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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 30.03.2010, RV/2357-W/09

Geschäftsführerhaftung bei Nichtabfuhr von Lohnsteuer

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/16/0098 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. Lutz Moser, Rechtsanwalt, 1090 Wien, Rögergasse 12/9, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Haftungsschuld für nachstehende Abgaben auf € 62.811,86 herabgesetzt:


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Lohnsteuer 09/2002
12.480,74
Lohnsteuer 11/2002
13.744,50
Lohnsteuer 01-04/2003
26.131,08
Lohnsteuer 06/2003
10.455,54

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Beschluss des Landesgerichtes XY vom wurde über das Vermögen der P. GmbH & Co KG das Konkursverfahren eröffnet.

Mit Bescheid vom wurde der Berufungswerber (Bw.) gemäß § 9 Abs. 1 BAO i.V.m. § 80 BAO als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft P. GmbHfür Abgaben in der Höhe von € 65.259,07, nämlich Lohnsteuer 09/2002, 11/2002, 01-04/2003 und 06/2003, zur Haftung herangezogen, da diese durch die schuldhafte Verletzung der ihm als Vertreter der Gesellschaft auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.

Mit Beschluss des Landesgerichtes XY vom wurde das über das Vermögen der P. GmbH & Co KG eröffnete Konkursverfahren nach Verteilung einer Konkursquote von 3,75 % aufgehoben und die Gesellschaft von Amts wegen im Firmenbuch gelöscht.

In der gegen den Haftungsbescheid am eingebrachten Berufung wandte der Bw. ein, dass dem angefochtenen Haftungsbescheid, der am dem Haftungspflichtigen durch Hinterlegung zugestellt worden wäre, keine Rechtsmittelbelehrung angeschlossen gewesen wäre. Gemäß § 93 Abs. 4 BAO werde die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt, wenn der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung enthalte. Der angefochtene Haftungsbescheid wäre daher nicht in Rechtskraft erwachsen, sodass die dagegen erhobene Berufung rechtzeitig wäre.

Als Berufungsgründe machte der Bw. Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensmängeln und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend, da der angefochtene Bescheid keine Feststellungen enthalte, aus denen eine diesbezügliche, dem Haftungspflichtigen anlastbare schuldhafte Pflichtverletzung abgeleitet werden könnte, weshalb sich der angefochtene Bescheid als unüberprüfbar darstelle. Der geltend gemachte Verfahrensmangel wäre relevant, weil die Abgabenbehörde bei dessen Vermeidung (Durchführung entsprechender Ermittlungen zur Sachverhaltsklärung gemäß § 115 BAO) zu einer für den Haftungspflichtigen günstigeren Entscheidung, nämlich der Abstandnahme von der Geltendmachung seiner Haftung, hätte gelangen können. In rechtlicher Hinsicht wäre die Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung des Bw. im gegenständlichen Sinn verfehlt, weil Sachverhaltsfeststellungen, aus denen sich eine solche ergebe, nicht getroffen worden wären, womit eine Subsumption des Verhaltens des Bw. unter den Tatbestand des § 80 BAO ausgeschlossen wäre.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dazu wurde nach Zitierung der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im Falle der nicht einbehaltenen und an das Finanzamt abgeführten Lohnsteuer ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen wäre. Einem Vertreter gemäß § 80 BAO falle es als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahle, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichte. Hinsichtlich der Lohnsteuer ergebe sich bereits aus § 78 Abs. 3 EStG, dass der Arbeitgeber für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen würden, verpflichtet wäre, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zu Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen.

Fristgerecht beantragte der Bw. mit Schreiben vom die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, ohne den Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung etwas entgegen zu setzen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist gemäß § 93 Abs. 4 BAO nicht in Lauf gesetzt.

Da sich im Abgabenakt die für den Haftungspflichtigen vorgesehene Ausfertigung des Haftungsbescheides inklusive der Rechtsmittelbelehrung befindet, war den Ausführungen des Bw., dass sein ihm zugekommener Haftungsbescheid keine solche enthalte, weshalb die Rechtsmittelfrist gemäß § 93 Abs. 4 BAO nicht in Gang gesetzt worden wäre, zu folgen. Die am eingebrachte Berufung war daher rechtzeitig.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit in Höhe von 96,25 % fest, da das über das Vermögen der P. GmbH & Co KG abgeschlossene Konkursverfahren eine an die Konkursgläubiger verteilte Konkursquote von 3,75 % ergab. Diese Konkursquote ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () entgegen der Ansicht des Finanzamtes bei den haftungsgegenständlichen Lohnsteuern als ehemals im Konkursverfahren angemeldete Konkursforderungen zu berücksichtigen, obwohl die auf dem Abgabenkonto eingegangene Zahlung gemäß § 214 Abs. 1 BAO auf die älteste nach dem Fälligkeitstag verbuchte Abgabenschuldigkeit (Umsatzsteuer 1995) verbucht wurde.

Unbestritten ist, dass dem Bw. als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der P. GmbH & Co KG die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag, da bei einer GmbH & Co KG, bei welcher die KG durch die Komplementär-GmbH, somit im Ergebnis durch deren Geschäftsführer, vertreten wird, der Geschäftsführer die abgabenrechtlichen Pflichten, die die KG betreffen, zu erfüllen hat, weshalb der Geschäftsführer bei schuldhafter Pflichtverletzung für die Abgaben der KG haftet (). Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. Bei dieser Argumentation war dem Finanzamt daher zu folgen.

Ebenfalls war den weiteren Ausführungen des Finanzamtes, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen ist, wenn Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird, vollinhaltlich zuzustimmen, da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat. Nach der durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates des ,0038, ausdrücklich aufrecht erhaltenen ständigen Rechtsprechung fällt es nämlich einem Vertreter im Sinne des § 80 BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichtet ().

Da der Bw. in den haftungsgegenständlichen Zeiträumen zwar Löhne auszahlte (was nicht bestritten wurde), jedoch keine darauf entfallende Lohnsteuer einbehielt und abführte, liegt in diesem Verhalten eine schuldhafte Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflichten.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bw. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bw. als Haftungspflichtiger für die Abgabenschuldigkeiten der P. GmbH & Co KG im Ausmaß von nunmehr € 62.811,85 (96,25 %) zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at