Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 26.07.2006, RV/0622-W/06

Aussetzungsantrag hat Darstellung der Ermittlung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Betrages zu enthalten.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Aus Anlass der Berufung wird der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt geändert:

"Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung vom wird hinsichtlich der Investitionsprämien 2002 und 2003 in Höhe von € 7.903.355,16 und € 5,099.097,87 gemäß § 212a Abs. 3 BAO zurückgewiesen und hinsichtlich der Aussetzungszinsen in Höhe von € 310.033,79 abgewiesen."

Entscheidungsgründe

Mit Vorlageantrag vom betreffend Bescheide über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie für die Jahre 2002 und 2003 stellte die Bw. einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung in Höhe von € 7.903.355,16 (Investitionszuwachsprämie 2002), € 5.099.097,87 (Investitionszuwachsprämie 2003), sowie der damit im Zusammenhang stehenden Aussetzungszinsen in Höhe von € 310.033,79.

Bei Stattgabe der Berufung würde es in diesem Umfang zu einer Gutschrift kommen. Die den Gegenstand des Berufungsbegehrens bildende Frage sei weder durch Rechtsprechung der Höchstgerichte geklärt, noch sei im Hinblick auf die angeführte UFS-Entscheidung davon auszugehen, dass der eindeutige klare Wortlaut des Gesetzes den Standpunkt der Bw. widerlege. Ein die Einbringung gefährdendes Verhalten habe die Bw. zu keinem Zeitpunkt gesetzt.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Aussetzungsantrag mit der Begründung ab, dass die Berufung nach Ansicht des Finanzamtes, wie bereits in den Festsetzungsbescheiden und der Berufungsvorentscheidung ausgeführt worden sei, wenig Erfolg versprechend sei. Für die Ermittlung des Investitionszuwachses sei stets das Gesamtvolumen an Anschaffungskosten prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter des Vergleichszeitraumes dem Gesamtvolumen an Anschaffungskosten prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter des Kalenderjahres 2002 und 2003 gegenüberzustellen. Sollte während des Vergleichszeitraumes eine Betriebsübertragung erfolgt sein, so sei ungeachtet dessen, ob die Übertragung entgeltlich, unentgeltlich oder im Wege einer Umgründungsmaßnahme im Sinne des UmgrStG vor sich gegangen sei, auf die Verhältnisse des Rechtsvorgängers abzustellen. Würden dabei neue betriebliche Einheiten geschaffen oder bestehende Einheiten getrennt, so sei diesem Umstand bei Herstellung der Vergleichsbetrachtung, gegebenenfalls auch personenübergreifend, Rechnung zu tragen.

Wie in EStR Rz 8223 ausgeführt, habe der Gesetzgeber sämtliche "echten" Zusatzinvestitionen fördern wollen. Dieser werde unter Außerachtlassung der neu gegründeten Gesellschaften errechnet. Es sei daher eine Konzernbetrachtung aller Leasinggesellschaften erfolgt.

Künstliche Betriebsgründungen in Fällen einer Auslagerung von Betriebskapital würden nicht begünstigt.

Ergänzend werde auf die Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht (Schätzungsbefugnis) verwiesen.

Da die Abgabenbehörde lediglich die Erfolgsaussichten der Berufung zu beurteilen habe und nicht die Berufungsentscheidung vorwegnehme, sei die Beurteilung der Erfolgsaussichten keinesfalls richtungsweisend für die Berufungserledigung.

In der dagegen eingebrachten Berufung führte die Bw. aus, dass das Finanzamt den Antrag auf Aussetzung der Einhebung deswegen abweise, weil die Berufung nach der Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheine. Dies ergebe sich bereits aus den Festsetzungsbescheiden und aus der Berufungsvorentscheidung.

Dies treffe nicht zu. Weder aus den Festsetzungsbescheiden noch aus der Berufungsvorentscheidung ergebe sich, dass die Berufung wenig Erfolg versprechend erscheine. Aus den angeführten Bescheiden ergebe sich nur die Rechtsansicht des Finanzamtes, die sie dem Spruch der jeweiligen Bescheide zugrundelege. Die Bescheide würden keine Ausführungen über die Erfolgsaussichten enthalten. In der Bescheidbegründung seien, auf das Vorbringen eines Abgabepflichtigen im Verwaltungsverfahren eingehend, jede Erwägungen der Behörde darzustellen, welche sie bewogen hätten, einen anderen als den vom Abgabepflichtigen behaupteten Sachverhalt als erwiesen anzunehmen, und aus welchen Gründen sich die Behörde im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung dazu veranlasst gesehen habe, im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse gerade den von ihr angenommenen und nicht einen durch Beweisergebnisse auch als denkbar erscheinenden Sachverhalt als erwiesen anzunehmen. Zentrales Begründungselement eines Bescheides sei dabei die zusammenhängende Sachverhaltsdarstellung, also die Anführung jenes Sachverhaltes, den die belangte Behörde als Ergebnis ihrer Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annehme (, 0049 u.a.), die Subsumption und die rechtlichen Schlussfolgerungen. Die Begründung des Bescheides müsse dessen Spruch tragen können.

Wenn nun, wie es in einem Rechtsmittelverfahren gewöhnlich der Fall sei, der Rechtsstandpunkt des Berufungswerbers von dem der Abgabenbehörde abweiche, dann werde die Abgabenbehörde ihren Rechtsstandpunkt, der im Spruch des Bescheides zum Ausdruck komme, in der Berufungsbegründung darlegen.

Daraus ergebe sich aber noch nicht, ob die Berufung Erfolg versprechend oder wenig Erfolg versprechend erscheine. Mit anderen Worten: Die nach § 93 Abs. 3 lit a BAO gebotene Begründung eines Abgabenbescheides müsse erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt worden sei, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Einsicht gelange, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachte. Die Begründung eines Abgabenbescheides müsse in der Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der Erledigung seinen Niederschlag finde, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des VwGH für diesen nachvollziehbar sei ().

Wenn nun die Behörde dieses Erfordernis in der Bescheidbegründung zu erfüllen suche, dann könne man daraus keine Aussage über die Erfolgsaussichten einer Berufung ableiten, ansonsten würde bei Erfüllung der Begründungspflicht eines Bescheides durch die Behörde § 212a Abs. 2 BAO von vornherein unanwendbar sein.

Im angefochtenen Bescheid würden im Wesentlichen die in der Begründung der Abgabenbescheide verwendeten Argumente der Behörde wiederholt bzw. werde auf den Betriebsprüfungsbericht verwiesen. Daraus lasse sich aber keine Aussage über die Erfolgsaussichten ableiten.

Anlässlich der Entscheidung über einen Aussetzungsantrag sei von der Abgabenbehörde auf die Erfolgsaussichten der Berufung Bedacht zu nehmen, und zwar anhand des Berufungsvorbringens (). Der Abgabenschuldner solle nicht einseitig in Fällen belastet werden, in denen, trotz Bedachtnahme auf gesicherte Erfahrungstatsachen, eine länger währende unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis oder die Klärung von Rechtsfragen durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes echt strittig seien ().

Dass die im konkreten Fall strittigen Rechtsfragen durch Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes bereits geklärt wären, treffe nicht zu. Es handle sich vielmehr um anhängige Rechtsfragen, die in der Literatur durchaus unterschiedlich beurteilt würden. Insbesondere hinsichtlich der Frage der Schätzungsberechtigung dürfte es sogar zutreffen, dass die Rechtsfrage zum Nachteil der Behörde geklärt sei ().

Aufgabe des Aussetzungsverfahrens sei es nicht, die Berufungsentscheidung vorwegzunehmen. Die Abgabenbehörden hätten lediglich die Erfolgsaussichten der Berufung anhand des Berufungsvorbringens zu beurteilen (). Die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Berufung anlässlich der Entscheidung über einen Aussetzungsantrag sei daher keinesfalls für die Berufungserledigung richtungsweisend und somit präjudiziell. Indem im konkreten Fall die Abgabenbehörde die Begründung der Abgabenbescheide als Begründung für den Abweisungsbescheid verwende, werde die Berufungsentscheidung vorweggenommen.

Eine Berufung wäre z.B. wenig Erfolg versprechend, wenn der klare Wortlaut des Gesetzes den Standpunkt des Abgabepflichtigen widerlege. Dies treffe im konkreten Fall nicht zu, weil der Gesetzgeber zur konkreten Frage der Art der Berechnung der Investitionszuwachsprämie keine Aussage treffe und sich die Behörde nur auf Richtlinien der Finanzverwaltung stütze. Die Behörde könne sich infolge des Alters der Bestimmungen auch nicht auf eine länger währende unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis stützen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 212 a Abs.3 BAO hat ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung ein konkretes Aussetzungsbegehren im Sinne einer Darstellung der Ermittlung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. Fehlt eine solche Darstellung, so ist der Aussetzungsantrag zurückzuweisen, auch wenn der Abgabenbehörde allenfalls die Ermittlung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages aus den Akten möglich ist (-0029, , 97/15/0143).

Eine Berechnung und Darstellung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Betrages im Aussetzungsantrag wäre schon deshalb erforderlich gewesen, da die Feststellungen der Betriebsprüfung betreffend gebrauchter Wirtschaftsgüter in den Berufungen nicht bestritten wurde, für diesen Teil der Abgabennachforderungen daher eine Aussetzung der Einhebung nicht in Betracht kommt.

Der Aussetzungsantrag wäre daher bereits hinsichtlich der Investitionszuwachsprämien 2002 und 2003 aus diesem Grund zurückzuweisen gewesen.

Damit erübrigen sich Ausführungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Berufung.

Die mit Bescheid vom festgesetzten Aussetzungszinsen 2005 in Höhe von € 310.033,79 sind gemäß Kontoabfrage bereits getilgt.

In rechtlicher Hinsicht ist daher die Bestimmung des § 212 a Abs. 6 BAO anzuwenden, wonach durch Gutschriften oder Guthaben getilgte Beträge nur auf Antrag des Abgabepflichtigen in die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung einzubeziehen sind.

Ein diesbezüglicher Antrag liegt nicht vor, daher war die Berufung betreffend Aussetzung der Einhebung dieser Aussetzungszinsen ohne weiteres Eingehen auf die Frage der Erfolgsaussichten der Berufungen gegen die Festsetzungsbescheide abzuweisen.

Gemäß § 289 Abs. 2 BAO ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 212a Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Darstellung
Aussetzungsantrag

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