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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 28.02.2011, RV/3772-W/10

Bezug von Kindergeld einer deutschen Familienkasse

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Juni 2001 bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides im Februar 2004 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.), eine syrische Staatsangehörige, ist mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet. Per beantragte sie für das gemeinsame, im Juni 2001 geborene Kind die Gewährung der Familienbeihilfe, was vom Finanzamt mit Bescheid vom abgewiesen wurde, weil ihr Ehemann in Deutschland beschäftigt sei. Der Abweisungsbescheid wurde durch Hinterlegung zugestellt (Beginn der Abholfrist: ).

Die dagegen erhobene Berufung wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom aus unbegründet ab.

Die Bw. beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. In der Folge wurde die Berufung mit Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom , GZ. RV/1316-W/05, als unbegründet abgewiesen. Nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71des Rates vom zur Anwendung der Systeme der Sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, welcher der Ehemann der Bw. unterstehe, bestehe der Anspruch auf Familienbeihilfe im Beschäftigungsland. Im gegenständlichen Fall sei der Arbeitgeber des Ehemannes der Bw. in Deutschland; nach dem Prinzip des Beschäftigungslandes sei Deutschland hinsichtlich der Gewährung von Kindergeld zuständig.

Mit Erkenntnis vom , Zl. 2006/13/0074, hob der Verwaltungsgerichtshof diese Berufungsentscheidung vom über Beschwerde der Bw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Der unabhängige Finanzsenat als belangte Behörde hätte ergänzende Ermittlungen zur deutschen Rechtslage anstellen und klären müssen, inwieweit dem Ehemann der Bw. ausgehend von der zu Grunde gelegten konkreten Situation des Beschwerdefalles und unter Außerachtlassung allfälliger Antragsformalitäten äquivalente deutsche Leistungen zustehen. Hinsichtlich der zu diesem Ergebnis führenden Erwägungen des Gerichtshofes wird auf das genannte Erkenntnis verwiesen.

Im zweiten Rechtsgang gab der unabhängige Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom , GZ. RV/1867-W/07, der Berufung Folge und hob den Bescheid des Finanzamtes vom auf. Unter Bezugnahme auf eine Anfragebeantwortung durch die Familienkasse Deggendorf, Bundesagentur für Arbeit, führte er aus, dass der Ehemann der Bw. in Deutschland nicht beschäftigt und auch nicht einkommensteuerpflichtig sei, weshalb in Deutschland kein Anspruch auf Kindergeld bestehe.

Gegen diese Berufungsentscheidung erhob das Finanzamt als Amtspartei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, zu der die Bw. als Mitbeteiligte eine mehrfach ergänzte Gegenschrift erstattete. Der Verwaltungsgerichtshof hob die angefochtene Berufungsentscheidung mit Erkenntnis vom , Zl. 2007/13/0143, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf und begründete die Aufhebung wie folgt:

"Die belangte Behörde ging nunmehr - bezugnehmend auf die genannte Anfragebeantwortung durch die Familienkasse Deggendorf, Bundesagentur für Arbeit, und entgegen ihrer im Vorbescheid vom getroffenen Feststellung sowie entgegen dem Vorbringen der Mitbeteiligten - davon aus, dass der Ehemann der Mitbeteiligten in Deutschland nicht beschäftigt sei. Ob das für den hier zu beurteilenden Zeitraum (Juni 2001 bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides im Februar 2004; vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , 2007/15/0067) der besagten deutschen Anfragebeantwortung, die zunächst den Zeitraum bis erwähnt und dann die Situation ab dem anspricht, tatsächlich - wie von der belangten Behörde angenommen - zu entnehmen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls hat es die belangte Behörde verabsäumt, dieses Ermittlungsergebnis dem Finanzamt zur Kenntnis zu bringen und ihm dazu Gehör einzuräumen. Damit ist ihr einerseits ein Verfahrensfehler anzulasten, was andererseits bewirkt, dass das nunmehrige Vorbringen in der Amtsbeschwerde, nach den deutschen Rechtsvorschriften bestehe ein Anspruch auf Familienleistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz, weil der nach einer Auskunft der "Firma A." in Deutschland beschäftigte Ehemann der Mitbeteiligten die dafür notwendigen Voraussetzungen erfülle, eine zulässige Neuerung darstellt. Träfe dieses, von der Mitbeteiligten nunmehr im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - durch Vorlage eines "Bescheides" der Familienkasse Passau vom über den Bezug von Kindergeld durch ihren Ehemann - im Ergebnis selbst bestätigte, Vorbringen zu, käme die Zuerkennung von (österreichischer) Familienbeihilfe an die Mitbeteiligte im hier fraglichen Zeitraum (siehe dazu oben) nicht in Betracht. Dass im eben erwähnten "Bescheid" vom der Kindergeldbezug unter Bedachtnahme auf (deutsche) Verjährungsvorschriften erst ab Jänner 2004 gewährt wird, wäre, wie der Vollständigkeit halber anzumerken ist, unter Bedachtnahme auf die Ausführungen im Vorerkenntnis vom über die Konsequenzen der Unterlassung einer Antragstellung in Deutschland ohne Belang."

Im nunmehr fortgesetzten Verfahren übermittelte der Vertreter der Bw. folgendes Schreiben vom :

"Ich ... teile mit, dass der Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe unter Bedachtnahme auf den Bescheid der Familienkasse Passau vom , mit welchem Familiengeld bis inklusive Juli 2005 auf den Zeitraum August 2005 bis für die beiden Kinder B., geb. ....2001 und C., geb. .....2004 eingeschränkt wurde.

Den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom folgend ergibt sich, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe im oben eingeschränkten Zeitraum nur dann nicht bestünde, wenn der Antragsteller gleichzeitig Anspruch auf Familienleistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz gehabt hätte, was jedoch für den nunmehr in Rede stehenden Zeitraum nicht zutrifft.

Ich verweise diesbezüglich nochmals auf das Schreiben der Familienkasse Passau vom in welchem ausdrücklich dargelegt wird, dass ein Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz im konkreten Falle nur bis Juli 2005, dem Ende der Entsendung, bestanden hat."

Über die Berufung wurde erwogen:

Der im Rahmen des gegenständlichen Berufungsverfahrens zu beurteilende Zeitraum erstreckt sich - wie im Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom , 2007/13/0143, auf Seite 4 ausgeführt - von Juni 2001 bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides im Februar 2004.

Mit dem auf Seite 4 des Erkenntnisses angeführten "Bescheid" der Familienkasse Passau vom über den Bezug von Kindergeld durch den Ehegatten der Bw. wurde bestätigt, dass nach den deutschen Rechtsvorschriften ein Anspruch auf Familienleistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz besteht, weil der nach Auskunft der Firma A. in Deutschland beschäftigte Ehemann der Bw. die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Daher kommt die Zuerkennung von (österreichischer) Familienbeihilfe an die Bw. im hier fraglichen Zeitraum (siehe dazu oben) nicht in Betracht. Dass im eben erwähnten "Bescheid" vom der Kindergeldbezug unter Bedachtnahme auf (deutsche) Verjährungsvorschriften erst ab Jänner 2004 gewährt wird, ist unter Bedachtnahme auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom über die Konsequenzen der Unterlassung einer Antragstellung in Deutschland ohne Belang.

Der die Bw. vertretende Rechtsanwalt Dr. W. teilte in seinem Schreiben vom an das Finanzamt (welches vom Finanzamt dem unabhängigen Finanzsenat zur Kenntnis gebracht wurde) Folgendes mit: "Ich komme zurück auf mein Schreiben vom und teile mit, dass der Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe unter Bedachtnahme auf den Bescheid der Familienkasse Passau vom , mit welchem Familiengeld bis inklusive Juli 2005 auf den Zeitraum August 2005 bis für die beiden Kinder ... eingeschränkt wurde." Die anschließenden Ausführungen betreffen den Zeitraum ab August 2005.

Zumal sich, wie oben bereits ausgeführt, der im Rahmen des gegenständlichen Berufungsverfahrens zu beurteilende Zeitraum von Juni 2001 bis (zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides im) Februar 2004 erstreckt, war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Was den Zeitraum ab August 2005 betrifft, hat das Finanzamt die Beurteilung als zuständige Abgabenbehörde erster Instanz vorzunehmen und wäre lediglich im Falle einer Ablehnung im Rahmen eines neuen Berufungsverfahrens hierüber vom unabhängigen Finanzsenat abzusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
HAAAC-98345