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OGH vom 04.06.1996, 1Ob27/95

OGH vom 04.06.1996, 1Ob27/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wolfgang W*****, vertreten durch Dr.Stefan Kofler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Peter P*****, vertreten durch Dr.Michael Goller, Rechtsanwalt in Innsbruck, und 2. Helmut S*****, vertreten durch Dr.Josef Michael Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 193.933,34 s.A. und Feststellung (Streitwert S 50.000,--) infolge von Revisionen der beiden beklagten Parteien und Rekurses der zweitbeklagten Partei gegen das Teil-Zwischenurteil bzw den Beschluß des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgerichts vom , GZ 1 R 2/95-22, womit infolge von Berufungen der klagenden und der erstbeklagten Partei das Teil-Zwischenurteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 40 Cg 247/93-14, teils bestätigt, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der zweitbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt in diesem Umfang dem Endurteil vorbehalten.

II. den

Beschluß

gefaßt:

a) Dem Rekurs der zweitbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

b) Aus Anlaß der Revision der erstbeklagten Partei werden die Urteile der Vorinstanzen, soweit sie diese Partei betreffen, als nichtig aufgehoben, das diesen vorangegangene Verfahren, soweit es gegen die erstbeklagte Partei abgeführt wurde, für nichtig erklärt und die Klage in diesem Umfang zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 89.200,20 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 14.866,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger und ein weiterer Strafgefangener wurden dem Erstbeklagten im Rahmen des gelockerten Vollzugs im November 1990 zur Verrichtung von Bauhilfsarbeiten gegen Bezahlung eines Stundenlohns von S 79,20 zugewiesen. Bei seiner Arbeitsleistung am stürzte der Kläger durch eine Öffnung im Dach des Hauses des Zweitbeklagten und zog sich dabei Verletzungen zu. Der Zweitbeklagte hatte dem Kläger im Zuge der Arbeiten keinerlei Anweisung erteilt.

Unter Zugeständnis eines Mitverschuldens im Ausmaß eines Drittels und Anrechnung eines Zuspruchs von S 10.000,-- im Strafverfahren an ihn als Privatbeteiligten begehrte der Kläger von den beiden Beklagten zur ungeteilten Hand Schmerzengeld in einer Höhe von S 190.000 sowie einen Betrag von S 3.933,34 an Fahrtkosten und für die Anschaffung von Schuheinlagen und die Feststellung, daß ihm die beiden Beklagten für sämtliche weiteren Schäden im Ausmaß von zwei Dritteln zur ungeteilten Hand hafteten. Er brachte hiezu vor, der Erstbeklagte sei vom Zweitbeklagten damit beauftragt worden, das Flachdach auf seinem Haus in ein Schrägdach umzugestalten. Zur Erfüllung dieses Auftrags habe sich der Erstbeklagte unter anderem auch der Arbeitsleistung durch den Kläger bedient. Zum Unfallszeitpunkt seien im Dach drei Öffnungen vorhanden gewesen, die vom Erstbeklagten mit Styroporplatten abgedeckt worden seien, um das Eindringen von Regenwasser zu verhindern. Im Zuge der Arbeiten sei der Kläger versehentlich auf eine dieser Styroporplatten getreten und durch die darunter befindliche Dachöffnung gestürzt. Der Unfall sei dem Erstbeklagten anzulasten, weil er nicht die nötige Sorgfalt durch ordnungsgemäße Absicherung der Dachöffnungen habe walten lassen. Der Zweitbeklagte wäre schon als Eigentümer des Gebäudes gemäß § 1319 ABGB, aber auch als Auftraggeber zu ordnungsgemäßer Absicherung verpflichtet gewesen; ihm sei anzulasten, daß er sich zur Durchführung der Arbeiten keines befugten Gewerbetreibenden bedient habe. Zwischen dem Erstbeklagten und dem Kläger sei kein Arbeitsverhältnis begründet worden, es liege somit kein Arbeitsunfall vor. Dem Erstbeklagten käme daher auch das Haftungsprivileg nach § 333 ASVG nicht zugute. Die Beklagten hätten nicht als Organe des Bundes in Vollziehung der Gesetze gehandelt. Der Kläger leide nach wie vor unter Schmerzen sowie an erhöhter Wetterfühligkeit, sei in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt und nicht mehr fähig, schwere Arbeiten zu verrichten. Spätfolgen seien nicht auszuschließen; vielmehr sei eine Dauerbehinderung infolge Verkürzung eines Beins gegeben, so daß das Feststellungsinteresse zu bejahen sei.

Beide Beklagte beantragten Klagsabweisung. Der Erstbeklagte wendete ein, er habe am Dach des Zweitbeklagten lediglich gefälligkeitshaber Arbeiten durchgeführt. Der Kläger sei ausschließlich zu Hilfsarbeiten herangezogen und ausdrücklich angewiesen worden, das Dach nicht zu betreten. Weisungswidrig sei der Kläger dennoch auf das Dach gestiegen und habe aus eigener Unachtsamkeit den Unfall ausgelöst. Für dessen Folgen hafte die Republik Österreich, weil der Kläger im Rahmen des Strafvollzugs dem Erstbeklagten zur Arbeitsleistung zugewiesen worden sei. Darüber hinaus sei zwischen dem Erstbeklagten und dem Kläger ein Arbeitsleihverhältnis entstanden, weshalb dem Erstbeklagten das Haftungsprivileg nach § 333 ASVG zugute komme.

Der Zweitbeklagte machte geltend, er habe dem Erstbeklagten als einem Fachmann erlaubtermaßen die Bauführung und Leitung der Arbeiten übertragen, so daß eine Haftung gemäß § 1319 ABGB ausgeschlossen sei. Er sei nicht in der Lage gewesen, den Unfall zu vermeiden. Aufgrund des Leiharbeitsverhältnisses komme das Haftungsprivileg gemäß § 333 ASVG auch dem Zweitbeklagten zustatten bzw sei der Erstbeklagte als Organ des Bundes anzusehen, weil ihm die Beaufsichtigung des Strafgefangenen während dessen Freigangs oblegen sei. Jedenfalls aber treffe den Kläger ein mit mehr als 50 % anzusetzendes Mitverschulden, weil er von der Dachöffnung Kenntnis gehabt habe. Zudem sei die Styroporplatte mit einem warnenden Hinweis beschriftet gewesen. Für die Fahrtkosten und Heilbehelfe stehe dem Kläger ein Anspruch auf Unfallfürsorge nach § 76 StVG zu.

Das Erstgericht wies das Leistungs- und Feststellungsbegehren gegen den Zweitbeklagten zur Gänze ab; mit Zwischenurteil stellte es fest, daß der Erstbeklagte dem Kläger für die aus dem Unfall erwachsenen und noch erwachsenden Schäden und Nachteile im Ausmaß von zwei Dritteln zu haften habe.

Es stellte fest, der Zweitbeklagte habe den Erstbeklagten, einen gelernten Zimmermann, zur Umgestaltung des Daches auf seinem Haus herangezogen. Dieser habe keine Konzession zur Durchführung der Dacharbeiten gehabt. Zwischen den Beklagten sei lediglich Spesenersatz vereinbart worden. Am seien dem Erstbeklagten vom Gefangenenhaus Strafgefangene für Bauhilfsarbeiten im November 1990 zugewiesen worden. Am seien ihm der Kläger und ein weiterer Strafgefangener zur Verfügung gestellt worden, die der Erstbeklagte vom Gefangenenhaus abgeholt habe. Beide Strafgefangene seien mit der konkreten Arbeitsleistung einverstanden gewesen. Sie hätten gemeinsam mit dem Zweitbeklagten das Dach bestiegen, um festzustellen, wieviele Bretter zur Einschalung erforderlich seien. Zu diesem Zeitpunkt sei noch eine Lichtkuppel im Bereich des Daches montiert gewesen. Die spätere Entfernung dieser Kuppel - und damit auch die Entstehung einer Öffnung, durch die der Kläger schließlich abgestürzt sei, - habe dieser jedenfalls wahrgenommen. Über diese Öffnung sei eine von mehreren, auf dem Dach befindlichen, 5 cm starken Styroporplatten im Ausmaß von 1 x 1,5 m gelegt worden. Es sei nicht feststellbar, wer diese Platte über die Öffnung gelegt habe und ob sie mit einem warnenden Hinweis beschriftet gewesen sei. Eine weitere Schutzmaßnahme, die den Sturz durch die lediglich mit der Styroporplatte abgedeckte Öffnung hätte verhindern können, sei nicht getroffen worden. Der Kläger und der Zweitbeklagte hätten ursprünglich im Gegensatz zum Erstbeklagten und zum weiteren Strafgefangenen nicht auf dem Dach gearbeitet, sondern Bretter herangeschafft. Nach Beendigung dieser Arbeiten sei der Kläger wieder auf das Dach gestiegen und habe eine Zigarettenpause eingelegt. Er habe sich dabei gemeinsam mit dem anderen Strafgefangenen unmittelbar in der Nähe der durch eine Styroporplatte abgedeckten Öffnung aufgehalten. Nach Beendigung der Pause habe er sich Werkzeug holen wollen, um die bisher nur angehefteten Schalbretter anzunageln. Dabei sei er versehentlich auf die Styroporplatte, die dadurch zerbrochen sei, getreten und etwa 3 m tief in den darunter befindlichen Raum gestürzt. Dabei sei er schwer verletzt worden. Die Anweisungen, welche Arbeiten, wie diese und von wem sie ausgeführt werden sollten, habe der Erstbeklagte getroffen. Der Zweitbeklagte habe ebenso wie der Kläger nur Hilfsarbeiten verrichtet. Der Erstbeklagte habe dem Kläger nicht verboten, das Dach zu betreten. Er habe auch kurz vor dem Unfall bemerkt, daß sich der Kläger auf dem Dach aufhielt. Beide Strafgefangene hätten den Beruf eines Zimmermanns nicht erlernt.

Rechtlich meinte das Erstgericht, zwischen dem Kläger und dem Erstbeklagten sei kein Beschäftigungsverhältnis begründet worden, weil es an der erforderlichen Freiwilligkeit der Beschäftigung des Klägers gemangelt habe. Auch zwischen der Republik Österreich und dem Kläger habe kein Beschäftigungsverhältnis bestanden. Als Strafgefangener sei der Kläger nicht im Sinne des Allgemeinen Sozialversicherungesetzes versichert gewesen, weshalb das Dienstgeberhaftungsprivileg gemäß § 333 Abs 1 ASVG nicht anzuwenden sei. Die Abdeckung stelle keine geeignete Schutzmaßnahme im Sinne des § 43 der Bauarbeiterschutzverordnung bzw. des § 18 Abs 1 des Arbeitnehmerschutzgesetzes dar. Der Erstbeklagte sei für die ordnungsgemäße (trittsichere) Abdeckung der Dachöffnung als mit dem Dachumbau Betrauter verantwortlich gewesen. Dem Zweitbeklagten hingegen könne die nicht fachgerechte Abdeckung nicht angelastet werden, weil er zur Durchführung der Arbeiten den Erstbeklagten als gelernten Zimmermann herangezogen habe. Er habe darauf vertrauen dürfen, daß dieser alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen werde. Im übrigen habe er im Gegensatz zum Erstbeklagten nicht auf dem Dach gearbeitet. Die Verletzung des Klägers sei nicht auf einen Einsturz oder die Ablösung von Teilen des Hauses des Zweitbeklagten zurückzuführen, weshalb dessen Haftung gemäß § 1319 ABGB nicht in Betracht komme. Eine Haftung des Zweitbeklagten sei daher insgesamt zu verneinen. Die mangelnde Aufmerksamkeit des Klägers, der von der Öffnung im Dachbereich gewußt habe, rechtfertige die Anlastung eines Mitverschuldens im Ausmaß eines Drittels.

Das Gericht zweiter Instanz stellte mit Teilzwischenurteil fest, das unter Einräumung eines Mitverschuldens des Klägers im Ausmaß eines Drittels erhobene Klagebegehren auf Zahlung eines Betrages von S 193.933,34 s.A. bestehe gegen die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand dem Grunde nach zu Recht. Im Ausspruch über das Feststellungsbegehren hob es das teils gegen den Erstbeklagten stattgebende, teils gegenüber dem Zweitbeklagten abweisliche Ersturteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, daß die ordentliche Revision gegen das Teilzwischenurteil und der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig seien. Es führte aus, der gesamte Bereich des Strafvollzugs sei Hoheitsverwaltung. Jeder arbeitsfähige Strafgefangene sei verpflichtet, die ihm zugewiesene Arbeit zu verrichten. Die Zuweisung der Arbeit erfließe aus dem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis zwischen Bund und Strafgefangenem. Dessen daraus abgeleitete öffentlich-rechtliche Arbeitsverpflichtung begründe kein Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 4 Abs 2 ASVG. Zwischen der Republik Österreich und dem Strafgefangenen werde kein Beschäftigungsverhältnis begründet. Mit der Zuweisung von Arbeiten an einen Strafgefangenen erfüllten die Organe des Strafvollzugs hoheitliche Aufgaben. Das gelte auch für die Anordnung, daß ein Strafgefangener mit seiner Zustimmung im Zuge des Freigangs (ohne Bewachung) Arbeiten außerhalb der Strafanstalt und für einen nicht zur Anstalt gehörenden Wirtschaftsbetrieb zu verrichten habe. Dem Erstbeklagten, dem der Kläger zur Arbeitsleistung zugewiesen worden sei, seien keine Vollzugsaufgaben übertragen worden. Ein solcher „Privatbeschäftiger“ sei nicht verpflichtet, einem Strafgefangenen Weisungen zu erteilen, vielmehr schließe er allein im eigenen wirtschaftlichen Interesse eine privatrechtliche Vereinbarung mit dem Bund (den Organen der Strafvollzugsanstalten), sodaß der Kläger einen Amtshaftungsanspruch gegen die Republik Österreich nicht erheben könne, weil der Erstbeklagte weder als beliehenes noch als in Pflicht genommenes Organ zu betrachten sei. Es komme ihm aber auch das Haftungsprivileg gemäß § 333 ASVG nicht zustatten. Der Kläger sei im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls nicht nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder einem anderen auf dessen Haftungsregeln verweisenden Gesetz pflichtversichert gewesen. Im Falle einer Verletzung habe ein Strafgefangener Anspruch auf die erforderliche ärztliche oder sonstige Betreuung nach den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes. Diese sicherten dem Strafgefangenen und seinen Angehörigen für den Fall eines Arbeitsunfalls Leistungen zu, die nach Art und Umfang jenen einer sozialen Unfallversicherung gleichkämen. Das Strafvollzugsgesetz enthalte keinen Verweis auf § 333 ASVG, die sozialrechtliche Stellung eines Strafgefangenen sei ausschließlich in diesem Gesetz geregelt. Der Erstbeklagte müsse zufolge der Anmaßung der Befugnisse eines Gewerbeinhabers die Arbeitnehmerschutzvorschriften gegen sich gelten lassen; für deren Einhaltung hätte er Sorge tragen müssen. Den erforderlichen Entlastungsbeweis habe der Erstbeklagte nicht angetreten. Seine Haftung sei aber auch schon nach dem Ingerenzprinzip zu bejahen, weil er von der mangelhaften Absicherung der Dachöffnung Kenntnis gehabt habe und verpflichtet gewesen sei, als für die Arbeiten im Bereich des Daches Verantwortlicher jegliche Gefahr für die körperliche Sicherheit der dort arbeitenden Personen hintanzuhalten. Die Verschuldensaufteilung sei nicht zu beanstanden, weil der Erstbeklagte die Gefahrenlage geschaffen und trotz deren Kenntnis die entsprechende Absicherung nicht vorgenommen habe. Der Zweitbeklagte habe für das fahrlässige Verhalten des Erstbeklagten einzustehen, weil er gegen eine Schutznorm, nämlich § 37 der Tiroler Bauordnung (TirBO), rechtswidrig und schuldhaft verstoßen habe. Bei den vom Zweitbeklagten in Auftrag gegebenen Zimmermannsarbeiten handle es sich um ein nach der TirBO bewilligungspflichtiges Bauvorhaben. Der Zweitbeklagte habe weder einen Bauführer namhaft gemacht, noch habe er sich eines nach den bundesrechtlichen Vorschriften dazu befugten Bauführers bedient. Infolge Beauftragung des - zur Verrichtung der Arbeiten nicht befugten - Erstbeklagten habe er dessen Fehlverhalten und den darauf zurückzuführenden Unfall sowie dessen Folgen mitzuverantworten. Es sei aber auch die Haftung des Zweitbeklagten nach § 1319 ABGB zu bejahen, weil sich die Anwendung dieser Gesetzesstelle auch auf die mangelhafte Abdeckung von Schächten usw beziehe und das mangelhaft abgedeckte Dach als Teil eines Gebäudes im Sinne des § 1319 ABGB anzusehen sei. Im Umfang des Feststellungsbegehrens sei die Rechtssache aber noch nicht spruchreif. Das Erstgericht habe eine Haftung des Erstbeklagten für bereits entstandene und künftige Schäden bejaht, zur Frage des Feststellungsinteresses aber keinerlei Feststellungen getroffen. Es fehlten Feststellungen über die Art der erlittenen Verletzungen, über deren Abheilung bzw über bestehende Dauer- oder zu erwartende Spätfolgen. Demnach sei nicht beurteilbar, ob Gründe vorlägen, die lediglich den Zuspruch eines Teilschmerzengeldbetrags rechtfertigten. Die vom Kläger geltend gemachten Heilbehelfskosten und die Kosten für die Fahrten zur Therapie seien mit den Parteien insoweit zu erörtern, als sie durch den Leistungskatalog des § 77 StVG abgedeckt sein könnten.

Die Revision und der Rekurs des Zweitbeklagten gegen das Teilzwischenurteil und den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichts sind nicht berechtigt; aus Anlaß des Rechtsmittels des Erstbeklagten sind die Urteile der Vorinstanzen, soweit sie sich gegen ihn richten, als nichtig aufzuheben, das gegen ihn abgeführte Verfahren für nichtig zu erklären und die Klage zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

A) Zur Revision und zum Rekurs des Zweitbeklagten:

Dieser hat dem Kläger - wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend erkannte - infolge seines rechtswidrigen und schuldhaften Verstoßes gegen das Schutzgesetz des § 37 TirBO für den dem Kläger verursachten Schaden einzustehen. Nach dieser Norm darf als Bauführer nur ein dafür konzessionierter Unternehmer bestellt werden. Zweck dieser Bestimmung ist es, daß die Leitung und Überwachung der Baurbeiten durch einen Fachmann erfolgt: Spezielle Bauvorkehrungen, deren einwandfreie Ausführung ganz maßgeblich für die Sicherheit der davon betroffenen Personen ist und bei denen eine fehlerhafte Ausführung mit weitreichenden Konsequenzen verbunden wäre, sollen nur von einem Fachmann vorgenommen werden dürfen. Wer sich eines nicht befugten Gewerbsmanns zur Ausführung von Arbeiten bedient, die besondere Fachkenntnisse erfordern und für die spezielle Sicherheitsvorschriften bestehen, hat sich zuvor über die fachliche Eignung der herangezogenen Person Gewißheit zu verschaffen. Die allgemeine Kenntnis des positiven Abschlusses einer Zimmermannslehre genügt für den Auftrag, selbständig Zimmermannsarbeiten im Dachbereich durchzuführen, nicht. Der Zweitbeklagte wäre daher verpflichtet gewesen, ausreichende Nachforschungen über die Fähigkeiten des Erstbeklagten anzustellen bzw für die nach Lage des Falls erforderliche Überwachung des Erstbeklagten Sorge zu tragen. Daß er dieser ihm obliegenden Nachforschungs- und Überwachungspflicht nachgekommen wäre, behauptet der Zweitbeklagte gar nicht; er beschränkt sich vielmehr auf den Hinweis, der Erstbeklagte sei ohnedies ein „Fachmann“ gewesen. Dieser Hinweis ist aber nicht stichhältig, weil er sich gerade nicht eines befugten Gewerbsmanns für den Dachumbau bediente (VersRdSch 1992, 29; SZ 59/92 ua). Da der Zweitbeklagte dadurch eine Schutznorm - diese Rechtsqualität des § 37 TirBO wird gar nicht in Zweifel gezogen - übertrat, hätte er den Entlastungsbeweis dafür, daß er das Schutzgesetz unverschuldet übertreten habe, antreten müssen (SZ 64/76; SZ 59/92; JBl 1988, 788; Apathy, Allgemeines Schadensrecht und ASVG in DRdA 1994, 141, 144); dieser Beweispflicht ist er aber nicht nachgekommen. Die Frage, ob der Zweitbeklagte auch gemäß § 1319 ABGB einzustehen hätte, kann infolge des Haftungsgrunds des § 1311 zweiter Satz (zweiter Fall) ABGB auf sich beruhen.

Die Verschuldensteilung durch die Vorinstanzen ist zu billigen. Da die Gefahrenlage vom Zweitbeklagten - gemeinsam mit dem Erstbeklagten - geschaffen wurde, tritt das Versehen des Klägers deutlich zurück (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung über das Feststellungsbegehren ist aus den vom Gericht zweiter Instanz bezeichneten Gründen erforderlich; der Rekurs zeigt keinerlei Umstände auf, derentwegen eine solche Entscheidung dem Berufungsgericht verwehrt gewesen wäre.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

B) Zur Revision des Erstbeklagten:

Dieser beharrt - unter Berufung auf Grömmer/Oberhofer, „Arbeitsunfall“ bei Beschäftigung von Strafgefangenen, in DRdA 1995, 276 - auf seinem schon vom Prozeßbeginn an vertretenen Standpunkt, er habe bei der Beschäftigung des Klägers als Organ des Strafvollzugs gehandelt, so daß dieser seine Ersatzansprüche im Rahmen der Amtshaftung gegen den hiefür in Betracht kommenden Rechtsträger - den Bund - zu richten gehabt hätte. Diesen Ausführungen ist beizupflichten:

Der Kläger verbüßte im Unfallszeitpunkt eine Freiheitsstrafe. Solche Strafen werden nur hoheitlich vollzogen; insbesondere fällt die Anwendung des Strafvollzugsgesetzes (StVG), soweit nicht ohnehin die Gerichte zu dessen Vollziehung berufen sind (§ 16 StVG), ausschließlich in den Bereich der Hoheitsverwaltung. Infolge des Freiheitsentzugs treffen den Bund - als den für den Bereich des Strafvollzugsrechts in Betracht kommenden Rechtsträger (Art 10 Abs 1 Z 6 und Art 102 Abs 2 B-VG) - zahlreiche Verpflichtungen, die sonst dem privaten Verantwortungsbereich jedes einzelnen zuzuordnen sind, als Folge der Zuweisung eines Zwangsaufenthalts jedoch hoheitliche Abgaben werden (1 Ob 5/94; 1 Ob 22/90; EvBl 1989/158 ua; Schragel, AHG2 Rz 99; Vrba/Zechner, Amtshaftungsrecht, 104 f). Darunter fällt auch die Fürsorgepflicht des Bundes für die Strafgefangenen im Zusammenhang mit den diesen zugewiesenen Arbeiten (§ 49 Abs 3 StVG.

Gemäß § 44 Abs 1 StVG ist jeder arbeitsfähige Strafgefangene verpflichtet, Arbeit zu leisten. Zur Arbeit verpflichtete Strafgefangene haben jene Arbeiten zu verrichten, die ihnen zugewiesen werden (§ 44 Abs 2 StVG). Im Gegensatz zu älteren Vorstellungen hat die Gefangenenarbeit nach moderner Auffassung nicht der Strafschärfung, sondern der erzieherischen Aufgabe des Strafvollzugs zu dienen (RV, 511 BlgNR, 11.GP, 58 f); der Wert der Arbeit im Strafvollzug liegt in erster Linie darin, daß sie der asozialisierenden Wirkung längeren Nichtstuns entgegenwirkt (Kunst, Strafvollzugsgesetz, 89). Da im anstaltseigenen Bereich ausreichende Arbeitsmöglichkeiten für die Strafgefangenen in aller Regel nicht zur Verfügung stehen, sieht § 45 Abs 2 StVG als Alternativen zur Beschäftigung von Strafgefangenen unter anderem die Möglichkeit der Beschäftigung mit Arbeiten für Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und für andere private Auftraggeber vor, die entweder unter Bewachung oder ohne Bewachung - also im Rahmen des Freigangs (§ 126 Abs 3 StVG) - zu verrichten sind. Zu Arbeiten außerhalb der Anstalt dürfen nur Strafgefangene herangezogen werden, von welchen ein Mißbrauch der mit der Außenarbeit verbundenen Lockerung des Vollzugs nicht zu befürchten ist (§ 47 Abs 4 StVG). Im Rahmen des Strafvollzugs „in gelockerter Form“ sind den Strafgefangenen unter der vorstehenden Voraussetzung als Lockerung unter anderem die Beschränkung oder der Entfall der Bewachung bei der Arbeit auch außerhalb der Anstalt zu gewähren (§ 126 Abs 1 und Abs 2 Z 2 StVG), doch darf die Anordnung, daß ein Strafgefangener Arbeiten ohne Bewachung außerhalb der Anstalt und nicht für einen zur Anstalt gehörigen Wirtschaftsbetrieb zu verrichten hat („Freigang“), nur mit Zustimmung des Strafgefangenen getroffen werden; dabei ist auch anzuordnen, wann der Strafgefangene in die Anstalt zurückzukehren hat (§ 126 Abs 3 StVG). Im Gesetz ist jedoch nicht geregelt, auf welche - rechtstechnische - Weise Strafgefangene Dritten zur Arbeitsleistung zugewiesen und die Dritten in dieser Hinsicht rechtlich gebunden werden. In der Praxis geschieht das - wie auch im vorliegenden Fall - durch Abschluß privatrechtlicher Verträge zwischen der Strafvollzugsbehörde (namens des Bundes) und dem Dritten, in welchen die näheren Regelungen - wie das Entgelt, die Dauer der außerhalb der Anstalt zu verbringenden Zeit, die Beförderung von der Anstalt zum Arbeitsplatz und zurück sowie die Art der Verpflegung - von Fall zu Fall zu treffen sind (vgl Kunst aaO 210). Gegen diese Rechtsform wurden bisher im Schrifttum keine Bedenken geäußert (Grömmer/Oberhofer aaO 277 mwN).

Die im § 9 Abs 5 AHG angeordnete amtshaftungsrechtliche Immunität des Organs (vgl dazu 1 Ob 49,54/95 und Böhm in Aicher, Die Haftung für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsleben [1988], 256 f) gegenüber unmittelbar geltend gemachten Ersatzansprüchen, die den Erstbeklagten in der Revision allerdings fälschlicherweise zum Antrag auf Abweisung des Klagebegehrens veranlaßte, könnte dieser nur unter der Voraussetzung für sich in Anspruch nehmen, daß ihm bei der Beschäftigung des Klägers, bei der es zum Unfall kam, die Stellung eines Organs im Sinne des § 1 Abs 2 AHG zukam, also einer solchen natürlichen Person, die dabei in Vollziehung der Gesetze handelt, ohne daß es darauf ankommt, ob sie dauernd oder vorübergehend oder für den einzelnen Fall bestellt ist, ob sie gewähltes, ernanntes oder sonstwie bestelltes Organ ist und ob ihr Verhältnis zum Rechtsträger nach öffentlichem oder - wie hier - nach privatem Recht zu beurteilen ist. Damit ist klargestellt, daß auch Private mit Aufgaben der Vollziehung der Gesetze betraut werden können; wesentlich ist nur, daß die handelnde Person mit Befugnissen ausgestattet ist, die ihr die Möglichkeit geben, hoheitliche Handlungen zu setzen; sie muß aber dem Dritten gegenüber nicht selbst hoheitlich handeln, sondern es genügt ein Verhalten im Dienst der Erreichung hoheitlicher Zielsetzung (Schragel aaO Rz 26). Ob die Privatperson mit Hoheitsrechten mit der Verpflichtung, diese wahrzunehmen, beliehen und dadurch mit der Kompetenz, über die Erlassung von Hoheitsakten selbständig zu entscheiden, ausgestattet oder bloß in die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eingebunden wird, um andere Organe bei deren Besorgung hoheitlicher Aufgaben zu unterstützen oder zu entlasten, ohne daß damit eine Kompetenz zur Setzung von Hoheitsakten kraft selbständiger Entschließung verbunden wäre (vgl dazu etwa Schragel aaO Rz 27 unter Berufung auf Koja in Ermacora/Winkler/Koja/Rill/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht [1979], 442), ist dabei gleichgültig, weil in jedem Fall eine Heranziehung von Privatpersonen zur Besorgung hoheitlicher Aufgaben und damit deren Organstellung zu bejahen ist. Demgemäß hat die Rechtsprechung nicht nur beliehene Unternehmer, wie etwa die Österreichische Nationalbank (§ 7 NBG; ÖBA 1996, 213) und die gemäß § 57a KFG ermächtigten Vereine und gewerblichen Unternehmer (SZ 54/19; JBl 1991, 180), sondern auch den Unternehmer, der im Auftrag eines anderen Organs mit der Ersatzvornahme im Zuge von Vollstreckungsmaßnahmen (SZ 51/126) oder der Abschleppung verkehrsbehindernd abgestellter Fahrzeuge (vgl VfSlg 7854/1976; Schragel aaO Rz 32) betraut ist, als Organe im Sinne des § 1 Abs 2 AHG beurteilt. Nichts anderes kann für den Dritten gelten, dem die Strafvollzugsbehörde Strafgefangene zur Arbeitsleistung im Freigang zuweist:

Der Strafgefangene verbüßt auch während solcher Arbeitsleistungen für den Dritten grundsätzlich weiterhin die über ihn verhängte Freiheitsstrafe, die Tätigkeit für den Dritten ist daher - gelockerter - Strafvollzug, der in dieser Form ohne dessen Mitwirkung gar nicht möglich wäre. Zweck des Freigangs ist wohl die effizientere Gestaltung des Strafvollzugs, also - neben der Schaffung zusätzlicher Beschäftigungsmöglichkeiten als Voraussetzung dafür, daß die Strafgegangenen ihrer Arbeitspflicht nachkommen können, - die bessere Verwirklichung des Sozialisierungs- bzw Resozialisierungszwecks des Strafvollzugs durch Schaffung von der Beschäftigung in Freiheit ähnlichen Arbeitsbedingungen, womit nicht nur die Strafgefangenen in wirksamerer Weise auf ihre Entlassung vorbereitet werden können, sondern auch der Strafvollzug insofern entlastet wird, als arbeitswillige Strafgefangene einer sinnvollen Tätigkeit ohne Bewachungsaufwand zugeführt werden können. Der Freigang im Sinne des § 126 Abs 3 StVG gehört somit zum Instrumentarium des wirksamen Vollzugs von Freiheitsstrafen, auf das das Strafvollzugsrecht, will es das wichtigste Ziel des Vollzugs - die (Wieder-)Eingliederung der Strafgefangenen in die Gesellschaft - wenigstens teilweise verwirklichen, gar nicht verzichten könnte. Der Freigang dient demnach nicht nur den Interessen des Strafgefangenen, der in geeigneter Weise auf seine Entlassung vorbereitet werden soll, sondern auch dem Ziel eines geordneten und möglichst effizienten Strafvollzugs und demnach der Erfüllung der den Strafvollzugsbehörden übertragenen Aufgaben. Da der Freigang - wie erwähnt - Teil des zur Gänze dem Hoheitsbereich des Bundes zuzurechnenden Strafvollzugs ist und ohne entsprechende, wenngleich auch zu dessen Vorteil gereichende Mitwirkung des Dritten gar nicht möglich wäre, ist er insgesamt - und damit auch im Umfang der Mitwirkung durch den Dritten - als Besorgung hoheitlicher Aufgaben zu beurteilen, sodaß dann aber dem Dritten folgerichtig die Stellung eines Organs im Sinne des § 1 Abs 2 AHG zukommt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß sich für den Dritten als Folge und Begleitwirkung seiner Einbindung in die durch den Rechtsträger hoheitlich zu vollziehende Materie auch die Möglichkeit der Verfolgung eigener Interessen eröffnet, weil das für die Organeigenschaft gemäß § 1 Abs 2 AHG weder hier noch sonst (vgl nur die schon referierten Beispiele: Überprüfung der Verkehrssicherheit von Fahrzeugen nach § 57a KFG, Ersatzvornahme im Zuge der Zwangsvollstreckung und Abschleppen verkehrsbehindernd aufgestellter Fahrzeuge) maßgebend ist. Bedeutsam ist lediglich, daß der Dritte eine Aufgabe zu besorgen hat, die infolge eines engen Sachzusammenhangs im Dienst der Erreichung der hoheitlichen Zielsetzung steht. Diese Voraussetzung ist gerade bei der Stellung des Erstbeklagten - wie noch näher darzustellen sein wird - erfüllt.

Dem Dritten werden mit der hoheitlichen Zuweisung des Strafgefangenen durch die Strafvollzugsbehörde diesem gegenüber auch jene Direktionsrechte übertragen, die erforderlich sind, um den Zuweisungszweck - die im § 45 StVG angestrebte Verrichtung „nützlicher Arbeit“ - überhaupt erst zu ermöglichen: Der Strafgefangene wird erst aufgrund dessen Weisungen und diesen entsprechend tätig und leistet in diesem Rahmen jene Arbeit, derentwegen er dem Dritten zugewiesen wurde und für die dieser dem Bund Zahlungen zu erbringen hat. Dieses Leitungsrecht kann nur aus dem besonderen Gewaltverhältnis zwischen Rechtsträger und Strafgefangenem abgeleitet werden, ist somit Teil dieses Gewaltverhältnisses und schon deshalb dem Strafvollzug zuzurechnen.

An diesem Ergebnis kann auch nichts ändern, daß der Freigang ohne Zustimmung des Strafgefangenen nicht angeordnet werden darf: Abgesehen davon, daß die Zustimmung eines Beteiligten zu staatlichen Hoheitsakten (als eine deren rechtlichen Voraussetzungen) auch andernorts (etwa bei Ernennung auf einen Dienstposten) vorgesehen ist (Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2 , 461; Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 , 261), beruht diese Voraussetzung doch auf der den Strafgefangenen treffenden grundsätzlichen Arbeitspflicht; wie Grömmer/Oberhofer (aaO 280) zutreffend ausführen, kann er damit bloß die Art der Arbeitsverrichtung (das „Wie“), nicht hingegen auch den Bestand der Pflicht als solche ( also das „Ob“) beeinflussen.

Aus all diesen Erwägungen kann nur der Schluß gezogen werden, daß der Dritte, dem der Strafgefangene zur Arbeitsleistung im gelockerten Vollzug zugewiesen wird, in die Erfüllung dieser hoheitlichen Aufgaben eingebunden und demgemäß als Organ im Sinne des § 1 Abs 2 AHG zu beurteilen ist, weil die ihm übertragenen Aufgaben jenen hinreichend engen Zusammenhang mit dem Strafvollzug aufweisen, der für das Handeln als Organ typisch ist (SZ 64/85; JBl 1992, 532 ua; zuletzt wieder 1 Ob 8/96). Dabei kann es unerörtert bleiben, in welcher Weise sich der hier zu beurteilende Fall von jenem eines Zeitsoldaten, dem gemäß § 33 WehrG 1978 die berufliche Bildung ermöglicht wird, unterscheidet. In der Rechtsprechung (SZ 61/157) wurde die Organstellung eines solchen Soldaten in diesem Zusammenhang verneint. Ob daran mit Rücksicht auf die im Vergleich zum vorliegenden Fall bestehenden Unterschiede in der rechtlichen Ausgangslage festzuhalten ist, wird erst dann zu klären sein, wenn sich in einem weiteren Rechtsstreit eine solche Problemstellung neuerlich ergeben sollte.

Auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts gestützte Ansprüche des Geschädigten gegen eine im Sinne des § 1 AHG handelnde Person sind ausgeschlossen (SZ 63/25 ua; Schragel aaO Rz 262). Solche Schäden können zulässigerweise nur im Rahmen der Amtshaftung gegen den Rechtsträger geltend gemacht werden. Daran kann auch nichts ändern, daß der Anspruch - unmittelbar oder subsidiär - auf die allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts gestützt wird, weil dem die durch das Amtshaftungsgesetz angeordneten Beschränkungen (§ 1 Abs 1 bzw § 9 Abs 5 AHG) entgegenstehen, wenn der Anspruch gegen eine Person verfolgt wird, die als Organ gehandelt hat (SZ 47/120 ua; zuletzt 1 Ob 8/96). Handelte der Erstbeklagte - wie weiter oben dargelegt - im Hoheitsbereich, ist nicht nur dessen Schadenersatzhaftung gemäß § 1 Abs 1 AHG zu verneinen, sondern ist gemäß § 9 Abs 5 AHG gegen ihn als Organ auch der Rechtsweg unzulässig (1 Ob 49,54/95 mwN ua). Schon deshalb muß auch die im Verfahren aufgeworfene und von den Vorinstanzen verneinte Frage, ob dem Erstbeklagten das Dienstgeberprivileg des § 333 ASVG zustatten kommen könnte, erst gar nicht mehr geprüft werden. Die an das Organhandeln geknüpfte verfahrensrechtliche Konsequenz der Unzulässigkeit des Rechtswegs kann auch nicht dadurch vermieden werden, daß der Kläger einen auf dem allgemeinen bürgerlichen Recht beruhenden Anspruchsgrund vorzuschieben versucht; die rechtliche Beurteilung des Streitgegenstandes ist allein dem Gericht vorbehalten.

Nun wurde zwar zur kraftfahrrechtlichen Ermächtigung gemäß § 57a KFG ausgesprochen (SZ 54/19), daß es etwa dem Ermächtigten - trotz seiner Stellung als Organ - unbenommen bleiben muß, seine werkvertraglichen Erfüllungsansprüche gegen den Besteller geltend zu machen. Wie Schragel (aaO Rz 35) zutreffend ausführt, bleiben aber dem Besteller aus der mangelhaften Begutachtung abgeleitete Ansprüche gegen den Ermächtigten auf Ersatz von (Folge-)Schäden verwehrt, was im Lichte der voranstehenden Erwägungen noch dahin zu ergänzen ist, daß solchen Ansprüchen des Bestellers gemäß § 9 Abs 5 AHG der Rechtsweg verschlossen ist: Solche Ansprüche können zulässigerweise und mit Erfolg allein gegen den Rechtsträger im Amtshaftungsweg verfolgt werden. Nun kann zwar nicht geleugnet werden, daß die Vereinbarung zwischen der Strafvollzugsbehörde (namens des Bundes) und dem Dritten ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Strafgefangenen ist, so daß dieser gegen den Dritten - wäre der nicht Organ im Sinne des § 1 Abs 2 AHG - aus der Verletzung von Füsorge- und sonstigen Schutzpflichten unmittelbare vertragliche Schadenersatzansprüche geltend machen könnte, doch bleibt einer solchen Rechtsverfolgung angesichts der amtshaftungsrechtlichen Immunität des Dritten (§ 9 Abs 5 AHG) - wie erwähnt - der Rechtsweg verwehrt.

Die Unzulässigkeit des Rechtswegs ist als Mangel einer absoluten Prozeßvoraussetzung gemäß § 240 Abs 3 ZPO in jeder Lage des Verfahrens bis zur Rechtskraft der Sachentscheidung auch von Amts wegen wahrzunehmen und von den Rechtsmittelinstanzen aus Anlaß eines zulässigen Rechtsmittels auch von Amts wegen aufzugreifen. Das führt dazu, daß - soweit es den Erstbeklagten betrifft - die vorinstanzlichen Entscheidungen als nichtig aufzuheben, das diesen vorangegangene Verfahren für nichtig zu erklären und die Klage gegen den Erstbeklagten zurückzuweisen ist.

Der Ausspruch über die Kosten beruht auf § 51 Abs 1 ZPO. Dem Kläger fällt es als Verschulden zur Last, daß er das Verfahren gegen den Erstbeklagten trotz eines bestehenden absoluten Prozeßhindernisses einleitete, obgleich der geltend gemachte Anspruch bereits nach der Klagserzählung auf fehlerhaftes Organhandeln gestützt war. Er setzte das Verfahren, obschon der Erstbeklagte vom Beginn an eingewendet hatte, daß das Begehren aus schadenursächlichem Organhandeln abgeleitet worden sei, unbeirrt fort. In der Sache machte der Erstbeklagte demnach geltend, den Klagsbehauptungen liege ein Sachverhalt zugrunde, auf den § 9 Abs 5 AHG anzuwenden sei. Somit hat der Kläger die durch das nichtige Verfahren aufgelaufenen Kosten zu ersetzen. Streitgenossenzuschlag gemäß § 15 RATG gebührt dem Erstbeklagten nicht, weil der Erstbeklagtenvertreter weder mehrere Personen vertrat noch mehreren Personen gegenüberstand. Die „Mitteilung“ vom ist nicht zu honorieren; die Vorlage des Vermögensbekenntnisses hätte bereits mit dem in der Berufungsschrift enthaltenen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe erfolgen können. Pauschalgebühr für die Revision ist nicht zuzuerkennen, weil dem Erstbeklagten Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a-f ZPO bewilligt wurde.