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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 07.01.2013, RV/0376-I/08

Das eigens für den einzigen Dienstnehmer angeschaffte Außendienstfahrzeug wurde bereits nach 13 Monaten (bei einer Nutzungsdauer von 6 Jahren) wieder verkauft, weil der Dienstnehmer gekündigt hat und das Fahrzeug nicht mehr benötigt wurde. Ist die Kündigung als "Unwägbarkeit" zu beurteilen, steht trotz nur kurzfristiger Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen eine IZP zu.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Stb, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für 2004 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben. Die Investitionszuwachsprämie für 2004 wird mit 4.314,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber betreibt ein Elektrounternehmen und ermittelt den Gewinn nach den Vorschriften des § 4 Abs. 1 EStG 1988. In einer Beilage zur Einkommensteuererklärung für 2004 machte er eine Investitionszuwachsprämie gemäß § 108 e EStG 1988 im Betrag von 4.314 € geltend, die er wie folgt berechnete:


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AK/HK prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter
55.084,00
Durchschnitt der letzten drei Jahre
11.948,00
Zuwachs
43.136,00
Prämie 10 %
4.314,00

In den angeführten AK/HK prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter sind u.a. die Kosten für den Erwerb eines VW Kastenwagen im Betrag von 19.488,34 € enthalten. Laut Anlagenverzeichnis wurde das Fahrzeug am (samt Winterreifen) in das Betriebsvermögen aufgenommen und ist am wieder aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Anlässlich einer Nachschau gemäß § 144 BAO erteilte die steuerliche Vertretung dazu folgende Auskunft (Aktenvermerk des Prüfers vom , AbNr. 300251/08):

Der Abgabepflichtige erbringe Serviceleistungen im Zusammenhang mit Heizungsbrennern. Seit Feber 2002 sei ("mit Unterbrechungen - Stempelzeiten im Winter") ein Dienstnehmer beschäftigt gewesen. Im Dezember 2004 habe sich der Abgabepflichtige entschlossen, zwei neue Dienstfahrzeuge anzuschaffen, was dann mit dem VW TransVan TDI 4Motion für sich selbst und dem VW Kastenwagen TDI Winner für den Dienstnehmer auch geschehen sei. Der Dienstnehmer habe mit dem Fahrzeug seine Außendienste verrichtet. Im September 2005 habe er gekündigt. Für den Abgabepflichtigen habe sich zwischenzeitlich herausgestellt, dass es wirtschaftlich sinnvoller sei, den Betrieb allein (ohne Dienstnehmer) zu führen. Das zweite Fahrzeug sei daher nicht mehr benötigt worden, weshalb es im Jänner 2006 wieder veräußert worden sei.

Mit dem am ausgefertigten "Bescheid über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108 e EStG 1988" kürzte das Finanzamt die angeführten AK/HK prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter um die darin enthaltenen Kosten für den Erwerb des VW Kastenwagen im Betrag von 19.488,34 €. Begründend führte das Finanzamt aus, das Fahrzeug, für das im Anlagenverzeichnis für Zwecke der AfA eine Nutzungsdauer von sechs Jahren angenommen worden sei, habe sich nur wenig mehr als ein Jahr im Betriebsvermögen befunden. Das Fahrzeug sei nicht infolge nachträglicher Unwägbarkeiten, sondern infolge der betriebswirtschaftlichen Entscheidung des Unternehmers, keinen Dienstnehmer mehr zu beschäftigen, nach nur kurzer Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen verkauft worden. Ein anderer Dienstnehmer hätte das Fahrzeug "ohne Einschränkungen" nutzen können. Die Prämie wurde wie nachfolgend dargestellt ohne Berücksichtigung der Kosten für das Fahrzeug neu berechnet und mit 2.364,77 € festgesetzt:


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AK/HK prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter (ohne Fahrzeug)
35.595,51
Durchschnitt der letzten drei Jahre
11.948,33
Zuwachs
23.647,18
Prämie 10 %
2.364,72

Der Abgabepflichtige erhob fristgerecht Berufung. Die Behörde setze entgegen der klaren gesetzlichen Formulierung eine Behaltefrist für die Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie voraus. Das Finanzamt stütze sich dabei auf die im Jahr 2007 eingefügte Randziffer 8217 a der Einkommensteuerrichtlinien. Zum Zeitpunkt der Veräußerung des Fahrzeuges habe es "diese interpretative Neuschaffung einer im Gesetz nicht definierten Behaltefrist nicht gegeben". Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber immer eindeutige Behalteregeln im Gesetz verankert, im Bereich des § 108 e EStG jedoch bewusst darauf verzichtet habe. Voraussetzung für die Investitionszuwachsprämie sei, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung abgesetzt werden. Das Wirtschaftsgut müsse also dem Anlagevermögen zugeordnet werden. Die Beurteilung, ob ein Wirtschaftsgut zum langfristigen Einsatz im Unternehmen bestimmt sei, habe nach objektiven Kriterien zu erfolgen. Wie lange ein Wirtschaftsgut tatsächlich verwendet werde, sei völlig irrelevant. Da sich die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung erneut an die Einkommensteuerrichtlinien halten werde, werde um Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat ersucht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 108 e EStG kann für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10 % geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

Aus diesem Erfordernis hat der Verwaltungsgerichtshof abgeleitet, dass prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum dem Betrieb als Anlagevermögen dienen müssen, zumal nur in einem solchen Fall von Absetzung "im Wege der Absetzung für Abnutzung(§§ 7 und 8)" die Rede sein könne ( Zl. 2005/15/0156 mit Hinweis auf Hofstätter/Reichel, § 108 e EStG 1988, Tz 3, "Behaltefrist"; vgl. weiters und ). Die Investitionszuwachsprämie fördere die Mehrung von Investitionen im Verhältnis zur Vergangenheit. Ziel dieser Förderung sei es, aus konjunkturellen Gründen in bestimmten Jahren die Investitionstätigkeit der österreichischen Wirtschaft anzukurbeln (Hinweis auf Quantschnigg, ÖStZ 2003/239). Auch dieser Zweck der Regelung zeige, dass die Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum dem Anlagevermögen des investierenden Unternehmens zugehören müssten.

Auf Grund des ausdrücklichen Verweises auf die Absetzung für Abnutzung in § 108 e Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 sei für die Beurteilung der Widmung zur längerfristigen Betriebszugehörigkeit des Anlagegutes das Ausmaß der AfA heranzuziehen. Indiz für die maßgebliche Widmung des Wirtschaftsgutes sei die tatsächliche Abschreibung im Wege der AfA im Ausmaß von 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (). Aus dem Zweck der Bestimmung (der Ankurbelung der betrieblichen Investitionstätigkeit) ergibt sich laut VwGH, dass die Prämie aber auch zusteht, wenn das Wirtschaftsgut zwar zunächst für den langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt war, nach der Anschaffung eintretende Unwägbarkeiten aber zum Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen geführt haben, bevor 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Wege der AfA abgeschrieben sind. Für die "auch den subjektiven Investitionswillen berücksichtigende Unwägbarkeit" komme es nicht auf die Unvorhersehbarkeit an sich, sondern darauf an, ob die Unbrauchbarkeit mangels dafür bestehender konkreter Anhaltspunkte für den Steuerpflichtigen unvorhergesehen eintrat ().

Im gegenständlichen Fall wurde das Fahrzeug Ende Dezember 2004 angeschafft und ist Mitte Feber 2006 wieder aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Das Fahrzeug befand sich somit etwas mehr als 13 Monate im Betriebsvermögen. Die Nutzungsdauer des Fahrzeuges wurde von den Parteien übereinstimmend mit sechs Jahren angenommen. Strittig ist, ob das Fahrzeug auf Grund nachträglich eingetretener Unwägbarkeiten aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist.

Der Abgabepflichtige führt ein Einzelunternehmen mit dem Betriebsgegenstand "Heiz- und Regeltechnik" (vgl. Arbeitsbogen AbNr. 300251/08). Laut Aktenvermerk der Prüfung vom erbringt er "Serviceleistungen im Zusammenhang mit Heizungsbrennern". Seit Februar 2002 beschäftigte er einen Dienstnehmer. Für die Außendiensttätigkeit stand ein "alter Kastenwagen" zur Verfügung. Im Dezember 2004 erwarb er einen VW TransVan TDI für sich und den gegenständlichen VW Kastenwagen TDI Winner samt Winterreifen für seinen Dienstnehmer (vgl. Anlagenverzeichnis und Aktenvermerk vom ). Der Dienstnehmer hat (laut Lohnkonto) mit gekündigt. Der Abgabepflichtige führt seinen Betrieb seither allein (ohne Dienstnehmer).

Durch die Kündigung des einzigen Arbeitnehmers wurde der VW Kastenwagen zwar nicht "unbrauchbar" für das Unternehmen, aber im Hinblick auf das vorhandene zweite Fahrzeug überflüssig. Ursächlich für den Verkauf im Februar 2006 war daher die Kündigung des Dienstnehmers. Dass der Abgabepflichtige die Kündigung zum Zeitpunkt des Fahrzeugkaufes voraussehen hätte können, kann ihm nicht unterstellt werden, wäre in diesem Fall doch die gleichzeitige Anschaffung zweier Fahrzeuge unverständlich. Auch das Finanzamt hat nicht aufgezeigt, dass zum Zeitpunkt des Fahrzeugkaufes Anhaltspunkte dafür bestanden hätten, dass der Dienstnehmer ca. ein Jahr später kündigen werde. Die Kündigung stellt daher eine nach der Anschaffung eingetretene Unwägbarkeit dar.

Erblickt man die Ursache für das Ausscheiden des Fahrzeuges aus dem Betriebsvermögen nicht in der Kündigung des einzigen Dienstnehmers, sondern in der "betriebswirtschaftlichen Entscheidung des Unternehmers, in Zukunft keinen Dienstnehmer mehr zu beschäftigen" (vgl. die Begründung im bekämpften Bescheid), führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Diese Entscheidung hatte der Abgabepflichtige nach der Kündigung durch seinen Dienstnehmer zwangsläufig zu treffen. Im Zeitpunkt des Fahrzeugkaufes bestanden für ihn keine Anhaltspunkte dafür, dass er in ca. einem Jahr vor dieser - laut Aktenvermerk des Prüfers zwischenzeitlich als betriebswirtschaftlich sinnvoll erkannten - Entscheidung stehen könnte. Davon abgesehen ist offen, ob überhaupt ein geeigneter Interessent für eine Anstellung im Betrieb des Abgabepflichtigen vorhanden gewesen wäre.

Zusammenfassend ergibt sich, dass der "subjektive Investitionswille" (vgl. ) durch die Anschaffung der Fahrzeuge eindeutig zum Ausdruck gekommen ist. Hinweise dafür, dass der Abgabepflichtige schon beim Kauf beabsichtigte, das Fahrzeug nur kurzfristig im Betriebsvermögen zu halten, sind nicht ersichtlich. Das Ausscheiden des Fahrzeuges aus dem Betriebsvermögen bereits im Februar 2006 erfolgte auf Grund nachträglich eingetretener Unwägbarkeiten. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Investitionszuwachsprämie liegen daher vor.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Investitionszuwachsprämie
Unwägbarkeit
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at