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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 06.04.2010, RV/0050-I/10

Teilweises Unterbleiben der Ausführung eines Kreditvertrages ( wegen Tod der Kreditnehmerin) ändert nichts an der bereits laut Kreditvertrag entstandenen Gebührenschuld

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0050-I/10-RS1
Mit Unterzeichnung der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde durch beide Vertragsparteien ist der Kreditvertrag hinsichtlich des vertraglich vereinbarten Kreditbetrages von 63.200 € rechtswirksam zustande gekommen. Entsprechend dem beurkundeten Vertragsinhalt ist für dieses Rechtsgeschäft die Gebührenschuld entstanden. Dass in der Folge wegen des Todes der Grundsicherungsempfängerin (Kreditnehmerin) das beurkundete Rechtsgeschäft nur im Betrag von 3.705,20 € ( für 4 Monate statt wie vereinbart für 68 Monate) tatsächlich ausgeführt worden ist, ändert auf Grund des § 17 Abs. 5 GebG nichts an der mit Vertragsunterzeichnung entstandenen Gebührenschuld des beurkundeten Rechtsgeschäftes. Die Gebührenvorschreibung von dem vertraglich eingeräumten Kreditbetrag von 63.200 € war somit rechtens.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der M.S., Adresse1, vertreten durch Ch.S., Adresse2, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Gebühren entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

M.S., vertreten durch die bestellte Sachwalterin Ch.S., und das Land Tirol unterfertigten am bzw. eine als Schuld- und Pfandbestellungsurkunde bezeichnete Vereinbarung mit auszugsweise folgendem Inhalt:

"I. Grundlagen

1. Für M.S., geb. 1930, im Folgenden als "Grundsicherungsempfänger" bezeichnet, vertreten durch seinen mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom T.M.2009, Z, bestellten Sachwalter Ch.S., Adresse2, sollen die seit angefallenen und auch künftig anfallenden ungedeckten Pflegekosten im Pflegeheim gemäß § 7 Abs. 1 lit. d Tiroler Grundsicherungsgesetz (TGSG) vom Land Tirol aus Mitteln der Grundsicherung getragen werden.

2. Das Land Tirol finanziert aus Mitteln der Grundsicherung einen monatlichen Grundsicherungsbetrag in Höhe von € 926,30. Dieser Betrag berechnet sich (....).

3. Dem Land Tirol als Träger der Grundsicherung ist bekannt, dass der Grundsicherungsempfänger über folgendes Liegenschaftsvermögen verfügt: 30/3561- Anteile an der Liegenschaft in EZ X GB Y (B-LNr 37) samt dem damit verbundenen Wohnungseigentum an W 14.

5. Mit seiner Erklärung zum Grundsicherungsantrag hat der Grundsicherungsempfänger, vertreten durch seinen Sachwalter, dem Land Tirol sein im vorstehenden Abs. 3 näher bezeichnetes Liegenschaftsvermögen zur Sicherstellung angeboten und sich verpflichtet, sämtliche dafür erforderlichen Erklärungen abzugeben. Damit sind die Voraussetzungen zur Gewährung einer Grundsicherung im Sinne des TGSG gegeben, da die Verwertung dieser Liegenschaft derzeit nicht zumutbar ist.

6. Das Land Tirol als Träger der Grundsicherung gewährt dem Grundsicherungsempfänger vorerst einen Kredit bis zur Höhe von € 63.200,00, was die Bezahlung der Pflegekosten für die Dauer von ungefähr 68 Monaten ermöglicht.

7. Die Leistung der Grundsicherung erfolgt seitens des Landes Tirol in Form eines zurückzuzahlenden Kredites. Die Zuzählung des Kreditbetrages erfolgt durch monatliche Direktverrechnung mit dem Heimträger.

II. Sicherstellung

1. Zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche, die dem Land Tirol aus dieser Urkunde erwachsen, verpfändet der Grundsicherungsempfänger durch seinen Sachwalter sein im vorstehenden Punkt I Abs. 3 näher bezeichnetes Liegenschaftsvermögen.

III. Tilgung

1. Der Grundsicherungsempfänger ist berechtigt, die gesamte Schuld oder Teile davon vor dem Fälligkeitstermin zurückzuzahlen.

2. Das Land Tirol ist berechtigt, den aushaftenden Kreditbetrag sofort zur Zahlung fällig zu stellen, wenn

a) ........ b) ........ c) der Grundsicherungsempfänger stirbt.

VI. Aufsandungserklärung

Zur grundbücherlichen Durchführung dieser Schuld- und Pfandbestellungsurkunde erteilt der Grundsicherungsempfänger, vertreten durch seinen Sachwalter, die ausdrückliche Einwilligung zu nachstehender Eintragung in EZ X GB Y : Ob seinen 30/3561- Anteilen samt dem damit verbundenen Wohnungseigentum an W 14 (B- LNr 37) die Einverleibung des Pfandrechtes für alle vorbezeichneten Forderungen bis zum Höchstbetrag von € 63.200,00 für das Land Tirol."

Das Finanzamt setzte gegenüber M.S. zu Handen von Ch.S. mit dem Gebührenbescheid vom für den Rechtsvorgang "Schuld- und Pfandbestellungsurkunde Land Tirol vom " gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 Z 1 GebG von 0,8 % der Kreditsumme von 63.200,00 € die Gebühr mit 505,60 € fest.

Unzweifelhaft in Vertretung der Verlassenschaft wurde von der erbserklärten Alleinerbin Ch.S. am gegen diesen Gebührenbescheid Berufung eingebracht mit dem Vorbringen, M.S. sei am verstorben. Das Landes- Darlehen für Pflegekosten sei daher für den Zeitraum bis , somit für 4 Monate mit monatlich 926,30 €, in Höhe von 3.705,20 € vom Land Tirol zugezählt worden und werde zurückbezahlt. Demgegenüber setze der Bescheid entsprechend der Pfandbestellungsurkunde die Gebühr von 63.200 € und damit von einem Auszahlungsbetrag für 68 Monate fest. Der Berufung angeschlossen war eine Ablichtung der Sterbeurkunde.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde damit begründet, dass für die Festsetzung der Gebühr der Inhalt der Schuldurkunde maßgebend sei. Die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das (teilweise) Unterbleiben der Ausführung würden die entstandene Gebührenschuld nicht aufheben. Nach dem Inhalt der Urkunde sei ein Kredit in Höhe von 63.200 € gewährt worden. Dieser Betrag sei die Bemessungsgrundlage für die Gebühr.

Daraufhin wurde die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt und darin nochmals darauf hingewiesen, dass vom Land zwar ein Pflegedarlehen für 68 Monate (pro Monat: 926,30 €) genehmigt worden sei. Als Sicherstellung für das Darlehen sei eine Wohnung mit Schätzwert 62.300 € geboten worden. Da M.S. am verstarb, sei aber das Darlehen nur für 4 Monate (vom Juli bis Oktober 2009) in Anspruch genommen worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 Z 1 GebG unterliegen Kreditverträge, mit welchen den Kreditnehmern die Verfügung über einen bestimmten Geldbetrag eingeräumt wird, von der vereinbarten Kreditsumme, wenn der Kreditnehmer nur einmal verfügen kann, einer Gebühr von 0,8 v. H.

Gemäß § 15 Abs. 1 GebG sind Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird.

Nach § 16 Abs. 1 Z 1 lit a GebG entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird, bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkte der Unterzeichnung.

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.

Nach § 17 Abs. 5 GebG heben die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht auf.

§ 33 TP 19 Abs. 1 GebG hat alle Kreditverträge iSd Zivilrechtes zum Gegenstand, die dem Kreditnehmer die Möglichkeit der Fremdfinanzierung privater oder betrieblicher Bedürfnisse aus vertraglich hiefür bereitgestellten Mitteln des Kreditgebers eröffnen. Für den Bereich des § 33 TP 19 GebG ist unter einem Kreditvertrag ein -zweiseitig verbindliches - Rechtsgeschäft zu verstehen, mit welchem dem Kreditnehmer die Verfügung über einen bestimmten Geldbetrag eingeräumt wird. Auf welcher Weise diese Verfügung erfolgt, ob durch Barabhebung, durch Anweisung oder auf sonstige Weise, ist hingegen nicht entscheidend. In der Verpflichtung, dem Kreditnehmer Zahlungsmittel zur Verfügung zu stellen, ist die Essenziale eines Kreditvertrages iSd Gebührenrechtes gelegen. Der Kreditvertrag ist ein Konsensualvertrag; er kommt bereits mit der Leistungsvereinbarung und nicht erst mit der Erbringung der vereinbarten Leistung zu Stande (vgl. und , 2000/16/0615).

Voraussetzung der Gebührenpflicht ist, dass ein Rechtsgeschäft gültig zu Stande gekommen und beurkundet wurde (). Die Gebührenpflicht des Rechtsgeschäftes entsteht mit der Errichtung der Urkunde. Gegenstand der Gebühr ist das rechtsgültig zustande gekommene Rechtsgeschäft, während die Errichtung der Urkunde die Voraussetzung bzw. Bedingung dafür ist, bei deren Vorliegen das Rechtsgeschäft gebührenpflichtig wird (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 38-40 zu § 15 GebG und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).

Im vorliegenden Berufungsfall kann unter Beachtung der Begriffsbestimmung eines Kredites kein Zweifel darüber bestehen, dass der zur Finanzierung der Pflegekosten vom Land Tirol der Bw. in der Schuld- und Pfandverstellungsurkunde eingeräumte Kredit bis zur Höhe von 63.200 € zivilrechtlich eine Kreditvereinbarung darstellt, dieser Kreditvertrag rechtsgültig zustande gekommen und durch Errichtung der Urkunde dieses Rechtsgeschäft beurkundet wurde. Die Voraussetzungen der Gebührenpflicht liegen somit im Gegenstandsfall unstrittig vor. Mit Unterzeichnung der Urkunde durch beide Vertragsteile ist gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG die Gebührenschuld entstanden.

Während das Vorliegen dieser Voraussetzungen der Gebührenpflicht unstrittig blieb, bekämpft die Berufung die Gebührenvorschreibung ausschließlich der Höhe nach im Wesentlichen mit der Begründung, da M.S. am verstorben sei, sei der Kredit nur für 4 Monate und damit in Höhe von 3.705,20 € in Anspruch genommen worden und in dieser Höhe werde dieser zurückbezahlt. Mit diesem Vorbringen wird implizit geltend gemacht, die Gebühr sei von diesem Betrag von 3.705,20 € und nicht vom eingeräumten Kreditbetrag von 63.200 € festzusetzen. Dieser Argumentation steht allerdings folgende Rechtslage entgegen.

Im § 17 Abs. 5 GebG ist angeordnet, dass die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht aufhebt (vgl. und , 89/15/0140). In dieser Vorschrift kommt der für die Verkehrssteuern (und auch für das Gebührenrecht) geltende Grundsatz zum Ausdruck, dass die einmal entstandene Gebührenschuld durch nachträgliche Ereignisse grundsätzlich nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. , vom , 92/16/0160, vom , 2001/16/0490, 0516, und vom , 2007/16/0230). Die mit Unterzeichnung der Urkunde nach den Vorschriften des § 16 Abs. 1 GebG entstandene Gebührenschuld kann somit nachträglich nicht mehr beseitigt werden. Nach dem Stichtagsprinzip, wie es in § 17 Abs. 5 GebG zum Ausdruck kommt, ändert selbst der spätere gänzliche Wegfall der vertraglichen Erfüllungspflicht nichts mehr an der bereits entstandenen Gebührenschuld (, vom , 89/15/140 und vom , 91/15/0109). Folglich ist es unmaßgeblich, ob das beurkundete Rechtsgeschäft in weiterer Folge aufrechterhalten und ob oder wie es ausgeführt wird (, vom , 92/16/0159, vom , 94/16/0045, 0104, und vom , 2001/16/0606). Für das Gebührenrecht normiert somit § 17 Abs. 5 GebG ausdrücklich, dass solche spätere Änderungen nicht zu berücksichtigen sind.

Für die Entscheidung des vorliegenden Berufungsfalles bedeutet die Rechtslage des § 17 Abs. 5 GebG, dass mit der am (vom BG Hall genehmigt am ) bzw. erfolgten Unterzeichnung der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde durch beide Vertragsparteien der Kreditvertrag in der vertraglich vereinbarten Höhe von 63.200 € rechtswirksam zustande gekommen und nach dem beurkundeten Inhalt für dieses Rechtsgeschäft mit der Vertragsunterfertigung die Gebührenschuld entstanden ist. Dass in der Folge wegen des Todes der Grundsicherungsempfängerin (= Kreditnehmerin) das beurkundete Rechtsgeschäft nur im Betrag von 3.705,20 € (für vier Monate) und damit nur in diesem Ausmaß tatsächlich ausgeführt worden ist, ändert auf Grund des im § 17 Abs. 5 GebG zum Ausdruck gebrachten Stichtagsprinzips nichts mehr an der mit Vertragsunterzeichnung entstandenen Gebührenschuld des beurkundeten Rechtsgeschäftes. Vermag aber das nachträgliche Ereignis des Todes der Kreditnehmerin (Todestag: ) die für den Kreditvertrag im vertraglich festgelegten Ausmaß entstandene Gebührenschuld nicht aufzuheben, dann liegt keine Rechtswidrigkeit des Gebührenbescheides darin begründet, dass das Finanzamt die im abgeschlossenen Rechtsgeschäft vertraglich vereinbarten Kreditsumme von 63.200 € als Bemessungsgrundlage angesetzt und die 0,8 %-ige Kreditvertragsgebühr mit 505,60 € festgesetzt hat.

Es ist somit über die Berufung gegen den Gebührenbescheid spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 33 TP 19 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 17 Abs. 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Schlagworte
Grundsicherungsempfänger
Kreditvertrag
nachträgliches Ereignis
Unterbleiben
Ausführung
Kreditbetrag

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at