Aufwendungen für Sprech-, Stimm- und Rhetoriktraining nach der Alexander-Technik sind keine Werbungskosten.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Dr. Bw., Wien, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, betreffend Einkommensteuer 2011 entschieden:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind der Berufungsvorentscheidung zu entnehmen, die insofern als Teil dieses Bescheidspruches gilt.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) Dr. Bw., bezog im Jahr 2011 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Universitätslehrer an der Technischen Universität Wien. Er machte für das Jahr 2011 neben Aufwendungen für Dienstreisen, Anschaffung eines Computers (40%) und Gebühren für mobiles Internet (40%) Aufwendungen für Fortbildung in Höhe von € 1.165,- als Werbungskosten geltend.
Das Finanzamt ersuchte den Bw. ua. bezüglich der beantragten Aufwendungen zur Fortbildung/Ausbildung/Umschulung um Nachreichung der Unterlagen (Kursbestätigung, Zahlungsnachweise, usw.) mit entsprechender Kostenaufstellung.
Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid 2011 und anerkannte jedoch nur den Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von € 132,00.
Begründend wurde ausgeführt, da trotz Aufforderung die noch benötigten Unterlagen nicht beigebracht wurden, konnten die geltend gemachten Aufwendungen nur insoweit berücksichtigt werden, als die Beweismittel vorlagen.
Gegen den Bescheid erhob der Bw. Berufung. Er erklärte seine Dienstreisen und die Kosten für den Computer und das Internet.
Weiters führte er zu den geltend gemachten Fortbildungskosten aus, dass seine Tätigkeit als Universitäts-Assistent der technischen Universität Wien das Abhalten von Lehrveranstaltungen im Ausmaß von durchschnittlichen 8 Semesterwochenstunden beinhalte. Um die Qualität dieser Lehrveranstaltungen aufrechtzuerhalten bzw. zu verbessern und seine Kenntnisse als Vortragender zu erweitern, besuche er regelmäßig ein spezielles Sprech-, Stimm- und Rhetorik-Training (Alexander-Technik) in dem er sich diesbezüglich fortbilde.
Als Beweismittel wurden Kassa-Eingangsbelege von insgesamt EUR 1.165,-, ausgestellt von Dr. XY vorgelegt, in denen bestätigt wurde, dass der Bw. für Coaching, Sprechtraining, Stimm- und Präsentations-Training, Stimm- und Sprech-Training im Jahr 2011 insgesamt den vorstehend Betrag bezahlt habe.
Das Finanzamt erließ eine Berufungsvorentscheidung, anerkannte jedoch nicht die Aufwendungen für das Sprechtraining als Werbungskosten.
Begründend wurde ausgeführt, dass Kurse für die Verbesserung kommunikativer Fähigkeiten auch bei Uni-Vortragenden nicht als Berufsfortbildung betrachtet und Aufwendungen in diesem Zusammenhang somit nicht als Werbungskosten abgesetzt werden können. Auch wenn die Kurse betreffend "Sprech-. Stimm- und Rhetorik-Training", deren Sinn in der Förderung der Kommunikationsmöglichkeiten bestehen, geeignet seien, die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern, stellten sie keine berufsspezifische Fortbildung dar. Für diese Beurteilung spricht zunächst der Umstand, dass die Kurse von Angehörigen verschiedenster Berufsgruppen besucht werden, woraus abgeleitet werden könne, dass das in den Kursen vermittelte Wissen von sehr allgemeiner Art sei. Die beantragten Kosten in Höhe von € 1.165,- konnten daher steuerlich nicht anerkannt werden.
Der Bw. stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Begründend führte er aus, dass in der Berufungsvorentscheidung zwar festgestellt worden sei, dass ein solcher Kurs zwar geeignet sei "die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern", der Umstand, dass ein solcher Kurs jedoch von "Angehörigen der verschiedenster Berufsgruppen besucht werden kann" jedoch der Anerkennung der beantragten Kosten von EUR 1.165,00 als Werbungskosten entgegenstünde. Durch das beigelegte Schreiben der Kursleiterin Dr. XY gehe jedoch hervor, dass der von ihm besuchte Kurs keineswegs "verschiedenste Berufsgruppen" offenstehe, sondern vielmehr ausschließlich auf die Bedürfnisse der beruflichen Vortragstätigkeit ausgelegt sei.
Die Bestätigung von Dr. XY vom lautet: "Herr Dr. X hat im Jahr 2011 an Coachings und Trainings, welche nach der Alexander-Technik durchgeführt wurden, teilgenommen. Schwerpunkt dieser Trainings war speziell die Verbesserung der Sprech- und Stimmtechnik von Herrn Dr. X, wobei die Tätigkeit von Herrn Dr. X als Universitätslehrer wesentlich für Auswahl und Gestaltung der vermittelten Techniken und Fähigkeiten war. Ziel und Inhalt der von Herrn Dr. X besuchten Trainings bestand daher in der Verbesserung von Kenntnissen und Fähigkeiten im Zusammenhang mit seiner beruflichen Vortragstätigkeit an der TU Wien. Die Trainingseinheiten waren gemäß Herrn Dr. Xs Bedarf auf die Bedürfnisse, wie sie einem beruflichen Vortragenden entstehen, ausgelegt und sind daher nicht auf jemand anderen übertragbar."
Auf der homepage von Dr. XY fand der unabhängige Finanzsenat zur Alexandermethode ua. folgende Ausführungen:
" F.M.ALEXANDER-TECHNIK
Der Umgang mit uns selbst
Die Art und Weise wie wir mit uns selbst umgehen, wie wir uns bewegen und reagieren, hat einen entscheidenden Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden. So lautet die These von F.M.Alexander. Ein Spiegel dieses "Umganges mit uns selbst" sind die Koordinationsmuster, die allen Bewegungen zu Grunde liegen. Darin, diese Muster zu erkennen, sie wo nötig zu korrigieren und zu erleben, wie das unser Leben zum Positiven verändert, besteht der Reiz der Alexander-Technik.
DER ALEXANDER UNTERRICHT
Eingefahrene Gewohnheiten sein lassen
Alexander LehrerInnen führen Sie mit ihren Händen und Worten durch einfache, alltägliche Bewegungsabläufe. Dabei lernen Sie ihre Reaktions- und Bewegungsmuster kennen und machen die angenehme Erfahrung, wie leicht Sie sich fühlen, wenn sie eingefahrene Gewohnheiten sein lassen und sich das Zusammenspiel zwischen Körper und Geist verbessert.
Schritt für Schritt
Schritt für Schritt werden Sie mit den grundlegenden Prinzipien der Arbeit vertraut, bis sie in der Lage sind, diese für sich selbst anzuwenden.
Wie viele Stunden
Wie viele Stunden Sie nehmen, wird von Ihrer individuellen Situation und von Ihrem Ziel abhängen. Das Erlernen der Technik beinhaltet das Umlernen langjähriger Gewohnheiten, daher ist der Fortschritt auch von Ihrer aktiven Teilnahme abhängig. Für die meisten Leute gibt ein Kurs von 20-30 Stunden eine gute Basis.
FÜR WEN GEEIGNET
Warum Alexander-Technik?
Die Technik nützt:
Menschen mit Haltungsproblemen im weitesten Sinne, wie zum Beispiel: Rückenschmerzen, Nacken- und Schulterverspannungen, Muskel- und Gelenkschmerzen und Atemproblemen. Sie können damit ihre Beschwerden erleichtern oder vermeiden.
Sie kann die Rehabilitation nach Operationen und Verletzungen oder Krankheiten fördern und den Umgang mit Stress erleichtern.
Darstellende KünstlerInnen machen die Erfahrung, dass die Alexander-Technik ihnen hilft, ihre künstlerische Ausdruckskraft zu entfalten und mit Lampenfieber besser umzugehen.
Sportbegeisterte und AthletInnen können mit Hilfe der Alexander-Technik ihre Flexibilität und Effizienz steigern und Unfälle vermeiden.
Die Technik kann Menschen aller Altersklassen eine neue Dimension von Wohlbefinden und Kreativität geben.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Der Bw. ist Assistent auf der Technischen Universität in Wien. Seine Tätigkeit beinhaltet ua. das Abhalten von Lehrveranstaltungen.
Im Jahr 2011 besuchte er ein Sprech-, Stimm-, und Rhetorik-Training nach der "Alexander-Technik". Die Kosten für dieses Training machte er als Werbungskosten geltend.
Strittig ist, ob die Aufwendungen für das Training Werbungskosten oder nichtabzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung sind.
Die Rechtsgrundlagen stellen sich wie folgt dar:
§ 20 Abs. 1 EStG 1988 lautet: Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988: Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Die Z 2 lit a betrifft somit als wesentliche Aussage ein Abzugsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen. Es soll vermieden werden, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufs eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann. Eine Regelung derzufolge Aufwendungen der Lebensführung nur bei jenen Steuerpflichtigen berücksichtigt werden könnten, bei denen die Möglichkeit einer Veranlassung durch die Einkünfteerzielung gegeben ist, würde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen (). Bei Aufwendungen, die auch in den Kreis der privaten Lebensführung fallen, muss danach ein strenger Maßstab angelegt werden ().
Nach der Rechtsprechung ergibt sich daraus aus Gründen der Steuergerechtigkeit ein Aufteilungsverbot. Gemischte Aufwendungen, d.h. Aufwendungen mit einer privaten und einer beruflichen Veranlassung sind nicht abzugsfähig (). Soweit sich Aufwendungen nicht eindeutig trennen lassen (BFH vom , IV R 39/96, BStBl II 97, 357) ist der gesamte Betrag nicht abzugsfähig (vgl. UFS RV/2421-W/09 v. ).
Auch - wie bereits vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung dargelegt- sind die Kurse betreffend "Sprech-. Stimm- und Rhetorik-Training", zwar geeignet, die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern, stellen jedoch keine berufsspezifische Fortbildung dar.
In den Ausführungen auf der homepage von Dr. XY betreffend die Ausführungen für wen die Alexander-Technik geeignet sei und wem sie nützte, werden Menschen mit Haltungsproblemen, Menschen nach Operationen (Rehabilitation), Künstler zur Verbesserung der Ausdruckkraft, Sportbegeisterte und Menschen aller Altersklassen, um ihnen eine neue Dimension von Wohlbefinden und Kreativität zu geben, angeführt. Es handelt sich hiebei um Kurse (Trainings), die allen Menschen offen stehen, die sich für die Möglichkeit einer geistig-körperlichen Entwicklung interessieren.
Auch wenn die gegenständlichen Kurse - wie von Dr. XY bestätigt - auf den Bw. als Vortragenden auf der Universität ausgelegt sind, dient die Methode, wie aus den Ausführungen zur Alexander-Technik entnommen werden kann, vorallem der Verbesserung der gesundheitlichen Konstitution, dem allgemeinen körperlichen Wohlbefinden.
Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates dient die Methode der persönlichen Lebensgestaltung.
Die Aufwendungen für das Training nach der Alexander-Methode waren daher nicht als Werbungskosten anzuerkennen. Die Einkommensteuer war im Ausmaß der Berufungsvorentscheidung festzusetzen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 20 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at