OGH vom 27.02.2014, 1Ob26/14a

OGH vom 27.02.2014, 1Ob26/14a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Sauerzopf Partner Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Brigitte Elfriede S*****, vertreten durch Winkler Reich Rohrwig Illedits Wieger Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, wegen 6.840 EUR sA; über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom , GZ 21 R 176/13z 15, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Klosterneuburg vom , GZ 4 C 468/12x 9 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Parteien schlossen am einen bis befristeten Alleinvermittlungsvertrag, mit dem die Klägerin mit der Vermittlung des Verkaufs eines Superädifikats (Einfamilienhaus) der Beklagten beauftragt wurde. Als „Kaufpreis inklusive Lasten“ wurde ein Betrag von 199.000 EUR festgelegt. Die Vereinbarung enthält unter anderem die Abrede, dass die Zahlung des Provisionssatzes von 3 % (zuzüglich 20 % USt) auf Basis des genannten Kaufpreises auch für den Fall vereinbart wird, dass das im Maklervertrag bezeichnete Geschäft wider Treu und Glauben nicht zustande kommt.

Nachdem die Klägerin der Beklagten am das Kaufanbot eines Interessenten mit einem Kaufpreis von 160.000 EUR übermittelt hatte, wies die Beklagte auf ein Gespräch vom Vortag hin, in welchem sie ihre Vorstellungen mit 185.000 EUR mitgeteilt habe. Am wurde der Beklagten um 10:21 Uhr ein weiteres Angebot nun mit einem Kaufpreis von 185.000 EUR übermittelt, welches bis 20:00 Uhr desselben Tages befristet war. Die Beklagte nahm dieses Angebot nicht an. Die Klägerin stellte der Beklagten unter Hinweis darauf, dass sie das vermittelte Geschäft wider Treu und Glauben vereitelt habe, einen Betrag von 6.840 EUR (inklusive USt) in Rechnung, der auf einer Bemessungsgrundlage von 190.000 EUR ermittelt worden war.

Das Erstgericht wies das auf Zahlung dieses Betrags samt Zinsen gerichtete Klagebegehren ab. Gemäß § 4 Abs 2 MaklerG sei der Auftraggeber nicht verpflichtet, das angebahnte Geschäft zu schließen. Es stehe somit dem Abgeber auch frei, ein Angebot auszuschlagen, welches an sich seinen Preisvorstellungen entspricht. Die genannte Norm sei zwingendes Recht und könne daher auch nicht durch § 15 Abs 1 Z 1 MaklerG abbedungen werden. Im Übrigen könne der Beklagten auch ein Vereiteln des Zustandekommens des Geschäfts wider Treu und Glauben nicht vorgeworfen werden.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision letztlich für zulässig. Der Oberste Gerichtshof habe zur Abschlussfreiheit ausgeführt, dass auch beim befristeten Alleinvermittlungsvertrag die grundsätzliche Abschlussfreiheit des Auftraggebers als oberster Grundsatz des Maklerrechts unberührt bleibe. Der Auftraggeber sei gemäß § 4 Abs 2 MaklerG nicht verpflichtet, das angebahnte Geschäft zu schließen. Selbst die grundlose Ablehnung des Vertragsabschlusses müsse nicht vertragswidrig gegen Treu und Glauben verstoßen. Ein Fall des § 15 Abs 1 Z 1 MaklerG liege vor, wenn die Weigerung, das vermittelte Geschäft abzuschließen, überraschend komme und in einem eher späten Verhandlungsstadium erfolge, wovon im vorliegenden Fall jedenfalls nicht gesprochen werden könne. Hier habe der Vertreter der Klägerin die Beklagte zum Vertragsabschluss gedrängt und ihr für das Anbot des Kaufinteressenten vom nur wenige Stunden Zeit gelassen, um sich zu entscheiden. Die Klägerin habe auch nicht unter Beweis gestellt, dass das Geschäft bereits soweit ausverhandelt gewesen sei, dass lediglich eine Unterschrift der Beklagten gefehlt hätte bzw dass die Weigerung der Beklagten überraschend gekommen wäre. Von einer Vereitelung könne daher keinesfalls gesprochen werden. Die Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob die in § 4 Abs 2 MaklerG festgelegte Abschlussfreiheit die Anwendung des § 15 Abs 1 Z 1 MaklerG generell ausschließe bzw unter welchen Kriterien ein solcher Ausschluss gegeben sei, soweit ersichtlich, nicht vorliege.

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist entgegen dem nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts mangels Abhängigkeit der Entscheidung von der Lösung einer iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, dass die Klägerin ihren Anspruch im Revisionsverfahren ausschließlich auf die unterlassene Annahme des Kaufanbots vom (angebotener Kaufpreis 185.000 EUR) stützt. Generell zutreffend sind ihre Ausführungen zum Verhältnis von § 4 Abs 2 zu § 15 Abs 1 Z 1 MaklerG. Durch die letztgenannte Norm wird die generelle Abschlussfreiheit nur indirekt berührt. Nur im besonderen Ausnahmefall, in dem der Auftraggeber das Zustandekommen des in Aussicht genommenen Geschäfts wider Treu und Glauben dadurch vereitelt, dass er entgegen dem bisherigen Verhandlungsverlauf einen dafür erforderlichen Rechtsakt ohne beachtenswerten Grund unterlässt, hat der Makler im Falle einer entsprechenden Vereinbarung auch ohne Vermittlungserfolg einen Entschädigungsbetrag (bis zur Höhe der vereinbarten oder ortsüblichen Provision) zu leisten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das das Vorliegen einschlägiger Judikatur verneint hat, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass der Geschäftsherr auch zur grundlosen Ablehnung des Vertragsabschlusses berechtigt ist und nur wegen willkürlicher Ablehnung des Vertragsabschlusses ersatzpflichtig werden kann, wenn diese aus besonderen Gründen geradezu wider Treu und Glauben gegen Vertragspflichten verstößt (RIS Justiz RS0062781 vgl RS0062606). Ob dem Auftraggeber im konkreten Fall ein solches treuwidriges Verhalten vorzuwerfen ist, ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig, sodass sich eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO in der Regel nicht stellt (RIS Justiz RS0118180). Dem Berufungsgericht ist keine erhebliche Fehlbeurteilung vorzuwerfen, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste.

Im vorliegenden Fall haben die Streitteile im Alleinvermittlungsvertrag einen zu erzielenden Kaufpreis von 199.000 EUR festgelegt. Die Beklagte hat später ihre „Vorstellungen“ offenbar über eine absolute Untergrenze (wovon auch die Revisonswerberin ausgeht) mit 185.000 EUR mitgeteilt und am nächsten Tag ein Angebot mit diesem Betrag erhalten, für dessen (schriftliche) Annahme ihr eine Überlegungsfrist von weniger als zehn Stunden gewährt wurde. Angesichts der Tatsache, dass der angebotene Kaufpreis nicht unerheblich unter dem ursprünglich festgelegten Betrag lag und ein derartiges Rechtsgeschäft für einen durchschnittlichen Eigentümer eine große wirtschaftliche Bedeutung hat, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, die unterlassene Annahme des Angebots sei der Beklagten nicht als treuwidrige Vertragsvereitelung vorzuwerfen, keineswegs bedenklich. Dass die Beklagte das Anbot bereits rund fünf Stunden nach seinem Zugang abgelehnt hätte, haben die Vorinstanzen zwar nicht festgestellt. Selbst wenn man aber insoweit den Revisionsausführungen folgen wollte, wäre keine bedenkliche Gesetzesanwendung des Berufungsgerichts zu erkennen. Will sich ein Offertempfänger innerhalb der eingeräumten (kurzen) Bindungsfrist nicht entscheiden oder will er sich die Möglichkeit offen halten, in näherer Zukunft noch bessere Kaufangebote zu bekommen, ist ihm kein Vorwurf zu machen, wenn er schon vor Ablauf der Angebotsfrist eine ablehnende Stellungnahme abgibt.

Zutreffend weist die Revisionsrekursgegnerin auch darauf hin, dass etwa die für einen Liegenschaftsverkauf bedeutende Frage der Bonität des Kaufinteressenten selten innerhalb weniger Stunden geklärt werden kann.

Unverständlich ist der Hinweis der Revisionswerberin auf eine Korrespondenz per E Mail vom , in der zwischen den Streitparteien „releviert“ worden sei, ob es sich bei dem im Alleinvermittlungsvertrag genannten Kaufpreis um eine Verhandlungsbasis oder einen Fixpreis gehandelt habe. Warum diese Korrespondenz rechtlich von Bedeutung sein sollte, ist nicht ersichtlich, stützt die Klägerin ihren Anspruch doch ausschließlich darauf, dass die Beklagte das Anbot vom nicht (noch am selben Tag) angenommen hat.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisonsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, weshalb sich ihr Schriftsatz als zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme darstellt.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00026.14A.0227.000