Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 25.03.2010, RV/3366-W/09

Aussetzungszinsen von Einkommensteuer trotz unwirksamen Grundlagenbescheides zulässig


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Miterledigte GZ:
RV/3363-W/09
RV/3364-W/09
RV/3365-W/09

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/15/0084 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Karl Kittinger und die weiteren Mitglieder Hofrätin Mag. Regine Linder, Kommerzialrat Gottfried Hochhauser und Gerhard Mayrhofer im Beisein der Schriftführerin Edith Madlberger über die Berufungen des Bw., vertreten durch Mayer & Partner Wirtschaftstreuhand und Unternehmensberatung GmbH, 3340 Waidhofen/Ybbs, Mühlstraße 29, vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom betreffend Ablauf der Aussetzung der Einhebung und Aussetzungszinsen (§ 212a BAO) sowie vom betreffend Anträge auf Aufhebung der vorgenannten Bescheide nach § 299 Abs. 1 BAO nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:


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1.
Die Berufung vom gegen den Bescheid betreffend Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung vom wird abgewiesen.
2.
Die Berufung vom gegen den Bescheid betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen vom wird abgewiesen.


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3.
Die Berufung vom gegen den Bescheid betreffend Abweisung eines Antrages auf Aufhebung des in Pkt. 1. genannten Bescheides gemäß § 299 Abs. 1 BAO wird abgewiesen.
4.
Die Berufung vom gegen den Bescheid betreffend Abweisung eines Antrages auf Aufhebung des in Pkt. 2. genannten Bescheides gemäß § 299 Abs. 1 BAO wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Auf Grund eines Antrages vom bewilligte das Finanzamt mit Bescheid vom die Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 1990 bis 1997 im Gesamtbetrag von ATS 130.374,00 (€ 9.474,65).

Betreffend die der Festsetzung der Einkommensteuern zu Grunde liegenden Feststellungsbescheide ergingen am zwei die Berufungen der Hausgemeinschaft, an der der Berufungswerber (Bw.) zum damaligen Zeitpunkt (1990 bis ) beteiligt gewesen wäre, als unzulässig zurückweisende Berufungsentscheidungen, da die Feststellungsbescheide (1990-1999) auf Grund eines Zustellmangels nicht wirksam ergangen wären.

Daraufhin verfügte das Finanzamt mit Bescheid vom den Ablauf der Aussetzung der Einhebung und setzte gemäß § 212a Abs. 9 BAO für den Zeitraum vom bis Aussetzungszinsen in Höhe von € 3.603,07 fest.

In den gegen diese Bescheide am rechtzeitig eingebrachten Berufungen beantragte der Bw. die Aufhebung der Bescheide gemäß § 299 BAO und brachte vor, dass Einhebungsverjährung vorliege, jedoch keine Hemmung gemäß § 238 Abs. 3 lit. b BAO, da der Ablauf der Aussetzung der Einhebung rechtswidrig nicht gleichzeitig mit der Erledigung der Berufung, nämlich anlässlich des Ergehens der Berufungsentscheidungen vom verfügt worden wäre. Auch seitens des Finanzamtes werde von einer Bemessungsverjährung ausgegangen, womit auch dem Grundsatz entsprochen werde, dass die Einhebungsverjährung nicht kürzer sein könne als die Bemessungsverjährung.

Zusätzlich liege Rechtswidrigkeit insoweit vor, als der Unabhängige Finanzsenat in diesen Berufungsentscheidungen explizit darüber abspreche, dass die Berufungen als unzulässig zurückzuweisen gewesen wären, weil sie sich gegen Erledigungen des Finanzamtes richten würden, die keine Wirkung entfalten würden, das Finanzamt seinerzeit aber rechtswidrig von solchen Erledigungen ohne Bescheidcharakter gemäß § 295 BAO abgeänderte Einkommensteuerbescheide mit Festsetzungswirkung erlassen hätte. § 295 BAO verlange aber seinerseits wiederum einen Feststellungsbescheid und nicht irgendeine sonstige Erledigung, die als Bescheid bezeichnet werde. Läge nämlich keine Rechtswidrigkeit vor, wäre gemäß § 209a BAO durch das gesamte langjährige Verfahren, das innerhalb der Bemessungsverjährung beim UFS anhängig gemacht worden wäre, die Möglichkeit offen, die Abgabenfestsetzung an die Berufungsentscheidungen anzupassen. Dadurch wären die ursprünglichen Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 1990 bis 1997 - vor Ergehen der falschen (weil rechtswidrig von keinem Feststellungsbescheid abgeleitet, unter rechtswidriger Anwendung des § 295 BAO) Einkommensteuerbescheide - wieder den Buchungsmitteilungen (gemeint wohl: dem Abgabenkonto) zuzubuchen, die richtigerweise von einem Feststellungsbescheid abgeleitet worden wären.

Wenn das Finanzamt die verbindlichen Rechtsfolgen des § 295 BAO anwende und keine Einkommensteuerfestsetzungen von Nichtgrundlagenbescheiden ableite, brauche es auch keiner Stundung/Aussetzung der Einhebung und natürlich auch keinen Widerruf/keine Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung solcher rechtswidrig festgesetzten Abgaben. Fehler müssten korrigiert und dürften nicht fortgeführt werden. Eine rechtswidrige Handlung dürfe nicht weitere rechtswidrige Handlungen nach sich ziehen. Der Rechtsschutz gebiete die Anwendung aller Rechtsnormen (zB auch die der §§ 209a und 295 BAO) über alle Phasen eines Verfahrens und nicht nur fall- und abschnittsweise. Die vom UFS rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge, nämlich dass die Feststellungsbescheide keine Wirkung hätten, hätte beide Parteien - ausfertigende erstinstanzliche Behörde und Berufungswerber - auf allen Ebenen zu binden. Damit wäre aber auch der Ableitung nach § 295 BAO der Bezug/ Rechtstitel entzogen und beide Parteien stünden am Beginn, vor Wirkung der falschen Erledigung. Die einseitige Beschneidung einer Partei wäre mit rechtsstaatlichen Prinzipien unvereinbar und würde den Rechtsschutz beseitigen.

Infolge Wirkungslosigkeit der Erledigungen des Finanzamtes gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO für den Zeitraum 1990 bis 1997 vom bzw. für den Zeitraum 1998 bis 1999 vom würden nach Einbuchung des richtigen Vorsolls vor irrtümlicher/falscher Ableitung gemäß § 295 BAO von einem Nichtbescheid keine ausgesetzten Abgaben mehr verbleiben, für die Aussetzungszinsen vorzuschreiben wären.

Mit Berufungsvorentscheidungen bzw. Bescheiden vom wies das Finanzamt die Berufungen bzw. Anträge gemäß § 299 BAO als unbegründet ab und führte aus, dass die seinerzeitige Aussetzung der Einhebung antragsgemäß erfolgt wäre. Auf Grund der in der Berufung zitierten Berufungsentscheidungen vom wäre der Ablauf der Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom verfügt worden. Die Wirkung einer Aussetzung bestehe in einem Zahlungsaufschub bis zu ihrem Ablauf oder Widerruf, woran sich gemäß § 212a Abs. 7 erster Satz BAO noch eine Zahlungsfrist von einem Monat anschließe. Der Zahlungsaufschub hätte gemäß § 230 Abs. 2 BAO, wonach während einer gesetzlich zustehenden oder durch Bescheid zuerkannten Zahlungsfrist Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürften, eine Hemmung der Einbringung bis zum Ablauf dieser Zahlungsfrist zur Folge.

Der in der Berufung vorgebrachte Einwand der Einhebungsverjährung gehe ins Leere, da die Einhebungsverjährung gemäß § 238 Abs. 3 lit. b BAO gehemmt wäre, solange die Einhebung der Abgabe ausgesetzt wäre.

Der Gesetzesauftrag, anlässlich einer der in § 212a Abs. 5 dritter Satz BAO genannten Erledigungen den Ablauf der Aussetzung zu verfügen, erlösche nicht dadurch, dass die Abgabenbehörde dieser Anordnung im zeitlichen Nahbereich der Erledigung des Berufungsverfahrens nicht nachkomme. Der Abgabepflichtige könne die Folgen der verspäteten Verfügung des Ablaufes im Weg der in § 212a Abs. 8 BAO vorgesehenen Tilgung in einfacher Weise abwenden (). Die in der Berufung vertretene Rechtsmeinung, dass eine Hemmung der Verjährung gemäß § 238 Abs. 3 lt. b BAO nicht vorliege, wenn der Ablauf der Aussetzung der Einhebung nicht gleichzeitig mit der Erledigung der Berufung erfolge, finde im Gesetz keinerlei Deckung und wäre daher verfehlt. Auch die Berufungsausführungen zu einer Vorsollausbuchung fänden im Gesetz keine Deckung, sondern hätte die Festsetzung von Abgaben nach § 198 BAO zu erfolgen.

Aussetzungszinsen für die Dauer des Berufungsverfahrens wären nicht deshalb rechtswidrig, weil das Berufungsverfahren unangemessen lange gedauert hätte (). Selbst die Festsetzung der Aussetzungszinsen für den Zeitraum zwischen Berufungserledigung und Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung wäre rechtmäßig (); ).

Mit Schreiben vom beantragte der Bw. die Vorlage der Berufungen zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter instanz bzw. brachte Berufungen (betreffend Anträge nach § 299 BAO) ein und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat. Ergänzend wurde ersucht, die herrschende Lehrmeinung von Herrn Dr. Wobisch (Arbeitsbuch Oberlaa, S 131), wonach bei dieser konkreten Konstellation des vorliegenden Berufungsfalles das Ermessen bei der Betrachtung/Hereinholung der Bemessungsverjährung der abgeleiteten Bescheide zu beachten wäre, zu berücksichtigen. Die während der gesamten Entscheidungsdauer über die Berufung gegen einen letztendlich Nichtfeststellungsbescheid - weil weder vom erlassenden Finanzamt noch vom Abgabepflichtigen oder dessen steuerlichem Vertreter als solchen erkannt - wirkende Bestimmung des § 252 BAO (Unmöglichkeit der Anfechtung des jeweiligen Einkommensteuerbescheides) mache eine Ermessensentscheidung geradezu notwendig.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde seitens des Bw. ergänzend ausgeführt, dass gemäß § 295 Abs. 1 BAO bei Aufhebung des Grundlagenbescheides auch die davon abgeleiteten Einkommensteuerbescheide aufzuheben wären. Im gegenständlichen Fall hätte der Unabhängige Finanzsenat festgestellt, dass der Grundlagenbescheid gemäß § 188 BAO nicht wirksam ergangen wäre, weswegen der Antrag gestellt werde, die davon abgeleiteten Einkommensteuerbescheide aufzuheben, wodurch das Konto automatisch auf Null gestellt worden wäre und die gegenständlichen Aussetzungszinsen wegfallen würden. Unter Verweis auf § 209a BAO liege auch eine Festsetzungs- bzw. Bemessungsverjährung nicht vor.

Der Vertreter des Finanzamtes beantragte die Abweisung der gegenständlichen Berufungen und führte aus, dass der zu Grunde liegende Feststellungsbescheid zwar ein "Nichtbescheid" wäre und die davon abgeleitet Einkommensteuerbescheide gemäß §  295 BAO rechtswidrig ergangen, jedoch rechtskräftig geworden wären. Diesbezüglich werde beispielsweise auf die Entscheidung des UFS RV/0819-W/09 (Rechtssache Köck) verwiesen. Die gegenständlichen Bescheide hätten sich daher als rechtmäßig erwiesen.

Der Bw. beantragte, der Berufung Folge zu geben und replizierte zu den Ausführungen des Amtsvertreters, dass selbst dann, wenn er in hellseherischer Art und Weise die Rechtswidrigkeit der Einkommensteuerbescheide erkannt und damals im Jahr 1999 dagegen berufen hätte, diese Berufungen gemäß § 252 Abs. 1 BAO abgewiesen worden wären. Sein Fall wäre sicher kein Köck-Fall und mit diesem nicht vergleichbar.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Gemäß § 212a Abs. 9 BAO sind für Abgabenschuldigkeiten

a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden oder

b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt,

Aussetzungszinsen in Höhe von einem Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.

Gemäß § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294 BAO). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer über die Berufung (Abs. 1) ergehenden

a) Berufungsvorentscheidung oder

b) Berufungsentscheidung oder

c) anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (§ 276 BAO) nicht aus.

Die Abgabenbehörde erster Instanz kann gemäß § 299 Abs. 1 BAO auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Da im gegenständlichen Fall das der Aussetzung der Einhebung zu Grunde liegende Berufungsverfahren betreffend Feststellungsbescheide 1990 bis 1997 im Zusammenhang mit der Feststellung der Liebhaberei der Vermietung von Ferienwohnungen der Hausgemeinschaft mit Berufungsentscheidung vom abgeschlossen wurde, erfolgte die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Abs. 5 lit. b BAO zu Recht, da einerseits dadurch der Rechtsgrund und auch die Notwendigkeit für eine Aussetzung weggefallen waren und anderseits das Gesetz für diesen Fall auch keine andere Möglichkeit der Entscheidung vorsieht.

Da somit die abschließende Erledigung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung bereits ergangen war, waren Aussetzungszinsen gemäß § 212a Abs. 9 BAO festzusetzen.

Aussetzungszinsen sind demnach auch für Zeiträume zu entrichten, in denen auf Grund eines noch unerledigten Antrages auf Aussetzung der Einhebung die Einbringung gemäß § 230 Abs. 6 BAO gehemmt ist, da Einbringungsmaßnahmen diesfalls hinsichtlich der davon nach Maßgabe der nach den Bestimmungen des § 212a BAO betroffenen Abgaben bis zur Erledigung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen.

Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt gemäß § 238 Abs. 1 BAO binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.

Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, steht gemäß § 209a Abs. 1 BAO der Eintritt der Verjährung nicht entgegen. (Abs. 2) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt, wenn ein Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO vor Ablauf der Jahresfrist des § 302 Abs. 1 BAO oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinn des § 304 BAO eingebracht wurde. (Abs. 3) Sofern nicht Abs. 1 oder 2 anzuwenden ist, darf in einem an die Stelle eines früheren Bescheides tretenden Abgabenbescheid, soweit für einen Teil der festzusetzenden Abgabe bereits Verjährung eingetreten ist, vom früheren Bescheid nicht abgewichen werden.

Die Verjährung ist gemäß § 238 Abs. 3 lit. b BAO gehemmt, solange die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt ist.

Dem Einwand des Bw., dass bereits Einhebungsverjährung eingetreten wäre, da der Hemmungstatbestand des § 238 Abs. 3 lit. b BAO nicht gegeben wäre, weil der Ablauf der Aussetzung der Einhebung nicht gleichzeitig mit der Erledigung der Berufung verfügt worden wäre, kommt keine Berechtigung zu, da der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt klarstellte, dass der Gesetzesauftrag, anlässlich einer der in § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO genannten Erledigungen den Ablauf einer bewilligten Aussetzung der Einhebung zu verfügen, nicht dadurch erlischt, dass die Abgabenbehörde dieser Anordnung im zeitlichen Nahebereich der Erledigung des Berufungsverfahrens nicht nachkommt (). Bedarf doch der Ablauf der Aussetzung eines konstitutiven Aktes, zu dessen Setzung die Abgabenbehörde auch dann verpflichtet bleibt, wenn sie ihn nicht schon anlässlich der Berufungserledigung im Sinne der in § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO genannten Akte vorgenommen hatte ().

Die Folgen der verspäteten Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung hätte der Bw. auf dem Wege der in § 212a Abs. 8 BAO vorgesehenen Tilgung in einfacher Weise von sich abwenden können (). Die vom Bw. eingewendete Einhebungsverjährung stand zufolge deren Hemmung im Sinne des § 238 Abs. 3 lit. b BAO dem mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Ablauf der Aussetzung der Einhebung demnach nicht entgegen ().

Der Argumentation des Bw., dass es mangels rechtswirksamer Feststellungsbescheide (wie in der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom festgestellt) keiner Aussetzung der Einhebung und damit keiner Verfügung des Ablaufes und keiner Vorschreibung von Aussetzungszinsen bedürfe, bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide erfolgreich aufzuzeigen, weil es nicht darauf ankommt, ob ein Grundlagenbescheid wirksam ergangen ist, sondern allein darauf, dass eine Berufung und ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung von davon (mittelbar) abhängigen Abgaben, nämlich Einkommensteuern 1990 bis 1997, eingebracht wurden. Wie das Finanzamt richtig feststellte, wurde diesem Antrag auf Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom stattgegeben und die Einhebung der Einkommensteuern 1990 bis 1997 ausgesetzt, weshalb nach Erledigung der Berufung mit Berufungsentscheidung vom auch gemäß § 212a Abs. 5 lit. b BAO der Ablauf zu verfügen und gemäß § 212a Abs. 9 BAO Aussetzungszinsen vorzuschreiben waren.

Der Einwand des Bw., dass die Bemessungsverjährung zwar nicht bei Feststellungsbescheiden, hingegen aber schon bei davon abgeleiteten Bescheiden zu beachten wäre, hat für die gegenständlichen Berufungsverfahren keine Relevanz, weil bei den angefochtenen Bescheiden eine Ermessensentscheidung nicht in Betracht kommt, da § 212a Abs. 5 lit. b BAO ("Der Ablauf der Aussetzung der Einhebung ist zu verfügen.") sowie § 212a Abs. 9 BAO ("Aussetzungszinsen sind zu entrichten.") keine Kann-Bestimmungen darstellen.

Da der Spruch der angefochtenen Bescheide sich als richtig erwies, konnte auch keine Aufhebung der Bescheide nach § 299 Abs. 1 BAO erfolgen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 3 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at