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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 29.06.2007, RV/1451-W/07

Die Frist zur Einbringung einer Berufung (eines Vorlageantrages) endet spätestens an dem Tag, bis zu dem die Verlängerung der Frist beantragt wurde

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., W, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Zurückweisung eines Vorlageantrages entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Strittig ist im vorliegenden Fall ausschließlich, ob die Berufungswerberin (Bw.) einen Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht hat.

Die Bw. machte in ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2005 Werbungskosten (Sprachkurs, Fortbildungs- bzw. Ausbildungskosten, Literatur, Telefonkosten) geltend.

Das Finanzamt ersuchte die Bw. am um Vorlage einer genauen Aufstellung sowie von Zahlungsbelegen über die von ihr geltend gemachten Werbungskosten.

Die Bw. übermittelte daraufhin mit Schreiben vom eine Aufstellung ihrer Werbungskosten in tabellarischer Form sowie Belege in Kopie.

Mit Ergänzungsauftrag vom ersuchte das Finanzamt die Bw. um Vorlage einer genauen Tätigkeitsbeschreibung sowie um eine Bestätigung des Dienstgebers, wie die von ihr geltend gemachten Werbungskosten in Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit stehen.

Mit Schreiben vom übermittelte die Bw. verschiedene Unterlagen betreffend die von ihr geltend gemachten Kosten für ein "Outdoor-Seminar".

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2005, mit dem es nur die geltend gemachten Telefonkosten teilweise anerkannte.

Die Bw. erhob mit Schreiben vom gegen den Bescheid fristgerecht Berufung, ohne diese aber näher zu begründen und die beantragten Änderungen anzuführen.

In Entsprechung des vom Finanzamt erlassenen Mängelbehebungsauftrages beantragte die Bw., die Kosten für die Ausbildung zum Outdoortrainer und den Sprachkurs anzuerkennen.

Das Finanzamt erließ am eine hinsichtlich der Kosten für den Sprachkurs teilweise stattgegebende Berufungsvorentscheidung.

Am ersuchte die Bw. das Finanzamt um "Fristverlängerung der Berufungsfrist gegen die Bescheidbegründung gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 16. Oktober, zugestellt am für ein Monat bis zum ".

Am langte beim Finanzamt eine mit datierte und am selben Tag zur Post gegebene "Berufung" der Bw. ein, die das Finanzamt als Vorlageantrag wertete.

Das Finanzamt wies mit Bescheid vom den Vorlageantrag mit folgender Begründung zurück:

"Die Zurückweisung erfolgte, weil die Berufung nicht fristgerecht eingebracht wurde: Mit langte (rechtzeitig) ein Fristverlängerungsansuchen bis zum ein. Die nunmehr als Vorlageantrag zu wertende Berufung gilt jedoch erst mit als eingebracht (ausschlaggebend ist das Postaufgabedatum)."

Die Bw. erhob mit Schreiben vom "Berufung gegen den Bescheid für 2005 vom " und führte dazu Folgendes aus:

"...Mit habe ich einen Fristverlängerungsantrag gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 vom eingebracht. Bis zum heutigen Tag habe ich keinen Bescheid über mein Fristverlängerungsansuchen erhalten. In der Bescheidbegründung vom wurde auf die nicht fristgerechte Einreichung der Berufung hingewiesen.

Gemäß § 245 (2) BAO wird durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung der Lauf der Berufungsfrist gehemmt.

Gemäß § 245 (3) BAO kann die Berufungsfrist aus berücksichtigungswürdigen Gründen verlängert werden. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Berufungsfrist gehemmt.

Gemäß § 245 (4) BAO beginnt die Hemmung des Fristenlaufes mit dem Tag der Einbringung des Antrages und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung oder die Entscheidung über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird.

Auf den Fristverlängerungsantrag vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 vom ist bis zum heutigen Tag keine Mitteilung ergangen. Somit ist die Hemmung des Fristenlaufes gemäß § 245 BAO gegeben.

Ich beantrage meine Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 vom als fristgerecht eingebracht anzuerkennen."

Das Finanzamt erließ am eine abweisende Berufungsvorentscheidung:

"Berufungen sind fristgerecht, wenn sie spätestens am letzten Tag der Berufungsfrist eingebracht werden. § 108 (4) BAO (Bundesabgabenordnung) ist anwendbar, daher reicht zur Fristwahrung, wenn die Postaufgabe am letzten Tag der Rechtsmittelfrist erfolgt.

Gemäß § 245 Abs 1 BAO beträgt die Berufungsfrist einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Berufungsfrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt.

Im konkreten Fall enthielt die Berufungsvorentscheidung (kurz: BVE) 2005 vom eine derartige Ankündigung, dass eine (zusätzliche) Begründung gesondert ergeht. Diese zusätzliche Bescheidbegründung erging unbestritten (lt. Fristverlängerungsansuchen vom ) mit . Dieses Datum ist also für den Beginn des Laufes der Berufungsfrist maßgeblich.

Gemäß § 245 Abs 2 BAO wird durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung der Lauf der Berufungsfrist gehemmt.

Diese Bestimmung ist im gegenständlichen Fall nicht anwendbar, da wie oben ausgeführt die Begründung ja nicht ausständig ist (siehe oben). Im Vorlageantrag vom (eingebracht am ) wird lediglich behauptet, dass der Bescheid vom (BVE) eine "sachlich falsche" Begründung enthält. Damit ist klargestellt, dass dem Bescheid die Begründung nicht fehlt. Die ob genannte Bestimmung kann daher nicht angewandt werden.

Gemäß § 245 Abs 3 BAO kann die Berufungsfrist aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Berufungsfrist gehemmt. Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt gern Abs 4 mit dem Tag der Einbringung des Antrages (Abs. 2 oder 3) und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (Abs. 2) oder die Entscheidung (Abs. 3) über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird.

Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Ablauf der Berufungsfrist gehemmt, wobei nach der Bestimmung des § 245 Abs. 4 erster Satz BAO (s.o.) die Hemmung des Fristenlaufs mit dem Tage der Einbringung des Antrages beginnt. Die Hemmung beginnt also unabhängig davon, ob über den Antrag "abgesprochen" wird oder nicht. Nur die Ablehnung eines Antrages auf Verlängerung einer Frist würde eine verfahrensleitende Verfügung - und damit einen Bescheid - darstellen (vgl. BAO Kommentar Ritz 3 2005, § 94 Rz 2-7). Eine bescheidmäßige Erledigung über die Stattgabe eines Fristverlängerungsansuchens ist also im Umkehrschluss nicht vorgesehen. Unterbleibt eine positive Erledigung in Form einer "Entscheidung" oder Mitteilung (kein Bescheid!), so ist von einer "Stattgabe" des Ansuchens auszugehen.

Was die "Einbringung einer Eingabe" bei der Abgabenbehörde anlangt, so wird nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Zl. 1711, 1712/64) die Auffassung vertreten, dass diese nur dann als eingebracht anzusehen ist, wenn sie der Behörde wirklich ausgehändigt worden ist. Das Fristverlängerungsansuchen vom ist im konkreten Fall am (rechtzeitig) beim Finanzamt eingelangt. Die Hemmung des Fristenlaufes begann nach der obigen Bestimmung mit diesem Datum. Zu dieser Fristverlängerung erging keine Erledigung, was tatsächlich und rechtlich bedeutet, dass die Fristverlängerung (stillschweigend) gewährt wurde.

Gemäß § 245 Abs 4 letzter Satz BAO kann in den Fällen des Abs. 3 jedoch die Hemmung nicht dazu führen, daß die Berufungsfrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft.

Mit dem Fristverlängerungsansuchen vom wurde eine Verlängerung bis zum ersucht. Maßgebliches letztmögliches Datum für die Einreichung einer Berufung (bzw. eines Vorlageantrages) oder eines weiteren Fristverlängerungsansuchens wäre somit der gewesen. Die Berufung (Vorlageantrag) vom wurde jedoch erst mit Postaufgabedatum beim Finanzamt eingebracht. Der Zeitpunkt, bis zu dem die Verlängerung beantragt wurde (d.i. der ), wurde also überschritten.

Die Berufungsausführungen gehen daher in jedem angeführten Punkt ins Leere.

Nach Ablauf der Berufungsfrist eingebrachte Berufungen sind gem. § 273 (1) BAO lit b als verspätet zurückzuweisen. Die Berufung (bzw. der Vorlageantrag) vom war in concreto zu Recht zurückzuweisen."

Die Bw. erhob mit Schreiben vom "Berufung gegen Berufungsvorentscheidung betreffend die Berufung vom 6. Feber 2007" und brachte ergänzend zu ihrem Schreiben vom noch Folgendes vor:

"In der Berufungsvorentscheidung vom wird angeführt, dass für die Stattgabe eines Fristverlängerungsansuchens keine Entscheidung oder Mitteilung oder Bescheid seitens der Finanzbehörde erfolgen muss. Gemäß § 273 Abs 1 hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen. Mit erging der Bescheid, dass das Fristverlängerungsansuchen vom nicht fristgerecht eingebracht wurde. Der betreffende Bescheid wurde jedoch erst mit von der Abgabenbehörde ausgestellt. Die Berufung wurde mit 15. Dezember fristgerecht eingebracht."

Über die Berufung wurde erwogen:

Sachverhaltsmäßig steht fest, dass die Bw. um Verlängerung der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages bis ersucht, den Vorlageantrag aber erst am zur Post gegeben hat.

Dies wird von der Bw. nicht bestritten; sie vermeint allerdings, dass die beantragte Frist deshalb nicht bereits am abgelaufen ist, weil das Finanzamt über das Fristverlängerungsansuchen nicht bescheidmäßig abgesprochen hat.

Betreffend der gesetzlichen Bestimmungen wird zunächst auf die ausführliche Begründung des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung vom verwiesen. Insbesondere sei nochmals die Bestimmung des § 245 Abs. 4 letzter Satz BAO (iVm § 273 Abs. 4 BAO) angeführt, derzufolge die Berufungs-(Vorlage-)frist nicht später als an dem Tag ablaufen kann, bis zu dem die Verlängerung der Frist beantragt wurde. Mit anderen Worten: Erlässt das Finanzamt keinen über das Verlängerungsansuchen absprechenden Bescheid, so endet die Frist zum beantragten Zeitpunkt.

Da somit der Vorlageantrag nicht fristgerecht eingebracht wurde, ist der Zurückzuweisungsbescheid gemäß § 273 Abs.1 lit. b iVm § 276 Abs. 4 BAO zu Recht erlassen worden.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass ein Konnex der geltend gemachten Kosten für das "Outdoor-Seminar" zu der nichtselbständigen Tätigkeit der Bw. als Versicherungsangestellte, wie dies von ihr behauptet wird, ganz offensichtlich nicht besteht, weshalb ein Abzug als Werbungskosten aus diesem Titel auch bei fristgerechter Einbringung des Vorlageantrages nicht möglich gewesen wäre. Dass sich die Bw. durch Besuch des Seminars eine eigenständige Einkunftsquelle geschaffen hätte, hat sie nicht vorgebracht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 245 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Fristverlängerungsansuchen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at