Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 21.07.2005, RV/0213-S/05

Höhe des AfA-Satzes

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0213-S/05-RS1
Auch bei Vermietung zu gewerblichen/beruflichen Zwecken des Mieters bleibt es beim Satz des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers gegen den Bescheid betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2003 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Bw, eine Hausgemeinschaft, haben im Jahr 2003 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 28 EStG 1988 aus der Vermietung eines Gebäudes in S erzielt. Nachdem der Bescheid hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte für 2003 erklärungsgemäß erlassen wurde, haben die Bw gegen diesen Bescheid Berufung eingebracht und diese wie folgt begründet:

Die Berufung richte sich gegen die Höhe der Einkünfte, wobei beantragt werde, die Einkunftsermittlung derart durchzuführen, dass der Abschreibungssatz für die Gebäudeabschreibung nicht mit 1,5 % festgesetzt werde, sondern mit 2 % per anno. Es liege dabei eine Rechtsfrage vor, der Sachverhalt sei unbestritten.

Aus der Formulierung des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 sei nicht zu entnehmen, dass es der Wille des Gesetzgebers sei, dass für alle Gebäude der einheitliche Abschreibungssatz von 1,5 % anzuwenden sei. Der in RZ 6443 der EStR zitierte Satz "Nicht maßgeblich ist die Nutzungsart durch den Mieter" finde im Gesetz keine Deckung. Auch der in den EStR weiters zitierte Satz " Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988, der einen grundsätzlichen einheitlichen, jährlich geltend zu machenden AfA-Prozentsatz von 1,5 % normiert..." finde keine Deckung im Gesetz.

Im Gesetzestext heiße es "können". Es liege eine Kannbestimmung vor, keine Mussbestimmung. Diese Kannbestimmung könne daher nicht als zwingende einheitliche Vorgabe eines 1,5 %igen AfA-Satzes interpretiert werden. Vielmehr bedeute diese Formulierung, dass zumindest eine 1,5 %ige Abschreibung für Abnutzung (Nutzungsdauer = 67 Jahre) angesetzt werden könne. Eine kürzere Nutzungsdauer sei damit - nach dem Gesetzestext - nicht ausgeschlossen.

Da im § 16 EStG, also im Bereich der Werbungskosten und damit im Bereich der außerbetrieblichen Einkunftsarten, lediglich der Hinweis auf eine Kannbestimmung hinsichtlich einer 67-jährigen Nutzungsdauer normiert sei, stelle sich die Frage, wie die im § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 genannte Formulierung "ohne Nachweis" auszulegen sei, wenn nicht "ohne Nachweis" vorgegangen werde.

Eine Auslegungshilfe für jene Fälle, in denen bei der Festlegung der Nutzungsdauer nicht "ohne Nachweis" vorgegangen werden solle, finde sich im § 8 Abs. 1 EStG 1988. Dort wiederum sei normiert, dass das Gebäude eines Gewerbebetriebes oder eines Freiberuflers gemäß dem letzten Teilsatz mit einem 2 %igen Abschreibungssatz zu behandeln sei.

Im vorliegenden Fall seien in dem von den Bw vermieteten Gebäude folgende Mieter gegeben: Ein Ingenieurbüro, eine Wirtschaftstreuhandkanzlei, zwei Handelsbetriebe. All diese Betriebe hätten Kundenverkehr. Entsprechend der Normierung im § 8 EStG 1988 liege eine andere Nutzung als bei einem zu Wohnzwecken vermieteten Gebäude vor.

Wenn gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 für ein Wohngebäude "ohne Nachweis" ein 1,5 %iger Abschreibungssatz genommen werden könne, werde es sachlich gerechtfertigt und auch in Übereinstimmung zu den gesetzlichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes sein, wenn ein - auch im Rahmen von Einkünften aus Vermietung - vermietetes Gebäude vom Mieter zu "anderen betrieblichen Zwecken" genutzt mit einer kürzeren Nutzungsdauer behandelt werde als ein zu Wohnzwecken vermietetes Gebäude.

Die Nutzung und Belastung einer Gebäudesubstanz sei vollkommen gleich, egal ob der nutzende Betrieb dieses Gebäude im Eigentum halte oder gemietet habe.

Da eine sachliche Ungleichbehandlung zwischen einem sich im Betriebsvermögen befindlichen Gebäude und einem gemieteten Gebäude im Einkommensteuergesetz nicht normiert sei und gefordert werde, werde im konkreten Fall beantragt, den 2 %igen Abschreibungssatz und damit eine 50jährige Nutzungsdauer des (vermieteten) Gebäudes zu akzeptieren. Auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/14/0015, werde hingewiesen.

Diese Berufung wurde der Abgabenbehörde zweiter Instanz - ohne vorherige Erlassung einer Berufungsvorentscheidung - zur Entscheidung vorgelegt.

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderung von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im Folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Absetzung für Abnutzung und für Substanzverringerung (§§ 7 und 8). Gehört ein Gebäude oder ein sonstiges Wirtschaftsgut nicht zu einem Betriebsvermögen, so gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung folgendes:

e) Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage (lit. a bis d) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.

Nach den Erl zur RV des EStG 1988, 621 der Beilagen XVII. GP besteht nunmehr aus Gründen der Vereinfachung ein gesetzlicher AfA-Satz (entspricht Nutzungsdauer von etwa 66 Jahren). Eine längere Nutzungsdauer ist nicht mehr anzusetzen. Bei nachgewiesener kürzerer Nutzungsdauer kann ein höherer AfA-Satz berücksichtigt werden.

Die Bw haben im Streitjahr 2003 aus der Vermietung eines Bürogebäudes Einkünfte im Sinne des § 28 EStG 1988 erzielt, deren Höhe insoweit strittig ist, als die Bw den im angefochtenen Bescheid auf die Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung (AfA) angewendeten AfA-Satz von 1,5 % nicht für ausreichend erachtet. Die Bw behaupten im gegenständlichen Fall konkret eine Nutzungsdauer des Gebäudes von 50 Jahren und machen einen AfA-Satz von 2 % geltend, ohne einen Nachweis der kürzeren Nutzungsdauer zu erbringen. Sie verweisen vielmehr auf die in § 8 Abs. 1 EStG 1988 je nach der Nutzung des Gebäudes vorgesehenen unterschiedlichen AfA-Sätze.

Hiezu ist eingangs auf § 2 Abs. 4 EStG 1988 hinzuweisen, aus dem hervorgeht, dass bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb die Bestimmungen der §§ 4 bis 14 EStG 1988 Gültigkeit haben, während auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung sowie auf die sonstigen Einkünfte im Sinne des § 29 die Bestimmungen der §§ 15 und 16 EStG 1988 anzuwenden sind. Da im gegenständlichen Fall unbestrittenermaßen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 2 Abs. 3 in Verbindung mit § 28 EStG 1988 erzielt werden, ist also § 16 Abs. 1 Z. lit. e EStG 1988 heranzuziehen.

Im Hinblick auf die Sonderregelung des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 hinsichtlich des AfA-Satzes bei Mietgebäuden sind die AfA-Sätze des § 8 Abs. 1 EStG 1988 nicht anwendbar. So hat auch der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 92/15/0141, ausgeführt, dass hinsichtlich der AfA eine "isolierende Betrachtungsweise" anzustellen ist, wenn sich ein Gebäude teilweise im Betriebsvermögen und teilweise im Privatvermögen befindet; unabhängig vom AfA Satz für den betrieblich genutzten Teil ist für den privat genutzten Teil der AfA-Satz nach § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 anzuwenden. Der Hinweis der Bw auf die AfA-Sätze des § 8 Abs. 1 EStG 1988 und auf dazu ergangene Judikatur ist somit aufgrund der in der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 grundsätzlich nicht zielführend. (Vgl. auch Doralt, Einkommensteuergesetz, TZ. 162/1 zu § 16).

Der Gesetzgeber vermutet bei Gebäuden, die der Vermietung und Verpachtung dienen, in § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 eine Nutzungsdauer von 66,6 Jahren und nicht weniger. Dieser Bestimmung ist eine Beweislastverteilung hinsichtlich einer kürzeren Nutzungsdauer zu entnehmen; die Beweislast trifft den, der die kürzere Nutzungsdauer behauptet. Einen Abgabepflichtigen, der behauptet, dass die Nutzungsdauer eines in seinem Privatvermögen stehenden Gebäudes bzw. Gebäudeteiles 66,6 Jahre unterschreitet, trifft hiefür somit schon ex lege die Beweislast. Einer Aufforderung durch die Abgabenbehörde zur Erbringung eines solchen Nachweises bedarf es hiebei nicht. Der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer kann grundsätzlich nur mit einem Gutachten über den (technischen) Bauzustand erbracht werden. Den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer von 50 Jahren wurde von den Bw nicht erbracht. (Vgl. zB , vom , 92/14/0052, vom , 97/13/0098, und vom , 2002/15/0192).

Auch bei Vermietung zu gewerblichen Zwecken des Mieters bleibt es beim AfA-Satz des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988. Die Anwendbarkeit der Gesetzesstelle ist nicht auf Wohngebäude beschränkt. Damit kann auch der Hinweis der Bw auf die betriebliche bzw. berufliche Nutzung des vermieteten Gebäudes bzw. der vermieteten Gebäudeteile nicht zu einer Heranziehung der AfA-Sätze des § 8 Abs. 1 EStG führen. (Vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, TZ. 7 zu § 16 Abs. 1 Z. 8, , und vom , 92/15/0127).

Es ist dazu abschließend auch festzuhalten, dass nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 insofern nicht bestehen, als diese Bestimmung den Nachweis einer kürzeren als 66,6 Jahre betragenden Nutzungsdauer von im Privatvermögen gehaltenen Mietgebäuden zulässt und dadurch eine sachlich nicht zu rechtfertigenden Benachteiligung gegenüber betrieblich genutzter Gebäude vermeidbar ist. (Vgl. ).

Die Berufung gegen den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für 2003 ist somit in der Frage des hinsichtlich eines im Privatvermögen gehaltenen Mietgebäudes anzuwendenden AfA-Satzes als unbegründet abzuweisen, da im gegenständlichen Fall die Sonderregelung des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 zur Anwendung zu kommen hat, diese Bestimmung einen AfA Satz von 1,5 %, damit eine Nutzungsdauer von 66,6 Jahren vorsieht und der in dieser Bestimmung auch ermöglichte Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer bzw. eines höheren AfA-Satzes von Seiten der Bw nicht erbracht wurde.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Nachweis der Nutzungsdauer
Vermietung zu gewerblichen/beruflichen Zwecken des Mieters

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at