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OGH vom 07.07.1982, 1Ob21/82

OGH vom 07.07.1982, 1Ob21/82

Norm

ABGB § 364;

ABGB § 364a;

Wr. KanalG (LGBl. 1955/22 idF LGBl. 1977/20) § 5;

Kopf

SZ 55/105

Spruch

Dem Eigentümer eines Hauses, dessen Hauskanal nach § 5 Wiener KanalG, LGBl. 22/1955, idF LGBl. 20/1977 als integrierender Bestandteil des Hauses auch in seiner Fortsetzung unter dem Straßenniveau gilt, stehen gegen den Eigentümer des öffentlichen Gutes nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche zu, wenn der Hauskanal bei der Errichtung oder Instandsetzung von Gasleitungen auf dem öffentlichen Gut beschädigt wird

(OLG Wien 14 R 225/81; LGZ Wien 22 Cg 158/79)

Text

Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 1644 KG R mit dem Haus Wien 15, W-Gasse 4. Die W-Gasse ist öffentliches Gut, das im Eigentum der beklagten Partei, der Stadt Wien, steht. Vom Haus W-Gasse 4 führt ein aus einer Steinzeugrohrleitung bestehender Hauskanal in den straßenparallel durch die W-Gasse verlaufenden Straßenkanal. Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat der Stadt Wien, MA 37, dem Kläger den Auftrag, die mehrmals gebrochene Steinzeugrohrleitung instandsetzen zu lassen. Eine dagegen erhobene Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Die gegen die Berufungsentscheidung gerichtete Beschwerde des Klägers wies der VwGH mit Erkenntnis vom , Zl. 527, 528/79-3, ab. Nach § 5 des Gesetzes über Kanalanlagen und Einmundungsgebühren, LGBl. 22/1955, idF LGBl. 20/1977 (Kanalgesetz) obliege nur die Herstellung und Instandhaltung der Straßenkanäle der beklagten Partei (Abs. 1); die Herstellung und Instandhaltung des Hauskanals, der bis zu seiner Einmundung in den Straßenkanal ein Bestandteil der Baulichkeit sei, obliege nach den Bestimmungen des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien dem Hauseigentümer, der auch zur Instandhaltung des Mauerwerkes rings um die Einmundungsstelle verpflichtet sei (Abs. 2). Die Schäden, deren Behebung dem Kläger aufgetragen worden sei, seien nicht am Straßenkanal, sondern am Hauskanal aufgetreten. Die Frage des Verschuldens oder der Verursachung am Eintritt des Baugebrechens sei im baubehördlichen Verfahren unbeachtlich.

Der Kläger ließ im Jahre 1980 die Gebrechen an der Steinzeugrohrleitung beheben. Er begehrt, gestützt auf die Bestimmungen des Nachbarrechtes, von der beklagten Partei den Ersatz der Behebungskosten von 81 207.70 S, der Gebühren für die Behebung einer Verstopfung von 1032.29 S, zusammen 82 239.99 S samt Anhang. Im Jahre 1977 hätten in der W-Gasse durch die Wiener Stadtwerke-Gaswerke umfangreiche Aufgrabungsarbeiten stattgefunden, als deren Folge die Verstopfung und die Brüche des Hauskanals aufgetreten seien.

Die beklagte Partei bestritt die behaupteten Aufgrabungen. Sie machte Unzulässigkeit des Rechtsweges geltend, weil die Rechtsbeziehungen der beklagten Partei als Eigentümerin der Straßenkanäle zum Kläger, der an dem Straßenkanal einen Hauskanal angeschlossen habe, öffentlich-rechtlicher Natur seien. Es sei daher im Verwaltungsweg darüber zu entscheiden, ob die Herstellungs- bzw. Instandhaltungspflicht die beklagte Partei oder den Eigentümer des Bauwerkes treffe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Magistrat der Stadt Wien, MA 28, habe am den Wiener Stadtwerken-Gaswerken die Bewilligung zur Aufgrabung der Fahrbahn der W-Gasse auf eine Länge von rund 50 m zur Behebung eines Gashauptrohrgebrechens erteilt. Die B-AG habe im Oktober 1976 im Auftrag der Wiener Stadtwerke-Gaswerke die Gasrohre in der W-Gasse, auch vor dem Baus des Klägers, freigelegt. Nach Auswechslung der schadhaften Leitungsrohre durch ein anderes Unternehmen habe die B-AG die Zuschüttung der Künetten besorgt. Im Verlaufe dieses gesamten Arbeitsvorganges sei von Arbeitern der beteiligten Unternehmen der Hauskanal des Klägers beschädigt worden. Das Steinzeugkanalrohr sei mehrfach gebrochen. Vom Schädiger sei offensichtlich die Bruchstelle unfachgemäß mit einer 2 cm starken Betonschicht abgedeckt worden. Eine fachgerechte Reparatur hätte eine Auswechslung des Steinzeugrohrkanalstückes von Muffe zu Muffe im Bruchbereich erfordert. Im Jänner 1978 sei eine Verstopfung der Hauskanalanlage aufgetreten, für deren Behebung der Kläger der MA 30 1032.29 S bezahlen habe müssen. Im Anschluß daran habe ein Werkmeister der MA 30 bei einer Kontrolle des Hauskanals dessen Brüche festgestellt. Für die Behebung sei ein Aufwand von 81 207.70 S erforderlich gewesen. Im Verfahren vor der Baubehörde und vor dem VwGH seien dem Kläger Kosten von 11 391.48 S und von 3219.28 S entstanden.

Das Erstgericht bejaht die Zulässigkeit des Rechtsweges und die Ersatzpflicht der beklagten Partei. Der Schaden am Hauskanal des Klägers sei durch die beklagte Partei bzw. die von ihr beauftragten Unternehmen verursacht worden. Die Auffassung, daß über die Kanalherstellungspflicht im Verhältnis zwischen dem Eigentümer des Straßenkanals und dem Eigentümer des Hauskanals im Verwaltungsweg zu entscheiden sei, könne nicht geteilt werden. Der Kläger habe den Verwaltungsweg beschritten, sei jedoch vom VwGH mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden. Würde er von den Gerichten auf den Verwaltungsweg und umgekehrt auf den Zivilrechtsweg verwiesen, müßte er letztlich den ihm von der beklagten Partei bzw. deren Erfüllungsgehilfen zugefügten Schaden selbst tragen.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil iS einer Abweisung des Klagebegehrens ab. Der Rechtsweg sei zulässig, weil der Kläger seinen Anspruch ausdrücklich auf die nachbarrechtlichen Bestimmungen des ABGB gestützt habe. Es müsse daher davon ausgegangen werden, daß er keinen anderen Rechtsgrund in Anspruch nehmen wolle, der sich aus einem Hoheitsakt der beklagten Partei oder aus einer schuldhaften Unterlassung der beklagten Partei im Rahmen ihrer Kompetenz als Hoheitsverwaltung ableiten ließe. Die Rechtsbeziehungen zwischen der beklagten Partei als Eigentümerin der Straßenkanäle und denjenigen, die einen Hauskanal anschließen wollten oder angeschlossen hätten, sei öffentlich-rechtlicher Natur. Es sei daher im Verwaltungsweg darüber zu entscheiden, ob eine Herstellungs- und Instandhaltungspflicht die beklagte Partei oder den Eigentümer des Bauwerkes treffe. Würde dem Eigentümer des Bauwerkes eine Instandhaltung vorgeschrieben, die nach den Bestimmungen des Wiener Kanalgesetzes der beklagten Partei obliege, könne sich der Eigentümer dagegen nur im Verwaltungsweg zur Wehr setzen. Ebenso müsse der Eigentümer im Verwaltungsweg die Erfüllung der die beklagte Partei treffenden Pflichten verlangen. Wäre der Bescheid vom , mit dem dem Kläger die Durchführung der Instandsetzungsarbeiten aufgetragen worden sei, rechtswidrig gewesen, hätte der Kläger daraus nur Amtshaftungsansprüche ableiten können. Solche Ansprüche mache er aber nicht geltend. Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Das Nachbarrecht grenze die Ausübung des Eigentumsrechtes nur außerhalb bestehender anderer Rechtsbeziehungen ab. Eine solche Rechtsbeziehung könne in einer vertraglichen Regelung der gegenseitigen Rechte und Pflichten bestehen, aber auch öffentlichrechtlicher Natur sein. Letzteres sei hier der Fall. Der Aufwand des Klägers sei unmittelbar auf Grund und im Rahmen der zwischen den Parteien auf Grund des Kanalgesetzes gegebenen Rechtsbeziehung entstanden. Die Frage, ob die beklagte Partei den Hauskanal wiederherstellen hätte müssen, sei daher ausschließlich im Verwaltungsweg zu entscheiden gewesen. Den Gerichten komme eine Überprüfung dieser Entscheidung nicht zu. Ob dem Kläger Schadenersatzansprüche gegen Dritte zustunden, über die die Gerichte zu urteilen hätten, könne auf sich beruhen, weil der Kläger einen Schadenersatzanspruch nicht erhoben und in dieser Richtung auch keine Behauptungen aufgestellt habe.

Über Revision des Klägers änderte der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß er das Urteil des Erstgerichtes wiederherstellte.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Bestimmungen der §§ 364 ff ABGB zum Schutz des Nachbarn vor übermäßigen Einwirkungen sind nach der Rechtsprechung des OGH auch im Verhältnis zwischen einem Privatgrundstück und einer öffentlichen Straße anzuwenden (SZ 52/79; SZ 43/139; SZ 38/106 ua); sie gelten auch bei Erfüllung von Aufgaben des Kanalbaues (SZ 51/184; SZ 47/140 ua.), aber auch von anderen Versorgungsaufgaben wie die Errichtung und Reparatur von Gas- und Wasserleitungen auf öffentlichem Gut. Nach der Entscheidung SZ 52/79 kommt aber eine nachbarrechtliche Haftung nur dort in Betracht, wo mangels eines anderen Rechtstitels der Nachbar in die Schranken, die die §§ 364 ff. ABGB der Ausübung seines Eigentums setzen, gewiesen werden soll. Wenn über die gegenseitigen Rechte und Pflichten unter Nachbarn eine vertragliche oder eine öffentlich-rechtliche Regelung besteht, ist insoweit nur diese für die Ausübung und die Grenzen der beiderseitigen Rechte und Verbindlichkeiten maßgebend. Im vorliegenden Fall leitet der Kläger seinen Anspruch aber nicht aus den durch Anschluß eines Hauskanals an einen Straßenkanal entstandenen, im Wiener Kanalgesetz geregelten öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen ihm und der beklagten Partei ab. Er macht vielmehr den Ersatz eines ihm anläßlich der Behebung eines Gasrohrgebrechens auf dem Grund der beklagten Partei an seinem Hauskanal verursachten Schadens geltend. Die der beklagten Partei dem Grundnachbarn gegenüber bei der Errichtung von Gasleitungen oder bei der Vornahme von Instandsetzungsarbeiten an bereits auf ihrem Grund vorhandenen Gasleitungen obliegenden Pflichten sind nicht im Wiener Kanalgesetz geregelt und ergeben sich überhaupt nicht aus dem öffentlichen Recht, sondern aus der Nähe (Nachbarschaft) der Anlagen. Anzuwenden sind daher die Bestimmungen der §§ 364 ff. ABGB.

Ansprüche aus diesen Bestimmungen stehen allerdings nur Eigentümern und dinglich Berechtigten zu (SZ 47/140; SZ 41/84). Der Hauskanal, der vom Haus des Klägers zum Straßenkanal führt, verläuft jedoch mit dem Teil, in dem die Beschädigung erfolgte, unter der Oberfläche des im Eigentum der beklagten Partei stehenden öffentlichen Gutes. Das Eigentum an einem Grundstück umfaßt grundsätzlich sowohl dessen Oberfläche als auch dessen Untergrund und ist insbesondere nach unten nicht begrenzt (EvBl. 1964/260; Koziol - Welser, Grundriß[5] II 41); es gehört demnach in der Regel alles, was "erd-, mauer-, niet- und nagelfest" (§ 297 ABGB) ist, somit auch alles, was sich unter der Oberfläche im Erdbereich befindet, dem Eigentümer des Grundstücks (Klang in Klang[2] II 11) Eine Ausnahme besteht aber insoweit, als über Teile des Untergrundes besondere Vorschriften bestehen oder eine (zulässige) Vereinbarung getroffen wurde (SZ 42/35). Gemäß § 5 Abs. 2 des Wiener Landesgesetzes über Kanalanlagen und Einmundungsgebühren, LGBl. 22/1955, in der zuletzt durch LGBl. 20/1977 geänderten Fassung, bildet der Hauskanal bis zu seiner Einmundung in den Straßenkanal einen Bestandteil der Baulichkeit. Der Begriff "Bestandteil" ist im ABGB nicht ausdrücklich geregelt oder auch nur erwähnt, aber in Rechtslehre und Rechtsprechung fest umrissen. Als Bestandteile bezeichnet man die Teile einer zusammengesetzten Sache; ist die Verbindung von Teilen mit der Hauptsache so eng, daß sie von dieser tatsächlich nicht oder nur durch eine unwirtschaftliche Vorgangsweise abgesondert werden könnte, spricht man von unselbständigen Bestandteilen, die sonderrechtsunfähig sind; lassen sich die Bestandteile hingegen tatsächlich und wirtschaftlich von der Restsache trennen, nennt man sie selbständige Bestandteile, die sonderrechtsfähig sind, also nicht notwendig das sachenrechtliche Schicksal der Hauptsache teilen müssen (Koziol - Welser[5] II 10 f.; SZ 45/29; SZ 42/35; SZ 40/32; SZ 39/23 ua.). Die Frage, ob an Bestandteilen besondere dingliche Rechte möglich sind, läßt sich nicht einheitlich beantworten; die Grenze kann auch durch Gesetz anders gezogenwerden (Ehrenzweig[2] I/2, 28; SZ 42/35). Im allgemeinen bilden aber doch die Teile einer Sache als Ganzes den Gegenstand von Rechten, die sich regelmäßig auch auf ihre jeweiligen Bestandteile erstrecken; auch der selbständige Bestandteil einer Sache wird, wenn an ihm kein Sonderrechtsverhältnis besteht, vom rechtlichen Schicksal der Hauptsache erfaßt (Ehrenzweig aaO; Klang aaO). Im Zweifel wird also angenommen, daß Bestandteile im selben Eigentum stehen wie die Hauptsache. Es kann auch kein Zweifel bestehen, daß ein Hauskanal nur auf sehr unwirtschaftliche Weise aus seiner derzeitigen Lage entfernt werden kann. Ein Sondereigentum an ihm ist daher auszuschließen. Es kann nach seiner Besonderheit nur strittig sein, ob er unselbständiger Bestandteil des Hauses ist, das er zu entsorgen hat, oder des öffentlichen Gutes, in dessen Untergrund er verlegt ist. Im Zweifel und ohne gesetzliche Regelung müßte wohl eher angenommen werden, daß ein im öffentlichen Grund führender Hauskanal auch zum öffentlichen Gut gehört. Die Interessenlage könnte auch unter diesen Umständen immer noch die Instandhaltungsverpflichtung desjenigen, der den Hauskanal benötigt, wie sie auch § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien vorschreibt, zur Folge haben; ihr müßte aber wohl auch die Verpflichtung der beklagten Partei, für im Bereich des öffentlichen Gutes verursachte Schäden zu haften, zur Seite stehen. Das Wiener Kanalgesetz geht einen anderen Weg, indem es in seinem § 5 Abs. 2 den Hauskanal zum Bestandteil der Baulichkeit erklärt und damit deren Eigentümer zuordnet. Der Hauskanal gilt als integrierender Bestandteil des Hauses selbst auch in seiner Fortsetzung unter dem Straßenniveau und ist damit Eigentumsrecht des "Hausbesitzers" (so ausdrücklich VwGH Budw. Nr. 8025/1894, schon vor dem § 5 Abs. 2 KanalG mit Billigung der Verfassungsmäßigkeit nach derzeitiger Rechtslage VfGH Slg. 7240/1973; insoweit ist das obiter dictum in SZ 52/79 zu korrigieren; vgl. auch das Erkenntnis des VwGH, Slg. 8786 A, das ebenfalls meinte, § 5 Abs. 1 erster Satz Wr. KanalG wollte keine Regelung über das Eigentum treffen). Zumindest dann, wenn der Eigentümer der "Baulichkeit" auch Liegenschaftseigentümer ist, müssen ihm aus seinem durch Gesetz geschaffenen Sondereigentum im Untergrund des öffentlichen Gutes aber auch alle Rechte zum Schutz seines Eigentums und damit auch nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche zustehen. Nur auf diese Weise kann ein angemessener Riskenausgleich geschaffen werden, kann doch der Hauskanalanschlußberechtigte trotz voller Instandhaltungsverpflichtung keinerlei Einfluß darauf nehmen, welche Maßnahmen (und durch wen) die beklagte Partei im übrigen auf dem öffentlichen Gut, ua. nach dem Gasgesetz, LGBl. 17/1959 in der geltenden Fassung, trifft.

Es ist nunmehr ständige, auch jenem Teil der Lehre, der der Rechtsprechung über den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch außerhalb des § 364a ABGB teilweise ablehnend gegenüberstand, Rechnung tragende Rechtsprechung, daß auch in den Fällen der §§ 364 Abs. 2 und 364 b ABGB eine vom Verschulden unabhängige Haftung anzuerkennen ist, wenn ausreichende Anhaltspunkte für eine Analogie zu § 364a ABGB vorliegen (SZ 51/47; SZ 50/160; SZ 48/61; EvBl. 1976/190 ua.; vgl. Rummel in JBl. 1976, 313 f). Der § 364a ABGB ist ein der Enteignung verwandter Tatbestand. Der Geschädigte hat einen Ersatzanspruch, weil er im Interesse des Nachbarn oder aus Gründen des öffentlichen Wohles, die höher als sein Eigentum bewertet werden, Eingriffe hinnehmen muß, die über die normale Duldungspflicht hinausgehen und gegen die ihm ein Abwehrrecht versagt ist. Nach den Bestimmungen des Wiener Kanalgesetzes ist der Eigentümer des Bauwerkes, der einen Hauskanal an den Straßenkanal anschließen will, verhalten, den Hauskanal in fremdem Grund zu errichten. Dieser Grund steht regelmäßig auch anderen Aufgaben der Daseinsvorsorge und anderen Interessenten für gleiche oder ähnliche Zwecke zur Verfügung. Durch die Bereitstellung öffentlichen Gutes für Einbauten und Leitungen für die Erfüllung verschiedener Aufgaben wird der Eigentümer des Hauskanals einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Die Verordnung des Wiener Magistrats vom betreffend Aufgrabungen in öffentlichen Verkehrsflächen und Erholungsflächen (Geuder - Hauer - Krzizek, Das Wiener Baurecht 606 ff.) ordnet vor der Vornahme von Aufgrabungen ein behördliches Bewilligungsverfahren an, das ua. auch den Schutz der vorhandenen Einbauten und Leitungen gewährleisten soll. Der Bauführer ist verpflichtet, sich durch Einsichtnahme in die Pläne über die Lage der vorhandenen Einbauten und Leitungen zu informieren und für deren Sicherung bei der Ausführung der Arbeiten zu sorgen. Er hat den ihm von der Behörde gestellten Bedingungen zur Sicherung der Einbauten und Leitungen zu entsprechen (§ 8 Abs. 2 der Verordnung). Durch das behördliche Bewilligungsverfahren, an dem der Eigentümer eines Hauskanals, außer er ist selbst Bauwerber, nicht beteiligt ist, wird der Anschein der Gefahrlosigkeit und Gesetzmäßigkeit der bewilligten Maßnahme erweckt. Wird die behördliche Bewilligung erteilt, kann der Eigentümer eines Hauskanals eine Untersagung der beabsichtigten Arbeiten kaum erwirken, auch wenn diese im Bereich seines Hauskanals durchgeführt werden. Durch behördlich bewilligte Bauarbeiten auf öffentlichem Gut, das auch der Errichtung von Einbauten und der Herstellung von Leitungen anderer dient, wird der Eigentümer eines Bauwerkes mit seinem Hauskanal somit in eine ähnliche Lage versetzt wie der Grundnachbar nach § 364a ABGB. Es ist daher gerechtfertigt, auch dem Eigentümer eines Bauwerkes, von dem ein einen Bestandteil des Bauwerkes darstellender Hauskanal über öffentliches Gut zum Straßenkanal führt, einen vom Verschulden unabhängigen Ausgleichsanspruch zuzuerkennen, wenn der Hauskanal durch eine vom öffentlichen Gut ausgehende Einwirkung beschädigt wird.