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OGH 27.02.2014, 1Ob24/14g

OGH 27.02.2014, 1Ob24/14g

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. S***** K*****, geboren am ***** 2002, und 2. C***** K*****, geboren am ***** 2004, wegen Unterhalts, im Verfahren über den ordentlichen Revisionsrekurs der beiden Kinder, vertreten durch die Mutter J***** K*****, vertreten durch Mag. Anna-Maria Freiberger, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom , GZ 20 R 90/13w-65, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf vom , GZ 6 Pu 134/13b-51, teils aufgehoben und teils der Unterhaltsantrag der Kinder zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, einen Kollisionskurator für die beiden Kinder zu bestellen. Der Kurator ist unter Setzung einer angemessenen Frist zu befragen, ob er die bisherige Verfahrensführung durch die Mutter der Kinder genehmigt.

2. Die Akten sind dem Obersten Gerichtshof nach Rechtskraft der Kuratorbestellung und Vorliegen der Erklärung oder ungenutztem Ablauf der dafür gesetzten Frist wieder vorzulegen.

Text

Begründung:

Die beiden Kinder befanden sich nach Scheidung der Ehe in gemeinsamer Obsorge der Eltern. Der Vater verließ am den gemeinsamen Haushalt. Die Kinder lebten zunächst bei der Mutter und sind seit in einem Krisenzentrum untergebracht.

Das Erstgericht entzog am der Mutter die Obsorge über die beiden Kinder, übertrug sie zur Gänze auf den Vater und sprach aus, dass diesem Beschluss gemäß § 44 (Abs 1) AußStrG vorläufige Verbindlichkeit zukommt. Dem dagegen von der Mutter erhobenen Rekurs wurde nicht Folge gegeben. Ihren außerordentlichen Revisionsrekurs wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom heutigen Tag zurück (1 Ob 16/14f).

Nachdem der Vater zunächst selbst einen „Antrag auf Unterhaltsfestsetzung“ gegenüber den beiden Kindern eingebracht hatte, der primär darauf gerichtet ist, dass er durch die Zurverfügungstellung des Wohnhauses ausreichend Naturalunterhalt erbringe, begehrten die Kinder, vertreten durch ihre Mutter, zuletzt vom Vater Unterhalt, und zwar für S***** den in der Zeit vom bis entstandenen Unterhaltsrückstand von 8.404 EUR samt 4 % „gestaffelter Verzugszinsen“, den in diesem Zeitraum entstandenen Unterhaltsrückstand für C***** von 8.216 EUR und beginnend mit einen monatlichen Unterhalt für S***** von 596 EUR und für C***** von 502 EUR.

Der Vater bestritt, insbesondere wegen des von ihm geleisteten Naturalunterhalts und im Hinblick auf das anhängige Obsorgeverfahren, in dem ihm sehr wahrscheinlich die Obsorge der beiden Kinder übertragen werde, seine Zahlungsverpflichtung.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater ab zu einem monatlichen Unterhalt für S***** von 596 EUR und für C***** von 502 EUR und sprach weiters aus, dass der Vater schuldig sei, den in der Zeit vom bis entstandenen Rückstand für S***** von 8.404 EUR samt 4 % „gestaffelter Verzugszinsen“ sowie für C***** von 8.141 EUR samt 4 % „gestaffelter Verzugszinsen“ zu bezahlen. Das Mehrbegehren C*****s wies es ab. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass diese Beträge der Leistungsfähigkeit des Vaters entsprächen.

Das Rekursgericht wies den Rekurs der beiden Kinder zurück (Punkt 1.) und gab dem Rekurs des Vaters Folge, hob den erstgerichtlichen Beschluss hinsichtlich des Unterhaltszuspruchs für den Zeitraum bis zur Verfahrensergänzung durch das Erstgericht auf (Punkt 2.a) und wies den Unterhaltsantrag der Kinder, den Vater ab zu einer Unterhaltsleistung zu verpflichten, zurück (Punkt 2.b). Es sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen die Punkte 1. und 2.b nicht zulässig sei. Zwar sei die Vertretungsbefugnis der Mutter für den Zeitraum bis ebenso wie ein Unterhaltsanspruch der beiden Kinder gegen den Vater dem Grunde nach zu bejahen. Anders verhalte es sich allerdings ab dem Zeitpunkt , ab dem sich die Kinder in Drittpflege befänden. Ab diesem Zeitpunkt seien beide Elternteile nach Maßgabe ihrer Lebensverhältnisse zur Zahlung einer Geldrente verpflichtet und ab diesem Zeitpunkt sei die Mutter daher „naturgemäß nicht mehr in Unterhaltsfragen für die Kinder vertretungsbefugt“. Der Unterhaltsantrag der Kinder, vertreten durch die Mutter, sei daher ab als unzulässig zurückzuweisen.

Aufgrund einer Zulassungsvorstellung der beiden Kinder, vertreten durch die Mutter, die sich nur gegen die Zurückweisung ihres Unterhaltsantrags ab richtet (Punkt 2.b der Rekursentscheidung) ließ das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich zu. Als Begründung verwies es auf § 169 (Abs 1) ABGB und die „Wahrung der Rechtseinheit und der Rechtssicherheit“.

Im Revisionsrekurs begehren die Kinder die Abänderung des zweitinstanzlichen Beschlusses dahin, dass der Vater verpflichtet werde, ab für S***** monatlich 596 EUR an Unterhalt und für C***** monatlich 502 EUR bis auf weiteres zu Handen des jeweiligen Vertreters in Unterhaltssachen zu bezahlen.

Der Vater begehrt in der Revisionsrekursbeantwortung die Zurückweisung des Rechtsmittels der Kinder, hilfsweise dessen Abweisung. Er argumentiert insbesondere damit, dass nach Übertragung der alleinigen Obsorge auf ihn der Mutter die Legitimation zur Vertretung der Kinder fehle und er bereits sämtliche Unterhaltsanträge der Kinder zurückgezogen habe.

Rechtliche Beurteilung

Über den Revisionsrekurs der Kinder kann derzeit nicht inhaltlich entschieden werden.

1. Widerstreiten einander in einer bestimmten Angelegenheit die Interessen einer minderjährigen oder sonst nicht voll handlungsfähigen Person und jene ihres gesetzlichen Vertreters, so hat das Gericht der Person nach § 271 Abs 1 ABGB zur Besorgung dieser Angelegenheiten einen besonderen Kurator zu bestellen. Der Bestellung eines Kurators bedarf es nicht, wenn eine Gefährdung der Interessen des Vertretenen nicht zu besorgen ist und diese Interessen vom Gericht ausreichend wahrgenommen werden können. Das gilt nach § 271 Abs 2 zweiter Satz ABGB (idF KindNamRÄG 2013, BGBl I 2013/15) im Allgemeinen ua in Verfahren zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen (§ 231 ABGB), auch wenn das Kind vom betreuenden Elternteil vertreten wird.

2. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die Zurückweisung der Unterhaltsanträge der Kinder gegenüber dem Vater für den Zeitraum ab . Nach den erstgerichtlichen Feststellungen befinden sich die Kinder seit diesem Zeitpunkt in einem Krisenzentrum. Zuvor lebten sie im Haushalt der nicht allein obsorgeberechtigten Mutter. Mit erstinstanzlichem Beschluss vom , dem gemäß § 44 Abs 1 AußStrG ausdrücklich vorläufige Verbindlichkeit zukommt und der den Eltern am zugestellt wurde, wurde dem Vater die alleinige Obsorge der beiden Kinder übertragen. Auf die Rechtsprechung, wonach der Antrag des nicht allein obsorgeberechtigten und das Kind in seinem Haushalt betreuenden Elternteils, eine durch den anderen Elternteil zu erbringende Geldleistung für das Kind festzusetzen, das Begehren auf Bestellung zum „besonderen Sachwalter“ umfasst, und dass einem solchen Antrag durch eine in der Sache gefällte Unterhaltsentscheidung konkludent stattgegeben werden kann (RIS-Justiz RS0034795 [T3, T5]; RS0087661), kann hier nicht zurückgegriffen werden. Einerseits betreute die Mutter die Kinder ab nicht mehr in ihrem Haushalt und andererseits richtet sich der Antrag der Kinder auf Unterhaltsfestsetzung nunmehr gegen den mit der alleinigen Obsorge und damit als Vertreter berufenen Vater.

Der im Revisionsrekurs der Kinder und vom Rekursgericht angesprochene § 169 ABGB idF KindNamRÄG 2013 (§ 154a ABGB aF) ist im konkreten Zusammenhang nicht anwendbar. § 169 ABGB regelt nämlich nur das Recht zur Vertretung der Kinder durch ihre Eltern nach außen, also Behörden und dritten Personen gegenüber, nicht aber im Innenverhältnis zwischen den Eltern (RIS-Justiz RS0048120 [zu §§ 154, 154a ABGB aF]). Ein Elternteil kann daher die Vertretung der Kinder in Unterhaltsbelangen gegenüber dem anderen Elternteil nur aufgrund des § 169 Abs 1 ABGB durch Setzung der ersten Verfahrenshandlung nicht in Anspruch nehmen (5 Ob 122/09s; Weitzenböck in Schwimann, abgb-takom2.01 § 169 Rz 2; vgl RIS-Justiz RS0047422 [T2]).

3.1. Die Pflicht zur amtswegigen Bestellung eines Kollisionskurators nach § 271 ABGB knüpft an einen Interessenkonflikt zwischen dem Kind und dem gesetzlichen Vertreter an. Voraussetzung für die Kuratorbestellung ist eine Kollision im formellen und im materiellen Sinn. Kollision im formellen Sinn liegt vor, wenn ein zufolge Gesetz oder behördliche Verfügung Vertretungsbefugter in bestimmten Angelegenheiten nicht nur zu vertreten, sondern auch im eigenen oder im Namen Dritter zu handeln hätte. Kollision im materiellen Sinn liegt vor, wenn bei Kollision im formellen Sinn zusätzlich noch ein Interessenwiderspruch besteht (RIS-Justiz RS0058177). Ein Kurator ist dabei schon dann zu bestellen, wenn aufgrund eines objektiv gegebenen Interessenwiderstreits eine Gefährdung der Interessen des Minderjährigen möglich ist (RIS-Justiz RS0107600). Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sich der Antrag des Kindes auf Unterhaltsfestsetzung oder Unterhaltserhöhung gegen den als Vertreter berufenen Elternteil richtet, sich also das Kind als Gläubiger und der gesetzliche Vertreter als Schuldner gegenüberstehen (RIS-Justiz RS0079249; 8 Ob 99/12k mwN = iFamZ 2013/48, 89 [Fucik]; 10 Ob 26/12i = iFamZ 2012/216, 289 [Fucik]).

3.2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall ein Kollisionskurator zu bestellen. Der Vater ist nunmehr allein obsorgeberechtigt und damit gesetzlicher Vertreter der Kinder in Unterhaltssachen. Als solcher hat er die Befugnis, das Unterhaltsverfahren gegen ihn im Namen der Kinder zu deren Nachteil zu beeinflussen. So zog er nach Erlassung des zweitinstanzlichen Beschlusses sämtliche Unterhaltsfestsetzungsanträge der Kinder zurück. Da der Vater im Verfahren als Unterhaltsschuldner in Anspruch genommen wurde, steht seine Stellung als gesetzlicher Vertreter damit im Widerspruch. Darin liegt ein relevanter Interessenkonflikt und auch eine tatsächliche Gefährdung der Interessen der Kinder.

Für die vorzunehmende Beurteilung des Konfliktfalls kommt es (nur) auf die konkreten Anträge an, die im Unterhaltsverfahren gestellt wurden. Darauf, ob und in welchen Konstellationen einem Antrag auch inhaltliche Berechtigung zukommen könnte, ist nicht abzustellen. Auch eine zeitliche Zweigliederung des konkreten Unterhaltsverfahrens ist nicht sachgerecht. Vielmehr ist das Unterhaltsverfahren als Einheit zu betrachten. Dieses darf nicht durch unterschiedliche Vertretungsbefugnisse in Abhängigkeit von einzelnen Zeitperioden erschwert werden (8 Ob 99/12k).

4. Nach § 5 Abs 1 AußStrG hat das Gericht das Erforderliche zu veranlassen, um den Mangel der gesetzlichen Vertretung zu beseitigen. Diese Sanierung kann im vorliegenden Fall durch die Genehmigung des Verfahrens durch einen Kollisionskurator erfolgen. Dessen Bestellung obliegt - ungeachtet der nicht zwischen Erst- und Rechtsmittelgerichten unterscheidenden Formulierung in § 5 Abs 2 Z 1 lit a AußStrG - hier dem Erstgericht. Der Oberste Gerichtshof ist keine Tatsacheninstanz; daher fehlt ihm - anders als allenfalls einem Gericht zweiter Instanz - die funktionelle Zuständigkeit für die Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen zur Auswahl eines Kurators (4 Ob 71/08g mwN; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 5 Rz 23).

Dass in Verfahren, für die der Rechtspfleger funktionell zuständig ist (wie hier das erstinstanzliche Unterhaltsverfahren), dieser auch einen Kollisionskurator für die Minderjährigen bestellen kann, wurde bereits klargestellt (10 Ob 26/12i = iFamZ 2012/216, 289 [zust Fucik]).

Aufgrund dieser Erwägungen sind dem Erstgericht die aus dem Spruch ersichtlichen Aufträge zu erteilen. Über den Revisionsrekurs wird nach Vorliegen der Erklärung des Kollisionskurators oder nach ungenutztem Ablauf der dafür vom Erstgericht gesetzten Frist zu entscheiden sein.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. S***** K*****, geboren am ***** 2002, und 2. C***** K*****, geboren am ***** 2004, beide *****, beide vertreten durch die Kollisionskuratorin Dr. Michaela Jahn, Rechtsanwältin in Gänserndorf, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs der beiden Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom , GZ 20 R 90/13w-65, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf vom , GZ 6 Pu 134/13b-51, teils aufgehoben und teils der Unterhaltsantrag der Kinder zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Punkte 1. und 2.a im Beschluss des Rekursgerichts unberührt bleiben, werden im Umfang der Entscheidung über die Unterhaltsbegehren der Kinder ab dem aufgehoben. Die Rechtsache wird insoweit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Die beiden Kinder befanden sich nach Scheidung der Ehe in gemeinsamer Obsorge der Eltern. Der Vater verließ am den gemeinsamen Haushalt. Die Kinder lebten zunächst bei der Mutter und sind seit in einem Krisenzentrum untergebracht.

Das Erstgericht entzog am der Mutter die Obsorge über die beiden Kinder, übertrug sie zur Gänze auf den Vater und sprach aus, dass diesem Beschluss gemäß § 44 (Abs 1) AußStrG vorläufige Verbindlichkeit zukommt. Dem dagegen von der Mutter erhobenen Rekurs wurde nicht Folge gegeben. Ihren außerordentlichen Revisionsrekurs wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom zurück (1 Ob 16/14f).

Nachdem der Vater zunächst selbst einen „Antrag auf Unterhaltsfestsetzung“ gegenüber den beiden Kindern eingebracht hatte, den er primär darauf stützt, dass er durch die Zurverfügungstellung des Wohnhauses ausreichend Naturalunterhalt erbringe, begehrten die Kinder, vertreten durch ihre Mutter, zuletzt vom Vater Unterhalt, und zwar für S***** den in der Zeit vom bis entstandenen Unterhaltsrückstand von 8.404 EUR samt 4% „gestaffelter Verzugszinsen“, den in diesem Zeitraum entstandenen Unterhaltsrückstand für C***** von 8.216 EUR und beginnend mit einen monatlichen Unterhalt für S***** von 596 EUR und für C***** von 502 EUR.

Der Vater bestritt insbesondere wegen des von ihm geleisteten Naturalunterhalts und im Hinblick auf das anhängige Obsorgeverfahren, in dem ihm sehr wahrscheinlich die Obsorge der beiden Kinder übertragen werde, seine Zahlungsverpflichtung.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater ab zu einem monatlichen Unterhalt für S***** von 596 EUR und für C***** von 502 EUR und sprach weiters aus, dass der Vater schuldig sei, den in der Zeit vom bis entstandenen Rückstand für S***** von 8.404 EUR samt 4 % „gestaffelter Verzugszinsen“ sowie für C***** von 8.141 EUR samt 4 % „gestaffelter Verzugszinsen“ zu bezahlen. Das Mehrbegehren C*****s wies es ab. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass diese Beträge der Leistungsfähigkeit des Vaters entsprächen.

Das Rekursgericht wies den Rekurs der beiden Kinder zurück (Punkt 1.) und gab dem Rekurs des Vaters Folge, hob den erstgerichtlichen Beschluss hinsichtlich des Unterhaltszuspruchs für den Zeitraum bis zur Verfahrensergänzung durch das Erstgericht auf (Punkt 2.a) und wies den Unterhaltsantrag der Kinder, den Vater ab zu einer Unterhaltsleistung zu verpflichten, zurück (Punkt 2.b). Es sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen die Punkte 1. und 2.b nicht zulässig sei. Zwar sei die Vertretungsbefugnis der Mutter für den Zeitraum bis ebenso wie ein Unterhaltsanspruch der beiden Kinder gegen den Vater dem Grunde nach zu bejahen. Anders verhalte es sich allerdings ab dem Zeitpunkt , ab dem sich die Kinder in Drittpflege befänden. Ab diesem Zeitpunkt seien beide Elternteile nach Maßgabe ihrer Lebensverhältnisse zur Zahlung einer Geldrente verpflichtet und ab diesem Zeitpunkt sei die Mutter daher „naturgemäß nicht mehr in Unterhaltsfragen für die Kinder vertretungsbefugt.“ Der Unterhaltsantrag der Kinder, vertreten durch die Mutter, sei daher ab als unzulässig zurückzuweisen.

Aufgrund einer Zulassungsvorstellung der beiden Kinder, vertreten durch die Mutter, die sich nur gegen die Zurückweisung ihrer Unterhaltsanträge ab richtet (Punkt 2.b der Rekursentscheidung) ließ das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich zu. Als Begründung verwies es auf § 169 (Abs 1) ABGB und die „Wahrung der Rechtseinheit und der Rechtssicherheit“.

Im Revisionsrekurs begehren die Kinder die Abänderung des zweitinstanzlichen Beschlusses dahin, dass der Vater verpflichtet werde, ab für S***** monatlich 596 EUR an Unterhalt und für C***** monatlich 502 EUR bis auf weiteres zu Handen des jeweiligen Vertreters in Unterhaltssachen zu bezahlen.

Der Vater begehrt in der Revisionsrekursbeantwortung die Zurückweisung des Rechtsmittels der Kinder, hilfsweise dessen Abweisung.

Mit Beschluss vom , 1 Ob 24/14g, stellte der Oberste Gerichtshof die Akten an das Erstgericht zurück. Wegen des Interessenwiderstreits zwischen dem allein obsorgeberechtigten Vater und den Kindern sei ein Kollisionskurator zu bestellen. Dieser sei zu befragen, ob er die Verfahrensführung durch die Mutter genehmige.

Das Erstgericht bestellte daraufhin eine Kollisionskuratorin, die die Führung des Verfahrens durch die Mutter genehmigte.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Kinder ist zulässig und im Sinn des ebenfalls gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Die Kollisionskuratorin hat die Führung des Verfahrens durch die Mutter genehmigt. Der Mangel der gehörigen Vertretung (§ 58 Abs 1 Z 2 AußStrG), der in dritter Instanz gemäß § 55 Abs 3 iVm § 71 Abs 4 AußstrG von Amts wegen aufzugreifen ist (2 Ob 174/08i = SZ 2008/159 = iFamZ 2009/65, 89 [Fucik]), ist damit saniert. Schon das Rekursgericht hätte den Mangel der gesetzlichen Vertretung von Amts wegen wahrnehmen und gemäß § 5 Abs 2 Z 1 lit a AußStrG vor der Zurückweisung der Unterhaltsanträge der Kinder für den Zeitraum ab einen Kollisionskurator bestellen und diesem die Möglichkeit der Genehmigung dieser Anträge eröffnen müssen.

2. Wie bereits im Beschluss vom klargestellt wurde, ist der im Revisionsrekurs der Kindern und vom Rekursgericht in der nachträglichen Zulassung angesprochene § 169 ABGB idF KindNamRÄG 2013 (§ 154a ABGB aF) im konkreten Zusammenhang nicht anwendbar. § 169 ABGB regelt nämlich nur das Recht zur Vertretung der Kinder durch ihre Eltern nach außen, also Behörden und dritten Personen gegenüber, nicht aber im Innenverhältnis zwischen den Eltern (RIS-Justiz RS0048120 [zu §§ 154, 154a ABGB aF]). Ein Elternteil kann daher die Vertretung der Kinder in Unterhaltsbelangen gegenüber dem anderen Elternteil nur aufgrund des § 169 Abs 1 ABGB durch Setzung der ersten Verfahrenshandlung nicht in Anspruch nehmen (5 Ob 122/09s; Weitzenböck in Schwimann, abgb-takom2.01 § 169 Rz 2; vgl RIS-Justiz RS0047422 [T2]).

3. Die Ansicht des Rekursgerichts, dass die Mutter ab dem Zeitpunkt, ab dem sich die Kinder in Drittpflege befinden, „naturgemäß nicht mehr in Unterhaltsfragen für die Kinder vertretungsbefugt“ sei, kann sich auf keine rechtliche Grundlage stützen. Die von ihm zitierte Literaturstelle behandelt Entscheidungen, nach denen bei Drittpflege beide Elternteile nach Maßgabe ihrer Lebensverhältnisse zur Zahlung einer Geldrente verpflichtet sind, enthält aber keine Aussage zur Vertretungsbefugnis. Der Jugendwohlfahrtsträger nahm anlässlich der Unterbringung der Kinder im Krisenzentrum die Interimskompetenz des § 211 Abs 1 Satz 2 ABGB idF KindNamRÄG 2013, BGBl I 2013/15, nicht in Anspruch und entzog den Eltern nicht als vorläufige Maßnahme die Pflege und Erziehung. Die Zurückweisung der Unterhaltsanträge der Kinder gegenüber dem Vater für den Zeitraum ab ist daher verfehlt.

4. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur die Entscheidung über die Unterhaltsanträge der Kinder gegenüber dem Vater für den Zeitraum ab . Nach den erstgerichtlichen Feststellungen befinden sich die Kinder seit diesem Zeitpunkt in einem Krisenzentrum. (Aus dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom an das Erstgericht geht hervor, dass die Kinder nach wie vor „fremduntergebracht“ sind und die „Entlassung“ zum Vater erst bevorsteht.)

4.1. Lebt das Kind nicht im Haushalt der Eltern, weil es sich zur Gänze in Drittpflege befindet, sind nach der Grundregel des - gemäß § 1503 Abs 1 Z 1 ABGB mit in Kraft getretenen, inhaltlich mit dem früheren § 140 Abs 1 ABGB identischen - § 231 Abs 1 ABGB beide Elternteile nach ihrer Leistungsfähigkeit geldunterhaltspflichtig (RIS-Justiz RS0047403 [T8]). Die Unterhaltsbemessung ist gemäß § 231 Abs 1 ABGB anteilig vorzunehmen. „Anteilig“ bedeutet, dass jeder Elternteil unter Berücksichtigung seiner eigenen Leistungsfähigkeit zum Unterhalt des Kindes beizutragen hat (RIS-Justiz RS0047415). Dabei kann die Unterhaltsbemessung nicht isoliert für einen Elternteil erfolgen. Es sind das Einkommen und die Leistungsfähigkeit beider Elternteile zu überprüfen. Die Methode, den Unterhalt nach Prozentsätzen zu bestimmen, die angemessen wäre, wenn der andere Elternteil seinen Beitrag durch die Betreuung des Kindes leistet, würde dem Grundsatz der anteiligen Tragung des Unterhalts nicht gerecht. Die Gesamtbeurteilung muss vielmehr so erfolgen, dass die Eltern in etwa in gleichem Maß in die Lage versetzt werden, die Bedürfnisse der Kinder zu befriedigen. Bei unterschiedlicher Leistungsfähigkeit ist von den Unterhaltsbemessungsgrundlagen jeweils der Betrag abzuziehen, der für den eigenen Unterhalt der Eltern erforderlich ist. Sodann sind die für den Unterhalt des Kindes erforderlichen Beträge im Verhältnis der Restsummen aufzuteilen (5 Ob 106/10i mwN; RIS-Justiz RS0047403).

Im Hinblick darauf, dass für die Mutter mit Beschluss des Erstgerichts vom eine Sachwalterin bestellt wurde, die gemäß § 268 Abs 3 Z 2 ABGB bestimmte Angelegenheiten zu besorgen hat und ihre allenfalls eingeschränkte Leistungsfähigkeit ist auch Folgendes zu beachten: Ist ein Elternteil nicht leistungsfähig, so steht dem Kind nur gegenüber dem anderen Elternteil ein Geldunterhaltsanspruch zu. Dessen Höhe entspricht dem Gesamtunterhaltsbedarf des Kindes, soweit dadurch die mit der Prozentmethode ermittelte Grenze der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners nicht überschritten wird (2 Ob 67/09f mwN).

4.2. Maßgeblich für die Ermittlung des Unterhaltsanspruchs bei Drittpflege ist ua der Gesamtunterhaltsbedarf des Kindes, der sich nach der Rechtsprechung aus den Drittpflegekosten und einem Zuschlag für zusätzliche Kindesbedürfnisse, wie Kleidung, kulturelle und sportliche Bedürfnisse, Ferienkosten, Taschengeld etc ergibt (RIS-Justiz RS0047403 [T3]; 2 Ob 67/09f; 2 Ob 211/11k, jeweils mwN). Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach betonte, reicht bei Drittpflege der Regelbedarf (auch Durchschnittsbedarf) als Orientierungshilfe zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs des Kindes regelmäßig nicht aus, weil er nur eine Messgröße dafür abgibt, welcher Geldunterhalt zusätzlich zur Betreuung eines Kindes erforderlich ist (5 Ob 106/10i; 2 Ob 67/09f; 2 Ob 211/11k, jeweils mwN; RIS-Justiz RS0125632).

5. Abgesehen von den nach Ansicht des Rekursgerichts fehlenden Feststellungen des Erstgerichts zum Einkommen des Vaters, weil das Erstgericht dessen begründete Einwände gegen das eingeholte Sachverständigengutachten nicht beachtete und die Vorlage von zwei vom Sachverständigen gewünschten Urkunden überging, fehlen demnach auch noch Feststellungen zum Ausmaß der Drittpflege (vgl 2 Ob 211/11k), zum Gesamtunterhaltsbedarf der Kinder, die seit in einem Krisenzentrum untergebracht sind, und zur Leistungsfähigkeit sowie dem (allenfalls erzielbaren) Einkommen der Mutter ab diesem Zeitraum.

Infolge dieser Feststellungsmängel sind die Entscheidungen der Vorinstanzen im angefochtenen Umfang aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die fehlenden Feststellungen nachzuholen haben, wobei der Gesamtunterhaltsbedarf der Kinder allenfalls unter Anwendung des § 34 AußStrG (vgl 10 Ob 72/09z; 2 Ob 211/11k) zu bestimmen sein wird. Erst auf der Grundlage dieser Feststellungen kann inhaltlich über die Unterhaltsanträge der Kinder ab dem abgesprochen werden.

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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Zivilverfahrensrecht,Unterhaltsrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00024.14G.0227.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAC-98186