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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 31.07.2006, RV/0941-W/04

1. begünstigter Tatbestand der Nutzungsüberlassung zu Wohnzwecken nach § 33 TP 5 Abs. 3 3. Satz 2. Darf bei Vorliegen von bestimmter und unbestimmter Vertragsdauer mehr als der 18fache Jahreswert für die wiederkehrenden Leistungen der Gebührenbemessung zu Grunde gelegt werden?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0941-W/04-RS1
Es erhält die Bw. die Bestandsache im gegenständlichen Fall nicht unmittelbar zu Wohnzwecken übertragen, vielmehr hat sie die Verpflichtung und entspricht es ihrem Geschäftszweck die Bestandsache in einem weiteren Schritt zu Wohnzwecken zu vermieten. Der hier zu betrachtende Vertrag erfüllt daher noch nicht den durch § 33 TP 5 Abs. 3 3. Satz begünstigten Tatbestand der Nutzungsüberlassung zu Wohnzwecken.
RV/0941-W/04-RS2
Der Gesetzgeber hat jedoch durch die Bestimmungen des § 15 Abs. 1 und Abs. 2 BewG - wonach letzterer zufolge selbst immerwährende Nutzungen oder Leistungen mit dem Achtzehnfachen des Jahreswertes zu bewerten sind – klar zum Ausdruck gebracht, dass die Bewertung wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen im 18fachen Jahreswert ihre Obergrenze finden soll.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Prunbauer, Themmer & Toth Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, Biberstraße 15, vom gegen den vorläufigen Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr. betreffend Rechtsgebühr entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert wie folgt:

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 GebG wird die Gebühr mit 1% von € 228.000,- in Höhe von € 2.280,- festgesetzt.

Der Bescheid bleibt gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig.

Entscheidungsgründe

Am schloss das IIFP als Vermieterin mit der Bw. als Mieterin einen Mietvertrag.

Hierin ist festgehalten, dass die Vermieterin dingliche Fruchtnießerin der Liegenschaft EZ ist.

Ob der Liegenschaft ist ein Gebäude errichtet, bestehend aus sieben Geschossen inklusive Keller und Rohdachboden.

Die Mieterin ist daran interessiert den Rohdachboden anzumieten, den Mietgegenstand zu Wohnzwecken auf eigene Rechnung in zwei Ebenen auszubauen und derart eine Wohnnutzfläche von etwa 240 m2 zuzüglich Terrassenflächen im Ausmaß von etwa 80 m2 zu schaffen. Die Mieterin ist interessiert, den Mietgegenstand von der Vermieterin auf Grundlage des Vertrages zu mieten und die Vermieterin ist interessiert, den Mietgegenstand an die Mieterin auf Grundlage des Vertrages zu vermieten.

Durch Anbot-Annahme kam der Mietvertrag zustande.

Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. In Punkt 9. treffen die Vertragsparteien Abreden über Kündigungsverzicht und Entgelt. Laut Punkt 9.1. verzichtet die Mieterin auf ihr Recht zur Aufkündigung des vertragsgegenständlichen Bestandverhältnisses während eines Zeitraumes von 40 Jahren ......... und in Punkt 9.2. verzichtet die Vermieterin auf ihr Recht zur Aufkündigung des vertragsgegenständlichen Bestandverhältnisses während eines Zeitraumes von 99 Jahren ......... In Punkt 9.3. kommen die Vertragsparteien überein, dass die Vermieterin auf die Geltendmachung der Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs. 2 Z. 4 (Weitergabe) und Z. 6 (Leerstehung) MRG verzichtet. Im Gegenzug dafür vereinbaren die Parteien die Verpflichtung der Mieterin an die Vermieterin einen einmaligen Pauschalbetrag in Höhe von € 15.000,- pro geltend zu machenden Kündigungsgrund zuzüglich Umsatzsteuer, sohin € 30.000,- zuzüglich Umsatzsteuer zu entrichten.

Der monatliche Mietzins ist in Punkt 3.1. mit € 0,66 pro m2 Nutzfläche zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer vereinbart, für die Terrassenflächen mit der Hälfte dieses Mietzinses. In Punkt 3.2. vereinbaren die Parteien die Verpflichtung der Mieterin eine pauschalierte Mietzinsvorauszahlung in Höhe von € 75.000,- zuzüglich Umsatzsteuer zu bezahlen, welche den vereinbarten Mietzins für die ersten 10 Jahre ab Abschluss des Vertrages abgilt. Die Mietzinsvorauszahlung sowie das Entgelt von € 30.000,-gemäß Punkt 9.3. ist bei Vertragsunterfertigung treuhändig zu hinterlegen.

In Punkt 3.3. halten die Parteien fest, dass die genaue Nutzfläche des Mietgegenstandes erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt sein wird .........

Punkt 8. hält fest, dass der Mietgegenstand ausschließlich für Wohnzwecke verwendet wird und dass ausschließlicher Unternehmensgegenstand der Mieterin die Vermietung des Mietgegenstandes für Wohnzwecke ist.

In Punkt 12. wird vereinbart, dass die Mieterin für die Verlegung des Aufzugmaschinenraumes einen Kostenbeitrag von € 30.000,- zu leisten hat.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 GebG vorläufig fest.

Der Gebührenbemessung legte das Finanzamt das 21 fache (diesen Faktor errechnete das Finanzamt aus der unbestimmten Vertragsdauer zuzüglich der bestimmten Vertragsdauer, die mit dem 18fachen beschränkt ist) Jahresentgelt inklusive Umsatzsteuer, das Entgelt für den Verzicht auf die Geltendmachung der Kündigungsgründe inklusive 20% Umsatzsteuer gemäß Punkt 9.3. sowie den Kostenbeitrag gemäß Punkt 12. des Vertrages zu Grunde.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bw. das Rechtsmittel der Berufung. Sie wendet sich in 2facher Hinsicht gegen das 21 fache Jahresentgelt. Die Bw. führt aus, dass gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 3. Satz GebG abweichend vom ersten Satz bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft, wie Keller- und Dachbodenräume, die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen sind. Da im gegenständlichen Fall Gebäudeteile zu Wohnzwecken angemietet werden, hätte das Finanzamt nur das 3fache Jahresentgelt der Bemessung zu Grunde legen dürfen. Gehe man jedoch von der Annahme aus, dass die Ausnahmeregelung des 3. Satzes im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelänge, so sei jedoch nur vom 18fachen Jahresentgelt auszugehen, da dieses einen Höchstwert darstelle.

Über die Berufung wurde erwogen:

Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) unterliegen gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 einer Gebühr von 1 v.H. nach ihrem Wert.

Gemäß Abs. 3 leg.cit. sind die wiederkehrenden Leistungen bei unbestimmter Vertragsdauer mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. Abweichend vom ersten Satz sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen.

Gemäß § 26 GebG gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist."

Gemäß § 15 Abs. 1 BewG darf der Gesamtwert das Achtzehnfache des Jahreswertes nicht übersteigen.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind immerwährende Nutzungen oder Leistungen mit dem Achtzehnfachen des Jahreswertes, ......... zu bewerten.

Die Bw. erhob aus zwei Gründen Berufung und zwar:

1. da das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien die wiederkehrenden Leistungen nicht gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 3. Satz GebG nur mit dem 3fachen Jahreswert angesetzt hat und

2. weil das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien bei Bemessung der Gebühr u.a. einen den 18fachen Jahreswert übersteigenden Wert zu Grunde legte.

Zu Punkt 1. ist zu sagen:

Nach der Regierungsvorlage (), 1471 der Beilagen zu den Stenografischen Protokollen des Nationalrates XX. GP, BGBl. I 28/1999 zu § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sollte die Einführung der Höchstgrenze bei Vervielfachung der wiederkehrenden Leistungen bei Wohnungsmietverträgen die durch die anfallende Hundertsatzgebühr entstehenden Kosten beschränken und dadurch die Miete und Nutzungsüberlassung von Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten begünstigen.

Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien kommt es bei der Beurteilung des Gebrauchs eines Bestandobjektes darauf an, zu welchem überwiegenden Zweck der Bestandgegenstand vermietet wurde. Ob der Wohn- oder der Geschäftszweck überwiegt, richtet sich in erster Linie nach der Parteienabsicht (vergleiche hiezu z.B. Zl. 7 Ob 628/95).

Im gegenständlichen Fall ist in Punkt 8. des Vertrages festgehalten, dass der Mietgegenstand zwar ausschließlich für Wohnzwecke verwendet wird, dass aber ausschließlicher Unternehmensgegenstand der Mieterin die Vermietung des Mietgegenstandes für Wohnzwecke ist. Zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrages handelte es sich bei den vom Mietvertrag umfassten Gebäudeteilen noch nicht um solche die Wohnzwecken dienten, vielmehr hatte die Bw. die Verpflichtung die Bestandsache zu Wohnzwecken auszubauen (was für sich alleine grundsätzlich noch nicht der Anwendung der Sondervorschrift des § 33 TP 5 Abs. 3 3. Satz GebG entgegenstehen mag). Doch erhält die Bw. die Bestandsache im gegenständlichen Fall nicht unmittelbar zu Wohnzwecken übertragen, vielmehr hat sie die Verpflichtung und entspricht es ihrem Geschäftszweck die Bestandsache in einem weiteren Schritt zu Wohnzwecken zu vermieten.

Der hier zu betrachtende Vertrag erfüllt daher noch nicht den durch § 33 TP 5 Abs. 3 3. Satz begünstigten Tatbestand der Nutzungsüberlassung zu Wohnzwecken.

Zu Punkt 2. ist zu sagen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 143/63, Slg. Nr. 3.190/F in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandverträge, bei denen aber zunächst für eine bestimmte Zeit ein beiderseitiger Kündigungsverzicht vereinbart wurde, für die Zeit des Kündigungsverzichtes als Verträge mit bestimmter Dauer und für anschließende unbestimmte Zeit als solche von unbestimmter Vertragsdauer zu vergebühren sind. Es liegen, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vergleiche z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 93/16/0159), im Rahmen eines Vertrages zwei unterschiedliche Komponenten der Vertragsdauer vor: Zunächst eine Begrenzung auf bestimmte Zeit und danach, kraft ausdrücklicher Vereinbarung, das Element unbestimmter Vertragsdauer.

In einem derartigen Fall sind in die Bemessungsgrundlage grundsätzlich die Jahresentgelte, die während der bestimmten Dauer des Vertragsverhältnisses zu entrichten sind, einzubeziehen, vermehrt um das dreifache Jahresentgelt für die unbestimmte Dauer (vergleiche z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0281).

Der Gesetzgeber hat jedoch durch die Bestimmungen des § 15 Abs. 1 und Abs. 2 BewG - wonach letzterer zufolge selbst immerwährende Nutzungen oder Leistungen mit dem Achtzehnfachen des Jahreswertes zu bewerten sind - klar zum Ausdruck gebracht, dass die Bewertung wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen im 18fachen Jahreswert ihre Obergrenze finden soll.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen ist zusammenfassend festzuhalten, dass der gegenständliche Vertrag nicht den durch § 33 TP 5 Abs. 3 3. Satz begünstigten Tatbestand der Nutzungsüberlassung zu Wohnzwecken erfüllt und damit die dort normierte Bewertung der wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes nicht zum Tragen kommt. Insoferne ist das Berufungsbegehren abzuweisen.

Soferne die Bewertung der wiederkehrenden Leistungen den 18fachen Jahreswert jedoch übersteigt, ist dem Berufungsbegehren zu entsprechen.

Die Bemessungsgrundlage setzt sich daher zusammen aus dem

1. 18 fachen Jahresentgelt inklusive Umsatzsteuer (vorläufig mit einem Jahreswert von € 7.500,- zuzüglich 20% Umsatzsteuer in Höhe von € 1.500,- sohin mit € 9.000,- angenommen) in Höhe von € 162.000,-,

Entgelt für den Verzicht auf die Geltendmachung der Kündigungsgründe inklusive 20% Umsatzsteuer gemäß Punkt 9.3. in Höhe von € 36.000,- sowie

Kostenbeitrag gemäß Punkt 12. des Vertrages in Höhe von € 30.000,-.

Damit war der Berufung teilweise stattzugeben.

Es wird abschließend noch darauf hingewiesen, dass die Festsetzung weiterhin vorläufig bleibt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Miete und Nutzungsüberlassung für Wohnzwecke
Geschäftszweck
unmittelbar zu Wohnzwecken
unbestimmte und bestimmte Vertragsdauer
18facher Jahreswert Obergrenze

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at