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OGH 26.02.2020, 1Ob24/20s

OGH 26.02.2020, 1Ob24/20s

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj E* J*, geboren am * 2013, wegen Kontaktrechts, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters H* J*, vormals vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 189/18i-344, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom , GZ 2 Ps 184/13g-228, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Im Revisionsrekursverfahren – auch zur zwangsweisen Durchsetzung einer gerichtlichen oder gerichtlich genehmigten Regelung des Rechts auf persönlichen Kontakt – herrscht absolute Anwaltspflicht (§ 6, § 65 Abs 3 Z 5 AußStrG). Der Rechtsvertreter des Vaters verzichtete zum – vor der am erfolgten Vorlage des Akts an den Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den von ihm eingebrachten außerordentlichen Revisionsrekurs – auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft. Damit erlosch gemäß § 34 Abs 1 Z 3 RAO seine Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft. Gemäß § 25 Abs 1 Z 3 AußStrG wird das Verfahren außer Streitsachen (unter anderem) unterbrochen, wenn der Rechtsanwalt oder Notar die Fähigkeit verliert, die Vertretung der Partei fortzuführen, soweit eine solche Vertretung – wie im Revisionsrekursverfahren – gesetzlich geboten ist (2 Ob 163/07w = SZ 2008/23; 5 Ob 132/12s: Verfahren mit relativer Vertretungspflicht und solche ohne Vertretungspflicht werden hingegen nicht unterbrochen). Die Unterbrechung des Verfahrens tritt mit dem Erlöschen der Befugnis ex lege ein und ist von Amts wegen zu berücksichtigen.

Verliert eine Partei ihren gewillkürten Vertreter (Rechtsanwalt oder Notar) in einem Verfahren mit absoluter Vertretungspflicht, hat das Gericht die Partei aufzufordern, binnen angemessener Frist einen neuen Vertreter bekannt zu geben. Wird der Aufforderung an die Partei (hier den Vater) nicht fristgerecht nachgekommen, so ist das Verfahren ungeachtet dieses Umstands mit Beschluss fortzusetzen (§ 27 Abs 1 Satz 2 und 3 AußStrG). Die Unterbrechung trat im Rechtsmittelstadium ein. Nach den analog heranzuziehenden Wertungen des § 165 Abs 1 ZPO ist, solange zur Zeit der Unterbrechung noch das Vorverfahren vor dem Erstgericht in Gang war, für diese Entscheidung das Erstgericht zuständig, nach der Aktenvorlage aber das Rechtsmittelgericht (vgl auch RS0036655; RS0097353; Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 26 Rz 33; Feil/Marent, AußStrG § 26 Rz 6, S 100).

Demnach sind die Akten an das Erstgericht zurückzustellen; dieses wird sie nach Fortsetzung des Verfahrens neuerlich zur Entscheidung vorzulegen haben.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Kodek, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj E* J*, geboren * 2013, wegen Kontaktrechts, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters H* J*, vertreten durch Mag. Armin Windhager, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 189/18i-344, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom , GZ 2 Ps 184/13g-228, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Gericht hat auf Antrag oder von Amts wegen auch im Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung einer gerichtlichen oder vor Gericht geschlossenen Regelung des Rechts auf persönlichen Kontakt angemessene Zwangsmittel nach § 79 Abs 2 AußStrG anzuordnen (§ 110 Abs 2 AußStrG). Bei diesen Zwangsmitteln handelt es sich nicht um Strafen für die Missachtung einer gerichtlichen Verfügung. Sie sollen lediglich dazu dienen, der Anordnung in Zukunft zum Durchbruch zu verhelfen (RIS-Justiz RS0007310 [T7, T8, T10]; RS0007330 [T2]).

Eine solche zukunftsgerichtete Wirkung kommt hier allerdings nicht mehr in Betracht, befindet sich doch das Kind aufgrund einer die Obsorgeverhältnisse ändernden, rechtskräftigen Entscheidung der Vorinstanzen schon seit einiger Zeit im Haushalt des Vaters. Damit stellt sich die Frage eines gegen allenfalls unberechtigte Widerstände der Mutter (zwangsweise) durchzusetzenden Kontaktrechts nicht mehr. Ist nun seine ursprüngliche Beschwer durch die Abweisung seines Antrags auf Anwendung von Zwangsmitteln vor Entscheidung über sein Rechtsmittel weggefallen, ist es – auch im Verfahren außer Streitsachen (RS0006598) – als unzulässig (geworden) zurückzuweisen (RS0006880 [T8, T23, T26]; RS0041770).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2020:E127856
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAC-98229