Steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Einkommensteuer 2004 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw) bezieht als Angestellter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit Bescheid vom führte das Finanzamt eine erklärungsgemäße Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2004 durch, die zu einer Abgabengutschrift führte. Aufgrund einer Mitteilung der L-GmbH nach § 109a EStG stellte das Finanzamt fest, dass der Bw im Jahr 2004 als Zeitungszusteller in der Zeit von Jänner bis Mai 2004 Einnahmen von 1.939,13 € bezogen hat.
Im wiederaufgenommenen Verfahren erließ das Finanzamt am für das Jahr 2004 einen neuen Einkommensteuerbescheid in dem neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von 1.822,78 € angesetzt wurden. In der Begründung führte das Finanzamt aus, da der Bw aus einem Werkvertrag mit der L-GmbH nicht erklärte Einnahmen in der Höhe von 1.939,13 € bezogen habe, seien diese von Amts wegen festgesetzt worden, wobei von den gesamten Einnahmen 6% pauschale Betriebsausgaben iSd § 17 Abs. 1 EStG 1988 in Abzug gebracht worden seien.
In der gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom eingebrachten Berufung brachte der Bw vor, das Einkommen aus dem Werkvertrag mit der L-GmbH habe er deshalb nicht erklärt, weil dieser Werkvertrag von ihm und vier Vertretern ausgeführt worden sei. Gegenüber der L-GmbH sei er als Vertrags- und Ansprechpartner aufgetreten, damit nicht mit jedem Einzelnen ein Werkvertrag abgeschlossen werden musste. Das erzielte Einkommen aus diesem Werkvertrag sei zu gleichen Teilen durch fünf aufgeteilt worden. Der auf fünf Personen aufgeteilte Betrag von 1.939,13 € liege unterhalb der Freibetragsgrenze und sei deshalb von ihm nicht erklärt worden. Mit der L-GmbH sei vereinbart worden, dass bei der Meldung des Werkvertrages dem Finanzamt mitgeteilt werde, dass dieser Vertrag von fünf Personen erfüllt werde. Dabei scheine etwas schief gelaufen zu sein. Er ersuche um Berücksichtigung dieser Angaben und um Neuberechnung der Einkommensteuer.
Auf Ersuchen des Finanzamtes eine Bestätigung der L-GmbH vorzulegen, aus der hervorgehe, an welche Personen (unter Angabe der Anschriften), welcher Betrag ausbezahlt worden sei, gab der Bw vier Namen und deren Anschriften bekannt, bei denen es sich (wie die weiteren Ermittlungen ergaben) um seine Ehegattin, seine Schwiegermutter, seinen Bruder und eine weitere Person handelt. Weiters führte er aus, der Betrag von 1.939,13 € sei an ihn ausgezahlt worden. Der Vertrag sei aber von den angeführten Personen erfüllt worden. Er habe 399 € und die anderen jeweils 385 € erhalten. Sie hätten das auf Anraten der L-GmbH so gemacht, weil es für die L-GmbH einfacher gewesen sei, nur einen Partner zu haben. Die Aufteilung der Einnahmen hätten sie intern geregelt. Dass es gegenüber dem Finanzamt besser gewesen wäre jeden einzelnen als Partner zu melden und die Auszahlung durch die L-GmbH an jeden Einzelnen vorzunehmen zu lassen, habe ihnen leider keiner gesagt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und verwies in der Begründung auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Rechtsbeziehungen zwischen nahen Verwandten, nach der eine klare Abgrenzung zwischen der steuerlich beachtlichen Sphäre der Einkommenserzielung und der steuerlich unbeachtlichen Sphäre der Einkommensverwendung gegeben sein müsse, die im vorliegenden Fall nicht vorliege. Sinngemäß wurde ausgeführt durch eine Art "Splitting" der Steuerbemessungsgrundlage unter nahen Angehörigen sei versucht worden die Steuerpflicht zu verhindern.
In dem als Vorlageantrag zu wertenden Schreiben vom wurde ergänzend ausgeführt, bei diesem Werkvertrag habe es sich um die Zustellung der L Tageszeitung gehandelt. Diese Tätigkeit sei zwischen den genannten Personen so aufgeteilt worden, dass jeder an einen bestimmten Wochentag die Zustellung vorzunehmen hatte, an Samstagen und Feiertagen hätten sie nach Absprache zugestellt. Er habe vom Gesamtbetrag einen geringfügig höheren Anteil erhalten, weil er gegenüber der L-GmbH Ansprechpartner gewesen sei und die Telefonkosten getragen habe. Zum damaligen Zeitpunkt sei er mit seiner jetzigen Ehefrau noch gar nicht verheiratet gewesen und somit habe auch kein Verwandtschaftsverhältnis bestanden. Gegenseitige Rechnungen hätten sie sich nicht ausgestellt. Sie hätten damals diesen Werkvertrag abgeschlossen und die L Tageszeitung ausgetragen, um ihrer Mutter zum 65. Geburtstag eine Flugreise schenken zu können.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zuletzt: ) können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie
- nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizität),
- einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und
- auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.
Diese in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen (ua aus jüngerer Zeit: ).
Der Grund für diese Anforderungen liegt zum einen darin, dass das zwischen Familienangehörigen typischerweise unterstellte Fehlen eines solchen Interessengegensatzes, wie er zwischen Fremden besteht, die Gefahr einer auf diesem Wege bewirkten willkürlichen Herbeiführung steuerlicher Folgen mit sich bringt, der im Interesse der durch § 114 BAO gebotenen gleichmäßigen Behandlung aller Steuerpflichtigen begegnet werden muss; zum anderen steht hinter den beschriebenen Kriterien für die Anerkennung vertraglicher Beziehungen zwischen nahen Angehörigen auch die Erforderlichkeit einer sauberen Trennung der Sphären von Einkommenserzielung einerseits und Einkommensverwendung andererseits ().
Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass der Bw Vertragspartner des mit der L-GmbH abgeschlossen Werkvertrages über die Zustellung der L Tageszeitung war. Auch ist das dafür vereinbarte Entgelt an ihn ausbezahlt worden. Die Behauptung, wonach er diesen Vertrag und somit die Zeitungszustellung gemeinsam mit seiner jetzigen Ehefrau, seinem Bruder, seiner Schwiegermutter und einer ehemaligen Nachbarin erfüllt habe und die Einnahmen aus diesem Werkvertrag an alle Beteiligte aufgeteilt habe, ist durch nichts erwiesen.
Eine konkrete Vereinbarung mit den angeblich Beteiligten über die zu erbringende Leistung und die Höhe der Provision, wie es für eine Anerkennung zwischen nahen Verwandten nach oben angeführten Kriterien geboten wäre, hat nach den Angaben der Bw nicht bestanden. Auch hat der Bw keinen Nachweis erbracht, dass er an seine angeblich Mitbeteiligte oder Vertreter Zahlungen geleistet hat.
Die behaupteten Zahlungen an seine Angehörigen konnten daher bereits in Anwendung der eindeutigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Erfordernissen der Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen nicht anerkannt werden.
Zudem hat der Ehegatte von Regina A (Schwiegermutter des Bw), zu den Angaben des Bw befragt, erklärt, seine Ehefrau habe nie, weder für den Bw noch für jemand anderen, Zeitungen zugestellt. Auch Christine B, angeblich eine ehemalige Nachbarin des Bw, die nach seinen Angaben ebenfalls gemeinsam mit ihm Zeitungen zugestellt haben solll, war in einer telefonischen Anfrage des Referenten über die Angaben des Bw völlig empört und erklärte, sie sei bereits seit rd. 15 Jahren in Pension und habe niemals Zeitungen zugestellt, auch kenne sie weder den Bw noch die anderen Personen, mit denen sie gemeinsam Zeitungen zugestellt haben soll. Auch der Bruder des Bw, der wie die amtlichen Ermittlungen ergaben, bereits seit vielen Jahren in R arbeitet und in C, das rd. 80 km vom Wohnort des Bw entfernt ist, wohnt, wird wohl kaum am Wohnort des Bw bzw. in Innsbruck Zeitungen zugestellt haben.
Dazu befragt, bestreitet der Bw gar nicht, dass seine Schwiegermutter Regina A und seine angebliche Nachbarin Christine B keine Zeitungen für ihn zugestellt haben. Er wendet lediglich ein, er habe für seine Schwiegermutter und die Nachbarin, die sich auch am Geburtstagsgeschenk für seine Mutter beteiligt hätten, die Zeitungen zugestellt.
Ein Geburtstagsgeschenk ist - wie auch dem Bw bewusst sein muss - ein Akt der Einkommensverwendung, der bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens unberücksichtigt bleiben muss. Zu der Feststellung, dass sein Bruder M rd. 80 km entfernt wohnt und daher wohl kaum für ihn Zeitungen zugestellt haben kann, meinte er, der Bruder sei an den Wochenenden nach I gekommen und habe an diesen Tagen die Zustellung vorgenommen.
Aufgrund des dargestellten Aussagen ist es unzweifelhaft, dass die Angaben des Bw, wonach die vom ihn angeführten Personen an der Zeitungszustellung mitgewirkt und sie dafür entsprechend entlohnt worden wären, unrichtig sind. Auch der Einwand, wonach sein Bruder M an den Wochenenden die Zeitung zugestellt haben soll, erscheint in Anbetracht der Gesamtumstände völlig unglaubwürdig, zumal der Bw im Vorlageantrag noch behauptet hat, jeder der fünf Beteiligten habe an einem Tag von Monat bis Freitag die Zustellung vorgenommen. Es ist offenkundig, dass der Bw durch unrichtige Angaben versucht hat, die Besteuerung der erzielten Einkünfte zu verhindern.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am
Ergeht auch an: Finanzamt als Amtspartei
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Zeitungszusteller nahe Angehörige |
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