Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 12.07.2005, RV/0433-S/03

Haftung für Abgabenschuldigkeiten

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0433-S/03-RS1
wie RV/0084-K/02-RS1
Der Geschäftsführer haftet für nichtentrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet und die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Ing.H.S., vertreten durch die PTW-GesmbH, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Z, vertreten durch Mag.B., vom betreffend Haftungsbescheid gemäß § 9 iVm § 80 BAO für den Zeitraum 1989 bis 1995 im Beisein der Schriftführerin P.G. nach der am in 5, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Höhe der Abgaben betragen:


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Umsatzsteuer 1993, fällig
840,10
Lohnsteuer 1994
1.804,90
Gewerbesteuer 1990
829,05
Gewerbesteuer 1991
2.881,11
Körperschaftssteuer 1989
1.813,91
Körperschaftssteuer 1990
5.816,73
Körperschaftssteuer 1991
891,70
Umsatzsteuer 9/93 fällig am
40.086,29
Kapitalertragsteuer 1989
320,78
Summe
55.284,57
(ATS
760.732,00)

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber wurde als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer in Anwendung des § 9 BAO iVm § 80 BAO für Abgabenschuldigkeiten der H.S.GesmbH in Höhe von ATS 3.837.062,00 zur Haftung herangezogen.

In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass der Berufungswerber als gesetzlicher Vertreter der juristischen Person alle Pflichten zu erfüllen habe, die den von ihnen Vertretenen oblägen. Die gesetzlichen Vertreter haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten zu entrichten seien. Vernachlässigen sie diese ihnen auferlegten Pflichten, würden sie nach § 9 BAO haften. Das tatbestandsmäßige Verschulden könne in einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Handeln oder Unterlassen bestehen. Auf dem Abgabenkonto der Kapitalgesellschaft hafte ein Rückstand in Höhe von ATS 3.837.062,00 unberichtigt aus. Die Einbringung dieser Abgabenschuld sei auf Grund der festgestellten Vermögenslosigkeit der Kapitalgesellschaft über deren Vermögen am ein Insolvenzverfahren (Konkurs) eröffnet worden ist, nicht möglich. Der Abgabenrückstand setze sich überwiegend aus Umsatzsteuer und Lohnsteuer zusammen. Die Umsatzsteuer würde mit den Preisen für die erbrachten Lieferungen und Leistungen bezahlt werden und stehe daher für die Abfuhr an das Finanzamt zur Verfügung. Wenn der Geschäftsführer diese Abgabe, aus welchen Gründen immer, nicht abführe, sondern für andere Zwecke verwende, läge darin ein abgabenrechtlich relevantes Verschulden. Zahlungsschwierigkeiten, die die Gesellschaft gehindert habe, den Lohn zu bezahlen, dürfe sie auch nicht daran hindern, die darauf entfallende Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen. Die Uneinbringlichkeit dieser Abgaben - die auf den Zeitraum anfallen würden, für den der Berufungswerber zur Vertretung der Kapitalgesellschaft berufen gewesen sei - sei auf eine schuldhafte Pflichtverletzung zurückzuführen, da er für die Entrichtung der Abgaben nicht Sorge getragen habe. Der Berufungswerber werde daher in Anwendung der Bestimmungen des § 224 Abs. iVm den §§ 80 Abs 1 und 9 Abs 1 BAO sowie § 7 Abs 2 BAO (Nebenansprüche) zur Haftung herangezogen. Bei der vorgenommenen Interessensabwägung (§ 20 BAO) sei dem Gebot der Zweckmäßigkeit, worunter man das öffentliche Anliegen an der Einbringung von Abgaben verstehe, der Vorrang vor jenem der Billigkeit einzuräumen gewesen.

Gegen diesen Bescheid (Juli 1995) wurde berufen und nach Behebung eines Mängelauftrages unter anderem ausgeführt, dass die im Haftungsbescheid angeführten Beträge der einzelnen Abgabenarten inhaltlich unrichtig seien. Dies beträfe insbesondere die Körperschafts- und Gewerbesteuer der Jahre 1993 bis 1995 ausgenommen die Mindestkörperschaftssteuer. Die Gesellschaft habe in diesen Jahren erhebliche Verluste erlitten, die auch zur Eröffnung eines Konkursverfahrens geführt hätte. Die Vorschreibung von Ertragsteuern in Verlustjahren bzw. die Haftungsinanspruchnahme des Geschäftsführers sei daher inhaltlich falsch. Gleiches gelte auch für alle dazugehörenden Säumniszuschläge. Weiters seien alle Abgabenarten inhaltlich falsch, da diese durch Schätzungen des Finanzamtes zustande gekommen seien. Unabhängig von der Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit der im Bescheid angeführten Beträge werde der Eintritt der Haftung insofern bestritten, als der Berufungswerber keine schuldhafte Pflichtverletzung begangen habe. Die Umsatzsteuerbeträge, soweit sie nicht durch Schätzungen vorgeschrieben worden seien, würden überwiegend Forderungen aus Lieferungen und Leistungen betreffen die bei Konkurseröffnung bzw. bis heute nicht entrichtet worden seien. Die Umsatzsteuer sei daher nicht mit den Preisen für die erbrachten Leistungen bezahlt worden und stünde daher für die Abfuhr an das Finanzamt nicht zur Verfügung. Gleiches gelte auch für die Lohnsteuerbeträge insoweit die dazugehörigen Nettolöhne und Nettogehälter nicht ausbezahlt worden seien. Mangels schuldhafter Pflichtverletzung entfalle daher der Haftungstatbestand und es werde die gänzliche Aufhebung des Haftungsbescheides beantragt.

Die Abgabenbehörde erster Instanz forderte den Berufungswerber - unter Hinweis auf die geltende Rechtslage, wonach ein zur Haftung herangezogener Vertreter (Geschäftsführer) einer Kapitalgesellschaft der Behörde nachzuweisen habe, dass die vorhandenen Mittel anteilig zur Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet werden müssten - mit Vorhalt vom auf, das Fehlen ausreichender Mittel in dem Zeitraum November 1993 bis April 1995 durch Vorlage einer Liquiditätsaufstellung nachzuweisen bzw. zu beweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien. In der Anlage werde eine Aufstellung der haftungsrelevanten Abgaben samt Nebenansprüchen in Höhe von ATS 2.189.734,00 mit Fälligkeit bis übersandt.

In seiner Stellungnahme führte der Berufungswerber aus, dass der Aufstellung zu entnehmen sei, dass sich der Rückstand hauptsächlich aus "Umsatzsteuerschulden" zusammen setze. Diese Schuld habe sich auf Grund einer Betriebsprüfung ergeben, bei der die Finanzverwaltung einen früheren Termin für die Fertigstellung der Objekte festgesetzt habe, als jener zu dem üblicherweise mit der Wohnbaugenossenschaft abzurechnen gewesen sei. Diese Forderungen seien auch später vom Masseverwalter eingeklagt worden. Da er großteils nur mit einer Wohnbaugesellschaft zusammengearbeitet habe und diese ihre Zahlungen im Jahr 1993 eingestellt habe, sei es ihm nicht möglich gewesen seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Er weise jedoch darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt auch keine Gesellschafterlöhne mehr ausbezahlt bzw. für den privaten Bedarf Gelder aus der Firma genommen worden seien. Aus diesem Grunde sei er auch vom Verdacht der fahrlässigen Krida freigesprochen worden. Eine schuldhafte Pflichtverletzung könne daher nicht angenommen werden.

Die Abgabenbehörde erster Instanz gab der Berufung gegen den Haftungsbescheid durch Erlassung einer Berufungsvorentscheidung (Bescheid) teilweise statt und reduzierte die Höhe des ursprünglichen Haftungsbetrages auf € 55.284,57 (ATS 760.732,00). Die verbleibende Haftungsschuld gliedere sich wie folgt:


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Umsatzsteuer 1993, fällig
840,10
Lohnsteuer 199
1.804,90
Gewerbesteuer 1990
829,05
Gewerbesteuer 1991
2.881,11
Körperschaftssteuer 1989
1.813,91
Körperschaftssteuer 1990
5.816,73
Körperschaftssteuer 1991
891,70
Umsatzsteuer 9/93 fällig am
40.086,29
Kapitalertragsteuer 1989
320,78
Summe
55.284,57
(ATS
760.732,00)

In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass der Berufungswerber seit selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Firma H.S.GmbH gewesen sei. Dem Akt des Finanzamtes sei zu entnehmen, dass das Abgabenkonto dieser Kapitalgesellschaft im September 1993 ausgeglichen gewesen sei sowie Ende Feber 1994 ein Guthaben aufgewiesen habe. Die finanziellen Schwierigkeiten der Kapitalgesellschaft hätten im Feber 1994 durch Einleitung von Exekutionen begonnen. Am sei über das Vermögen der H.S.GmbH das Konkursverfahren eröffnet worden. Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom sei der zwischen der Gemeinschuldnerin und ihren Gläubigern abgeschlossene Zwangsausgleich bestätigt worden. Nach diesem Zwangsausgleich hätten die Konkursgläubiger einen Ausgleich mit einer Quote von 20% der berechtigten Forderungen erhalten sollen, wovon 5% der Quote innerhalb von sechs Wochen und die restliche 15% Ouote binnen 24 Monaten zu zahlen gewesen sei. Die erste Teilquote von 5% (ATS 184.302,89) sei vom Berufungswerber fristgerecht bezahlt worden, die restliche Quote von 15% (€ 40.181,44; ATS 552.908,67) sei trotz nachweislich zugestellter Mahnung nicht bezahlt worden.

Die Kapitalgesellschaft habe ihren Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (1. Mai bis 30. April des Folgejahres) ermittelt. Der Abgabenbehörde lägen die Saldenliste für das Wirtschaftjahr 1993/94 sowie ein Jahresabschluss zum vor. Diesen Unterlagen sei unter anderem zu entnehmen, dass im Wirtschaftsjahr 1993/94 rund 6,3 Mill ATS sowie im Wirtschaftsjahr 1994/95 ca. 4,4 Mill ATS erlöst worden seien. Darunter befänden sich Erlöse für Planungen, Bauleitungen und Mieterlöse. Nach der Bestimmung des § 80 BAO habe die zur Vertretung der juristischen Person berufene natürliche Person, zu der auch Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu zählen seien, alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen und hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten zu entrichten seien. Gemäß § 9 Abs 1 BAO haften die zur Vertretung berufenen Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese treffenden Personen insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sei es Sache des Vertreters (Geschäftsführers) dazutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen habe können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtete habe, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden könne. Der Berufungswerber sei deshalb von der Abgabenbehörde erster Instanz aufgefordert worden das Fehlen ausreichender Mittel in dem Zeitraum November 1993 bis April 1995 durch Vorlage einer Liquiditätsaufstellung nachzuweisen bzw. zu beweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien. Diesem Ersuchen sei der Berufungswerber bisher nicht nachgekommen.

Im Zuge einer im April 1995 abgeschlossenen Lohnsteuerprüfung habe der Prüfer Abfuhrdifferenzen gegenüber den in den Lohnkonten ausgewiesen Beträgen für den Zeitraum 1994 und Jänner 1995 festgestellt. Für die Lohnsteuer sei insbesondere bereits dann von einem Verschulden des Vertreters (Geschäftsführers) auszugehen, wenn Löhne ausbezahlt würden aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht abgeführt worden sei. Reichen die dem Vertreter (Geschäftsführer) zur Verfügung stehenden Mittel nicht aus, die darauf entfallende Lohnsteuer zur Gänze abzuführen, so ergäbe sich aus § 78 Abs. 3 EStG 1988 die Verpflichtung, einen entsprechend niedrigeren Betrag zur Auszahlung zu bringen, sodass die davon einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden könne. Die im Jahr 1994 tatsächlich bezahlte Lohnsteuer habe ATS 64.734,00 betragen, dies sei ca. 26% der gesamten für das Jahr 1994 festgestellten Lohnsteuer (ATS 248.365,00). An Löhnen und Gehältern seien lt. Buchhaltung für den Zeitraum bis ATS 656.811,00 ausbezahlt worden, dies habe ca. 36% des gesamten Lohnaufwandes innerhalb dieses Zeitraumes betragen (Aufwand ATS 1.831.778,51 minus Stand Verrechnungskonto ATS 1.174.967,58). Der Berufungswerber sei somit für 10% der gesamt festgestellten Lohnsteuer für das Jahr 1994 (Differenz 36% minus 26%) in Höhe von € 1.804,80 (ATS 24.836,00) zur Haftung heranzuziehen gewesen.

Bei der Kapitalertragsteuer habe der Schuldner der Kapitalerträge diese gemäß der §§ 95 und 96 EStG 1988 einzubehalten und dem Betriebsfinanzamt abzuführen. Wenn der Vertreter (Geschäftsführer) der Kapitalgesellschaft die Kapitalertragsteuer trotz Ausschüttung von Gewinnanteilen nicht an das Betriebsfinanzamt abgeführt habe, liege eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters (Geschäftsführers) vor. Es sei wie bei der Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen gekommen.

Hinsichtlich der Körperschaftssteuer 1989, 1990 und 1991 sowie der Gewerbesteuer 1990 und 1991 sei zu bemerken, dass die Abgabennachforderungen auf Grund einer im Februar 1994 stattgefundenen Betriebsprüfung festgesetzt worden seien. Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (Körperschafts- und Gewerbesteuer) sei grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung - und nicht erst die Nachforderung auf Grund der Betriebsprüfung - entscheidend. Die erstmaligen Abgabenbescheide diese Abgaben betreffend seien im Feber 1992 für das Jahr 1990 sowie für das Jahr 1991 im Mai 1993 erlassen worden. Betreffend der Körperschaftssteuer 1989, 1990 und 1991, der Gewerbesteuer 1990 und 1991 sowie der Umsatzsteuer 9/1993 könne davon ausgegangen werden, dass der Gesellschaft zu diesen Zeitpunkten die erforderlichen Mittel für die Bezahlung der Abgaben zur Verfügung gestanden seien. Es werde darauf hingewiesen, dass nicht die Abgabenbehörde das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen habe, sondern der zur Haftung herangezogene Vertreter (Geschäftsführer). Wenn diese Mittel zur Begleichung sämtlicher Abgaben in voller Höhe fehlen, habe der Vertreter (Geschäftsführer) darzutun, dass er bei den ihm zur Verfügung gestandenen Mittel die Forderungen des Abgabengläubigers nicht benachteiligt habe (Gleichbehandlungsgrundsatz). Habe der Vertreter (Geschäftsführer) Gesellschaftsschulden aus Gesellschaftsmitteln befriedigt, die Abgabenschulden jedoch unberichtigt gelassen oder bei der Aufteilung der vorhandenen Mittel benachteiligt, dann hafte der Vertreter (Geschäftsführer) für die bei der Gesellschaft uneinbringlich gewordenen Abgaben. Eine Verletzung der Gleichbehandlung aller Gläubiger könne sich nicht nur bei Abzahlung bereits bestehender Verbindlichkeiten ergeben, sondern auch in der Verwendung vorhandener Mittel für die Bezahlung neu eingegangener Verbindlichkeiten ().

Die Geltendmachung der Haftung sei eine Ermessensentscheidung. Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sei dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" sei insbesondere die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Erhebung der Abgaben" beizumessen. Der Behörde unterlaufe bei Inanspruchnahme des Haftungspflichtigen auch kein Ermessensfehler, wenn die Einhebung der haftungsgegenständlichen Abgaben beim Erstschuldner gefährdet, wenn nicht unmöglich sei. Da die Einhebung der haftungsgegenständlichen Abgaben beim Erstschuldner mangels Vermögen nach Konkursaufhebung aussichtslos sei, sei der Berufungswerber zur Haftung für die angeführten Abgabenschuldigkeiten heranzuziehen gewesen.

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig ein Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass die wesentlichste Position der Haftungssumme ein Teilbetrag der Umsatzsteuervorschreibung für den Zeitraum September 1993 sei. Die Umsatzsteuer für diesen Zeitraum sei auf Grund einer Umsatzsteuerrevision über die Jahre 1989 bis 1991 mit einem Betrag von ATS 1.116.936,00 belastet worden. Anlässlich dieser Umsatzsteuerrevision seien Vorsteuerbeträge bei eigenen Bauvorhaben nicht anerkannt und daher zugerechnet worden. Die H.S.GmbH habe zu diesem Zeitpunkt die Absicht gehabt, diese Bauvorhaben nach Fertigstellung zu vermieten, weshalb ein Vorsteuerabzug zugestanden sei. Mietverträge seien bereits vorgelegen. Der Großteil dieser eigenen Bauvorhaben sei auch tatsächlich vermietet worden. Nach Eintritt der wirtschaftlichen Schwierigkeiten bzw. nach Konkurseröffnung seien alle Bauvorhaben verkauft worden. Dies sei durch Versteigerungen auf Betreiben der Gläubigerbanken erfolgt. Für diese sich aus der wirtschaftlichen Situation ergebende zwangsweise eingetretene Änderung der Verhältnisse für den Vorsteuerabzug könne der Geschäftsführer nicht haftbar gemacht werden. Die im Zusammenhang mit der Errichtung der eigenen Bauvorhaben angefallenen Vorsteuern seien ursprünglich zu Recht geltend gemacht worden. Es sei nicht die Absicht der Gesellschaft und auch nicht des Geschäftsführers gewesen die Vermietung zu beenden. Tatsächlich seien die Vermietungen auch erst später beendet worden. Dem Geschäftsführer könne hier keine schuldhafte Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Die übrigen Abgaben, die Basis für den Haftungsbescheid seien, beträfen im wesentlichen Gewerbesteuern, Körperschaftssteuern und Kapitalertragsteuern der Jahr 1989 bis 1991, die als Folge der Veranlagung dieser Jahre am gebucht worden seien. Hierbei handle es sich um das Ergebnis einer Betriebsprüfung und es werde auf den Betriebsprüfungsbericht verwiesen. Es werde daher die Aufhebung des Haftungsbescheides entweder durch Erlassung einer zweiten Berufungsvorentscheidung oder durch eine Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz sowie ein "mündliches Verfahren" beantragt, falls die Abgabenbehörde zweiter Instanz damit befasst werde sollte.

Die Abgabenbehörde erster Instanz legte die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vor und beantragte die Abweisung der Berufung und führte unter anderem aus, dass der Berufungswerber seit selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Kapitalgesellschaft gewesen sei. Die Einbringung der Abgabennachforderung bei der Firma H.S.GmbH sei mangels Vermögen nach der Aufhebung des Konkurses nicht möglich gewesen. Der Zwangsausgleich sei vom Berufungswerber auch nur zum Teil erfüllt worden. Die Pflichtverletzung sei darin zu sehen, dass der Berufungswerber als Vertreter der juristischen Person es unterlassen habe, dafür zu sogen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwaltet habe, entrichtet würden. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen sei ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt habe bestimme sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen seien. Im Zuge der im Winter 1993/94 stattgefundenen Betriebsprüfung habe der Prüfer festgestellt, dass das Unternehmen die Leistungen für diverse Bauvorhaben bereits erbracht habe, diese Leistungen jedoch nicht der Umsatzbesteuerung unterzogen habe. Die aus diesen Leistungen resultierende Umsatzsteuer sei von der Betriebsprüfung für den Zeitraum September 1993 festgesetzt worden. Die Behauptung im Vorlageantrag, dass es sich bei der Umsatzsteuer um nicht anerkannte und rückgerechnete Vorsteuern gehandelt habe, sei nicht richtig. Für ein Verschulden an der Pflichtverletzung genüge bereits leichte Fahrlässigkeit, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Vertreter darzutun habe, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass die Pflichtverletzung schuldhaft sei. Derartige Gründe wurden vom Berufungswerber nicht vorgebracht. Die H.S.GmbH habe bis zur Konkurseröffnung am einen aufrechten Wirtschaftsbetrieb unterhalten. Sie habe im Wirtschaftsjahr 1994 (5/1993 bis 4/1994) Umsätze in Höhe von rund ATS 6,3 Mill und im Wirtschaftsjahr 1995 /5/1994 bis 4/1995) Umsätze in Höhe von ATS 4,4 Mill erzielt. Die Kapitalgesellschaft sei in dieser Zeit Verbindlichkeiten eingegangen und habe Löhne, Betriebskosten sowie sonstige Aufwendungen bezahlt. In der Zeit vom bis zur Konkurseröffnung am seien überhaupt keine Abgabenzahlungen erfolgt. Der Berufungswerber habe durch dieses Verhalten die Abgabenforderungen benachteiligt, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen und somit seine Pflichten als Vertreter der von ihm vertretenen Kapitalgesellschaft (Abgabenzahlungspflichten) schuldhaft verletzt. Die Pflichtverletzung sei für die Uneinbringlichkeit kausal, weil es bei pflichtgemäßem Handeln des Geschäftsführers zu keinem Abgabenausfall gekommen worden wäre.

In der am abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde zunächst der vom Referenten des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg (UFS, Salzburg) geladene Zeuge G.A., Betriebsprüfer des Finanzamtes St zu seiner im Rahmen der Betriebsprüfung getroffenen Feststellung, dass im Prüfungszeitraum verschiedene Bauvorhaben bereits fertig gestellt worden seien und daher die (Umsatz-) Steuerschuld entstanden sei, befragt. Der Zeuge gab an, dass in den Jahresabschlüssen der von ihm zu prüfenden Wirtschaftsjahre hohe Beträge für nicht abgerechnete Leistungen ausgewiesen wurden. Die einzelnen Bauvorhaben wurden gemeinsam mit dem Vertreter der Kapitalgesellschaft (Herrn Ing.S) besprochen und auf ihre Fertigstellung hin geprüft. Dabei hat sich herausgestellt, dass jene Bauvorhaben die für die HÖ erbracht wurden bereits an den Errichter übergeben worden sind. Der Zeuge gab weiters an, dass ihn auf diesbezügliches Befragen nach dem Grund der Nichtabrechnung der Bauvorhaben Liquiditätsprobleme der Kapitalgesellschaft in Erinnerung geblieben sind. Gegen die Zurechnung der einzelnen Bauvorhaben zu den steuerlichen Erlösen wurden keine Einwände erhoben.

Die Ausführungen des Zeugen wurden vom Berufungswerber ohne Einwendungen zu erheben zur Kenntnis genommen. Auf die Frage des Referenten des UFS, Salzburg, warum der Berufungswerber unter Hinweis auf die Vorhaltungen der Abgabenbehörde erster Instanz, dass er als Vertreter der juristischen Person bis April 1995 keine Zahlungen an den Abgabengläubiger geleistet hat, obwohl aus den der Abgabenbehörde vorliegenden Saldenliste des Wirtschaftjahres 1993/94 (Mai 1993 bis April 1994) sowie aus dem Jahresabschluss zum zu entnehmen ist, dass das Unternehmen Erlöse erzielt hat (Wirtschaftsjahr 1993/94 rund 6,3 Mill ATS sowie im Wirtschaftsjahr 1994/95 ca. 4,4 Mill ATS) und Verbindlichkeiten berichtigt worden sind sowie laufende Betriebsaufwendungen bezahlt wurden, gab der Berufungswerber an, dass die Erlöse des Wirtschaftsjahres 1993/1994 zum Teil eingegangen sind und zum Teil lediglich so genannte "Bucherlöse" waren, die zu keinem Eingang auf den betrieblichen Konten führten. Die Erlöse des Wirtschaftsjahres 1994/1995 waren nur mehr "Bucherlöse". Die Frage, ob liquide Mittel für die Begleichung der Verbindlichkeiten sowie der laufenden Betriebsaufwendungen vorhanden gewesen sind, wurde vom Berufungswerber dahingehend beantwortet, dass im Wirtschaftsjahr 1993/1994 aus Zahlungseingängen liquide Mittel vorhanden gewesen sind, die zur Bestreitung der laufenden Betriebsaufwendungen verwendet wurden. Der Berufungswerber führte ergänzend aus, dass die HÖ sein Hauptauftraggeber gewesen ist (ca. 98 % der gesamten Leistungen der Kapitalgesellschaft). Aufgrund eines Generationswechsels in der HÖ wurden keinerlei Zahlungen mehr von dieser Gesellschaft geleistet. Insgesamt hafteten damals (Wirtschaftsjahre 1993/1994 und 1994/1995) Verbindlichkeiten von insgesamt ATS 6,5 Mio. aus. Die Rechnungen wurden ordnungsgemäß gestellt, da auch die Leistungen erbracht wurden, aber es erfolgten keinerlei Zahlungen von der HÖ.

Auf die Frage des Vertreters des Finanzamtes, dass in der Gewinn und Verlust Rechnung des Wirtschaftsjahres 1994/1995 unter der Position 4000 Erlöse Planung, Bauleitung 20 % in Höhe ATS 3.954.055,-- sowie unter den Aufwandspositionen Personalaufwand bzw. Instandhaltungen insgesamt ATS 1.831.788,51 bzw. ATS 109.475,18 ausgewiesen sind, gab der Berufungswerber an, dass er seit 1993 keinerlei Geschäftsführerbezüge erhalten hat und die vom Vertreter des Finanzamtes angesprochen Aufwendungen aus Einlagen der Familienmitglieder (Sparbücher und Bausparguthaben) bestritten wurden. Auf weiteres Befragen hinsichtlich der ebenfalls ausgewiesenen Mieterlöse (Elixhausen, Tamsweg und Schwarzach) ob diese tatsächlich eingegangen sind, führte der Berufungswerber aus, dass diese tatsächlich eingingen, aber direkt auf die entsprechenden Konten der SLB geflossen sind, da es sich bei diesen Objekten um geförderte Wohnungen gehandelt hat.

Die Frage des Referenten des UFS, Salzburg auf welchen Konten des vorliegenden Jahresabschlusses die Einlagen der Familienmitglieder gebucht wurden, da in dem vorliegenden Abschluss keine Verbindlichkeiten an Familienmitglieder ausgewiesen sind, führte der Berufungswerber aus, dass diese Beträge vermutlich unter der Bilanzposition Sonstige Verbindlichkeiten gebucht wurden.

Auf die Frage des Referenten des UFS, Salzburg an den Vertreter der Abgabenbehörde, welche Gründe vorlagen, die Höhe des Haftungsbetrages auf € 55.284,57 (ATS 760.732,-) einzuschränken, da in der Berufungsvorentscheidung nur die Minderung hinsichtlich Lohnsteuer 1994 begründet wurde nicht aber die Einschränkung betreffend Umsatzsteuer 1993, führte der Vertreter des Finanzamtes aus, dass die aliquote Zahlung der Zwangsausgleichsquote (5 % wurden bezahlt) berücksichtigt wurde sowie aufgrund der kontenmäßigen Verrechnung Gutschriften zu buchen gewesen waren bzw. der Abgabenrückstand betreffend Umsatzsteuer 1993 sich - unter Beachtung des § 156 KO - verringert hat.

In seinem Schlusswort schränkte der Vertreter des Finanzamtes seinen Antrag auf Abweisung der Berufung dahingehend ein, dass der Berufungswerber nur mehr in Höhe von € 55.284,57 (ATS 760.732,-) zur Haftung heranzuziehen ist.

Der Berufungswerber ersuchte der Berufung Folge zu geben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können (§ 9 Abs. 1 BAO).

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden (§ 80 Abs. 1 BAO).

Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (§ 20 BAO).

Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Haftung eines Vertreters - im gegenständlichen Verfahren eines Vertreters einer juristischen Person - sind:

  • Abgabenforderung(en) gegen den Vertretenen,

  • die Stellung als Vertreter der juristischen Person,

  • die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung(en) beim Vertretenen,

  • eine Pflichtverletzung des Vertreters der juristischen Person,

  • dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und

  • die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Im gegenständlichen Verfahren ist unbestritten, dass

  • der Berufungswerber im (haftungs-) gegenständlichen Zeitraum als geschäftsführender Gesellschafter zum Kreis der Vertreter im Sinne des § 80 Abs. 1 BAO zählt und daher für die Abgaben der H.S.GmbH herangezogen werden kann,

  • der Berufungswerber in dem Zeitraum September 1993 bis April 1995 nicht alle Gläubiger gleich behandelt hat, sowie

  • Abgaben in Höhe von € 55.284,57 (ATS 760.732,00) für die der Berufungswerber haftbar gemacht wurde, zufolge völliger Vermögenslosigkeit der von ihm vertretenen H.S.GmbH für die Abgabenbehörde uneinbringlich geworden sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Vertreters (Geschäftsführers), darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen hat, insbesondere nicht Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Vertreter (Geschäftsführer) schuldhaft seine Pflicht für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, verletzt, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (siehe für viele das Erkenntnis vom , 99/13/0032, mwN). Der Vertreter (Geschäftsführer) haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (siehe für viele das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0218, mwN).

Im gegenständlichen Verfahren wäre eine Haftung des Berufungswerbers für die offenen Abgabenschulden der Primärschuldnerin allenfalls dann nicht zum Tragen gekommen, wenn der Primärschuldnerin überhaupt kein liquiden Mittel zur Tilgung zur Verfügung gestanden wären, die offenen Schulden zu tilgen bzw. bei der Verteilung der zur Verfügung gestanden Mittel alle Gläubiger gleich behandelt worden wären (Gleichbehandlungsgrundsatz). Von einer Gleichbehandlung der Abgabenschulden mit anderen Verbindlichkeiten kann bei anteiliger Begleichung von laufenden Betriebskosten, wie der Berufungswerber auf diesbezügliches Befragen ausgeführt hat, und gleichzeitiger gänzlicher Nichtbezahlung der Abgabenschulden keine Rede sein (siehe unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , 91/17/0124). In diesem Fall haftet dann der Vertreter (Geschäftsführer) für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden zur Gänze (siehe ). Im Verwaltungsverfahren wurde der Beschwerdeführer aufgefordert (Schriftsatz vom ), durch Erstellung einer Liquiditätsaufstellung seiner Nachweispflicht nachzukommen, dass im Haftungszeitraum keine Mittel zur Bezahlung der Verbindlichkeiten der GmbH vorhanden waren und auch keine Ungleichbehandlung der Gläubiger in der Befriedigung ihrer Forderungen stattgefunden hat (). Der Berufungswerber ist dem Ersuchen jedoch nicht nachgekommen, sondern hat nur ausgeführt, dass er für den privaten Bedarf keine Gelder aus der "Firma" genommen habe. Damit hat der Berufungswerber aber keine nachvollziehbare Darstellung einer schlechthin und permanent gegebenen Zahlungsunfähigkeit der H.S.GmbH im haftungsgegenständlichen Zeitraum beigebracht, sodass die Abgabenbehörde erster Instanz auch nicht verhalten war, allenfalls weitere Präzisierungen und Beweise vom Berufungswerber abzufordern, da auf eine Ungleichbehandlung der Gläubiger geschlossen werden konnte, die durch die Aussage des Berufungswerbers in der mündlichen Berufungsverhandlung ihre Bestätigung fand. Mit seinen Vorbringen im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung gesteht der Berufungswerber selbst ein, dass einerseits der Primärschuldnerin im maßgeblichen Zeitraum (September 1993 bis April 1995) liquide Mittel zur Verfügung gestanden sind und andererseits bei der Verfügung über diese die offenen Abgabenforderungen benachteiligt wurden.

Der Referent des UFS, Salzburg ist auf Grund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Ansicht gelangt, dass der Berufungswerber auf Grund der Missachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aller Gläubiger durch die Benachteiligung des Abgabengläubigers seiner Abgabenzahlungspflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist und daher für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden der Gesellschaft zur Haftung heranzuziehen ist (vgl. Erkenntnis des ).

Die Haftung für die Lohnsteuer ergibt sich aus § 78 Abs. 3 EStG 1988, wonach die Verpflichtung, die Lohnsteuer zur Gänze zu entrichten ist und sofern diese nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird auch im Falle verringerter Lohnzahlungen - ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GesmbH - von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen ist (vgl. Erkenntnis des ), wie die Abgabenbehörde erster Instanz zutreffend ausgeführt hat.

Das die Behauptungen des Parteienvertreters in seinem Vorlageantrag, wonach auf Grund einer Umsatzsteuerrevision Vorsteuerbeträge bei eigenen Bauvorhaben nicht anerkannt worden wären und daher zugerechnet worden sind, finden weder in den Feststellungen der Betriebsprüfung ihren Niederschlag (Tz 17.1 des Betriebsprüfungsberichtes) noch bestätigt diese der Berufungswerber selbst, der die Aussagen des Betriebsprüfers im Rahmen der mündlichen Verhandlung ohne Einwendungen zu erheben zur Kenntnis nahm und als den Tatsachen entsprechend bestätigte, nämlich das die Umsatzsteuer bereits fällig gewesen ist, weil die Bauvorhaben bereits übergeben wurden und nur aus Liquiditätsgründen keine nach den Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes entsprechende Abrechnung der bereits erbrachten Leistung erfolgte.

Bei der Verletzung von abgabenrechtlichen Zahlungspflichten bedarf es - anders als bei der Verletzung sonstiger abgabenrechtlicher Pflichten - keiner näheren Begründung der Kausalität der Pflichtverletzung für die eingetretene Uneinbringlichkeit der Abgaben (vgl ). Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang ().

Die Geltendmachung einer Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt ( unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , 94/17/0122). Dieses Ermessen umfasst auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens. Der angefochtene Bescheid bzw. die Berufungsvorentscheidung enthalten zum Teil nur eine "standardisierte" Begründung für die Ermessensübung. Nach Ansicht des Referenten des UFS, Salzburg ist aber gerade eine Konstellation, wie im vorliegenden Fall, eine Begründung der Ermessensentscheidung betreffend das Ausmaß, in welchem die Haftung letztlich geltend gemacht wird, erforderlich. Kommt hinsichtlich des Haftenden ein Zwangsausgleich zustande und wurden die Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches (Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld beim Abgabenschuldner und eine schuldhafte, für den eingetretenen Schaden ursächliche Pflichtverletzung des Vertreters) vor der Konkurseröffnung verwirklicht, so entspricht es grundsätzlich der nach § 20 BAO im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigenden Billigkeit, dass sich die Inanspruchnahme betragsmäßig an der Ausgleichsquote orientiert. Das die Abgabenbehörde erster Instanz ermessenskonform gehandelt hat und bei der Inanspruchnahme der Haftung betreffend Umsatzsteuer September 1993 die Zahlung der Zwangsausgleichsquote (5 % wurden bezahlt) berücksichtigt hat, sowie auch auf andere Gründe Bedacht genommen hat sie erst im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung dargelegt.

Zusammenfassend ist daher fest zu stellen, dass auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO die Inanspruchnahme des Berufungswerber für die im Bescheid des Finanzamtes St vom angeführten Abgaben, die hinsichtlich ihrer Höhe durch die Berufungsvorentscheidung vom verringert wurden, zu Recht erfolgt ist.

Der Berufung war daher teilweise statt zu geben und der Berufungswerber in Höhe von € 55.284,57 (ATS 760.732,00) zur Haftung heranzuziehen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Haftung
Abgabenschulden
Vertreter
Geschäftsführer
Gleichbehandlungsgrundsatz
Ermessen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at