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Berufungsentscheidung - Zoll (Referent), UFSZ1W vom 09.01.2013, ZRV/0333-Z1W/07

Erlass von Zöllen nach Art. 239 ZK und Einfuhrumsatzsteuer nach § 83 ZollR-DG mit Entlassung aus der Gesamtschuld nach § 237 Abs.1 BAO. Festsetzung von Aussetzungszinsen nach § 212a Abs.9 lit.a BAO und deren Aussetzung nach § 212a Abs.1 BAO.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
ZRV/0333-Z1W/07-RS1
Wird ein Erlass von Zöllen gemäß Art. 239 ZK angestrebt, die bei Schmuggelvorgängen gemäß Art. 202 ZK angefallen sind, so schließt eine strafgerichtliche Verurteilung wegen dieser vorsätzlich begangenen Finanzvergehen den Erlass bzw. diesen bei Gesamtschuldnerschaft mehrerer Täter in Form der Entlassung aus der Gesamtschuld nach § 237 Abs.1 BAO wegen Vorliegens einer betrügerischen Absicht im Sinne von Art. 239 ZK jedenfalls aus. Diese Ausschlusswirkung ist eine absolute und es ist kein Unterschied zu machen, ob der Erlasswerber strafrechtlich nur in untergeordneter Rolle mitwirkte. Das gilt genauso für den Erlass der Einfuhrumsatzsteuern, wobei aber § 83 ZollR-DG insoweit eine Lockerung vornimmt, dass eine persönliche Unbilligkeit trotz betrügerischer Absicht dann zuzuerkennen ist, wenn die Abgabeneinhebung für den Erlasswerber existenzgefährdend wäre. Lebt er aber in geordneten Verhältnissen und kann die Schuldabtragung in Form von Ratenzahlungen erfolgen, ist von einer solchen ernstlichen wirtschaftlichen Existenzgefährdung nicht auszugehen und es kommt auch der Erlass der Einfuhrumsatzsteuern nicht in Betracht.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde des Bf. , whft. Adr., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. xxx, xx, vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien vom , Zl. 100000/20089/01/2007, betreffend Erstattung/Erlass der Eingangsabgaben nach Art. 239 Zollkodex (ZK) und betreffend die Entlassung aus der Gesamtschuld nach § 237 Abs.1 Bundesabgabenordnung (BAO), sowie über die Beschwerde vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien vom , 100000/52164/25/2007, betreffend die Festsetzung von Aussetzungszinsen mit den 4 Bescheiden Zl.en 100000/52164/2007-12, 100000/52164/2007-13, 100000/52164/2007-14 und 100000/52164/2007-15, sowie über die Beschwerde vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien vom , Zl. 100000/52164/31/2007, betreffend die Aussetzung der Einhebung der Aussetzungszinsen, gemäß § 85c Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) entschieden:

I. Die Beschwerde gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien vom , Zl. 100000/20089/01/2007, betreffend Erlass von Zollabgaben mit Entlassung aus der Gesamtschuld nach Art. 239 ZK und § 237 Abs.1 BAO wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien vom , Zl. 100000/20089/01/2007, betreffend Erlass von Einfuhrumsatzsteuer mit Entlassung aus der Gesamtschuld nach § 83 ZollR-DG iVm Art. 239 ZK und § 237 Abs.1 BAO wird als unbegründet abgewiesen.

III. Die Beschwerde (enthält vier gleichlautende Einzelbeschwerden) gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien vom , Zl. 100000/52164/25/2007, betreffend die Festsetzung von Aussetzungszinsen gemäß § 212a Abs.9 BAO wird als unbegründet abgewiesen.

IV. Die Beschwerde (enthält vier gleichlautende Einzelbeschwerden) gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien vom , Zl. 100000/52164/31/2007, betreffend die Aussetzung der Einhebung der Aussetzungszinsen gemäß § 212a Abs.1 BAO wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit den Bescheiden vom mit den Zl.en 100/33759/1/2005, 100/33765/1/2005, 100/33766/1/2005 und 100/33767/1/2005 schrieb das Zollamt Wien Bf. (Beschwerdeführer, im Folgenden: Bf.) gemäß Art. 203 ZK iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG Eingangsabgaben vor, und zwar mit 100/33759/1/2005 an Zoll 48.967,97 €, Einfuhrumsatzsteuer 7.995,90 €, 100/33765/1/2005 an Zoll 48.781,20 €, Einfuhrumsatzsteuer 7.954,99 €, 100/33766/1/2005 an Zoll 38.860,34 €, Einfuhrumsatzsteuer 8.008,84 €, 100/33767/1/2005 an Zoll 48.997,62 €, Einfuhrumsatzsteuer 8.648,21 €, wobei jeweils bezüglich des Gesamtbetrages ein Gesamtschuldverhältnis mit T. und E. bestehe.

Begründet waren diese Abgabenforderungen damit, dass der Bf. im Jahr 1997 in 4 Einfuhrvorgängen beim Zollamt Berg durch Mitwirkung daran beteiligt war, dass Milchwarensendungen, die fälschlicherweise als Holzwaren bezeichnet zu einem Versandverfahren abgefertigt worden waren, nach Verlassen des Amtsplatzes der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sind. Auch nach Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens aufgrund einer Berufung vom gegen diese Bescheide, die jeweils mit abweisenden Berufungsentscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) vom , GZ.en ZRV/0063-Z1W/05, ZRV/0064-Z1W/05, ZRV/0065-Z1W/05 und ZRV/0066-Z1W/05 beendet wurden, blieb es dabei, dass diese Waren - schon durch das Fehlverhalten an der Grenze - gemäß Art. 202 ZK über die damalige Außengrenze der Europäischen Union vorschriftswidrig in deren Zollgebiet eingebracht worden waren und diese Abgabenvorschreibungen zu Recht erfolgt sind.

Im Zusammenhang mit diesem Verfahren zur Hauptsache wurden mehrere Nebenverfahren angestrengt:

Am und mit Ergänzung vom wurden vom rechtsfreundlich vertretenen Bf. kombiniert eingebracht ein Antrag auf Aussetzung der Abgabeneinhebung (Art. 244 ZK, § 212a BAO), ein Antrag auf Stundung (Art. 229 ZK, § 212 BAO), ein Ansuchen um Zahlungserleichterung (Art. 229 ZK, § 212 BAO), ein Antrag auf Abschreibung durch Nachsicht (Art. 239 ZK, §§ 236, 237 BAO) und ein Antrag auf Aufschub, in eventu Erlass der Gesamtschuld (Art. 244 ZK, Art. 224 bis 229 ZK, §§ 212, 212a, 236 u. 237 BAO)

Zum Antrag einer Aussetzung der Vollziehung gemäß Art. 244 ZK entwickelte sich ebenfalls aufgrund einer Berufung vom gegen die abweisenden Bescheide des Zollamtes Wien mit den Zl.en 100/33765/07/2005, 100/33766/07/2005, 100/33759/07/2005 und 100/33767/07/2005 jeweils ein Rechtsmittelverfahren, die mit den abweisenden Berufungsentscheidungen des GZ.en ZRV/0055-Z1W/07, ZRV/0056-Z1W/07, ZRV/0057-Z1W/07 und ZRV/0058-Z1W/07 beendet wurden. Eine Aussetzung der Eingangsabgaben Zoll und Umsatzsteuer erfolgte somit nicht. Da die entsprechende einzelstaatliche Regelung des § 212a BAO (Aussetzung der Einhebung) in zollrechtlichen Belangen im Kernbereich dem Art. 244 ZK (Aussetzung der Vollziehung) entspricht und durch diesen verdrängt ist, war auch das Begehren zu den Eingangsabgaben nach § 212a BAO miterledigt. Dieses Ergebnis erfasste sowohl die Abgabe Zoll und wegen § 26 Abs.1 UStG (und § 2 Abs.1 ZollR-DG) auch die Abgabe Einfuhrumsatzsteuer. Auf Art. 244 ZK und § 212a BAO ist daher in der vorliegenden Entscheidung nicht mehr einzugehen.

In den Eingaben vom , und hatte der Bf. durch seinen Rechtsvertreter auch einen Antrag auf Zahlungserleichterung gemäß Art. 229 ZK gestellt bzw. wiederholt und die abweisenden Bescheide des Zollamtes Wien mit den Zl.en 100/33766/2005-2, 100/33765/2005-2, 100/33767/2005-2 und 100/33759/2005-2 jeweils mit Berufung vom bekämpft. Das daraus entwickelte Rechtsmittelverfahren wurde mit den abweisenden Berufungsentscheidungen des GZ.en ZRV/0002-Z1W/06, ZRV/0003-Z1W/06, ZRV/0004-Z1W/06 und ZRV/0005-Z1W/06 beendet, womit auch die daran anknüpfende einzelstaatliche Zahlungserleichterungsregelung des § 212 BAO miterledigt war, auch hier für Zoll und Einfuhrumsatzsteuer. Auf Zahlungserleichterungen gemäß Art. 229 ZK und § 212 BAO (Stundung, Ratenzahlung) ist daher in der vorliegenden Entscheidung ebenfalls nicht mehr einzugehen. Es sei vermerkt, dass der Terminus "Zahlungsaufschub" auch in den Artikeln 224 bis 228 ZK vorkommt, hier aber die Zahlungsmodalität im Fall einer regulären Warenanmeldung bzw. der Zollschuldentstehung nach Art. 201 ZK angesprochen ist und in den vorliegenden Verfahren nie zur Diskussion stand.

Hingegen sind offen die vier Verfahren betreffend Erstattung/Erlass der Eingangsabgaben Zoll und Einfuhrumsatzsteuer, die der Bf. unter Anwendung von Art. 239 ZK, §§ 236, 237 BAO und § 83 ZollR-DG anstrebt. Es liegt hier ein Bereich vor, in dem EU-Recht und einzelstaatliches Recht nebeneinander zu beachten sind und eine teilweise Verdrängung des einzelstaatlichen Rechts durch das supranationale Gemeinschaftsrecht, das zugleich in Zollangelegenheiten die lex specialis ist, erfolgt. Grundsätzlich ist auch bei Bestehen einer Gesamtschuldnerschaft (Art. 213 ZK, § 6 BAO) ein Erstatten/Erlassen möglich, was im Ergebnis die Entlassung eines der Gesamtschuldner aus der für ihn bestehenden Abgabenschuld bedeutet und die für die anderen Abgabenschuldner bestehende Verbindlichkeit unverändert lässt (Summersberger/Witte in: AW-Prax 3/2010, S. 100-104; ). Der Bf. führt zu diesem Antrag im Wesentlichen aus, dass er bei seiner aus dem Strafgerichtsurteil zu entnehmenden nur untergeordneten Rolle bei diesen Zollrechtswidrigkeiten durch die vorgeschriebenen Beträge in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht wäre und dies zum Privatkonkurs führen würde.

Das Zollamt Wien wies mit Bescheid vom , Zl. 100/33759/04/2005, den Antrag auf Erlass gemäß Art. 239 ZK iVm Art. 899 ZK-DVO, §§ 83 und 2 Abs.1 ZollR-DG und § 237 Abs.1 BAO ab. Begründend wurde ausgeführt, dass ein aus Billigkeitserwägungen vorzunehmender Erlass von Zollabgaben gemäß der gesetzlichen Regelung schon wegen der aus der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung wegen bandenmäßigem Schmuggel hervorgehenden betrügerischen Absicht ausgeschlossen sei. Bei den sonstigen, national geregelten Eingangsabgaben, hier gegenständlich die Einfuhrumsatzsteuer, wäre gemäß § 83 ZollR-DG ein Erstatten/Erlassen und in der gegebenen Konstellation damit auch eine Entlassung aus der Gesamtschuld nach 237 BAO selbst bei Vorliegen von betrügerischer Absicht oder offensichtlicher Fahrlässigkeit möglich. Jedoch sah das Zollamt im Sinne dieser Regelungen und dem dabei zu übenden Ermessen weder eine sachliche noch eine persönliche Unbilligkeit als gegeben an, um zu einer solchen Begünstigung für den Bf. zu gelangen. Denn weder könne davon die Rede sein, dass durch diese Abgabenvorschreibung eine ungewöhnliche, vom Gesetzgeber offenbar so nicht gewollte Konstellation vorliege noch sei eine Schlechterstellung der steuerehrlich handelnden gegenüber deliktisch handelnden Abgabepflichtigen zu befürworten. Zur persönlichen Unbilligkeit sei zwar anzuerkennen, dass bei einem Monatseinkommen von höchstens 1.500 € monatlich und bestehender Sorgepflicht für zwei Töchter bei den in Rede stehenden abzutragenden Abgabenschulden eine Existenzgefährdung gegeben sei, andererseits habe der Bf. bis zu diesem Zeitpunkt vermissen lassen, wenigstens durch zumutbare monatliche Zahlungen seinen Zahlungswillen zu dokumentieren. Auch das Angebot auf eine Einmalzahlung in Höhe von 25.000,- € gegen Entlassung aus der Restschuld sei unzureichend, da dies nur ca. 11 % des aushaftenden Gesamtbetrages (ohne Einrechnung von Nebenansprüchen) ausmachen würde.

Der Bescheid vom war als kombinierter Bescheid bezüglich aller vier Abgabenverfahren gestaltet.

In der dagegen am eingebrachten Berufung wandte der Bf. ein, dass seine untergeordnete Tatbeteiligung sehr wohl zu berücksichtigen sei und Art. 239 ZK für einen allfälligen Erlass keinen Unterschied zwischen Zoll und sonstigen Einfuhrabgaben mache. Auch könne von einem Zahlungsunwillen des Bf. keine Rede sein, wenn er in Aussicht stellt, einen Betrag von 25.000 € aufzutreiben. Es sei in keinster Weise nachvollziehbar, warum die Bezahlung einer ruinösen Geldschuld bei geringem Schuldgehalt einem vom Gesetzgeber gewolltem Ergebnis entsprechen soll. Daher wäre durchaus eine zumindest teilweise Nachsicht bzw. Entlassung für den Bf. rechtens.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom , Zl. 100000/20089/01/2007, blieb das Zollamt bei der bisherigen Argumentation, ebenso der Bf. in der dagegen am eingebrachten Beschwerde an den UFS. Diese Beschwerde einer teilweisen oder gänzlichen Erstattung/Erlassung der Abgabenschuld, und zwar sowohl beim Zoll als auch bei der Einfuhrumsatzsteuer, was hier naturgemäß nur in Form einer Entlassung aus der Gesamtschuld gemäß § 237 BAO erfolgen könnte, ist aufrecht und nunmehr zu entscheiden. Das erfolgt wegen Anwendung verschiedener Rechtsgrundlagen getrennt mit Spruchpunkt I. zur Abgabe Zoll und mit Spruchpunkt II. zur Abgabe Einfuhrumsatzsteuer.

Weiters entwickelte sich in Anknüpfung an diese Verfahren ein Rechtsstreit betreffend Aussetzungszinsen nach § 212a Abs.9 BAO. Das Zollamt Wien hatte zu den 4 Vorgängen jeweils mit Bescheid vom zu den ausstehenden Abgabenbeträgen Aussetzungszinsen für näher genannte Zeiträume vorgeschrieben, während denen aufgrund eines Antrags auf Aussetzung der Einhebung der Eingangsabgaben gemäß § 230 Abs.6 BAO Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen. Im Einzelnen waren dies an Aussetzungszinsen (AZ) zur Bemessungsgrundlage (BG) mit Bescheid

Zl. 100000/52164/2007-12 zur BG 56.963,87 € AZ in Höhe von 4.651,33 €; Zl. 100000/52164/2007-13 zur BG 56.736,19 € AZ in Höhe von 4.632,74 €; Zl. 100000/52164/2007-14 zur BG 46.869,18 € AZ in Höhe von 3.827,06 €; Zl. 100000/52164/2007-15 zur BG 57.645,84 € AZ in Höhe von 4.707,01 €.

Gegen diese 4 Bescheide erhob der Bf. mit Schriftsatz vom Berufung und machte darin geltend, dass ihm mit Verständigung vom mitgeteilt wurde, dass das Rechtsmittel betreffend Erlass und Nachsicht dem UFS als Abgabenbehörde II. Instanz nunmehr vorgelegt worden sei, darüber aber noch nicht entschieden sei. Auch die Beschwerden betreffend die Zahlungserleichterung nach Art. 229 ZK seien laut einer Verständigung vom dem UFS vorgelegt, aber über diese ebenfalls noch nicht entschieden. Es würde dem Bf. ein unersetzbarer Schaden entstehen und es sei ihm eine Sicherheitsleistung aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nicht zumutbar, da dies zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher und sozialer Art führen würde, was im laufenden Verfahren sogar in Entscheidungen der Behörde bestätigt wird. Anschließend brachte der Bf. Ausführungen zu seiner Einkommens- und Vermögenslage, seinen Sorgepflichten, Aufwänden und Kontostand. Es seien daher in Stattgebung der Berufung die Bescheide zur Festsetzung von Aussetzungszinsen aufzuheben, in eventu zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die I. Instanz zurückzuverweisen.

Zu dieser Berufung (4 zusammengefasste Berufungen) erging am unter Zl. 100000/52164/25/2007 als kombinierter Bescheid die abweisende Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien mit der Begründung, die Vorschreibung von insgesamt 17.818,14 € an Aussetzungszinsen sei deshalb zu Recht erfolgt, weil gemäß oben geschilderter Verfahrenschronologie Zeiträume auftreten, während denen Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt wurden und auch der Umstand, dass über einen Antrag auf Nachsicht/Erlass vom Unabhängigen Finanzsenat noch nicht rechtskräftig entschieden war, die Festsetzung von Aussetzungszinsen nicht verbietet. Die triste finanzielle Lage stelle ebenfalls kein Argument gegen die Festsetzung von Aussetzungszinsen dar, sondern könnte lediglich bei einem diese Aussetzungszinsen selbst betreffenden Zahlungserleichterungsansuchen bzw. entsprechender Zahlungsvereinbarung zu berücksichtigen sein.

Gegen diese Berufungsvorentscheidung vom brachte der Bf. durch seinen Rechtsvertreter am das Rechtsmittel der Beschwerde an den UFS ein, im Wesentlichen mit denselben Argumenten wie schon in der Berufung vom . Es wäre sinnlos, der Zahlungsaufforderung nachzukommen, wenn über Erlass und Nachsicht noch nicht rechtskräftig entschieden sei. Diese Beschwerde ist offen und es wird darüber unter Spruchpunkt III. entschieden.

In der Berufung vom gegen die Verhängung von Aussetzungszinsen wurde am Beginn ("aufschiebende Wirkung") und Ende auch der Antrag gestellt, diese selbst (gemäß § 212a Abs.1 BAO) auszusetzen. Dieser Antrag wurde mit verbundenem Bescheid des Zollamtes Wien vom , Zl. 100000/52164/26/2007 anlässlich des zeitgleichen Ergehens der Berufungsvorentscheidung Zl. 100000/52164/25/2007 und dem Effekt, dass damit kein schwebendes Rechtmittelverfahren zu den Aussetzungszinsen mehr vorliege, abgewiesen. Gegen diese Abweisung brachte der Bf. am Berufung ein, angekündigt am Ende des Schriftsatzes der Beschwerde zur Berufungsvorentscheidung Zl. 100000/52164/25/2007 und ausgeführt mit gesondertem Schriftsatz vom gegen den Bescheid Zl. 100000/52164/26/2007. Zur Begründung wurden neuerlich die gleichlautenden Argumente wie in der Beschwerde gegen die Berufungsvorentscheidung Zl. 100000/52164/25/2007 vorgebracht.

Über diese Berufung erging am unter Zl. 100000/52164/31/2007 als kombinierter Bescheid eine abweisende Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien mit der Begründung, dass bezüglich der Rechtmäßigkeit der Vorschreibung von insgesamt 17.818,14 € an Aussetzungszinsen keinerlei begründete Zweifel zu hegen sind und bei Gegenüberstellung dieses geforderten Betrages mit seiner wirtschaftlichen Lage die Gefahr der Entstehung eines unersetzbaren Schadens zu verneinen sei. Somit seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Aussetzung, bei denen auch kein Ermessensspielraum für die Behörde bestehe, nicht erfüllt und daher das Aussetzungsbegehren abzuweisen.

Gegen diese abweisende Berufungsvorentscheidung wurden mit Schriftsatz vom Beschwerde an den UFS eingebracht und unter Wiederholung der Argumente aus der Berufung vom sowie dem Hinweis, dass abweichend von der Einschätzung des Zollamtes bei Vollziehung sogar die wirtschaftliche Existenz des Bf. bedroht wäre und in dieser Angelegenheit laufende Verfahren bestehen, die Berufungsanträge aufrechtgehalten. Auch diese Beschwerde ist offen und es wird darüber nunmehr unter Spruchpunkt IV. entschieden.

Zusammenfassend seien zur besseren Übersicht zu den in den Schriftsätzen vom , , , , und zum Teil etwas unscharf abgegrenzt und vermischt bzw. wiederholend vorgetragenen Anträgen und Termini nochmals die hier zu entscheidenden offenen Rechtsmittel hervorgestrichen und auch in terminologischer Hinsicht einige Klarstellungen vorgenommen :

Der Ausdruck "Eingangs- oder Ausgangsabgaben" (hier nur Eingangsabgaben gegenständlich) ist ein Oberbegriff, der als Teilbegriffe umfasst die Einfuhrabgaben und die sonstigen Eingangsabgaben. Die Einfuhrabgaben (Art.4 Z.10 ZK, im vorliegenden Fall die Zölle) sind gemeinschaftsrechtlich geregelt, die sonstigen Eingangsabgaben (§ 2 Abs.1 ZollR-DG, im vorliegenden Fall die Einfuhrumsatzsteuer) sind einzelstaatlich geregelt, wobei eine weitgehende Verkettung der EU-rechtlich und der einzelstaatlich geregelten Eingangsabgaben erfolgt (§ 2 Abs.1 ZollR-DG). Hingegen sind die ebenfalls gegenständlichen Aussetzungszinsen keine Eingangs- oder Ausgangsabgaben, sondern im Sinne dieser Gesetzesstelle "andere Geldleistungen", auf die das Reglement des ZollR-DG oder subsidiär der BAO, nicht aber der Zollkodex zur Anwendung kommen (Witte, Zollkodex Kommentar, 5. Aufl., Art. 232, Rz. 7 u. 8).

Was die andere Seite der Abgabenschuldentstehung, nämlich deren Erlöschen betrifft, sind die diesbezüglichen Regelungen für die Einfuhrabgaben im Gemeinschaftsrecht (ZK und ZK-DVO, insbesondere Art. 233 ZK) enthalten und für die sonstigen Eingangsabgaben im einzelstaatlichen Recht, hier aber über § 2 Abs.1 ZollR-DG weitgehend gekoppelt an das Gemeinschaftsrecht.

Als weitere terminologische Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass der Ausdruck "Erstattung" die Rückzahlung eines bereits ganz oder zum Teil entrichteten Abgabenbetrages meint und "Erlass" den Verzicht der Behörde auf einen geschuldeten, aber noch nicht einbezahlten Betrag oder einen Teil dessen (Art. 235 ZK). In rechtlicher Hinsicht sind Erlass und Erstattung völlig gleichwertig zu behandeln, es ist allerdings ein Erstattungsvorgang im Regelfall auch ohne bescheidmäßige Festlegung durchführbar, während der Erlass eines Betrages eines Bescheides bedarf. Im gegenständlichen Verfahren geht es dem Bf. laut den Formulierungen in den Schriftsätzen um einen für ihn wirkenden Erlass (auch als "Nachsicht" bezeichnet) der für die Gesamtschuldner noch ausständigen Beträge an Zoll und Einfuhrumsatzsteuer, sodass im Folgenden und den eingangs formulierten Sprüchen auch nur mehr vom "Erlass" die Rede ist, während für die bereits einbezahlten Beträge die Abgabenschuld gemäß Art. 233 lit. a ZK erloschen ist. In der vorliegenden Konstellation wäre ein Erlass zwangsläufig nur in der Form einer gänzlichen oder teilweisen Entlassung des einen Abgabenschuldners aus der Gesamtschuld durchführbar, was mangels einer Regelung im Gemeinschaftsrecht unter Anwendung von § 237 Abs.1 BAO zu erfolgen hätte. Reine Zahlungsabwicklungen sind nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung, Streitigkeiten aus solchen Vorgängen wären allenfalls im Weg eines Abrechnungsbescheides nach § 216 BAO zu klären.

Gemäß diesen Ausführungen und der oben geschilderter Verfahrenschronologie hat der UFS nur über folgende Beschwerden mit jeweiliger Rechtsgrundlage zu entscheiden:

1) Erlass der Zollabgaben nach Art. 239 ZK und § 237 BAO (Spruchpunkt I.);

2) Erlass der Einfuhrumsatzsteuer nach § 83 ZollR-DG iVm Art. 239 ZK und § 237 BAO (Spruchpunkt II.);

3) Nichtfestsetzung von Aussetzungszinsen des § 212a Abs.9 BAO;

4) Aussetzung der Aussetzungszinsen nach § 212a Abs.1 BAO.

Es ist hingegen nicht (mehr) abzusprechen über eine Aussetzung der Abgabeneinhebung (§ 212a BAO, Art. 244 ZK), über die Gewährung einer Zahlungserleichterung als Stundung oder Ratenzahlung (§ 212 Abs.1 BAO, Art. 229 ZK), über eine Abschreibung durch Nachsicht (§ 236 BAO, im Zollrecht verdrängt durch Art. 239 ZK und § 83 ZollR-DG iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG).

Es ist aufgrund der engen Verflechtung der beim UFS offenen Beschwerdeverfahren und für den Verständniszusammenhang zweckmäßig, die offenen Rechtsmittelentscheidungen in der vorliegenden Entscheidung des UFS gemeinsam als Sammelbescheid (kombinierter Bescheid) zu erledigen. Nach höchstgerichtlicher Judikatur ist eine solche Vorgangsweise zulässig, wenn die vorliegenden Einzelbescheide, die auch isoliert der Rechtskraft fähig sind, mit ihrem Spruch und ihrer Begründung erkennbar und abgrenzbar bleiben (Ritz, BAO Kommentar, 4. Aufl., § 93 Rz. 31; z.B. ). Es liegt auch innerhalb der Spruchpunkte I. bis IV. jeweils ein Sammelbescheid vor, da sie 4 Einzelverfahren erfassen, zu denen die Argumentationen in den jeweiligen behördlichen als auch in den Rechtsmittelausführungen völlig ident sind.

Daher sind auch die in der o.a. Rechtsbelehrung enthaltenen Ausführungen zur Rechtskraft bzw. zur Möglichkeit der Ergreifung eines außerordentlichen Rechtsmittels bei einem Gerichtshof des öffentlichen Rechts auf die einzelnen, jeweils als einzelne Berufungsentscheidung aufzufassenden Spruchpunkte zu beziehen.

Im Einzelnen führte der Bf. in den Anträgen und Rechtsmittelschriftsätzen - zum Teil ebenfalls etwas verschachtelt und wiederholend - im Erlass - (Nachsichts-)Verfahren aus, es möge ihm zumindest für einen Teil der ausstehenden Abgaben Nachsicht bzw. Entlassung aus der Gesamtschuld gewährt werden, da die Einhebung des gesamtem Betrages unbillig wäre. Die Einhebung des Abgabenbetrages von insgesamt über 200.000,- €, der im Übrigen aus den behördlichen Mitteilungen mit diversen Buchungsabkürzungen bzw. in Hinblick auf die vorgenommene Schätzung auch nicht nachvollziehbar sei, wäre existenzgefährdend, es drohe ihm bei Lohnpfändung der Verlust des Arbeitsplatzes bzw. könne er seinen Sorgepflichten nicht mehr nachkommen. Es gehe aus dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Korneuburg Zl. hervor, dass er nur als LKW-Lenker des A. unterwegs war und auf dessen Weisung gehandelt habe. Er habe lediglich 4 Fahrten unter Anweisung und auf Druck seines damaligen Arbeitgebers durchgeführt, es sei ihm nicht bekannt gewesen, welche Ware mit welchem Wert geladen war. Er habe schließlich selbst aufgehört, da er nicht mehr mitmachen wollte. Zudem hatte er aus den Vorgängen keinen finanziellen Vorteil. Er kannte von den beteiligten Personen auch nur seine Arbeitgeber A und Z und seit seinem Ausstieg hatte er keinen Kontakt mehr zu diesen Personen. Auch habe das Gericht ausgesprochen, dass bei ihm keine gewerbsmäßige Begehungsweise bestand und habe bei ihm auch von der Verhängung einer Wertersatzstrafe abgesehen.

Er und seine Familie würden aufgrund einer relativ geringen Verfehlung für das ganze Leben massivst beeinträchtigt sein, es drohe ihm Privatkonkurs und Arbeitsplatzverlust. Sein Nettogehalt bewege sich bei 900,- bis 1.400,- €, über sonstiges nennenswertes Vermögen verfüge er nicht und er versorge 2 Kinder und seine Lebensgefährtin. Später trat noch die Sorgepflicht für die 2005 geborene 2. Tochter hinzu. Für die Bezahlung der Geldstrafe im Ausmaß von 43.000,- € habe er sich von seinem Vater Geld ausborgen müssen und seine finanziellen Möglichkeiten seien nun erschöpft. Eine derart ungewöhnliche Belastungswirkung für dieses Delikt könne vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sein. Aus seinen Aussagen im strafgerichtlichen Verfahren und den Ausführungen im Gerichtsurteil vom Zl auf Seiten 12 - 15, 81, 82, 114 und 124 gehe seine bloß untergeordnete Rolle bei den Schmuggelfahrten hervor. Er habe auch nicht alle Details gekannt und nicht einmal genau gewusst, was nicht in Ordnung sei bzw. was transportiert wurde, von einem Mitplanen und Mitorganisieren könne keine Rede sein. Die papiermäßigen Abwicklungen seien von A und Z durchgeführt worden. Auch seien betrügerische Absicht und grobe Fahrlässigkeit kein Ausschließungsgrund für Erlass bzw. Aufschub. Es müsse auch betont werden, dass die Geltendmachung einer Abgabenschuld bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses eine Ermessensentscheidung sei, welche nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände und insbesondere der dargestellten Umstände des Einzelfalls zu treffen sei. Dabei sei zumindest Teilabschreibung in Betracht zu ziehen. Aus seinem privaten Umfeld könnte der Bf. einen Betrag von ca. 25.000,- € aufbringen, jedoch nur dann, wenn keine weiteren Zahlungsverpflichtungen mehr bestünden.

Auch der Einwand der Bejährung (wohl gemeint: Verjährung) müsse bei den schon lange zurückliegenden Abgabenschuldentstehungen erhoben werden.

Der Bf. machte Angaben zu seiner wirtschaftlichen und persönlichen Situation, wonach er 1.250 € brutto, d.s. 900,- € netto zuzüglich schwankender und manchmal ganz entfallender Provisionen verdiene (Zeitpunkt April 2005). Er sei sorgepflichtig für ein Kind, ab September für zwei und habe zur Haushaltsführung mit seiner Lebensgefährtin beizutragen. Es sei somit unmöglich, 200.000,- € ohne Reduktion bzw. Zahlungserleichterung aufzubringen, eine Lohnexekution würde den Verlust seiner Arbeit und schließlich den Privatkonkurs nach sich ziehen. Auf die Begründung in der Entscheidung des UFS vom 12. und sei hinzuweisen, welche die schwierige Lage des Abgabenschuldners auch anerkenne.

Vorgelegt wurden vom Bf. mehrere Lohn/Gehaltsabrechnungen aus den Jahren 2004 bis 2007, bei denen sich das Brutto/Netto-Gehalt jeweils um 1.500 € bzw. 1.000 € bewegt, in vereinzelten Monaten (Jänner bis März 2006) brutto bis zu 2.000 € höher. Mit Geburt der zweiten Tochter 2005 sei er nun auch für diese sorgepflichtig. Er führte an, dass er für die beiden Töchter jeweils 55,- € auf ein Sparbuch einzahlt und dass seine Telefonrechnung etwa 30,- €/Monat betrage.

Da es in Erlassverfahren um die wirtschaftliche und persönliche Lage im Entscheidungszeitpunkt geht, im Rechtsmittelverfahren also um den Entscheidungszeitpunkt der Behörde II. Instanz (), erging am ein Vorhaltschreiben des UFS an den Bf., seine derzeitigen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse darzustellen.

Dies erfolgte mit Antwortschreiben vom . Aus diesem und den beigelegten Unterlagen geht hervor, dass der Bf. in geordneten Verhältnissen lebt und sowohl selbständig mit Gewerbebetrieb als auch unselbständig erwerbstätig ist. Sein Gewerbebetrieb (Holzschlägerei), in dem er selbst eine Person mit monatlichem Bruttogehalt von 1.644,98 € unselbständig beschäftigt, erwirtschaftete in den letzten Jahren Verluste, durch den Ausgleich mit seinen positiven Einkünften (Nettomonatslohn als Beschäftigter der L.GmbH: 1.606,85 € 14 x im Jahr 2011) ergab sich laut Einkommensteuerberechnung des Finanzamtes für 2010 das steuerpflichtige Einkommen mit rd. 31.000 €. Er gab einen Überblick über seine betrieblichen Ausgaben, etwa die für die Anschaffung eines LKWs zu leistenden monatlichen Leasingzahlungen von 649,03 € und Versicherungszahlungen von 160,- €, die über 18 Monate bis Jänner 2012 reichende Abbezahlung eines Baggers mit monatlich 2.300,- € und die Miete einer Baumschere für 2012 mit 7.800,- € Belastung. Er lebt im Haus seiner Lebensgefährtin und ist für 2 Kinder im Alter von 13 und 7 Jahren unterhaltspflichtig. Er gab einen Überblick über laufende Ausgaben - nähere Angaben habe er schon gegenüber dem Zollamt in der Niederschrift vom zum Mahnschreiben vom gemacht - und zahle seit zur Abtragung seiner Abgabenschuld monatlich 500,- €. Sein Angebot, von dritter Seite einen Betrag von 25.000,- € zur Einmalzahlung für seine gesamte ausstehende Abgabenschuld auftreiben zu können, sei aufrecht. Die Gerichtsstrafe habe er bereits bezahlt. An Unterlagen legte der Bf. vor: Einnahmen/Ausgabenrechnung, Anlagenverzeichnis, Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen samt Anlagen für das Jahr 2010, eine Erfolgsrechnung über das Jahr 2011, seine Verdienstabrechnung für September 2012, eine Gehaltsabrechnung für seinen eigenen Beschäftigten für März 2012, die Niederschrift im Zollamt Wien vom sowie Versicherungsbelege. Aus einer Erhebung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch das Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt anlässlich eines Vollstreckungsauftrages vom geht hervor, dass der Bf. im Haus seiner selbständig erwerbstätigen Lebensgefährtin (kleine Landwirtschaft mit ca. 1.500 € Einkommen) in durchschnittlichen Verhältnissen, aber ohne nennenswerten eigenen Gegenstände-Besitz lebt. Weiters legte er vor die auf ihn lautende Telefonrechnung und die Geburtsurkunden der beiden Töchter.

In einem zusätzlichen Schreiben vom wies der Bf. darauf hin, dass er sein Dienstverhältnis bei der L.GmbH einvernehmlich mit aufgelöst hat und er nach diesem Datum für dieses Unternehmen voraussichtlich nur fallweise und nebenberuflich tätig sein wird mit Provisionszahlungen für den Abschluss von Verkäufen, was je nach Geschäftsgang ein Nettoeinkommen in der Größenordnung von 10.000 € [jährlich; Anm.] erwarten lässt. Vorgelegt wurde dazu die Aufhebungsvereinbarung zwischen der L.GmbH und dem Bf. vom . Somit wird er ab nunmehr hauptberuflich als selbständiger Holzschlägerungsunternehmer tätig sein. Im Jahr 2012 bringt ihm diese Tätigkeit einen voraussichtlichen Nettogewinn von 8.000 € neben seinem unselbständigen Nettogehalt von 1.606,85 € bis Ende 2012.

Das Zollamt führte dazu gemäß § 183 Abs.4 BAO am 13.11. und aus, dass der Bf. aufgrund der Ratenvereinbarung vom pünktlich monatlich 500 € einbezahlt, die gemäß § 214 Abs.4 BAO mit dem Anteil 424,99 € und 75,01 € auf Zoll bzw. Einfuhrumsatzsteuer aufgeteilt werden. Er hat bis zu diesem Datum insgesamt 8.000,- € entrichtet. Aufgrund der angefallenen Aussetzungszinsen in Höhe von insgesamt 17.818,14 € beträgt seine offene Abgabenschuld 227.033,21 €. Die beiden anderen Gesamtschuldner E (schon verstorben, hier wird voraussichtlich die Erbenhaftung nach § 19 BAO auf den Plan treten) und T (hat Privatkonkurs angemeldet) haben weit höhere Abgabenschulden, sodass durch deren Beiträge mit einer Schuldabtragung auch zugunsten des Bf. nicht zu rechnen ist (Anmerkung: die beiden anderen Gesamtschuldner sind an zeitlich früheren Fakten und Abgabenschuldentstehungen beteiligt gewesen und gemäß § 214 BAO sind eingehende Zahlungen auf die älteste Abgabenschuld zu verbuchen). In Hinblick auf die vom Bf. gemachte Verjährungseinrede führt das Zollamt aus, dass sie ins Leere geht, denn die Abgabenfestsetzung sei 2005 (Erstbescheid) und 2007 (Berufungsentscheidung) erfolgt und mittlerweile sind mehrere die Verjährung nach § 238 BAO unterbrechende Handlungen gesetzt worden, etwa die Vorschreibung der Aussetzungszinsen 2008 und die Erledigung der Berufung dazu (mit Berufungsvorentscheidung; vgl. obige Verfahrenschronologie). Am war dem Bf. eine Mahnung zugestellt und am mit Niederschrift die o.a. Ratenvereinbarung getroffen worden. Der Vollstreckungsauftrag vom hatte keine Verringerung des Schuldenstandes des Bf. gebracht. Das Zollamt weist darauf hin, dass der Bf. vom ursprünglichen Schuldenstand 218.215,08 € (ohne Aussetzungszinsen) bis dato () noch nicht einmal 4 % beglichen habe. Gemäß Art. 239 ZK iVm Art. 899 Abs.2 ZK-DVO sei bei Eigenmitteln der EU (= Zoll; dieser Anteil macht 177.978,17 € aus) eine Nachsicht nur bei sachlicher Unbilligkeit und Fehlen von vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten möglich sei und daher beim Bf. nicht in Betracht komme.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Allgemeine Ausführungen:

Den hier zu behandelnden Verfahren betreffend Erlass von Eingangsabgaben, Festsetzung von Aussetzungszinsen und Aussetzung der Aussetzungszinsen liegt als Hintergrund von der Hauptsache her der Sachverhalt zugrunde, dass durch zollamtliche Ermittlungen aufgedeckt wurde, dass es im Zusammenhang mit der Ausfuhr von Butter und Edamer Käse aus der Tschechischen Republik über die Slowakei nach Österreich mit der Bestimmung Slowenien ab 1994 im Zusammenwirken mehrerer Personen Malversationen dahingehend gab, dass für diese zudem als Holzwaren falsch deklarierten Waren ein Austritt nach Slowenien nur vorgetäuscht wurde, während die Milchwaren unter Verletzung des Zollsiegels in Österreich entladen und hier (somit im EU-Gebiet) in den Wirtschaftskreislauf gebracht wurden. Damit traten aufgrund der Verbringung von Waren über die damalige Außengrenze der EU die gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen abgabenrechtlichen Bestimmungen auf den Plan, die die Abgabenschulden auslösten.

Im strafrechtlichen Bereich war aufgrund des Umfangs der dabei gesetzten Finanzvergehen und der auftretenden strafbestimmenden Wertbeträge die Zuständigkeit des Landesgerichts Korneuburg gegeben, das mit rechtskräftigem Urteil vom Zl die beteiligten Personen, u.a. auch den Bf., schuldig sprach und Strafen verhängte. Mit wechselnd beteiligten Personen traten bei einer gewissen Faktengruppe (4 Einfuhrvorgänge im Jahr 1997) die Personen T. , E. und Bf. mit den zur Verurteilung gelangten Delikten (Schmuggel, § 116 Marktordnungsgesetz, Urkundenfälschung) auf. Die Abgabenbehörden sind an die Tatsachenfeststellungen im Spruch und den diesen Spruch tragenden Begründungsausführungen der verurteilenden strafgerichtlichen Entscheidung gebunden, da andernfalls eine verfassungswidrige Kontrolle der Gerichtsbarkeit durch eine Verwaltungsbehörde stattfände (vgl. zu dieser Thematik Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar, 4. Aufl., § 116 Rz. 5 u. 14). Diese Fakten und die auf diesen Feststellungen beruhenden Abgabenfestsetzungen betreffend den Bf. sind bereits rechtskräftig und hier nicht mehr zu hinterfragen.

Was die Höhe der Eingangsabgaben und die vom Bf. angesprochenen Schwierigkeiten bei der Nachvollziehbarkeit von deren genauer Ermittlung anbelangt, gehören solche Fragenkreise ebenfalls in das mit UFS-Entscheidungen vom abgeschlossene Abgabenfestsetzungsverfahren und wären dort aufzuwerfen gewesen, im Einbringungsstadium sind solche Werte nicht mehr zu überprüfen. Anders ist das bei der Festsetzung der Aussetzungszinsen, die sich noch im Stadium der Überprüfung der rechtmäßigen Festsetzung (auf der Basis schon rechtskräftiger Bemessungsgrundlagen) befinden.

Auch zur Kritik an der Ermessensübung und dem im Zusammenhang damit mehrmals vorgebrachten Argument der nur untergeordneten Mitwirkung des Bf. an den 4 gegenständlichen Importen ist festzuhalten, dass hier klar zu unterscheiden ist zwischen dem Abgabenfestsetzungsverfahren und dem hier noch zu behandelnden Einbringungs- und Einhebungsverfahren.

Zunächst ist zu vermerken, dass aus dem Schuldausspruch und der Strafausmessung, die das Gericht vornahm, indem es dem Bf. von den Qualifizierungsmerkmalen nur die bandenmäßige Begehung und nicht auch, wie bei den Mittätern, die gewerbsmäßige Deliktsbegehung anlastete sowie bei ihm von der Verhängung einer Wertersatzstrafe Abstand nahm und auf S. 124 des Urteils Milderungsgründe anführte, keine unmittelbare Determinierung darüber stattfindet, wie im Abgabenverfahren die Zahlungslasten verteilt sind, zumal Strafverfahren und Abgabenverfahren nicht völlig deckungsgleiche Grundsätze in puncto Anlastungen und Straf- bzw. Abgabenausmessungen haben. Was das Abgabenfestsetzungsverfahren betrifft, kam hier unter Anwendung der in §§ 6 und 20 BAO mit Verweis auf § 891 ABGB als Mitschuldnerschaft zur ungeteilten Hand etwa in Betracht, dass die Abgabenbehörde in Ausübung des Ermessens die Abgabenschuld etwa nur einem oder zwei ausgewählten Schuldnern oder den Schuldnern nur einen Teil des offenen Betrages auferlegt hätte (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar, 4. Aufl., § 6 Rz.7 mit Judikaturverweisen). Dass im Rahmen des rechtskräftig abgeschlossenen Abgabenfestsetzungsverfahrens die Abgabenbehörde I. und II. Instanz die Abgabenvorschreibung so gestaltet hat, dass sie allen drei Personen zu den gegenständlichen 4 Fakten den vollen Abgabenbetrag jeweils vorgeschrieben hat, lag in ihrem Ermessen und dieses konnte auch nur Diskussionsgegenstand in dem am abgeschlossenen Abgabenfestsetzungsverfahren sein. Das damals geübte Ermessen darf jetzt nicht mehr hinterfragt werden.

Eine Ermessensübung ist aber weiters auch im Einhebungs- und Einbringungsverfahren aktuell. Denn bei der hier anstehenden Frage der Entlassung aus der Gesamtschuld kommt die "kann"-Bestimmung des § 237 BAO zur Anwendung. Es sind aber nun nicht mehr die Ermessensabwägungen in Hinblick auf die Abgabenlastverteilung bei den involvierten Importvorgängen vorzunehmen, sondern - soweit gesetzlich vorgesehen - auf die im Zahlungsverfahren zu berücksichtigenden Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der Abgabenschuldner. Dabei ist im Hinblick auf

"§ 20 BAO: Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen"

auf die Aspekte der Zweckmäßigkeit - das sind in ständiger Rechtsprechung die öffentlichen Interessen - und auf die Aspekte der Billigkeit - das sind die berechtigten Interessen der Partei - Bedacht zu nehmen. Innerhalb des Billigkeitsaspektes ist noch aufzugliedern in die sachliche Unbilligkeit - das wäre laut ständiger Rechtsprechung ein infolge ungewöhnlicher Konstellationen vom Gesetzgeber offenbar so nicht gewolltes Ergebnis - und die persönliche Unbilligkeit - das wäre ein auffallendes wirtschaftliches Missverhältnis zwischen dem Interesse des Abgabengläubigers und den dadurch im Bereich des Abgabenschuldners entstehenden Nachteilen.

Innerhalb des hier gegenständlichen Einhebungsverfahrens steht bezüglich der Abgabe Zoll eine Ermessensübung nicht an. Was Erstattung/Erlass nach Art. 239 ZK betrifft, könnte man aus der Formulierung im Absatz 1 dieser Bestimmung, "Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben können ... erstattet oder erlassen werden; ..." die Folgerung ziehen, dass es sich hier um ein durch den gemeinschaftlichen Verordnungsgeber eingeräumtes Ermessen handelt. Es ist aber in der Systematik der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen betreffend Erstattung/Erlass in Art. 235 bis 242 ZK nichts derartiges zu erkennen, sondern die Intention des Verordnungsgebers geht dahin, dass bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen Erstattung/Erlass zu erfolgen hat (und zwar zur Gänze und nicht nur teilweise) und bei Fehlen dieser Voraussetzungen bzw. bei Vorliegen gewisser Negativvoraussetzungen jedenfalls ausgeschlossen ist. Auch die Ausführungsbestimmung Art. 899 ZK-DVO sieht ein solches Ermessen nicht vor (Witte, Zollkodex Kommentar, 5. Aufl., Art. 239, Rz. 2). Im vorliegenden Fall ist jedenfalls aufgrund der bindenden gerichtlichen Verurteilung der Tatbestand der "betrügerischen Absicht" gegeben (dieser gemeinschaftsrechtliche Terminus deckt sich nicht mit dem strafrechtlichen Begriff des Betruges in §§ 146 - 148 StGB, sondern meint ganz allgemein vorsätzlich gesetzte Zollzuwiderhandlungen) und damit ein Erstatten oder Erlassen von Zollbeträgen ausgeschlossen. Art. 239 ZK und Art. 899 ZK-DVO berücksichtigen dabei auch den Umstand nicht, dass ein Erlasswerber an einer in betrügerischer Absicht gesetzten Handlung nur in untergeordneter Rolle tätig war. Dass bei der Abgabenart Einfuhrumsatzsteuer durch § 83 ZollR-DG etwas mehr Freiraum eingeräumt ist, wird noch bei Spruchpunkt II. zu behandeln sein.

Auch was die Festsetzung von Aussetzungszinsen betrifft, liegt keine Ermessensmöglichkeit für die Behörde vor, sondern sie hat (und nicht "kann") bei Vorliegen der in § 212a Abs.9 BAO gesetzlich umschriebenen Voraussetzungen diese festzusetzen. Es sei vermerkt, dass eine sachliche Unbilligkeit bei der Vorschreibung von Aussetzungszinsen auch bei langer Verfahrensdauer nicht erblickt werden kann (vgl. z.B. Aussetzungszeitraum bis in den Bescheiden vom ) wegen der Antragsgebundenheit der Aussetzung, wegen des Zinsengewinnes durch den Zahlungsaufschub und weil der Abgabepflichtige durch Entrichtung der ausgesetzten Beträge das Entstehen von Zinsansprüchen verhindern kann (z.B. ). Schließlich ist auch die Bestimmung zur Aussetzung der Einhebung in § 212a Abs.1 BAO, hier gegenständlich betreffend die Aussetzung der Aussetzungszinsen, keine Ermessensbestimmung, sondern gemäß Abs.1 und Abs.2 hat bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen die Aussetzung zu erfolgen, dazu unten bei Spruchpunkt IV.

Auch zur Einrede der Verjährung ist klar auseinanderzuhalten zwischen dem Verfahren, das den Abgabenanspruch gegen die Zollschuldner zum Gegenstand hatte und bereits rechtskräftig abgeschlossen ist und jenen noch laufenden Verfahren, die den Abgabenzahlungsanspruch zum Gegenstand haben. Die Verjährungsbestimmungen, die die Abgabenfestsetzung betreffen, finden sich in Zollsachen in Art. 221 Abs.3 ZK und § 74 Abs.2 ZollR-DG, subsidiär in §§ 207 - 209a BAO und betrafen das bereits abgeschlossene Abgabenfestsetzungsverfahren, sind somit hier nicht mehr zu diskutieren. Für das Einhebungsverfahren zu den bereits rechtskräftig festgesetzten Abgaben bringt das Gemeinschaftsrecht keine Verjährungsregelungen, sodass § 238 BAO betreffend die Einhebung fälliger Abgaben anzuwenden ist. Die Bestimmung lautet auszugsweise:

(1) Das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht auf Festsetzung der Abgabe. § 209a BAO gilt sinngemäß.

(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

...

§ 209a BAO lautet: (1) Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, steht der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

...

Somit ist im vorliegenden Fall Einhebungsverjährung aus mehreren Gründen nicht eingetreten. Für die im Jahr 2007 mit der Berufungsentscheidung in der Hauptsache festgesetzten Eingangsabgaben liegen innerhalb der 5-jährigen Einhebungsverjährungsfrist solche in § 238 Abs.2 angesprochene Unterbrechungshandlungen mehrfach vor, z.B. die Zustellung einer Mahnung am , die Niederschrift im Zollamt Wien mit dem Bf. am , Erhebung beim Bf. am , das Vorhaltschreiben des . Es sind aber auch die im Einhebungsverfahren ergangenen Bescheide und Berufungsvorentscheidungen selbst solche Unterbrechungshandlungen, die die Verjährungsfrist neu anlaufen lassen. Da es zur Einhebung keine absolute Verjährungsfrist gibt, ist sie beliebig lange verlängerbar. Das Zollamt weist im Schreiben vom darauf hin, dass auch gegen die anderen Gesamtschuldner solche Unterbrechungshandlungen gesetzt wurden und dies (wegen Anspruchsbezogenheit und nicht Personenbezogenheit der Abgabenforderung; z.B. ; verstärkter Senat , 91/13/0037, insbesondere Rechtssatz 1) gegen alle übrigen Gesamtschuldner wirkt. Schließlich ergibt sich aus der sinngemäßen Anwendung von § 209a Abs.1 BAO, dass ein offenes (wie eben das vorliegende) Rechtsmittelverfahren im Einbringungsverfahren die Einhebungsverjährung nicht eintreten lässt.

Zu den mit Bescheid vom verhängten Aussetzungszinsen ist das Rechtsmittelverfahren noch anhängig und es erfolgt mit Spruchpunkt III. deren (endgültige) Festsetzung, sodass gemäß § 209a Abs.1 BAO bei diesen Nebenansprüchen keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

Zu Spruchpunkt I. (Erlass und Entlassung aus der Gesamtschuld bei Zöllen):

Der Bescheid vom , Zl. 100/33759/04/2005, mit dem der Antrag des Bf. auf Erlass der mit den 4 Bescheiden des Zollamtes Wien vom vorgeschriebenen Eingangsabgaben abgewiesen wird, ist ein kombinierter Bescheid, da er die Abweisung zusammengefasst und mit jeweils völlig gleicher rechtlicher Begründung für die genannten 4 Einzelbescheide ausspricht, wobei diese Abweisung für die Abgabenart Zoll und die Abgabenart Einfuhrumsatzsteuer aber anders zu handhaben bzw. andere gesetzliche Grundlagen heranzuziehen sind. Diese zusammengefasste und ausreichend übersichtlich gebliebene Zusammenfassung wurde in die Berufungsvorentscheidung vom übernommen, während der UFS nunmehr die Abgabe Zoll in Spruchpunkt I. und die Abgabe Einfuhrumsatzsteuer in Spruchpunkt II. getrennt behandelt. Für die einzelnen Bescheide vom gelten die Argumentationen in den Entscheidungen des Zollamts und der vorliegenden Berufungsentscheidung des UFS völlig analog.

Die für einen Erlass von Zöllen für den vorliegenden Fall (4 Fälle) maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen sind:

Art. 239 ZK: (1) Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben können in anderen als den Artikeln 236, 237 oder 238 genannten Fällen erstattet oder erlassen werden; diese Fälle - werden nach dem Ausschussverfahren festgelegt; - ergeben sich aus Umständen, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind. Nach dem Ausschussverfahren wird festgelegt, in welchen Fällen diese Bestimmung angewandt werden kann und welche Verfahrensvorschriften dabei zu beachten sind. Die Erstattung oder der Erlass kann von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden.

(2) Die Erstattung oder der Erlass der Abgaben aus den in Absatz 1 genannten Gründen erfolgt auf Antrag; dieser ist innerhalb von zwölf Monaten nach der Mitteilung der Abgaben an den Zollschuldner bei der zuständigen Zollstelle zu stellen.

...

Art. 899 ZK-DVO:

(1) Stellt die Entscheidungsbehörde, bei der eine Erstattung oder ein Erlass nach Artikel 239 Abs. 2 Zollkodex beantragt worden ist, fest, - dass die für diesen Antrag vorgebrachten Gründe einen der in den Artikeln 900 bis 903 beschriebenen Tatbestände erfüllen und keine betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt, so erstattet oder erlässt sie die betreffenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben; ... (3) Als Beteiligter im Sinn des Artikels 239 Abs.1 Zollkodex und im Sinn dieses Artikels gelten die Person oder die Personen nach Artikel 878 Absatz 1 oder ihr Vertreter sowie gegebenenfalls jede andere Person, die zur Erfüllung der Zollförmlichkeiten für die in Frage stehenden Waren tätig geworden ist oder die Anweisungen gegeben hat, die zur Erfüllung dieser Förmlichkeiten notwendig waren.

Art. 878 ZK-DVO:

(1) Der Antrag auf Erstattung oder Erlass der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben ... ist von der Person, die die Abgaben entrichtet hat, vom Zollschuldner oder von den Personen, die seine Rechte und Pflichten übernommen haben, zu stellen. ...

Schon die klaren Formulierungen dieser Bestimmungen zur betrügerischen Absicht - gleichzusetzen mit vorsätzlichem deliktischem Handeln - machen es deutlich, dass ein gänzlicher oder teilweiser Erlass der Einfuhrabgabe Zoll aufgrund der gerichtlichen Verurteilung wegen vorsätzlicher Finanzvergehen bei den gegenständlichen Importen nicht in Betracht kommt. Diese Ausschließungswirkung ist eine absolute, es gibt im Gemeinschaftsrecht dabei keine Abschwächung bezüglich einer im Zusammenwirken mehrerer Personen nur in minderem Ausmaß gegebenen Beteiligung oder eine dabei vorzunehmende Berücksichtigung der wirtschaftlichen oder sozialen Situation des Zollschuldners. Auch eine Entlassung aus der Gesamtschuld nach § 237 BAO ist hinsichtlich der Einfuhrabgabe Zoll für den Bf. nicht möglich, da es sich hierbei um einen (einzelstaatlich geregelten) Fall des Erlasses von Zollabgaben handeln würde, der dem EU-Recht und insbesondere Art. 239 ZK widerspricht. Ein Erlass von Zöllen käme nur bei einem minderen Grad des Vorwurfs (leichte Fahrlässigkeit) bzw. bei Fehlen einer vorwerfbaren Handlung in Betracht, was aber hier wegen der bindend wirkenden gerichtlichen Verurteilung ausgeschlossen ist. Anders gestaltet sich das bei den einzelstaatlich geregelten (sonstigen) Eingangsabgaben, hier aktuell bei der Einfuhrumsatzsteuer. Hier gibt es eine solche gesetzliche Abschwächung, dazu gleich im Folgenden. Das Begehren des Bf. auf Entlassung oder teilweise Entlassung aus der Abgabenschuld war aber betreffend die Einfuhrabgabe Zoll jedenfalls spruchgemäß abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Erlass und Entlassung aus der Gesamtschuld bei der Einfuhrumsatzsteuer):

Etwas anders gestaltet sich die Rechtslage bei der vom einzelstaatlichen Recht geregelten Eingangsabgabe Einfuhrumsatzsteuer. Folgende Bestimmungen sind relevant:

§ 2 Abs.1 ZollR-DG: Das in § 1 genannte gemeinschaftliche Zollrecht, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften ..., soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen ..., gelten weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten gemeinschaftsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und andere Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.

§ 26 Abs.1 UStG: Soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten für die Einfuhrumsatzsteuer die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß; ...

§ 83 ZollR-DG (idF ): Artikel 239 ZK in Verbindung mit Artikel 905 ZK-DVO gilt für die Erstattung oder den Erlass von sonstigen Eingangs- und Ausgangsabgaben mit der Maßgabe, dass die Vorlage an die Kommission unterbleibt und die Artikel 906 bis 909 ZK-DVO nicht anzuwenden sind. Ein besonderer Fall ist in diesem Zusammenhang dann gegeben, wenn sich die Abgabenbelastung als unbillig nach Lage der Sache erweist oder wenn die Existenz des Abgabenschuldners durch die Abgabenbelastung ernstlich gefährdet ist. Liegt ein besonderer Fall auf Grund der ernstlichen Gefährdung der Existenz des Abgabenschuldners vor, ist die betrügerische Absicht oder grobe Fahrlässigkeit des Beteiligten kein Ausschließungsgrund für die Gewährung einer Erstattung oder eines Erlasses, sofern alle sonstigen Voraussetzungen vorliegen und eine Gesamtbetrachtung für eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers spricht.

Anders als bei der gemeinschaftsrechtlich geregelten Abgabe Zoll lässt das Gesetz bei der mitgliedstaatlich geregelten Abgabe Einfuhrumsatzsteuer u. U. einen Erlass und als Sonderfall einen solchen im Rahmen einer Entlassung aus der Gesamtschuld zu, selbst wenn vorsätzliches deliktisches Handeln vorliegt. Die in der Rechtsprechung vereinzelt vertretene und im vorliegenden Verfahren nicht bindende Rechtsmeinung, dass eine Entlassung aus der Gesamtschuld für einen Abgabenschuldner das Erlöschen der Schuld auch für alle übrigen Schuldner nach sich ziehen würde (), vermag nicht zu überzeugen, und zwar weder im Gemeinschaftsrecht noch im einzelstaatlichen Recht. Im obzitierten Fachartikel wurde überzeugend dargelegt, dass das zu völlig systemwidrigen Ergebnissen führen könnte. Es ist auch aus Art. 233 Buchst. b ZK nicht zu entnehmen, dass ein solcher Erlass die Abgabenschuld auch gegenüber anderen an der Malversation beteiligten Gesamtschuldnern zum Erlöschen bringen würde. Auch die Formulierung in Art. 899 Abs.1 ZK-DVO, wonach Erstattung oder Erlass nur unter der Bedingung zu gewähren ist, "dass keine betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt" [nämlich des antragstellenden Beteiligten; Anm.], macht diese Interpretation nahe liegend. Schließlich hat der , die Rechtsmeinung vertreten, dass die Entlassung eines Gesamtschuldners erfolgen kann, ohne dass dies die Abgabenschuld der anderen Gesamtschuldner ebenfalls zum Erlöschen bringen würde (insbesondere Rz. 45, 52, 53, 65).

Es ist also isoliert für den Bf. zu überprüfen, ob bei ihm ein ganzer oder teilweiser Erlass bzw. als Sonderfall eine ganze oder teilweise Entlassung aus der Gesamtschuld bei der Einfuhrumsatzsteuer aus dem Grunde des § 83 ZollR-DG iVm § 237 BAO herleitbar ist. Das ist aus folgenden Gründen zu verneinen:

Zunächst ist zu vermerken, dass die vom nationalen Gesetzgeber in § 83 ZollR-DG vorgenommene Erweiterung der Erlassmöglichkeit nur in engem Rahmen erfolgt. Denn diese Bestimmung bleibt grundsätzlich dabei, dass in Anbindung an Art. 239 ZK das Vorliegen einer betrügerischen Absicht (gleichgültig mit welchem Schweregrad) die Anerkennung einer Unbilligkeit ausschließt und mit "oder"-Verknüpfung nur im Bereich der persönlichen Unbilligkeit insofern eine Lockerung vornimmt, dass trotz Vorliegens der betrügerischen Absicht ein Erlass in Betracht kommt, wenn durch die Abgabenbelastung die Existenz des Abgabenschuldners ernstlich gefährdet wäre.

Somit hat der UFS nunmehr die wirtschaftliche Existenzgefährdung des Bf. zu prüfen. Eine solche liegt aber derzeit aufgrund der Darstellungen und beigebrachten Unterlagen des Bf. nicht vor. Zu dieser Beurteilung ist zu sagen, dass der Bf. in geordneten Verhältnissen lebt und bisher 2 Einkommen hatte, wenn auch immer eines davon als Haupteinkommen höher und das Nebeneinkommen niedrig war. Auch seit dem gestaltet sich diese Lage im Wesentlichen weiterhin so. Es lässt auch nicht auf wirtschaftliche Not des Bf. schließen, wenn er in seiner Einkommenssituation eine gewisse Flexibilität aufweist, indem er per Vereinbarung die unselbständige Tätigkeit weitgehend beendet und sich nun auf die selbständige berufliche Tätigkeit verlagert. Dass er sich angesichts einer Ausgangsbelastung von insgesamt über 200.000 Euro, insbesondere auch unter Bedachtnahme auf seine Sorgepflichten, in einer schwierigen finanziellen Situation befindet, ist unbestritten (es ist allerdings zu beachten, dass es im Rahmen des § 83 ZollR-DG nur auf den deutlich niedrigeren Gesamtbetrag an Einfuhrumsatzsteuern in Höhe von 32.607,94 € ankommt). Andererseits zeigt seine Zahlungsfähigkeit in dem Ausmaß, dass er die, wenn auch nur langsame Abtragung der Schuld durch die regelmäßigen monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von 500 € zu leisten vermag, dass hier eine ruhige Abwicklung möglich und darüber hinaus durch die Heranziehung der beiden anderen Abgabenschuldner in Hinkunft, wenn auch derzeit noch nicht genau vorhersagbar, eine Entlastung für ihn eintreten könnte. Diese Umstände zeigen aber, dass die vom Gesetzestext angesprochene drastische Situation der wirtschaftlichen Existenzgefährdung - etwa dass er durch die dem Zollamt gegenüber bestehende Abgabenschuld unmittelbar in den Privatkonkurs getrieben würde - , nicht besteht. Somit greift die gesetzliche Grundlage für einen gänzlichen oder teilweisen Erlass bzw. die Entlassung aus der Gesamtschuld auch bei der Einfuhrumsatzsteuer nicht und der diesbezügliche Antrag und das Rechtsmittel war spruchgemäß abzuweisen.

Schließlich sei vermerkt, dass das Gesetz bzw. die vorliegende Verfahrenssituation nicht die Möglichkeit eröffnet, sich unter der "Bedingung" der Einmalzahlung eines Betrages von 25.000 € aus der Restschuld zu lösen. Weiters wurde dem Bf. im Bescheid vom und in der Berufungsvorentscheidung vom mangelnder Zahlungswille vorgehalten, weil nicht wenigstens ein Teil der ausstehenden Schuld beglichen wurde. Dieser Vorwurf ist jetzt entkräftet durch die vom Bf. laut Vereinbarung vom eingehaltenen Ratenzahlungen. Diese Umstände sind aber nicht geeignet, um die gesetzliche Erlassbedingung der wirtschaftlichen Existenzgefährdung in § 83 ZollR-DG herbeizuführen. Die Möglichkeit, dass der Bf. eventuell in Hinkunft die Ratenzahlungen nicht erbringen und mit einer plötzlichen Gesamtforderung des Zollamtes für die restliche Schuld konfrontiert sein könnte, ist bloß hypothetischer Art und braucht hier nicht berücksichtigt zu werden.

Zu Spruchpunkt III. (Festsetzung von Aussetzungszinsen):

Die maßgebliche Bestimmung lautet:

§ 212a Abs.9 BAO: Für Abgabenschuldigkeiten sind a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs.6) oder b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt, Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. ...

Es finden sich im Zollrecht der EU keine Regelungen betreffend Aussetzungszinsen, sondern eben nur zur Hauptfrage, unter welchen Voraussetzungen eine Aussetzung überhaupt gewährt werden kann. Man kann daraus nicht den Schluss ziehen, dass der gemeinschaftliche Gesetzgeber die Vorschreibung einer solchen steuerlichen Nebenleistung untersagen wollte, er überlässt vielmehr deren Festlegung und Ausgestaltung dem nationalen Gesetzgeber (Witte, Zollkodex Kommentar, 5. Aufl., Art. 232, Rz.7). Es kommen im Aussetzungsrecht, da auch das ZollR-DG dazu keine speziellen Regelungen getroffen hat, über § 2 Abs.1 ZollR-DG die Regelungen der Bundesabgabenordnung zur Anwendung, soweit sie nicht durch Art. 244 ZK verdrängt sind (),

Die Festsetzung von Aussetzungszinsen ist keine Ermessensfrage, sondern sie hat bei Erfüllung der Voraussetzungen gemäß gesetzlichem Gebot zu erfolgen. Das Zollamt hat für die Berechnung der Aussetzungszinsen jeweils bei den 4 Einzelverfahren folgende Zeiträume zugrunde gelegt:

, d.i. der Zeitpunkt der ersten Antragstellung auf Aussetzung der Stammabgaben Zoll und Einfuhrumsatzsteuer bis , d.i. das Datum des Abweisungsbescheides über den Aussetzungsantrag. Ab diesem Zeitpunkt lag eine Erledigung des Aussetzungsantrags im Sinne von § 230 Abs.6 BAO vor und die Behörde hätte nunmehr Vollstreckungsmaßnahmen zu den Stammabgaben setzen können. Durch die Berufung vom gegen diese Abweisung war der Aussetzungsantrag wieder schwebend bis zum , d.i. das Datum der abweisenden Berufungsvorentscheidung dazu, womit die Berufung gemäß § 276 Abs.2 BAO erledigt und damit für die Behörde wieder Vollstreckungsberechtigung nach § 230 Abs.6 BAO gegeben war. Mit Einbringung der Beschwerde dagegen am war der Aussetzungsantrag gemäß § 276 Abs.3 BAO i.V.m. § 85c Abs.8 ZollR-DG wieder schwebend und damit die Vollstreckung gemäß § 230 Abs.6 BAO wiederum gehemmt bis zum Ergehen der Berufungsentscheidung des UFS über die Aussetzung nach Art. 244 ZK am , womit die Vollstreckungsberechtigung wieder auflebt und zugleich der Zeitraum für die Veranschlagung von Aussetzungszinsen endigt.

Zum ersten Teilzeitraum bis ist Folgendes zu vermerken: Ein Aussetzungsantrag nach § 212a Abs.1 BAO kann frühestens zugleich mit der Berufung gegen die Festsetzung der betreffenden Abgaben eingebracht werden. Nachdem diese Berufung zu den Stammabgaben erst am eingebracht wurde (bei dieser wurde der Aussetzungsantrag wiederholt), war ein am gestellter Aussetzungsantrag verfrüht und wäre daher mit Bescheid zurückzuweisen gewesen und es fiele dieser Zeitraum bis zum Ergehen des Zurückweisungsbescheides für die Festsetzung von Aussetzungszinsen weg. Da sich dieser Vorgang innerhalb eines kurzen Zeitraums, nämlich der einmonatigen Berufungsfrist, abspielt, würde nach nur wenigen Tagen anlässlich der Einbringung der Berufung gegen die Stammabgabe der Aussetzungsantrag wiederholt und nunmehr zeitrichtig eingebracht werden. Hierzu wird es in der Lehre (Stoll, BAO Kommentar, S. 2271) - schon im Interesse einer Verwaltungsökonomie - als zulässig erachtet, einen verfrüht eingebrachten Aussetzungsantrag bis zum Einlangen der Berufung unbehandelt zu lassen und ab der Berufung als einer Sacherledigung zugänglich zu betrachten (Ritz, BAO Kommentar, 4. Aufl., § 212a, Rz. 4). Ein Analogieschluss zum gesetzlich geregelten Fall einer verfrüht eingebrachten Berufung (§ 273 Abs.2 BAO) ist zulässig. Jedenfalls aber tritt auch bei einem fehlerbehafteten Aussetzungsantrag die Vollstreckungshemmung des § 230 Abs.6 BAO ein und es ist wegen Erfüllung der Bedingung in § 212a Abs.9 lit. a BAO die Festsetzung von Aussetzungszinsen auch für den Zeitraum vom 12.4. bis zulässig.

Zutreffend hat das Zollamt in der Begründung der Berufungsvorentscheidung vom festgestellt, dass die Festsetzung von Aussetzungszinsen nicht mit dem Argument bekämpft werden kann, dass ein Erlassantrag noch Gegenstand eines unerledigten Rechtsmittelverfahrens ist. Es sind auseinanderzuhalten die Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung der Stammabgaben (Art. 244 ZK, schon entschieden am ) und zum Erlass der Eingangsabgaben (Art. 239 ZK, soeben entschieden unter Spruchpunkt I. und II.) von jenem Verfahren, dessen Gegenstand die Festsetzung von Aussetzungszinsen ist (§ 212a Abs.9 lit.a BAO und soeben in Spruchpunkt III. entschieden wird), wobei letzteres anknüpft ausschließlich an der Frage der Zeiträume, während denen im Aussetzungsverfahren zu den Stammabgaben Vollstreckungsschutz bestand, d.s. die im vorvorigen Absatz genannten Zeiträume ab . (Eine Bewilligung der Aussetzung der Zölle und Einfuhrumsatzsteuern ist nie erfolgt, sodass Zeiträume gemäß § 212a Abs.9 lit. b BAO nicht zur Anwendung kamen). Auch die in der Berufung vom vorgebrachten Argumentationen von der Gefahr des unersetzbaren Schadens und der Unzumutbarkeit der Erbringung einer Sicherheitsleistung gehören nicht ins Verfahren zur Festsetzung von Aussetzungszinsen, allenfalls kann man das im Zusammenhang vorbringen, dass man bei den Aussetzungszinsen selbst eine Aussetzung anstrebt und dabei eine schwierige wirtschaftliche Lage geltend macht. Das ist auch in der Berufung vom so geschehen und erst unter Spruchpunkt IV. zu behandeln.

Die Berechnung der Aussetzungszinsen ist jeweils als Anhang und Spruchbestandteil des Bescheides vom leicht nachvollziehbar angefügt. Die Bemessungsgrundlagen sind die hier nicht mehr zu hinterfragenden Stammabgaben der 4 Verfahren in Höhe von 56.963,87 €, 56.736,19 €, 46.869,18 € und 57.645,84 €. Heranzuziehen waren für die Berechnung der Aussetzungszinsen gemäß § 212a Abs.9 BAO die (z.B. im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlichten) Basiszinssätze plus 2 %, wobei die Abgabenberechnung aufzugliedern war, wenn innerhalb der Zeiträume ein Wechsel des Basiszinssatzes erfolgte. Aus dem Jahreszinssatz kann durch Division mit 365 der Tageszinssatz und durch Multiplikation mit der entsprechenden abgezählten Tagesanzahl der Aussetzungszins ermittelt werden. Das sei exemplarisch am Abgabenbetrag 56.736,19 € (Zoll + Einfuhrumsatzsteuer) aus dem Bescheid Zl. 100/33765/1/2005 vom (siehe Bescheid Zl. 100000/52164/2007-13 vom ) vorgerechnet:

Der im Zeitraum bis anzuwendende Ganzjahreszinssatz betrug 3,47 %, Division durch 365 ergibt den Tageszinssatz 0,0095068 % und dieser multipliziert mit der abgezählten Tageanzahl 95 den anzuwendenden Zinssatz 0,90314507 %. Somit ergibt sich als Aussetzungszinsbetrag für diesen Zeitraum der Wert 56.736,19 x 0,9031507 % = 512,41.

Die Beträge wurden gemäß § 204 Abs.1 BAO auf volle Cent gerundet.

Somit waren die Aussetzungszinsen dem Grunde und der Höhe nach zu Recht vorgeschrieben und die Beschwerden dazu spruchgemäß abzuweisen.

Zu Spruchpunkt IV (Aussetzung der Einhebung der Aussetzungszinsen):

Die maßgebliche Bestimmung lautet:

§ 212a Abs.1 BAO: Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen ... auszusetzen, ...

Abs.2: Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen, a) insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, ...

Da sich im bzw. über das Zollrecht der EU zwar die Regelung der Aussetzung der Vollziehung von Eingangsabgaben findet (Art. 244 ZK, § 2 Abs.1 ZollR-DG, § 26 Abs.1 UStG), die Aussetzungszinsen aber solche nicht sind, kommt auf deren Aussetzung die BAO zur Anwendung, es ist also diese Frage der Aussetzung von Aussetzungszinsen nach deren § 212a Abs.1 und Abs.2 zu beurteilen. Insofern ist der Hinweis auf Art. 244 ZK im Bescheid vom verfehlt. Das Aussetzungsrecht der BAO nimmt, anders als Art. 244 ZK, keine Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage des Aussetzungswerbers, sondern nimmt in § 212a Abs.2 lit. a BAO (lit. b und c hier nicht relevant) nur Bezug auf die Erfolgsaussicht der Berufung betreffend die auszusetzende Abgabe, also die Aussetzungszinsen. § 212a Abs.1 und Abs.2 BAO ist kein Ermessensrecht, sondern bei geringer Erfolgsaussicht hat die Behörde die Aussetzung nicht zu bewilligen, wenn aber gewisse Erfolgsaussichten auszumachen sind (z.B. besonders strittige oder in der Judikatur uneinheitlich beantwortete Rechtsfragen), dann hat sie die Aussetzung zu bewilligen. Im vorliegenden Fall waren zum Zeitpunkt der Festsetzung der Aussetzungszinsen () und des Zeitpunktes der Abweisung des Antrags auf deren Aussetzung () die Verfahren zur Festsetzung der Stammabgaben (UFS-Entscheidungen vom ) und deren Aussetzung (UFS-Entscheidungen vom ) bereits rechtskräftig abgeschlossen. Es standen damit bereits die Zeiträume fest, für die die Behörde gemäß zwingender gesetzlicher Anordnung in Abs.9 dieser Bestimmung Aussetzungszinsen festzusetzen hatte (auch das ohne Rücksichtnahem auf die wirtschaftliche Lage der Partei), ohne dass es hierzu rechtlicher Diskussionen bedurft hätte (auch die bei Spruchpunkt III. angeschnittene Frage einer verfrühten Stellung eines Aussetzungsantrags war mit Analogieschluss klärbar), weshalb zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung zur Abweisung des Aussetzungsbegehrens betreffend die Aussetzungszinsen () bzw. der Berufungsvorentscheidung dazu () aus der Sicht des Zollamtes gesagt werden konnte, dass die Berufung gegen die Festsetzung von Aussetzungszinsen wenig erfolgversprechend war und es daher deren Aussetzung rechtsrichtig abzuweisen hatte.

Darüber hinaus wurde mit dem vorigen Spruchpunkt das Rechtsmittelbegehren auf Nichtfestsetzung von Aussetzungszinsen ohnehin abgewiesen. Da somit zu den Aussetzungszinsen ein schwebendes Rechtsmittelverfahren nicht mehr vorliegt, ist schon die Bedingung des ersten Satzes in § 212a Abs.1 BAO nicht mehr erfüllt, sodass eine Bewilligung der Aussetzung der Einhebung der Aussetzungszinsen schon deshalb nicht mehr in Betracht kam (z.B. ) und das diesbezügliche Rechtsmittelbegehren spruchgemäß abzuweisen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 239 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 899 Abs. 1 ZK-DVO, VO 2454/93, ABl. Nr. L 253 vom S. 1
Art. 899 Abs. 3 ZK-DVO, VO 2454/93, ABl. Nr. L 253 vom S. 1
§ 2 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 83 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 6 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 2 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 9 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 237 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise








Summersberger/Witte, in: AW-Prax, März 2010, S. 100 - 104

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at