zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Strafsachen (Senat), UFSI vom 29.05.2008, FSRV/0014-I/06

Verheimlichte Bezüge einer wesentlich beteiligten Geschäftsführerin.

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
FSRV/0014-I/06-RS1
Wird gegen eine wesentlich beteiligte Geschäftsführerin einer GmbH, welche ihre Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit darstellenden Bezüge gegenüber dem Fiskus mit der Absicht einer Abgabenvermeidung im Höchstausmaß verheimlicht hat, das Finanzstrafverfahren wegen schuldhafter Verkürzung von Einkommensteuern in der Annahme, die Bezüge wären verdeckte Gewinnausschüttungen gewesen, eingestellt und in der Folge ein neues Verfahren gegen sie – zu Unrecht – wegen des Vorwurfes schuldhaft verkürzter Körperschaft- und Kapitalertragsteuer begonnen, ist es dem Berufungssenat infolge der Einengung bzw. Präzisierung des ursprünglichen Tatvorwurfes und der res iudicata in Bezug auf die Einkommensteuerverkürzung verwehrt, den ursprünglichen (zutreffenden) Vorwurf verkürzter Einkommensteuern gegen die Beschuldigte neuerlich zu erheben.

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer Finanzstrafsenat Innsbruck 1 als Organ des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Richard Tannert, das sonstige hauptberufliche Mitglied OR Mag. Peter Maurer sowie die Laienbeisitzer Mag. Sybille Regensberger und Mag. Thomas Karner als weitere Mitglieder des Senates in der Finanzstrafsache gegen HM, vertreten durch die Wirtschaftstreuhand Kufstein Steuerberatungs GmbH, wegen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Berufung der Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates II beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Kufstein Schwaz als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 083/2004/00000-001, nach der am in Anwesenheit des Verteidigers R für die Wirtschaftstreuhand Kufstein Steuerberatungs GmbH, der Amtsbeauftragten Mag. Anita Grauß-Auer, sowie der Schriftführerin Angelika Ganser, jedoch in Abwesenheit der Beschuldigten durchgeführten mündlichen Verhandlung

zu Recht erkannt:

Der Berufung der Beschuldigten wird Folge gegeben und die bekämpfte Entscheidung des Spruchsenates vom dahingehend abgeändert, dass sie zu lauten hat:

Das gegen HM unter der StrNr. 083/2004/00000-001 beim Finanzamt Kufstein Schwaz anhängige Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes, sie habe im Amtsbereich des genannten Finanzamtes vorsätzlich [ergänze: als Geschäftsführerin, sohin als Wahrnehmende der steuerlichen Interessen der M-GmbH] unter Verletzung ihrer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1999 eine Verkürzung von Körperschaftssteuer und Kapitalertragsteuer in Höhe von insgesamt € 49.057,36 bewirkt [ergänze: , indem sie sich einen Geschäftsführergehalt von ATS 1,621.000,-- auszahlen habe lassen, welcher - einem Fremdvergleich nicht standhaltend - als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren wäre, dies jedoch gegenüber dem Fiskus nicht angezeigt bzw. offengelegt habe,] und hiedurch (eine) Abgabenhinterziehung(en) nach § 33 Abs.1 FinStrG begangen, wird gemäß §§ 136, 157 FinStrG eingestellt.

Entscheidungsgründe

Laut den vorgelegten Akten (Veranlagungsakt des Finanzamtes Kufstein Schwaz betreffend die M-GmbH, StNr. 080/1429, Arbeitsbogen betreffend die genannte GmbH, ABNr. 101090/00, Finanzstrafakt des Finanzamtes Kufstein Schwaz betreffend die Beschuldigte, StrNrn. 083/2001/00000-001 bzw. 083/2004/00000-001, Buchungsabfragen betreffend die Abgabenkonten der Beschuldigten, StNr. 083/000/3134, und der M-GmbH vom ) war die 1924 geborene Beschuldigte HM Geschäftsführerin der 1988 gegründeten Firma M-GmbH mit Sitz in K. Dabei war HM neben ihrem Ehegatten mit 20 % an der Gesellschaft beteiligt.

Bis 1991 hat diese Gesellschaft einen Einzelhandel mit Textilien betrieben.

Ab 1993 wurde das betriebliche unbewegliche Vermögen gegen einen monatlichen Pachtzins von ATS 100.000,-- an die Firma F verpachtet.

Bis hat die Beschuldigte als Geschäftsführerin der M-GmbH ein monatliches Gehalt von ATS 50.000,-- bezogen.

Nachdem die M-GmbH 1991 ihre operative Tätigkeit eingestellt hat und nur noch eine gewerbliche Vermietung vorhanden war, wurde der Bezug auf Anraten des Steuerberaters auf ATS 14.500,-- monatlich reduziert.

Bei Schließung des Unternehmens bestanden Liquiditätsprobleme aufgrund fälliger Abfertigungsansprüche von Dienstnehmern, sodass dieser Gehalt zunächst nicht an die Beschuldigte ausbezahlt, sondern rückgestellt wurde.

Nach dem Ableben ihres Ehegatten am ergab sich letztendlich eine Beteiligung der HM an der M-GmbH im Ausmaß von 60 %.

Erst ab 1995 erfolgten Auszahlungen an die Beschuldigte, und zwar in folgendem Ausmaß:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1995
ATS 200.000,--
1996
ATS 451.000,--
1997
ATS 447.000,--
1998
ATS 174.000,--
1999
ATS 349.000,--

In der Einkommensteuererklärungen der Beschuldigten wurden diese Bezüge nicht offen gelegt; es wurde vielmehr jeweils der Vermerk angebracht: "Leermeldung, es sind keine Gesellschafterbezüge zugeflossen."

Die Einkommensteuer für 1995 wurde am mit ATS 0,-- verbucht.

Die Einkommensteuer für 1996 wurde am mit ATS 0,-- verbucht.

Die Einkommensteuer für 1997 wurde am mit ATS 0,-- verbucht.

Hinsichtlich der Einkommensteuer 1998 und 1999 erfolgte keine Buchung.

Anlässlich der zu ABNr. 101090/00 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Prüfer die Verheimlichung der Geschäftsführerbezüge gegenüber dem Fiskus fest und qualifizierte diese als verdeckte Gewinnausschüttungen. Der als Betriebsaufwand verbuchte "Lohnaufwand" wurde vom Prüfer nicht als betriebsbedingter Aufwand anerkannt.

Mit Bescheid vom , StrNr. 083/2001/00000-001, leitete das Finanzamt Kufstein Schwaz als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen HM das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestanden habe, sie habe im Wirkungsbereich des Finanzamtes Kufstein Schwaz vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1999 eine Verkürzung an Einkommensteuer in einer Gesamthöhe von ATS 655.224,--, umgerechnet € 47.616,99 (1995: ATS 73.580,-- + 1996: ATS 179.966,-- + 1997: ATS 186.958,-- + 1998: ATS 68.656,-- + 1999: ATS 146.064,--) bewirkt und hiemit eine Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, für die Beschuldigte als Gesellschafterin der M-GmbH sei betreffend 1993 bis 1999 ein Lohnaufwand rückgestellt worden. Ab 1995 sei dieser Lohn ausbezahlt worden, wobei sie 1995 bis 1999 Lohn in Höhe von insgesamt ATS 1,621.000,-- erhalte habe. Eine Versteuerung des ausgezahlten Lohnes sei bei der Beschuldigten nicht erfolgt. Sie habe hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen.

In der (undatierten) Stellungnahme an den Spruchsenat gemäß § 124 Abs.2 FinStrG hat die Amtsbeauftragte der Beschuldigten vorgeworfen, den dargestellte Sachverhalt lediglich fahrlässig verwirklicht und damit (ein) Finanzvergehen nach § 34 Abs.1 FinStrG begangen zu haben.

Mit Erkenntnis vom hat der "Spruchsenat II beim Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde I. Instanz" [vermutlich unzuständig als Organ des Finanzamtes Innsbruck, siehe das Verhandlungsprotokoll vom : Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Spruchsenat des Finanzamtes Innsbruck] das Strafverfahrens gegen HM wegen des Vorwurfs, die Beschuldigte habe im Wirkungsbereich des Finanzamtes Kufstein Schwaz fortgesetzt fahrlässig unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1999 eine Abgabenverkürzung an Einkommensteuer von [umgerechnet] € 47.616,99 bewirkt und dadurch das Vergehen der fahrlässigen Abgabenhinterziehung [gemeint wohl: der fahrlässigen Abgabenverkürzung] nach § 34 Abs.1 FinStrG begangen, gemäß § 136 FinStrG eingestellt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschuldigte fortgesetzt fahrlässig unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1999 eine Abgabenverkürzung an Einkommensteuer von € 47.616,99 [ATS 655.224,--] bewirkt habe. Hinsichtlich der jährlichen Zahlungen von ATS 175.000,-- an die Beschuldigte im Zeitraum 1995 bis 1999 habe sich vorab dargestellt, dass es sich nicht um Gehälter, sondern um verdeckte Gewinnausschüttungen gehandelt habe. Nachdem eine Betriebsprüfung tatsächlich nicht eine Abgabenpflicht zu begründen vermag, andererseits aber das Entstehen einer Abgabenschuld und damit das Bewirken einer Abgabenverkürzung notwendiger Bestandteil des objektiven Tatbestandes einer Abgabenhinterziehung [gemeint wohl: einer Abgabenverkürzung] nach § 34 FinStrG sei, wäre das Verfahren einzustellen gewesen.

Dieses Erkenntnis des Spruchsenates ist rechtskräftig geworden.

In der Folge erging am zu StrNr. 083/2004/00000-001 gegen HM erneut (!) ein Einleitungsbescheid, in dem das Finanzamt Kufstein Schwaz als Finanzstrafbehörde erster Instanz der Beschuldigten nunmehr vorgeworfen hat, sie habe im Wirkungsbereich des Finanzamtes Kufstein Schwaz als Verantwortliche und Geschäftsführerin der M-GmbH vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht hinsichtlich der Jahre 1993 bis 1999 eine Verkürzung an Kapitalertragsteuer in einer Gesamthöhe von ATS 381.250,--, umgerechnet € 27.706,52 (1995: ATS 44.000,-- + 1996: ATS 99.220,-- + 1997: ATS 107.280,-- + 1998: ATS 43.500,-- + 1999: ATS 87.250,--) und eine Verkürzung an Körperschaftsteuer in einer Gesamthöhe von ATS 395.320,--, umgerechnet € 28.729,02 (1995: ATS 59.500,-- + 1996: ATS 119.000,-- + 1997: ATS 59.140,-- + 1998: ATS 59.160,-- + 1999: ATS 59.160,--) bewirkt und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs.1 FinStrG begangen.

Die Bescheidbegründung war gleichlautend mit jener des Einleitungsbescheides vom zu StrNr. 083/2001/00000-001.

Das Finanzamt unterließ es jedoch, ein gegen den Steuerberater R wegen eben dieses Vorwurfes zu StrNr. 083/2004/00000-001 eingeleitetes Finanzstrafverfahren zu verhandeln; vielmehr wurde dieses gegen den Steuerberater gerichtete Verfahren offenbar vor Vorlage der Akten an den Berufungssenat eingestellt.

In seiner Rechtfertigung gab R am vor dem Finanzamt Kufstein Schwaz an, eine langjährige und sehr zuverlässige Mitarbeiterin seiner Kanzlei, Frau O, habe sowohl die M-GmbH als auch die Beschuldigte betreut. O müsse offensichtlich übersehen haben, dass ab 1995 Gehälter zugeflossen sind und in weiterer Folge diese zu versteuern gewesen wären. Er habe darauf vertraut, dass die Angaben seiner Mitarbeiterin richtig sind. Er habe erst später erfahren, dass Frau O in den vorzeitigen Ruhestand aus psychischen Gründen getreten sei. Sie sei an Krebs erkrankt und geheilt worden, jedoch seien psychische Probleme dazugekommen und in der Pension sei ein weiterer Rückfall eingetreten. O sei zwischenzeitlich verstorben. Es könne sein, dass Frau O bei der Bearbeitung der Einkommensteuer und der Bilanz aufgrund ihres Krankheitsbildes bereits etwas unkonzentriert gewesen sei. R habe gewusst, dass Frau O krank gewesen sei, aber es seien keine Mängel festgestellt worden. Auch von der Mitarbeiterin seien keine Rückmeldungen gekommen, dass sie eventuell nicht in der Lage sei, ihre Arbeit zu verrichten (Finanzstrafakt betreffend HM, Bl. 4 ff).

Hätte die Finanzstrafbehörde erster Instanz in Anbetracht der vorliegenden Verdachtslage gegen die Geschäftsführerin der M-GmbH und den Steuerberater R im verbundenen Verfahren den offenbar tatsächlich gehegten - und grob umrissenen - Verdacht erhoben, diese hätten mit dem Tatplan, eine Steuervermeidung im Höchstausmaß zu bewirken, die Entscheidung getroffen, die der Beschuldigten unter dem Titel eines Geschäftsführergehaltes in den Jahren 1993 bis 1999 von der M-GmbH als Verbindlichkeit aufgebauten und ab 1995 ausbezahlten Bezüge in einer Gesamthöhe von ATS 1,621.000,-- gegenüber dem Fiskus zu verheimlichen wollen, weshalb sie fortgesetzt und planmäßig unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht betreffend die Jahre 1993 bis 1999 Einkommensteuern in noch festzustellender Höhe und - weil die Zahlung eines Gehaltes in der verfahrengegenständlichen Höhe als unangemessen und damit insoweit als verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafterin HM bewertet wurde - hinsichtlich der M-GmbH Körperschaft- und Kapitalertragsteuern in noch festzustellender Höhe absichtlich verkürzt und hiedurch (zumindest teilweise) gewerbsmäßige Abgabenhinterziehungen nach §§ 33 Abs.1 iVm 38 Abs.1 lit.a FinStrG begangen hätten, und hätte der Amtsbeauftragte diese verbundene Finanzstrafsache mit einer ausreichenden Darlegung des Sachverhaltes unter Einschluss seiner abgabenrechtlichen Implikationen dem Spruchsenat - allenfalls nach Beschlagnahme der diesbezüglichen finanzstrafrechtlichen Kanzleiakten des R bzw. der Steuerberatungskanzlei und Verifizierung der Behauptungen des R dem Spruchsenat vorgelegt, wäre es dem Erstsenat leichter möglich gewesen, die an sich gegenständliche Finanzstrafsache in ihrer Gesamtheit zu erfassen, ohne sich in Einzelheiten zu verlieren, und gegebenenfalls nach weiteren Beweisaufnahmen den Tatvorwurf gegen die Beschuldigten HM und R zu präzisieren bzw. allenfalls das Verfahren in Hinblick auf den Tatvorwurf in seiner Gesamtheit gänzlich oder teilweise einzustellen. Allenfalls wäre dann auch einer Präzisierung des Tatvorwurfes im Rechtsmittelwege - von allfälligen Verjährungen abgesehen - nichts im Wege gestanden.

Möglicherweise hätte die Amtsbeauftragte den verfahrensmäßigen Fehlgang noch mittels Berufung gegen das Spruchsenatserkenntnis vom abwenden können; eine solche wurde aber - siehe oben - nicht erhoben.

Das genannte sohin rechtskräftig gewordene Erkenntnis bindet die Finanzstrafbehörden im weiteren Verfahren. Es trifft auch eine bindende Aussage, in welcher Form sich der Vorwurf gegenüber HM konkretisiert, nämlich - ohne ausreichende inhaltliche Verbindung - in den Aspekt einer Hinterziehung an Einkommensteuer durch die abgabepflichtige HM und in denjenigen einer Hinterziehung an Kapitalertrag- und Körperschaftsteuern durch die HM offenbar als Wahrnehmende der steuerlichen Interessen der HM.

Nach erfolgter Ladung zur beabsichtigten mündlichen Verhandlung des Spruchsenates im zweiten Finanzstrafverfahren gegen HM zu StrNr. 083/2004/00000-001 erging eine - beim Landegericht Innsbruck am einlangende - Stellungnahme der Verteidigerin folgenden Inhaltes (genannter Finanzstrafakt, Bl. 31 ff):

"Finanzstrafverfahren gegen HM, {Anschrift der Beschuldigten}

Stellungnahme der Verteidigung zum Vorwurf der vorsätzlichen Abgabenverkürzung gern. § 33 Abs. 1 FinStrG:

Objektive Tatseite:

Frau HM war seit der Gründung der M-GmbH im Jahr 1998 {vermutlich: 1988} handels- und gewerberechtliche Geschäftsführerin der Gesellschaft. Für diese Tätigkeit bezog sie ein monatliches Entgelt von ATS 50.000,00, somit ATS 600.000,00 jährlich. Dieses Entgelt erschien angesichts des erheblichen Geschäftsumfanges mit 2 Betriebsstätten und einem Gesamtumsatz von ca. ATS 17,000,000,00 als durchaus angemessen.

Am wurde zunächst das Damen- und Herrenmodegeschäft im betriebseigenen Geschäftsgebäude am {Ort des Gebäudes} in K um einen monatlichen Pachtzins von ATS 100.000,00 verpachtet, am wurde schließlich auch das in einem angemieteten Geschäftslokal betriebene Kindermodengeschäft geschlossen.

Da das operative Geschäft damit zur Gänze weggefallen war und sich die Belastung der Geschäftsführerin dadurch stark verringert hatte, wurde das Geschäftsführergehalt ab von monatlich ATS 50.000,00 auf monatlich ATS 14.500,00 reduziert.

Im Zuge einer im Jahr 2001 durchgeführten Betriebsprüfung wurde dieses Geschäftsführergehalt für die Jahre 1993 - 1999 nicht als Aufwand anerkannt und somit als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt.

Auf Grund dieses Prüfungsergebnisses wurde am gegen Frau HM in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der M-GmbH ein Finanzstrafverfahren gern. § 33 Abs. 1 FinStrG wegen vorsätzlicher Verkürzung von Körperschaft- und Kapitalertragsteuer betreffend die Jahre 1993 - 1999 mit einem strafbestimmenden Wertbetrag von € 56.435,54 eingeleitet. In weiterer Folge wurde das Verfahren auf die Jahre 1995 - 1999 eingeschränkt und der strafbestimmende Wertbetrag auf € 49.057,36 reduziert.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass im Zuge der Betriebsprüfung zwar die Zahlungen an Frau Mayr nicht als Betriebsausgaben anerkannt und somit der Körperschaft- und Kapitalertragsteuer unterworfen wurden, dieser Umstand jedoch keine Bindungswirkung gegenüber der Finanzstrafbehörde besitzt und diese nicht von der eigenen Ermittlungspflicht gemäß § 115 FinStrG befreit ( Zl. 16/1055/79, Zl. 89/13/0204, Zl. 93/16/0193, Zl. 97/16/0083).

Die Finanzstrafbehörde hat daher in einem eigenen Ermittlungsverfahren festzustellen, ob das seit dem ausbezahlte Geschäftsführerentgelt in Höhe von ATS 14.500,00 dem Grunde und der Höhe nach angemessen war und einem fremden, nicht am Unternehmen beteiligten Geschäftsführer ebenso gewährt worden wäre. Ob die Beschuldigte die bei ihr zugeflossenen Beträge in ihrer Steuererklärung offengelegt hat oder nicht hat für die Beurteilung der objektiven Tatseite keine Bedeutung.

Dass keine außerhalb des Unternehmens stehende Person eine derartige Geschäftsführertätigkeit unentgeltlich durchführen würde, bedarf wohl keiner weiteren Erörterungen, sodass die Gewährung eines entsprechenden Entgeltes dem Grund nach wohl außer Zweifel zu stellen und letztendlich nur mehr die Angemessenheit der Höhe zu hinterfragen sein wird.

Das von der Gesellschaft Frau HM gewährte Geschäftsführergehalt wurde per auf monatlich ATS 14.500,00 reduziert, womit dem Umstand des Wegfalles des operativen Geschäftes Rechnung getragen wurde.

Die Beschuldigte ist Geschäftsführerin einer zwar nicht im täglichen Geschäftsverkehr stehenden, wohl aber vermögensverwaltenden GmbH. Diese GmbH erzielt erhebliche Einnahmen und verfügt über ein Betriebsvermögen von mindestens ca. 1,1 - 1,2 Millionen Euro (Wert des vierstöckigen Geschäftsgebäudes im Zentrum von K).

Es ist natürlich durchaus richtig, dass sich der Zeitaufwand für die Geschäftsführertätigkeit infolge der Verpachtung erheblich vermindert hat, nach wie vor sind jedoch laufende Tätigkeiten erforderlich wie die Überwachung der Zahlungseingänge und Indexerhöhungen der Pacht, Durchführung des Zahlungsverkehres bezüglich Steuern, Abgaben und sonstigen Betriebskosten, Einholung von Angeboten, Auftragsvergabe und Überwachung von Instandhaltungen (in den Wirtschaftsjahren vom bis zum insgesamt ATS 487.683,68).

Darüber hinaus trägt die Beschuldigte als Alleingeschäftsführerin der Gesellschaft auch die Verantwortung für die Einhaltung sämtlicher behördlicher Vorschriften, wie die rechtzeitige Erstellung der Bilanz sowie deren Vorlage beim Firmenbuch, Einhaltung baupolizeilicher und sicherheitstechnischer Vorschriften (Schneeräumung des Daches, jährliche Aufzugskontrolle durch den TÜV etc.), sowie die laufende Überwachung des Zustandes des Gebäudes, Besprechungen mit dem Mieter über zu tätigende Reparaturen usw.

Diese Verantwortung bzw. Haftung müsste jedem fremden Geschäftsführer neben seinem reinen Zeitaufwand zusätzlich abgegolten werden.

Angesichts dieses Aufgabenkataloges erschien die Gewährung des vereinbarten Entgeltes in der Höhe von ATS 14.500,00 als durchaus angemessen und gegenüber einem fremden Geschäftsführer keineswegs überhöht.

Der Beschuldigten ist daher schon von der objektiven Tatseite keine finanzstrafrechtlich relevante Tat vorzuwerfen, sodass das Verfahren gegen sie gern. § 136 FinStrG einzustellen ist.

Subjektive Tatseite:

In der Stellungnahme des Amtsbeauftragten vom wird bezüglich der subjektiven Tatseite darauf hingewiesen, dass der Beschuldigten ein vorsätzliches Verhalten anzulasten sei, weil sie als Gesellschafterin beginnend mit 1995 Löhne im Ausmaß von A TS 1,621.000,00 erhalten und diese ausbezahlten Löhne nicht versteuert habe. Mit dieser Feststellung wird allerdings verkannt, dass es im vorliegenden Verfahren nicht um die Versteuerung der Bezüge bei der Beschuldigten geht, sondern auch bei der subjektiven Tatseite um die Geltendmachung der Bezüge als Aufwendungen, somit um Körperschaftsteuer sowie um den Kapitalertragsteuerabzug von diesen Bezügen.

Es geht also um die Frage, ob die Beschuldigte als Geschäftsführerin sich schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) zu hohe Geschäftsführerbezüge ausbezahlt und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung und in weiterer Folge eine Verkürzung von Körperschaft- und Kapitalertragsteuer bewirkt hat.

Die Beschuldigte hat anlässlich des Wegfalles der aktiven Geschäftstätigkeit ihren Geschäftsführerbezug von ATS 50.000,00 monatlich auf ATS 14.500,00 monatlich reduziert und damit den geänderten Verhältnissen Rechnung getragen. Da der grundsätzliche Anlass zu einem Geschäftsführerbezug wohl zweifellos gegeben ist, kann von einer vorsätzlichen Abgabenverkürzung nach unserer Auffassung nicht ausgegangen werden. Man könnte höchstens eine fahrlässige Verkürzung annehmen, wenn man eine zu hohe Vergütung unterstellt. Da jedoch wie oben dargestellt die Vergütung als durchaus angemessen zu beurteilen ist, kann auch von einer Fahrlässigkeit nicht gesprochen werden.

Da nach unserer Auffassung ein finanzstrafrechtlich relevanter Tatbestand nicht gegeben ist, ersuchen wir im Auftrag unserer Klientin gemäß § 136 FinStrG um Einstellung des Verfahrens.

Weiters verzichten wir gern. § 125 Abs. 3 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung."

Tatsächlich unter Verzicht auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung (welche erforderlichenfalls zur Klärung der subjektiven Tatseite durch eine erstmalige [!] Einvernahme der Beschuldigten Aufschluss bringen hätte können) erging in weiterer Folge das Erkenntnis des Spruchsenates II beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Kitzbühel Schwaz als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , mit dem die Beschuldigte HM nunmehr schuldig erkannt wurde, im Wirkungsbereich des Finanzamtes Kufstein Schwaz fortgesetzt vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1999 eine Verkürzung an Körperschaft- und Kapitalertragsteuer in Höhe von insgesamt € 49.057,36 bewirkt und dadurch das Finanzvergehen nach § 33 Abs.1 FinStrG begangen zu haben. Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG wurde über die Beschuldigte eine Geldstrafe von € 10.000,-- sowie [gemäß § 20 FinStrG] für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Wochen verhängt. Gemäß § 185 [Abs. 1 lit. a] FinStrG wurden der Beschuldigten an pauschalen Verfahrenskosten € 363,-- vorgeschrieben.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, der Beschuldigten sei ein jährlicher Lohn von ATS 175.000,-- zuerkannt worden. Ab 1995 sei mit der Auszahlung der für die Vorjahre als Betriebsaufwand gebuchten Lohnaufwendungen begonnen worden. Die HM zugeflossenen Löhne seien nicht versteuert worden. Im Zuge einer Betriebsprüfung sei der als Betriebsaufwand gebuchte Lohn nicht als betriebsbedingter Aufwand anerkannt und bei der Beschuldigten versteuert, sondern als verdeckte Gewinnausschüttung der Besteuerung insofern unterzogen worden, als die entsprechende Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer vorgeschrieben worden sei. Als langjährige Unternehmerin habe HM gewusst. dass die ab 1995 jährlich zugeflossenen Einnahmen zu versteuern seien. Trotzdem habe sie diese Einkünfte überhaupt der Steuer entzogen.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, die Finanzstrafbehörde stütze sich auf die Feststellungen einer vom Finanzamt Kufstein durchgeführten Betriebsprüfung und unterlasse es, eigene Ermittlungen anzustellen und somit der Verpflichtung gemäß § 115 FinStrG nachzukommen. In der Stellungnahme vom sei ausführlich dargelegt worden, dass das der Beschuldigten ausbezahlte Geschäftsführerentgelt durchaus angemessen gewesen sei und auch einem fremden, nicht am Unternehmen beteiligten Geschäftsführer gewährt worden wäre. Auf diese Frage sei die Behörde in ihrer Begründung mit keinem Wort eingegangen, was insofern erstaunlich sei, da es sich um den entscheidenden Punkt des Verfahrens handle. Wäre das Geschäftsführergehalt entgegen den Feststellungen der Betriebsprüfung angemessen gewesen, so könne es zu keiner verdeckten Gewinnausschüttung und damit auch zu keiner Verkürzung an Körperschaft- und Kapitalertragsteuer gekommen sein. Es werde daher die Einstellung des [nunmehrigen] Finanzstrafverfahrens begehrt, da die HM zur Last gelegte Verkürzung von Körperschaft- und Kapitalertragsteuer nicht gegeben sei.

Eine Berufung des Amtsbeauftragten liegt nicht vor.

Im Zuge der Berufungsverhandlung wurde die gegenständliche Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert.

Festgehalten wird, dass der zum Strafverfahren gegen den steuerlichen Vertreter der Beschuldigten abgelegte Finanzstrafakt, StrNr. 083/2004/00000-001, dem Berufungssenat nicht vorgelegt wurde.

Festgehalten wird weiters, dass der Einkommensteuerakt der Beschuldigten beim Finanzamt Kufstein Schwaz, StNr. 082/3134, verschwunden ist.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 22 Z.2 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 gehören zu den der Einkommensteuer unterliegenden Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit u.a. die Gehälter und sonstigen Vergütungen, die wesentlich beteiligte Gesellschafter (hier die zu 60 % beteiligte Beschuldigte HM) einer Kapitalgesellschaft (hier die M-GmbH) von dieser für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Beschäftigung erhalten, insbesondere somit die Bezüge von Gesellschafter-Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften. "Wesentlich" ist eine Beteiligung von mehr als 25 %; die mittelbare Beteiligung (durch einen Treuhänder oder eine weitre Gesellschaft) steht dabei einer unmittelbaren Beteiligung gleich. "Sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" bedeutet, dass an sich alle Voraussetzungen für ein Dienstverhältnis vorliegen müssen, nicht jedoch Weisungsgebundenheit, soweit diese nur aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses fehlt (z.B. ). Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus und ein fehlendes Unternehmerrisiko zu richten (z.B. ); bloße Gehaltsanpassungen bei verschlechterter Ertragslage begründen noch kein Unternehmerrisiko (). Dagegen liegt Unternehmerrisiko vor, wenn eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart wurde, bei der auch ein Verlust aus der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers entstehen kann () (so für viele beispielsweise Doralt / Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechtes8 I, Rz 67).

Offensichtlich waren nach dem Verständnis der im Abgabenverfahren handelnden fachkundigen Personen (mit der Angelegenheit befasste Mitglieder der Steuerberatungskanzlei, Betriebsprüfer) die spruchgegenständlichen Zahlungen an HM als Gehaltszahlungen zu beschreiben (so die Steuerberatungskanzlei bzw. R, welche "Rückstellungen für die Gehälter" der HM gebucht haben, so der Betriebsprüfer in seinem Bericht vom ), welche an die - siehe oben - wesentlich beteiligte Beschuldigte in den Jahren 1995 bis 1999 geflossen sind. Dabei hat HM insoweit auch kein Unternehmerrisiko getragen; schließlich wurden ja trotz der ursprünglich vorherrschenden Liquiditätsengpasses die vereinbarten Gehälter in voller Höhe, ohne Einfluss auf die Höhe der Forderungen, auch verbucht und letztlich - nach Wiederverfügbarkeit entsprechender Mittel - auch an sie ausbezahlt.

Es sind daher also nach Einschätzung des Berufungssenates im gegenständlichen Fall einkommensteuerpflichtige Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit in den Veranlagungsjahren 1995 bis 1999 vorgelegen, welche in den diesbezüglichen Einkommensteuererklärungen trotz entsprechender Unterstützung durch eine Steuerberatungskanzlei nicht offengelegt worden waren.

Gemäß § 119 Abs.1 Bundesabgabenordnung (BAO) haben aber Abgabepflichtige die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Dieser Offenlegung dienen gemäß Abs.2 leg.cit. insbesondere beispielsweise Abgabenerklärungen.

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 34 Abs. 1, 1. Halbsatz FinStrG macht sich der fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig, wer die im § 33 Abs. 1 bezeichnete Tat fahrlässig begeht.

Fahrlässig handelt dabei gemäß § 8 Abs.2 FinStrG derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Fahrlässig handelt aber auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will.

Macht sich ein Wirtschaftstreuhänder in Ausübung seines Berufes bei der Vertretung oder Beratung in Abgabensachen einer fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig, so ist er nur dann strafbar, wenn ihn ein schweres Verschulden trifft (§ 34 Abs. 4 FinStrG).

Bedingt vorsätzlich handelt nach § 8 Abs. 1 FinStrG derjenige, der einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Wissentlich handelt gemäß § 5 Abs.3 Strafgesetzbuch (StGB) jemand, der den Umstand oder den Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern ein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält.

Absichtlich handelt gemäß § 5 Abs.2 StGB ein Täter, wenn es ihm darauf ankommt, den Umstand oder Erfolg zu verwirklichen, für den das Gesetz absichtliches Handeln voraussetzt.

Voraussetzung für einen Schuldspruch wegen fahrlässiger Abgabenverkürzung nach § 34 Abs.1 FinStrG bzw. wegen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs.1 FinStrG ist aber jedenfalls, dass das Finanzvergehen in objektiver und subjektiver Hinsicht bewiesen werden kann.

Dabei haben die Finanzstrafbehörden gemäß § 98 Abs.3 FinStrG unter sorgfältiger Berücksichtigung der Verfahrensergebnisse nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob die diesbezüglichen Tatsachen erwiesen sind oder nicht. Bleiben Zweifel bestehen, so dürfen Tatsachen nicht zum Nachteil des Beschuldigten als erwiesen angenommen werden.

Nach Ansicht des Berufungssenates indiziert nun der geschilderte Sachverhalt den dringenden Verdacht gegen HM, zumindest eine entsprechende fahrlässige Verkürzung von Einkommensteuer betreffend die Veranlagungsjahre 1995 bis 1997 im Sine des § 34 Abs.1 FinStrG begangen zu haben; hinsichtlich der Veranlagungsjahre 1998 bis 1999 fehlt es mangels zu niedriger bescheidmäßiger Festsetzung von Einkommensteuer vor Aufdeckung des strafrelevanten Sachverhaltes an dem für die Erfüllung des Tatbestandes erforderlichen Eintritt eines deliktischen Erfolges.

Eine Gewissheit hinsichtlich der subjektiven Tatseite bleibt dem Berufungssenat infolge des Fehlens einer ausreichender Beweislage (siehe der fehlende Einkommensteuerakt bzw. der nicht sichergestellte diesbezügliche Handakt der Steuerberatungskanzlei) jedoch verwehrt.

Weil laut Aktenlage das Vorbringen des Verteidigers nicht zu entkräften ist, die Verantwortung für die das Verschweigen der Bezüge habe eine Mitarbeiterin seiner Steuerberatungskanzlei zu tragen (die Mitarbeiterin ist verstorben, der Einkommensteuerakt betreffend die Beschuldigte ist erstaunlicherweise verschwunden), wäre mit der für ein Finanzstrafverfahren notwendigen Sicherheit der Beschuldigten vermutlich lediglich der Vorwurf einer fahrlässig bewirkten Verkürzung an Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 FinStrG zu machen gewesen. Dem Steuerberater wiederum, welcher die Abgabenerklärungen unterfertigt hat, wäre möglicherweise der Vorwurf einer grob fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 3 FinStrG zu machen gewesen.

Wie auch immer, mit Erkenntnis eines Spruchsenates vom ist - wie ausgeführt - in verfahrensunüblicher Weise das Finanzstrafverfahren gegen die Beschuldigte wegen des Verdachtes einer schuldhaften Verkürzung von derartigen Einkommensteuer in Zusammenhang mit diesen Gehaltszahlungen rechtskräftig eingestellt worden.

Dies zwingt den Berufungssenat, der Differenzierung in der Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Einkunftsart eine den Ausgang des Finanzstrafverfahrens entscheidende Bedeutung zukommen zu lassen:

Nur im Falle, dass die zur Diskussion stehenden Zahlungen an HM mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit nachweislich verdeckte Gewinnausschüttungen der Gesellschaft an diese und daher bei dieser Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellten, für welche die Geschäftsführerin HM als Wahrnehmende der steuerlichen Interessen die Kapitalertragsteuern einzubehalten und unter zusätzlicher Offenlegung an den Fiskus abzuführen gehabt hätte, und bei deren Berücksichtigung im steuerlichen Rechenwerk der GmbH keine Schmälerung des Gewinnes erfolgen hätte dürfen, sodass in den Körperschaftsteuererklärungen durch HM als Wahrnehmende deren steuerlichen Interessen entsprechende Anpassungen vorgenommen hätten werden müssen, und nur für den Fall, dass - bei im Übrigen gegebenen Voraussetzungen wie fehlende Verjährung der Strafbarkeit - HM auch ein entsprechendes Verschulden daran, dass eine Meldung bzw. Abfuhr der Kapitalertragsteuern sowie eine Offenlegung und Anpassung in den Körperschaftssteuern unterblieben war, nachzuweisen wäre, hätte der nunmehrige Schuldspruch des Erstsenates Bestätigung finden können.

Folgte man der Argumentation des Betriebsprüfers in seinem Bericht vom , wonach eine Anstellung einer Person (also der Beschuldigten) zur Führung der gegenständlichen gewerblichen Vermietung des betrieblichen unbeweglichen Vermögens der M-GmbH nicht erforderlich sei (und der Vorgang daher zur Gänze einem Fremdvergleich nicht standhalte, BP-Bericht vom , "Erläuterung"), ist anzumerken:

In diesem Fall hätten die Zahlungen an HM ihre Begründung nicht ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der M-GmbH, sondern in ihrer Stellung als beherrschende Gesellschafterin dieser Gesellschaft gefunden. Diesfalls wären Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 Abs.1 Z.1 lit.a EStG 1988 entstanden, welche der Kapitalertragsteuer als Erhebungsform der Einkommensteuer unterlegen wären.

Setzt man sich mit den Einlassungen der Verteidigung (siehe oben) auseinander, ist mit der für ein Finanzstrafverfahren notwendigen Sicherheit die Möglichkeit aber jedenfalls nicht auszuschließen, dass deren Argumentation, wonach der Umstand eines gewährten Geschäftsführergehaltes und deren Höhe von monatlich ATS 14.500,-- als fremdüblich anzusehen sei, zutreffend ist, wodurch - wie oben ausgeführt - die ausbezahlten Bezüge in Wirklichkeit - entgegen der Würdigung des Betriebsprüfers und daran anschließend derjenigen der Abgabenbehörden - Einkünfte aus selbständiger Arbeit und keine Einkünfte aus Kapitalvermögen in Form einer verdeckten Gewinnausschüttung dargestellt hätten.

Warum sollte nicht tatsächlich (vergleiche beispielsweise die vom Verteidiger in der Berufungsverhandlung vorgelegten Richtlinien und Honorarsätze für Immobilienverwalter zum Stand , Beilage ./B) auch unter Fremden bzw. einem Nichtgesellschafter ein derartiges oder allenfalls geringeres Gehalt gezahlt werden?

Argumente, welchen diesen Gedankengang widerlegen, wurden auch in der Berufungsverhandlung nicht vorgebracht.

In Würdigung der abschließenden Beweislage, insbesondere der von der Verteidigung vorgelegten Beweismittel, ist sich der Berufungssenat letztendlich sogar einerseits sicher, dass die grundsätzliche Bezahlung einer Geschäftsführerin auch für eine bloß vermögensverwaltende GmbH fremdüblich ist; er neigt weiters zur Ansicht, auch die Höhe des Bezuges sei im gegenständlichen Fall tatsächlich fremdüblich gewesen.

Damit aber hätte das schuldhafte Verhalten der Beschuldigten keine Verkürzung von Körperschaftssteuer und Kapitalertragsteuern, sondern von Einkommenssteuern betreffend die eigene Person zur Folge gehabt. Diesbezüglich aber ist - siehe oben - das Finanzstrafverfahren eingestellt.

Hinsichtlich des im zweiten Finanzstrafverfahren gegen HM erhobenen Vorwurfes einer schuldhaften Verkürzung von Körperschaft- und Kapitalertragsteuern vermag sohin der Berufungssenat bereits den Nachweis der objektiven Tatseite somit nicht erfolgreich zu führen, ohne dass überhaupt noch - in Bezug auf die konkreten Verkürzungen - auf die subjektive Tatseite eingegangen worden wäre.

Hielte man aber beispielsweise allenfalls die Bezahlung der HM nur teilweise nicht als fremdüblich, wie wollte man in der nunmehrigen Verfahrenslage beweisen, dass die Beschuldigte, welche sich ja immerhin steuerlich beraten hat lassen, an der verfehlten abgabenrechtlichen Behandlung der Bezüge (hinsichtlich Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer) allenfalls zumindest eine Sorglosigkeit treffe?

Im Falle einer nachweislich fahrlässigen Handlungsweise der Beschuldigten allenfalls hinsichtlich eines Teiles der Bezüge wären überdies - bei Annahme der These einer verdeckten Gewinnausschüttung - lediglich eine Verkürzung von Körperschaftssteuer für 1998 und eine Verkürzung von Kapitalerstragsteuern für 1999 relevant verblieben; die übrigen Zeiträume wären entweder verjährt oder - wie oben erwähnt - noch mit keinem deliktischen Erfolg verknüpft gewesen.

Infolge der Einengung des eigentlichen Tatvorwurfes auf Hinterziehung konkret von Einkommensteuern und in der Folge auf Hinterziehung von Körperschafts- und Kapitalertragssteuern ist - wie ausgeführt - dem Berufungssenat eine neuerliche Umqualifizierung des Tatvorwurfes verwehrt; eine bloß anderslautende rechtliche Würdigung wiederum stellt keinen Wiederaufnahmsgrund für das wegen des Verdachtes der Hinterziehung von Einkommensteuern nach § 33 Abs.1 FinStrG eingestellte Verfahren dar. Gegen eine Wiederaufnahme des Verfahrens spräche im Übrigen auch der Umstand der völligen Verjährung der Einkommensteuerverkürzungen.

In der Gesamtschau war somit dem Begehren der Beschuldigten zu entsprechen und das gegenständliche Finanzstrafverfahren spruchgemäß einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 FinStrG ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht der Beschuldigten aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt, einem Steuerberater oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich dem Amtsbeauftragten das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt.

Innsbruck,

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Geschäftsführerin
wesentliche Beteiligung
Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit
Fremdvergleich
Kapitalertragsteuer
Abgabenhinterziehung
res iudicata
Bindung
Bindungswirkung Beweiswürdigung
Tatvorwurf
Konkretisierung
Einengung
Einstellung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at