Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG ab 1. Jänner 2011 unzulässig
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde der A-GmbH, Anschrift, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft, 1090 Wien, Währingerstrasse 2-4, vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes X vom , Zl. 000/00000/22/2005, betreffend Nebengebühren (Abgabenerhöhung) entschieden:
Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Abgabenerhöhung dahingehend abgeändert, dass der Berufung vom stattgegeben und die Vorschreibung in Höhe von EUR 7.106,03 ersatzlos aufgehoben wird.
Die aus der vorliegenden Entscheidung resultierenden kassentechnischen Veranlassungen sind durch das Zollamt X zu treffen.
Entscheidungsgründe
Mit der Verordnung (EG) Nr 129/2005 der Kommission vom wurde unter anderem die Einreihung von so genannten Heimkinosystemen - in Abänderung der Verordnung (EG) Nr 955/98 - unter den KN-Code 8521 90 00 vorgenommen. Zwei nachfolgende Berichtigungen (ABl 2005 L 42/31 sowie ABl 2005 L 120/42) betrafen jeweils sprachliche Änderungen des Anhangs der VO (EG) 129/2005, die keinen Einfluss auf die ursprünglich vorgenommene tarifarische Einreihung hatten. Die in Rede stehende Verordnung trat am in Kraft.
Im Rahmen einer Nachschau durch die Außen- und Betriebsprüfung/Zoll des Zollamtes X bei der A-GmbH (im Folgenden auch kurz: Bf) im Jahr 2007 wurde festgestellt, dass die Abfertigung von Heimkinosystemen zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr für diese auch nach dem Inkrafttreten der VO (EG) 129/2005 noch geraume Zeit unter den bis zu diesem Zeitpunkt verwendeten TARIC-Codes 8543 bzw 8527 erfolgte. Diesen Sachverhalt bewertete die erstinstanzliche Behörde als ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung, worauf sie der Bf gemäß Art 236 ZK die ursprünglich buchmäßig erfasste Einfuhrzollschuld für die Warenanmeldungen laut der dem Erstbescheid beiliegenden Aufstellung erstattete und ihr gleichzeitig mit Bescheid vom gemäß Art 221 Abs 1 ZK die neu berechnete Einfuhrzollschuld gemäß Art 203 Abs 1 und 3 erster Anstrich leg cit mitteilte.
Unter anderem gegen diesen Bescheid richtete sich die Berufung vom . Da die Berufung keinen Erfolg hatte, brachte die A-GmbH durch ihren Anwalt mit Schriftsatz vom beim Zollamt X das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde vom Unabhängigen Finanzsenat (UFS) stattgebend entschieden, weil der Senat verfahrensgegenständlich das Vorliegen eines Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung durch die Bf verneinte.
Daraufhin schrieb das Zollamt X der A-GmbH mit Bescheid vom auf der Grundlage des Art 220 Abs 1 ZK iVm Art 242 ZK und § 2 Abs 1 ZollR-DG einen Betrag in Höhe von EUR 132.161,52 an Zoll sowie gemäß § 108 Abs 1 ZollR-DG eine Abgabenerhöhung (EUR 7.106,03) zur Entrichtung vor. Dagegen brachte die Bf mit Schriftsatz vom form- und fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung ein. Diese wurde mit Bescheid des Zollamtes X vom , Zl. 000/00000/22/2005, als unbegründet abgewiesen. In Reaktion auf diese Abweisung legte die anwaltlich vertretene A-GmbH mit Schreiben vom , wiederum form- und fristgerecht, das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Darin stellt die Bf den Antrag, in Stattgebung der Beschwerde die angefochtene Berufungsvorentscheidung des Zollamtes X, Zahl 000/00000/22/2005 vom , dahingehend abzuändern, dass der Berufung der A-GmbH vom gegen den Bescheid des Zollamtes X vom , Zahl 000/00000/21/2005, vollumfänglich stattgegeben wird, und der Bescheid des Zollamtes X vom , Zahl 000/00000/21/2005, ersatzlos aufgehoben, in eventu dahingehend abgeändert wird, dass die Abgabenvorschreibung auf 0,00 reduziert wird, in eventu die angefochtene Berufungsvorentscheidung (Bescheid) aufzuheben und dem Zollamt X zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen und in jedem Fall eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.
Mit Schreiben vom wurde seitens der Bf auf die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichtet.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Mit der Finanzstrafgesetznovelle 2010, BGBL I 2010/104, wurde dem Finanzstrafgesetz (FinStrG) folgender § 30a samt Überschrift eingefügt:
"Strafaufhebung in besonderen Fällen (Verkürzungszuschlag)
§ 30a. (1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, eine Abgabenerhöhung von 10 % der im Zuge einer abgabenrechtlichen Überprüfungsmaßnahme festgestellten Nachforderungen, soweit hinsichtlich der diese begründenden Unrichtigkeiten der Verdacht eines Finanzvergehens besteht, festzusetzen, sofern dieser Betrag für ein Jahr (einen Veranlagungszeitraum) insgesamt 10 000 Euro, in Summe jedoch 33 000 Euro nicht übersteigt, sich der Abgabe- oder Abfuhrpflichtige spätestens 14 Tage nach Festsetzung der Abgabennachforderung mit dem Verkürzungszuschlag einverstanden erklärt oder diesen beantragt und er auf die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung wirksam verzichtet. Werden die Abgabenerhöhung und die dieser zugrunde liegenden Abgabennachforderungen innerhalb eines Monats nach deren Festsetzung tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung zur Gänze entrichtet, so tritt Straffreiheit hinsichtlich der im Zusammenhang mit diesen Abgabennachforderungen begangenen Finanzvergehen ein. Ein Zahlungsaufschub darf nicht gewährt werden.
(2) Werden mehrere Überprüfungsmaßnahmen gleichzeitig oder in unmittelbarer Folge durchgeführt, so ist die Summe aller Verkürzungsbeträge für die Zulässigkeit der Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach Abs. 1 maßgeblich.
(3) Tritt wegen Nichteinhaltung der Erfordernisse des Abs. 1 Straffreiheit nicht ein, so entfällt ab diesem Zeitpunkt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung. Allenfalls bis dahin entrichtete Beträge sind gutzuschreiben.
(4) Im Falle einer nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Abgabenerhöhung unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.
(5) Unbeschadet des § 108 Abs. 2 ZollR-DG ist die Festsetzung einer Abgabenerhöhung im Zusammenhang mit Zöllen und mit Abgaben, die von den Zollämtern zu erheben sind, unzulässig.
(6) Die Festsetzung einer Abgabenerhöhung ist weiters ausgeschlossen, wenn hinsichtlich der betroffenen Abgaben bereits ein Finanzstrafverfahren anhängig ist, eine Selbstanzeige vorliegt oder es einer Bestrafung bedarf, um den Täter von der Begehung weiterer Finanzvergehen abzuhalten.
(7) Die Festsetzung der Abgabenerhöhung stellt keine Verfolgungshandlung dar. Die strafrechtliche Verfolgung einer weiteren, hinsichtlich derselben Abgabenart und desselben Erhebungszeitraumes bewirkten Abgabenverkürzung oder einer Nichtentrichtung (Nichtabfuhr) von Selbstbemessungsabgaben wird dadurch nicht gehindert.
(8) Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 BAO."
§ 30a FinStrG ist mit in Kraft getreten (§ 265 Abs 1p FinStrG). Die Verfahrensbestimmung des § 30a Abs 5 FinStrG, wonach die Festsetzung einer Abgabenerhöhung im Zusammenhang mit Zöllen und mit Abgaben, die von den Zollämtern zu erheben sind, unzulässig ist, ist ab Inkrafttreten anwendbar. Ausgenommen davon wird lediglich die Abgabenerhöhung nach § 108 Abs 2 ZollR-DG.
Da die Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach § 108 Abs 1 ZollR-DG ab unzulässig ist (siehe dazu ), war wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 108 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 30a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 265 Abs. 1p FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at