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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 11.07.2007, RV/0392-L/05

Fehlende Rechtswirksamkeit einer Erledigung, die im Konkursverfahren an Gemeinschuldnerin gerichtet wurde.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
Im noch offenen Konkursverfahren ist der vom Gericht bestellte Masseverwalter gesetzlicher Vertreter der Gemeinschuldnerin im Sinne des § 80 BAO. Daher vermögen die als Bescheide intendierten, jedoch an die Gemeinschuldnerin gerichteten Erledigungen der Abgabenbehörde keine Rechtswirksamkeit zu entfalten.

Entscheidungstext

Bescheid

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung vom und den Vorlageantrag vom des Mag. JH als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma O. GmbH, N, N. 39, gegen die Erledigungen des Finanzamtes Vöcklabruck vom und betreffend Umsatzsteuer 2002 beschlossen:

1. Die Berufung wird gemäß § 273 Abs 1 lit a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

2. Der Vorlageantrag wird gemäß § 276 Abs 4 iVm § 273 Abs 1 lit a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

1. Festgestellter Sachverhalt

Mit Beschluss des Landesgerichtes X vom , AZ xxx, wurde über das Vermögen der O. GmbH der Konkurs eröffnet und Herr Mag. JH zum Masseverwalter bestellt.

Laut Auszug aus der Insolvenzdatei vom ist der Konkurs noch nicht aufgehoben. Der Masseverwalter ist daher nach wie vor gesetzlicher Vertreter der Gemeinschuldnerin im Sinne des § 80 BAO.

Am erließ das Finanzamt nach einer Betriebsprüfung eine als Umsatzsteuerbescheid 2002 intendierte Erledigung, die folgendermaßen adressiert war:

"O. GmbH

z. H. Mag. JH.

Rstraße 20

G"

Dagegen erhob der Masseverwalter fristgerecht Berufung.

Mit einer als Berufungsvorentscheidung bezeichneten Erledigung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dieses Schreiben war wiederum an die O. GmbH zu Handen des Masseverwalters gerichtet.

Darauf hin beantragte der Masseverwalter mit Schreiben vom die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die Berufung wurde am dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

2. Rechtliche Würdigung

Durch die Konkurseröffnung über das Vermögen der O. GmbH wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das der Gemeinschuldnerin zu dieser Zeit gehört oder das sie während des Konkurses erlangt, deren freier Verfügung entzogen (§ 1 Abs 1 KO). Der Masseverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Konkursmasse - soweit die Befugnisse der Gemeinschuldnerin beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter der Gemeinschuldnerin im Sinne des § 80 BAO (; , 2006/15/0087; , 2002/14/0053). Auch in einem Abgabeverfahren tritt nach der Konkurseröffnung der Masseverwalter an die Stelle der Gemeinschuldnerin, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt. Die Abgaben sind daher während des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter, der insofern die Gemeinschuldnerin repräsentiert, festzusetzen (; , 2006/15/0087; , 2003/15/0061; , 97/13/0023).

Eine Erledigung kann folglich gegenüber der Gemeinschuldnerin, der in den die Masse betreffenden Angelegenheiten gemäß § 1 Abs 1 KO die Verfügungsfähigkeit entzogen ist, nicht wirksam erlassen werden. Vielmehr ist eine wirksame Erledigung ausschließlich an den Masseverwalter und nicht an die Gemeinschuldnerin zu richten und dem Masseverwalter zuzustellen ().

Im vorliegenden Fall richteten sich sowohl die Erledigung des Finanzamtes betreffend Umsatzsteuer 2002 vom als auch jene vom ("Berufungsvorentscheidung") an die Gemeinschuldnerin. Durch die bloße Zustellung der an die Gemeinschuldnerin gerichteten Erledigungen an den Masseverwalter sind diese dem Masseverwalter gegenüber jedoch nicht wirksam geworden, womit sowohl die als Umsatzsteuerbescheid 2002 als auch die als Berufungsvorentscheidung intendierten Erledigungen des Finanzamtes als nicht rechtswirksam erlassen anzusehen sind.

Nach § 243 BAO sind Berufungen nur gegen Bescheide zulässig, nicht jedoch gegen Erledigungen, die trotz ihrer Bezeichnung keine rechtswirksamen Bescheide darstellen. Hiezu normiert § 273 Abs 1 lit a BAO die Pflicht der Abgabenbehörde, eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist. Somit war die Berufung vom gegen die als Umsatzsteuerbescheid 2002 intendierte Erledigung der Abgabenbehörde erster Instanz vom als unzulässig zurückzuweisen.

§ 276 Abs 4 BAO bestimmt die sinngemäße Anwendung des § 273 Abs 1 für verspätete oder unzulässige Vorlageanträge. Da sich auch der Vorlageantrag vom gegen eine nicht wirksame Erledigung richtet, war auch dieser als unzulässig zurückzuweisen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Gemeinschuldner
nicht wirksam erlassen
fehlende Bescheidqualität
keine Rechtswirksamkeit
Masseverwalter
gesetzlicher Vertreter

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
IAAAC-99227