c) ein Zusammenschluss nach dem Vereinsgesetz.

Zu a) Die gesetzliche Anerkennung für Kirchen und Religionsgemeinschaften impliziert nicht nur die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts, sie eröffnet auch den Zugang zu mehreren auf einfachgesetzlicher Ebene eingeräumten Rechtsvorteilen zB Schulwesen, Personenstandswesen, Arbeitsrecht, Wehr- und Zivildienstregelung und Abgabenrecht.

Zu b) § 1 des BekGG lautet ausdrücklich, dass religiöse Bekenntnisgemeinschaften Vereinigungen von Anhängern einer Religion sind, die gesetzlich nicht anerkannt ist. Ziel des BekGG ist, dass damit eine Rechtsgrundlage zum Erwerb der speziellen Rechtspersönlichkeit für religiöse Bekenntnisgemeinschaften geschaffen wurde, ohne dass gleichzeitig die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts erworben wird (938 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP). Durch die Eintragung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft oder Zusammenschluss nach dem Vereinsgesetz können sich Religionsgemeinschaften zu juristischen Personen des privaten Rechts zusammenschließen (Schinkele, Bekenntnisgemeinschaften und verfassungsrechtlicher Vertrauensschutz, JBl 2002, 505f; Jürgen Noll in "Staat und "Sekten"-staatliche Information und Rechtsschutz", Hg. Mayer, 48 ff.).

Der Verfassungsgerichtshof befasste sich in den Erkenntnissen vom , B 1408/02, und , B 1768/02, welche die Bw betrafen, bereits mit der Frage der Differenzierung zwischen gesetzlich anerkannten und anderen Religionsgemeinschaften anhand des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Personenstandsgesetzes. Es liegt keine Verletzung der Religionsfreiheit und des Gleichheitsrechtes durch die Abweisung eines Antrages auf Feststellung der Ausnahme der entgeltlichen Seelsorgetätigkeit eines philippinischen Ehepaares für die Bw vom sachlichen Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, sowie durch die Versagung der Eintragung des gemeinsamen Religionsbekenntnisses eines Ehepaares, das keiner gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft, sondern einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft zugehört, vor. Der VfGH führt weiters aus: "Die Unterscheidung zwischen gesetzlich anerkannten und nicht anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften ist durch Art. 15 StGG verfassungsgesetzlich vorgegeben. Mit der Anerkennung erlangt die Kirche oder Religionsgemeinschaft die im Gesetz näher beschriebene Stellung, die es ihr erlaubt, an der Gestaltung des staatlichen öffentlichen Lebens teilzunehmen. Da dieser Status bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen allen Kirchen und Religionsgesellschaften zuerkannt werden kann und muss, begegnet die Differenzierung zwischen gesetzlich anerkannten und anderen Gemeinschaften im hier gegebenen Zusammenhang als solche keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das seit Art. 63 des Staatsvertrages von St. Germain 1919 allen Österreichern garantierte Recht, "öffentlich oder privat jede Art Glauben, Religion oder Bekenntnis frei zu üben", ist von der gesetzlichen Anerkennung nicht abhängig und durch deren allfällige Versagung ebenso wenig berührt wie die in Art. 9 EMRK garantierte Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Die Möglichkeit, im Rechtsverkehr gleich anderen Vereinigungen als organisatorische Einheit aufzutreten, ist nunmehr durch einen dem System des Vereinsrechtes nachgebildeten Erwerb der Rechtspersönlichkeit nach dem (der Bedeutung und Eigenart der religiösen Bekenntnisgemeinschaften Rechnung zu tragen suchenden) Bekenntnisgemeinschaftengesetz gewährleistet" (vgl. dazu auch ).

III.) § 15 Abs. 1 Z 14 lit. b ErbStG

Die Bw ist keine gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgesellschaft, dh. keine öffentlich rechtliche Körperschaft, sondern vielmehr aufgrund des BekGG 1998 eine juristische Person des privaten Rechtes. Da in der obangeführten Befreiungsbestimmung die "religiöse Bekenntnisgemeinschaft" nicht ausdrücklich genannt ist, kann der Bw die Begünstigung von vorneherein nicht zukommen (vgl. ).

IV.) § 15 Abs. 1 Z 14 lit. a ErbStG

Nach den Statuten verfolgt die Bw als Religionsgesellschaft das Ziel, allen Menschen zu helfen, ein persönliches Verhältnis zu Gott zu entwickeln und ihr Leben nach den Grundsätzen seines Wortes, der Bibel, auszurichten. Die Mitglieder sind Christen und wenden die biblischen Grundsätze auf alle Bereiche ihres Lebens an. Alle Mitglieder haben das Recht, unentgeltlich Schulung und Unterweisung durch die vorhandenen Schulungs- und Versammlungsrichtlinien (Theokratische Predigtdienstschule, Bibliothek etc.) zu empfangen.

Die Gemeinnützigkeitsbestimmungen haben ihren historischen Ursprung in der Entlastung der staatlichen Einrichtungen und weisen darüber hinaus durch die demonstrative Aufzählung der Fall- und Anwendungsbeispiele auf eine Förderung der Allgemeinheit primär im säkulären Bereich hin. Während Religionsgesellschaften - gleichgültig ob als anerkannte Religion oder als religiöse Bekenntnisgemeinschaft - bezwecken, das gesamte Leben ihrer Mitglieder im Sinne der Religionsgrundsätze ("Die Mitglieder sind Christen und wenden die biblischen Grundsätze auf alle Bereiche ihres Lebens an") umfassend zu gestalten, ist ein solches lebensumfassendes Konzept bei den gemeinnützigen Zwecken iSd BAO (Pensionistenklubs, Fußballvereine, Höhlenschutz etc.) nicht zu ersehen. Die gemeinnützigen Zwecke fördern die Allgemeinheit in abgegrenzten kleinen, klar definierten Bereichen (Baldauf, Die Förderung religiöser Zwecke im Sinne des § 35 BAO, FJ Nr. 4/2002, 126 ff). Die Bw unterstützt auch nicht nur hilfsbedürftige Personen.

Die Bw ist nicht kirchlich tätig, da sich § 38 BAO nicht auf das unmittelbare Wirken der Religionsgemeinschaft selbst (die dazu noch eine gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaft sein muss), sondern auf deren Unterstützung durch andere Organisationen, die ihr Wirken in den Dienst der Kirche oder Religionsgemeinschaft stellen, bezieht.

V.) Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes betr. die "Gemeinnützigkeit" und die "ausschließliche Förderung"

Mit Erkenntnis vom , 2001/16/0369, wies der VwGH die Beschwerde des Vereines, der sein Wirken in den Dienst der Bw stellt, als unbegründet ab und verwies auf das Erkenntnis vom gleichen Tag, 2001/16/0366 bis 0368. Das Erkenntnis mit der Zahl 2001/16/0369 befasst sich damit, ob die Begünstigung des linearen Steuersatzes gemäß § 8 Abs. 3 ErbStG zum Tragen kommt. Die anderen Erkenntnisse haben die "Spendenbegünstigung" gemäß § 15 Abs. 1 Z 14 ErbStG, ebenfalls in Bezug auf den Verein, der sein Wirken in den Dienst der Bw stellt, zum Gegenstand. Die Entscheidungsgründe lauten auszugsweise wie folgt:

"Was den weiters geltend gemachten Befreiungsgegenstand des gemeinnützigen Zwecks betrifft, ist zunächst auf § 41 Abs. 1 BAO zu verweisen, wonach die Satzung der Körperschaft die ausschließliche und mittelbare Betätigung für einen solchen Zweck ausdrücklich vorsehen muss. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2001/16/0563, betont, dass die rein formale programmatische Anführung der Begriffe "religiöse, gemeinnützige und mildtätige Zwecke" in der Satzung nicht ausreicht, was im vorliegenden Fall bedeutet, dass anhand der Z 1 des § 3 der Satzung die Gemeinnützigkeit nicht bejaht werden kann.Was die Z 2 dieser Statutenbestimmung betrifft, ist ein entscheidender Unterschied zu jenen Statuten, die der Verwaltungsgerichtshof im zuletzt zitierten Erkenntnis zu beurteilen hatte, nicht auszumachen. Genau wie im Fall jenes Erkenntnisses muss auch hier anhand des § 3 der Satzungen davon ausgegangen werden, dass die dortigen Aktivitäten in erster Linie der Förderung der Verbreitung eines bestimmten Glaubens mit dem eindeutigen Schwerpunkt der Missionierung dienen. Dies erhellt schon aus der Formulierung, Zweck des Vereins sei die Förderung des Bibellesens unter allen Bevölkerungskreisen zur Erziehung der Allgemeinheit. Insbesondere der im § 3 Z 2 lit. c getroffene Verweis auf "wahres" Christentum bringt die Abhebung dieser Religionsgemeinschaft von anderen Religionsgemeinschaften deutlich zum Ausdruck; damit, dass "wahres" Christentum gefördert wird, soll letztlich ein bestimmter Glaube mit dem Schwerpunkt der Missionierung verbreitet werden.Es bedarf keiner Erörterung, ob durch die Förderung des Bibellesens die Allgemeinheit im Sinne des im § 35 Abs. 2 BAO aufgestellten Kriterienkatalogs gefördert wird; entscheidend ist vielmehr, dass offenkundig ein bestimmter Glaube verbreitet werden soll, sodass die Ausschließlichkeit des in § 35 BAO beschriebenen Zwecks keinesfalls bejaht werden kann. Eine ausschließliche Förderung liegt nach § 39 Z 1 BAO ja nur dann vor, wenn die Körperschaft von völlig untergeordneten Zwecken abgesehen, keine anderen als gemeinnützige Zwecke verfolgt."

In seinem jüngsten Erkenntnis vom , 2005/16/0277, womit der VwGH eine Beschwerde der Bw betr. einen Schenkungssteuerbescheid abweist, führt der VwGH begründend aus:

"Die Beschwerde erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schließlich darin, dass die von ihr verfolgten religiösen Zwecke jedenfalls als gemeinnützig anzusehen seien. Das Gesetz gehe davon aus, dass religiöse Bekenntnisgemeinschaften ihre Einnahmen und ihr Vermögen grundsätzlich für religiöse Zwecke verwenden müssten, wozu auch in der religiösen Zielsetzung begründete gemeinnützige und mildtätige Zwecke zählten. In Übereinstimmung damit gehe das Bundesministerium für Finanzen davon aus, dass religiöse Bekenntnisgemeinschaften grundsätzlich als gemeinnützige Körperschaften abgabenbegünstigt sein könnten.Die Frage, ob den von den Statuten der Beschwerdeführerin (Bf) verfolgten Zielen Gemeinnützigkeit im Sinne der §§ 34 ff BAO zuzubilligen ist, entscheidet sich im vorliegenden Fall schon daran, dass nach § 35 Abs. 1 BAO gemeinnützig nur solche Zwecke sind, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Nach § 36 Abs. 1 BAO ist ein Personenkreis nicht als Allgemeinheit aufzufassen, wenn er nach den dort näher genannten Merkmalen abgeschlossen ist. Nun mag die Bf das Ziel verfolgen, allen Menschen zu helfen, ein persönliches Verhältnis zu Gott, dem Allmächtigen, zu entwickeln und ihr Leben nach den Grundsätzen seines Wortes, der Bibel, auszurichten; daneben sehen diese Statuten jedoch nur für Mitglieder das Recht vor, die Abendmahlsfeier und sämtliche andere Zusammenkünfte der Versammlung zu besuchen und unentgeltliche Schulung und Unterweisung durch die vorhandenen Schulungs- und Versammlungsrichtlinien (Theokratische Predigtschule, Bibliothek etc.) zu empfangen. Die Gewährleistung geistlichen Beistandes sowie Hochzeitsansprachen und Beerdigungen durch ernannte Älteste sind - für Mitglieder - unentgeltlich. Damit grenzen die Statuten der Bf jenen Personenkreis, der exklusiv in den Genuss näher bezeichneter Leistungen der Bf gelangen kann, gegenüber der Allgemeinheit durch das Band der Mitgliedschaft ab. An Hand der Statuten kann nicht bejaht werden, dass die Mitgliedschaft zur Bf jedermann und damit der Allgemeinheit offen stünde, ist doch die Zulassung zum konstitutiven Akt der Taufe von der Erfüllung der dort näher umschriebenen Voraussetzungen und letztlich davon abhängig, von den Ältesten der Versammlung zur Taufe zugelassen zu werden ...Auch kann nicht gesagt werden, dass die ausschließlich für Mitglieder vorgesehenen Rechte (Leistungen) nur völlig untergeordnete Nebenzwecke der Bf darstellen würden.Schon damit verfehlt die Bf nach Gesetz und Satzung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung die ausschließliche und unmittelbare Förderung gemeinnütziger Zwecke".

VI.) Zusammenfassung

Die Bw als religiöse Bekenntnisgemeinschaft nach dem BekGG ist keine öffentlich rechtliche Körperschaft, sondern es kommt ihr lediglich die Position einer juristischen Person privaten Rechtes zu. Nach dem BekGG und der VfGH-Judikatur ist die Bw als Bekenntnisgemeinschaft keine gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgemeinschaft und kann definitiv nicht als solche "angesehen" werden. Wenn aber in § 15 Abs. 1 Z 14 lit. b ErbStG diese Eigenschaft für die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung vorausgesetzt wird, so ist demzufolge die diesbezüglich beantragte Begünstigung zu versagen.

Im Hinblick auf die begehrte Befreiung nach § 15 Abs. 1 Z 14 lit. a ErbStG ist festzuhalten: Die Gemeinnützigkeitsbestimmungen sind primär säkular zu verstehen und fördern die Allgemeinheit in partiellen Bereichen, was von der juristischen Person ausschließlich zu verfolgen ist. Religionsgesellschaften streben die religiöse Sozialisierung des gesamten Lebens von Bevölkerungsteilen an und zeichnen sich durch den hohen Grad an Integration aller Lebensbereiche aus. Die Statuten der Bw als deklarierte religiöse Bekenntnisgemeinschaft integrieren das gesamte Leben der Mitglieder (zB "Die Religionsgesellschaft verfolgt das Ziel, allen Menschen zu helfen und ihr Leben nach den Grundsätzen der Bibel auszurichten") und sind keinem der in § 35 Abs. 2 BAO aufgezählten Zwecke ausschließlich zuordenbar.

Wie aus obiger Judikatur hervorkommt, werden daher von der Bw allfällig ausgeübte gemeinnützige Zwecke zum Einen nicht ausschließlich verfolgt, weil die anderweitigen Zwecke nicht als untergeordnete Nebenzwecke zu beurteilen sind, und stellt der VwGH zum Anderen die "Gemeinnnützigkeit" an sich insofern in Abrede, als das Kriterium der Allgemeinheit nicht erfüllt wird, weil die erbrachten Leistungen an das Band der Mitgliedschaft zur Bw geknüpft bzw. dadurch eingeschränkt sind.

Da sohin die Bw als religiöse Bekenntnisgemeinschaft weder eine gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgemeinschaft noch eine inländische juristische Person ist, die ausschließlich iSd § 39 BAO gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt, kann infolge Fehlens wesentlicher Merkmale die Befreiung des § 15 Abs. 1 Z 14 ErbStG für Zuwendungen an die Bw nicht gewährt werden.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage konnte daher der Berufung kein Erfolg zukommen und war spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 15 Abs. 1 Z 14 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955
§ 35 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 38 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 39 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Religionsgesellschaft
Bekenntnisgemeinschaft
Gemeinnützigkeit
mildtätige Zwecke
kirchliche Zwecke
Ausschließlichkeit
Allgemeinheit
Satzung
Statuten
Verweise
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 2009, 208

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at