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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 02.07.2007, RV/0059-W/07

Keine Familienbeihilfe ohne Ablegung von Prüfungen bei einer Maturaschule

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0059-W/07-RS1
wie RV/0061-G/04-RS1
Der Besuch einer Maturaschule alleine, ohne Ablegung von Prüfungen (nur eine Prüfungsanmeldung), reicht nicht aus, um einen Familienbeihilfenanspruch zu begründen. Es muss vielmehr das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., L, gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) bezog im Streitzeitraum August 2004 bis Juni 2006 für seine Tochter B. Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag.

Im Zuge der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom ersuchte das Finanzamt den Berufungswerber (Bw.) um

  • Vorlage einer Schulbestätigung

  • Nachweis über eigene Einkünfte von B. und

  • Nachweis über bereits abgelegte Prüfungen von B..

Der Bw. legte folgende Unterlagen vor:

  • Schulbesuchsbestätigung des Bundesrealgymnasiums für Berufstätige vom , aus der hervorgeht, dass die Tochter im Sommersemester 2004 ordentliche Studierende der Fernstudien-Klasse 2F der AHS für Berufstätige war (Unterricht 2 Tage/Woche; 10 Wochenstunden; Schuldauer der AHS für Berufstätige: 9 Semester).

  • Semesterzeugnis (Wintersemester 2003/2004) der Tochter vom .

  • Schulbestätigung vom , dass die Tochter im Wintersemester 2004 in der Humboldt Matura Schule im 1. Semester des 2-jährigen AHS Tageskurses inskribiert war.

Im Zuge einer weiteren Überprüfung des Anspruches (Überprüfungsformular vom ) wurde der Bw. ersucht, einen Bescheid über die vorgeschriebenen Prüfungen an der Maturaschule, Zeugnis bzw. Nachweis über abgelegte Prüfungen an der AHS für Berufstätige (bis Juli 2004) vorzulegen.

Der Bw. übermittelte daraufhin eine Schulbestätigung der Maturaschule vom , derzufolge seine Tochter im Wintersemester 2004 in der Humboldt Matura Schule im 1. Semester des 2-jährigen AHS Tageskurses inskribiert war. Der Bw. ergänzte das Überprüfungsformular in der vorgesehenen Spalte wie folgt: "Zeugnis gibt es noch keines, da die Prüfungen erst nächstes Jahr 2005 sind".

Im Überprüfungsformular vom ersuchte das Finanzamt ein weiteres Mal um Vorlage eines Bescheides über die vorgeschriebenen Prüfungen an der Maturaschule.

Der Bw. übermittelte daraufhin eine Schulbestätigung, datiert mit , für die Anmeldung an der Maturaschule im Sommersemester 2005 (2. Semester) und ergänzte das Überprüfungsformular wie folgt: "Prüfungen sind erst im Herbst".

Am überreichte der Bw. beim Finanzamt persönlich eine Anmeldebestätigung (= Ansuchen vom im Referat für Externistenangelegenheiten der AHS um Zulassung zur AHS-Reifeprüfung).

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Bw. um Übermittlung des Bescheides über die vorgeschriebenen Prüfungen an der Maturaschule ersucht.

Der Bw. übersandte das Ergänzungsersuchen mit folgendem handschriftlichen Vermerk an das Finanzamt:

"Die vorgeschriebenen Prüfungen finden im September statt. Dann kann ich Ihnen die Prüfungsergebnisse vorlegen."

Mit Überprüfungsformular vom verlangte das Finanzamt neuerlich einen Nachweis über abgelegte Prüfungen an der Maturaschule.

Der Bw. ergänzte das Formular wie folgt: "Die Prüfungen finden erst statt. Die Benachrichtigung für die Prüfungen gibt der Wiener Schulstadtrat." Weiters legte er eine Schulbestätigung vor, nach der die Tochter im 3. Semester inskribiert war.

Am langte beim Finanzamt ein Schreiben ein, in dem der Bw. bekanntgab, dass seine Tochter die Maturaschule mit abgebrochen habe.

Das Finanzamt erließ am einen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge betreffend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum bis und führte zur Begründung aus:

"Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für volljährige Kinder besteht für die Dauer der Berufsausbildung (Schulausbildung). Die ernsthafte und zielstrebige Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung stellt eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn innerhalb von jeweils 4 Monaten eine Zulassungsprüfung erfolgreich abgelegt wird. Nach der Anzahl der erfolgreichen Prüfungen richtet sich die Länge des Familienbeihilfenbezuges. B. hat bisher keine Zulassungsprüfung erfolgreich abgelegt, weshalb Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nur bis Juli 2004 bestand."

Der Bw. erhob gegen den Bescheid fristgerecht Berufung und führte dazu aus:

"Ich möchte Ihnen mittels Bescheid des Stadtschulrates von Wien belegen, warum meine Tochter ... keine der vorgesehenen Prüfungen ablegen konnte. B. suchte im April 2005 um Zulassung zu den Prüfungen an. Da sich in abgesehener Zeit niemand meldete, so probierte sie es telefonisch. Auch das brachte keinerlei Erfolg. So beschloss sie, die Maturaschule abzubrechen (März 2006) und sollte es irgendeine geeignete Arbeit geben, in den Arbeitsprozess einzusteigen. Sie kündigte auch ihren Besuch in der Maturaschule im März 2006. Worauf ich den Bescheid bekam, dass die monatlichen Zahlungen in der Höhe von ca. 180,-- Euro noch bis zum September 2006 zu entrichten sind. Ungefähr einen Monat nach ihrer Kündigung in der Schule bekam sie vom Stadtschulrat von Wien (beiliegende Kopie vom Schreiben) die Nachricht für einen Prüfungstermin. Dazu müsste sie sich wieder volle 2 Jahre für die Schule anmelden...Ich hoffe, dass Sie aus diesem Schreiben entnehmen können, dass meine Tochter B. keine Möglichkeit hatte, die für sie wichtigen Prüfungen abzulegen und die Familienbeihilfe nicht zu Unrecht bezogen wurde."

Der Bescheid des Stadtschulrates vom hat folgenden Inhalt:

"Ihr Ansuchen vom

...Der Zulassungsbescheid (Dekret/Entscheidung) wurde an Ihre Prüfungsschule ... übermittelt und liegt dort zur Abholung bereit. Somit können Sie sich zum nächstmöglichen Prüfungstermin anmelden..."

Das Finanzamt erließ am eine Berufungsvorentscheidung und wies die Berufung mit folgender Begründung ab:

"Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für volljährige Kinder besteht für die Zeit der Berufsausbildung (Schulausbildung). Das Ziel einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Im Fall des Besuches einer Maturaschule manifestiert sich das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Vorprüfungen. Zwar ist nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend; der Maturaschüler muss aber durch das Antreten zu Prüfungen innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erlangen. Fest steht, dass Ihre Tochter B. zu keiner Prüfung angetreten ist, weshalb seit August 2004 kein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag mehr zustand."

Mit Schreiben vom erhob der Bw. eine als Vorlageantrag zu wertende "Berufung wegen Zurückzahlung zu Unrecht bezogener Beiträge". Hierin verwies er nochmals darauf, dass der Bescheid des Stadtschulrates für Wien erst am ausgestellt wurde. Überdies seien im Bescheid Zahlungen bis angegeben, was nicht stimmen könne, da die letzte Überweisung vom Finanzamt mit erfolgt sei.

Der unabhängige Finanzsenat ersuchte mit Schreiben vom den Stadtschulrat für Wien um Bekanntgabe, warum die Tochter des Bw. am ein Ansuchen um Prüfungszulassung gestellt hat, die tatsächliche Zulassung aber erst am erfolgt ist.

Das Schreiben wurde wie folgt beantwortet:

"Die Kandidatin B.J. ... hat am das Ansuchen um Zulassung zur Externistenreifeprüfung abgegeben.

Da das Ansuchen von Frau J. nicht vollständig war, wurde sie bereits bei der Antragstellung von der Referentin, Frau S, darauf aufmerksam gemacht, dass die Abmeldung vom Abendgymnasium für Berufstätige Wien, nachzureichen ist.

Fr. S hat die Kandidatin am (laut Aktenvermerk) dann nochmals telefonisch daran erinnert, dass die Abmeldebestätigung nachgereicht werden muss, da unvollständige Ansuchen nicht bearbeitet werden können.

Da bis der Akt noch immer unvollständig war, wurde die Kandidatin von Frau S schriftlich aufgefordert, das fehlende Dokument nachzureichen.

Fr. J. hat am das fehlende Zeugnis nachgereicht, somit konnte der nun vollständige Akt an die Referatsleitung zur Bearbeitung weitergeleitet werden.

Bei dieser Bearbeitung wurde festgestellt, dass bei einigen Gegenständen die Anrechenbarkeit der Vorbildung am Abendgymnasium überprüft werden mussten. Ein E-mail-Kontakt mit dem Abendgymnasium für Berufstätige, Wien, dauerte auf Grund der Schulferien bis zur endgültigen Abklärung vom - bis .

Erst dann konnte nach Endbearbeitung (Erstellung des Bescheides, Unterschrift und Endkontrolle durch die Referatsleitung) der fertige Zulassungsbescheid per Dienstpost am an die zuständige Externistenprüfungskommission übermittelt werden. Ab dem Zeitpunkt war Frau J. berechtigt, Prüfungen abzulegen."

Das Schreiben des Stadtschulrates vom wurde dem Bw. mit Schreiben vom zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zustellung des Schreibens übermittelt.

Der Bw. gab innerhalb der gesetzten Frist hierzu keine Stellungnahme ab.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit b erster und zweiter Satz FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Das Gesetz enthält keine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung". Diesem Begriff sind sicher alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zuzuordnen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , 93/14/0100, , 87/14/0031, , 2000/14/0192).

Ziel einer Berufsausbildung bzw. einer Berufsfortbildung im Sinne des § 2 Abs1 lit b FLAG ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen der vorgesehenen Prüfungen ist somit wesentlicher Bestandteil der Berufsausbildung bzw. Berufsfortbildung ( und , 97/15/0111).

Als Zeiten der Berufsausbildung werden nur solche Zeiten gelten können, in denen aus den objektiv erkennbaren Umständen darauf geschlossen werden kann, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich erfolgt ist. Die Inskription an einer Maturaschule ist als reiner Formalakt allerdings nicht geeignet eine Berufsausbildung nachzuweisen und somit den Anspruch auf die Familienbeihilfe zu begründen (zB ; , 94/15/0130; , 96/15/0213). Hinzu muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um die Externistenreifeprüfung treten, das sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen manifestiert. Zwar ist nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend; der Maturaschüler muss aber durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erlangen. Ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen wird nicht schon dann in Abrede zu stellen sein, wenn ein Kind mit vorgesehenen Prüfungen durch einige Zeit in Verzug gerät. Eine Ausbildung jedoch, bei der das Kind während langer Zeit zu keiner Prüfung antritt, kann nicht als Berufsausbildung gewertet werden (vgl. ; , 90/14/0108; , 98/13/0042).

Im vorliegenden Berufungsfall ersuchte das Finanzamt mit Überprüfungsformularen vom , , bzw. Ergänzungsersuchen vom , Überprüfungsformular vom , Ergänzungsersuchen vom und um Nachweis über bereits abgelegte Prüfungen bzw. um Vorlage von Bescheiden über vorgeschriebene Prüfungen.

Der Bw. übermittelte zwar für den Streitzeitraum Schulbesuchsbestätigungen, legte jedoch mit den verschiedensten Begründungen ("Zeugnis gibt es noch keines, da die Prüfungen erst nächstes Jahr 2005 sind." ..."Prüfungen sind erst im Herbst."..."Die vorgeschriebenen Prüfungen finden im September statt. Dann kann ich Ihnen die Prüfungsergebnisse vorlegen."..."Die Prüfungen finden erst statt."... Die Benachrichtigung für die Prüfungen gibt der Wiener Stadtschulrat") die gewünschten Unterlagen nicht vor.

In der Berufung vom vermeinte der Bw. dann schließlich, dass seine Tochter im April 2005 um Zulassung zu den Prüfungen ersucht habe; da sich aber niemand gemeldet hätte, habe die Tochter im März 2006 die Maturaschule abgebrochen.

Zu diesen Ausführungen ist Folgendes zu bemerken: Die Berufungsbehörde nimmt es als erwiesen an, dass das Schreiben des Stadtschulrates vom die tatsächlichen Gegebenheiten wiedergibt. Dass kein Anlass besteht, an den Ausführungen zu zweifeln, ergibt sich schon daraus, dass der Bw. dem nicht entgegen getreten ist.

Aus diesem Sachverhalt geht eindeutig hervor, dass der Grund der zeitlichen Verzögerung für die späte Zulassung zu den Prüfungen bei der Tochter des Bw. lag.

Dass die Tochter die Berufsausbildung nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben hat, steht schon allein auf Grund der Tatsache fest, dass sie während ihres Schulbesuches zu keiner einzigen Zulassungsprüfung angetreten ist. Auch der Umstand, dass der Bw. für die die Schuljahre 2004 bis 2006 Schulgeld bezahlt hat, kann an dieser Tatsache nichts ändern.

Im vorliegenden Fall konnte also für den gesamten Rückforderungszeitraum von annähernd zwei Jahren keinerlei Nachweis über erfolgte Prüfungsantritte erbracht werden. Da ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen um den Ausbildungserfolg somit nach außen hin nicht erkennbar ist, kann nicht von einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ausgegangen werden.

Was das Vorbringen des Bw. anlangt, die letzte Überweisung vom Finanzamt sei mit erfolgt, so ist aus den Überweisungsdaten zu ersehen, dass Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für Juni 2006 mit einem Gesamtbetrag von 203,60 € letztmals am angewiesen wurden. Die Rückforderung erfolgte daher auch betragsmäßig zu Recht.

Wien, am

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