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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 01.06.2008, RV/0211-I/08

1) Aufhebung gem. § 299 BAO nur wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit; 2) Kosten doppelter Haushaltsführung und Familienheimfahrten - Familienwohnsitz wegen Erwerbstätigkeit des Gatten in Italien


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Miterledigte GZ:
RV/0212-I/08
RV/0412-I/07
RV/0596-I/07

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bwin., vom gegen den Bescheid vom betreffend Aufhebung der Berufungsvorentscheidung betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2004 vom gemäß § 299 BAO, über den Vorlageantrag vom betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2004 sowie über die Berufung vom gegen den Bescheid vom betreffend Aufhebung des Bescheides betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2005 vom gemäß § 299 BAO und den Bescheid vom betreffend Einkommensteuer 2005, sämtliche Bescheide erlassen vom Finanzamt Kitzbühel Lienz, entschieden:

Den Berufungen vom und betreffend die Bescheide vom und über die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Berufungsvorentscheidung betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2004 vom und des Bescheides betreffend die Einkommensteuer 2005 vom wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Der Vorlageantrag vom betreffend die Einkommensteuer 2004 wird gemäß § 273 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, als verspätet zurückgewiesen. Die Berufung vom gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vom wird gemäß § 273 Abs. 1 BAO, BGBl Nr. 1961/194 idgF, als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

1) Die Berufungswerberin bezieht nichtselbständige Einkünfte, welche in den Berufungsjahren € 16.597,46 (2004) und € 24.389,03 (2005) betrugen. Bei der Einkommensteuerveranlagung des Jahres 2004 (Bescheid vom ) verwehrte die Abgabenbehörde erster Instanz den Abzug der geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten, weil die Wegverlegung des Wohnsitzes vom Beschäftigungsort aus privaten Gründen erfolgt sei.

In der dagegen erhobenen Berufung vom brachte die Berufungswerberin vor, dass ihr Gatte eine eigene Firma mit Firmensitz in Italien, Aprilia Marittima/L. habe und hiedurch ein maßgebliches Einkommen von mehr als € 2.200,-- im Jahr erziele. Seine selbständige Tätigkeit beziehe sich hauptsächlich auf die Zeit Ende Februar bis Anfang November eines Jahres. Es sei für ihn nicht zumutbar, seinen Wohnsitz / ihren Familienwohnsitz nach X.zu verlegen. In der Zwischensaison halte er sich ebenfalls in X. auf, wo er seit 12/2002 mit 2. Wohnsitz gemeldet sei. Die Berufungswerberin und ihr Gatte hätten erstmals in Italien/L. einen gemeinsamen Haushalt gegründet, diese Wohnung sei ihre gemeinsame Wohnung. Die Berufungswerberin fahre regelmäßig am Freitag nach Arbeitsschluss zu ihrem Mann und kehre so spät als möglich am Sonntag abends zwecks Arbeitsbeginn montags wieder nach X.. Jede freie Zeit und jeden Urlaubstag sei sie bei ihrem Mann, welcher durch seine selbständige Erwerbstätigkeit nicht in der Lage sei, zwischenzeitlich nach X. zu kommen. Die tägliche Rückkehr nach L. sei mit 285 km und einer durchschnittlichen Fahrzeit von 3 ¾ Stunden in einer Richtung absolut nicht zumutbar. Als Indiz dafür, dass es sich bei der Wohnung in L. um den Familienwohnsitz handle, brachte die Berufungswerberin vor, dass sie zwar noch keine Kinder hätten, aber ihre in die Beziehung mitgebrachten beiden Katzen mit ihrem Mann Ende Februar mit nach Italien kämen und erst mit dessen Arbeitsende wieder nach X.. Der Lebensmittelpunkt der Berufungswerberin sei bei ihrem Gatten. An tatsächlich durchgeführten Familienheimfahrten listete die Berufungswerberin die nachfolgend wiedergegebenen Reisebewegungen von X. nach L. und zurück auf:


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Nach Einholung der in Italien eingereichten Steuererklärung des Gatten zum Nachweis der angeführten maßgeblichen Einkünfte des Ehegatten aus dessen italienischem Betrieb, welche in der Erklärung mit € 7.491 ausgewiesen sind, entsprach die Abgabenbehörde erster Instanz dem Berufungsbegehren dem Grunde nach und brachte in der Berufungsvorentscheidung vom die Kosten für doppelte Haushaltsführung (5 Monatsmieten für die von der Berufungswerberin gemietete BUWOG-Wohnung in Höhe von € 1.288,71) und Familienheimfahrten, letztere jedoch begrenzt mit dem höchsten Pendlerpauschale von monatlich € 201,75, sohin mit € 1.815,75, als Werbungskosten zum Abzug.

Mit Bescheid vom behob die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2004 vom . Der Aufhebungsbescheid wurde damit begründet, dass die Abgabenbehörde erster Instanz gemäß § 299 Abs. 1 BAO auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben könne, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweise.

In der am gleichen Tag erlassenen (neuen) Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2004 wurden die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten zur Gänze nicht mehr anerkannt. In der Begründung der (neuen) Berufungsvorentscheidung wurde hierzu ausgeführt:

"Kosten, die sich aus der Wahl des Wohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort ergeben, insbesondere der Mehraufwand für Fahrten zwischen Wohnung und Beschäftigungsort, können nicht als absetzbar angesehen werden, weil eine solche Wahl des Wohnsitzes in der Regel durch persönliche Gründe bedingt ist und daher zur Sphäre der privaten Lebensführung gehört. ().

Für die steuerliche Absetzbarkeit der Kosten der doppelten Haushaltsführung ist ausschließlich entscheidend, dass die Wegverlegung des Wohnsitzes vom Ort der Tätigkeit ihre Veranlassung in der Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen hat. Im gegenständlichen Fall erfolgt die (vorübergehende) Wegverlegung des Familienwohnsitzes aufgrund der Berufstätigkeit des Gatten in Italien und steht daher mit Ihrer Berufstätigkeit nicht in Zusammenhang. Eine Berücksichtigung der Kosten für die doppelte Haushaltsführung ist daher nicht möglich."

Die Berufungswerberin bekämpfte mit Schriftsatz vom sowohl den Aufhebungsbescheid vom als auch die (neue) Berufungsvorentscheidung vom . Sie verweist zur Begründung auf Rz 347 der Lohnsteuerrichtlinien, wonach bei erstmaliger Gründung eines gemeinsamen Familienwohnsitzes am Beschäftigungsort des einen (Ehe)Partners Aufwendungen des anderen (Ehe)Partners, welche erwachsen, weil auf Grund der Beibehaltung der bisherigen Erwerbstätigkeit auch der bisherige Wohnsitz beibehalten wurde, als Werbungskosten abzugsfähig sind, und auf die dieser Rechtsansicht folgenden Entscheidung des . Zum Sachverhalt führte die Berufungswerberin noch an, dass sie ihren Gatten seit dem Winter 2002 kenne und bereits 2002 regelmäßig zu ihrem Freund gependelt sei. Als beide sich ihrer sicher gewesen seien, hätte sie anfangs 2003 gemeinsam die Wohnung in Italien hergerichtet und es sei kein Freizeitvergnügen mehr gewesen, zum Freund, inzwischen Lebensgefährten, zu fahren. Die Berufungswerberin habe dort gewohnt und beide hätten dort gemeinsam gelebt. Die Berufungswerberin betonte, dass dies ihr Lebensmittelpunkt sei.

2) Am reichte die Berufungswerberin die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2005 ein, worin sie Aufwendungen in Höhe von € 4.148,98 für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten beantragte. Diese setzten sich aus den Mietaufwendungen für 9 Monate in Höhe von € 2.333,23 und Fahrtaufwendungen in Höhe des monatlichen Pendlerpauschales von 201,75 für ebenfalls 9 Monate (€ 1815,75) zusammen. Die Familienheimfahrten sind nach der beigebrachten Auflistung wie folgt vorgenommen worden:


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Zum Nachweis der in Italien erzielten Einkünfte des Ehegatten legte die Berufungswerberin dessen Steuererklärung für das Jahr 2006 vor. Darin ist das Einkommen des Unternehmers mit € 849,00 ausgewiesen, wozu die Berufungswerberin in einem Beiblatt um Parteiengehör ersuchte. Die Abgabenbehörde vermerkte auf der Rückseite des Beiblattes, dass es sich nach den Angaben der Berufungswerberin beim Jahr 2005 um ein schlechtes Wirtschaftsjahr gehandelt habe, da ein Hauptkunde weggefallen sei, das Unternehmen der "Bootsbetreuung" aber in 2006 besser laufe.

Die Abgabenbehörde erster Instanz berücksichtigte bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2005 die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten erklärungsgemäß. Der hierüber ergangene Einkommensteuerbescheid vom wurde mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO unter gleichzeitiger Erlassung eines neuen Erstbescheides betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2005, in welchem diese Kosten nicht mehr zum Abzug kamen, aufgehoben. Die Begründungen der beiden Bescheide sind gleichlautend wie jene das Jahr 2004 betreffenden Bescheide vom . In der Begründung zum Aufhebungsbescheid führte die Abgabenbehörde zudem aus, dass die Aufhebung unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsinteressen (§ 20 BAO) erfolgt sei. Im vorliegenden Fall überwiege das öffentliche Interesse an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung das Interesse auf Rechtsbeständigkeit und die steuerlichen Auswirkungen könnten nicht als geringfügig angesehen werden.

In der gegen beide, nach dem belegten (Eingabe vom ) Vorbringen der Berufungswerberin nach einem 6-wöchigen Auslandsaufenthalt am zugestellten, Bescheide eingelegten Berufung vom verwies die Berufungswerberin auf die Ausführungen im Rechtsmittel vom und ergänzte den Sachverhalt um den Umstand, dass ihr Freund seit ihr Gatte sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

1) Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO:

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 124/2003 kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Der Inhalt eines Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Die Aufhebung setzt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht (Ritz, BAO³, § 299 Tz 13 mwN). Daraus folgt, dass die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit grundsätzlich die vorhergehende Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraussetzt (vgl. zu § 299 aF zB ; , 98/15/0123). Dies gilt nach der geltenden Rechtslage umso mehr, als nach § 299 Abs. 2 BAO idF BGBl. I Nr. 124/2003 der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid gleichzeitig mit dem Aufhebungsbescheid zu erlassen ist.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 BAO ist in der Begründung des Aufhebungsbescheides darzulegen (). Die Abgabenbehörde hat demgegenüber - abgesehen von der vorangeführten Begründung zur Ermessensübung in Bezug auf das Jahr 2005 - lediglich den Text von § 299 Abs. 1 BAO zitiert. Aus den Begründungen zu den gleichzeitig mit den bekämpften Aufhebungsbescheiden erlassenen neuen Sachbescheiden kann entnommen werden, dass die Abgabenbehörde erster Instanz es (nunmehr) als rechtsrichtig erachte, dass die Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung nicht als Werbungskosten anzuerkennen seien. Dies deshalb, weil die Wahl des Wohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort in der Regel durch persönliche Gründe bedingt ist und daher zur Sphäre der privaten Lebensführung gehöre. Entscheidend sei, ob die Veranlassung zur Wegverlegung des Wohnsitzes vom Ort der Tätigkeit ihre Veranlassung in der Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen habe. Im gegenständlichen Fall stehe die Wegverlegung des Familienwohnsitzes aber mit der Berufstätigkeit des Ehegatten in Italien und nicht mit der Berufstätigkeit der Berufungswerberin in Zusammenhang.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e leg. cit. dürfen Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz ( Familienheimfahrten ), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c angeführten Betrag übersteigen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt erkannt, dass die Beibehaltung eines (Familien)Wohnsitzes aus der Sicht der Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Anders jedoch als nach der von der Abgabenbehörde erster Instanz vertretenen Rechtsabsicht ist damit aber nicht von vornherein das Schicksal der durch die doppelte Haushaltsführung begründeten Aufwendungen als nicht abzugsfähiger Privataufwand besiegelt. Denn wie das Höchstgericht in ständiger Rechtsprechung (E vom , 2005/13/0037, vom , 2003/14/0104, vom , 2006/14/0038) weiters vertritt, gelten Aufwendungen für Familienheimfahrten und eine doppelte Haushaltsführung so lange als durch die Einkunftserzielung veranlasst und sind damit als Werbungskosten absetzbar, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit kann dabei ihre Ursache insbesondere in der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen oder in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Ehepartners bzw. Partners einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft haben (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0047). Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (; v. , 2005/14/0039), sodass die Voraussetzungen für die steuerlicher Anerkennung der im Halten eines vom Beschäftigungsort entfernten (Familien)wohnsitzes begründeten Aufwendungen gegeben sind, wenn in einem Streitjahr die Verlegung des Wohnsitzes - etwa im Hinblick auf die dort wohnhafte, berufstätige Ehefrau - unzumutbar ist, auch wenn in einem früheren Zeitraum diese Voraussetzungen nicht vorgelegen sein sollten (; v. , 2006/15/0047) .

Gerade jener Grund also, den die Abgabenbehörde in ihren Ausführungen zu den neu erlassenen Sachbescheiden als entscheidend für die Nichtberücksichtigung der beantragten Aufwendungen ansieht, nämlich die Erwerbstätigkeit des Ehegatten, wird von der ständigen Rechtsprechung als Ursache einer auch steuerlich maßgeblichen Unzumutbarkeit von Maßnahmen zur Vermeidung solcher durch die unübliche Entfernung zwischen Wohnort und Beschäftigungsort entstehenden Kosten angesehen. Nur dann, wenn sich aus dem Sachverhalt ergäbe, dass es sich bei dem in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort bestehenden Wohnsitz gar nicht um den Familienwohnsitz handelte oder sich die Erwerbstätigkeit des Gatten so gestaltete, dass sie mangels entsprechender daraus erwirtschafteter Einkünfte und Beiträge zum Familieneinkommen nicht als gewichtiger objektiver Grund im Sinne der Rechtsprechung beurteilt werden könnte, erwiese sich der Spruch der Abgabenbehörde erster Instanz als im Ergebnis dennoch zutreffend.

Zur Frage, welcher der beiden Wohnsitze (X. oder L.) den Familienwohnsitz darstellte, ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Abgabenbehörde erster Instanz in den Begründungen zu den neuen Sachbescheiden selbst die Ansicht vertritt, es handle sich bei dem Wohnsitz in L. um den Familienwohnsitz. Sie bezeichnet diesen ausdrücklich als solchen und setzt sich mit dem Motiv der Wahl des Wohnsitzes in L. als Familienwohnsitz auseinander. Der Familienwohnsitz ist jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehepartner oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser beiden Personen bildet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/15/0006). Die Abgabenbehörde ging daher implizit auch davon aus, dass beide Partner ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen am gleichen Ort hatten und sich dieser am Wohnsitz in L. befand. Solcherart wird das Berufungsvorbringen nicht zuletzt auch dadurch gestützt, dass die Abgabenbehörde bei den die Streitjahre betreffenden Veranlagungen des Partners der Berufungswerberin (jene für das Jahr 2005 erging am wenige Tage vor der Erlassung des hier strittigen Aufhebungsbescheides betreffend die Einkommensteuer 2004) lediglich die in den Wintermonaten in Österreich erzielten Einkünfte zur Besteuerung heranzog. Nach Art. 23 Abs. 3 lit. a DBA des Doppelbesteuerungsabkommens vom zwischen der Republik Österreich und der Republik Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 125/1985 (im Folgenden: DBA), wäre nämlich andernfalls der Republik Österreich das Recht eingeräumt gewesen, die in Italien erzielten gewerblichen Einkünfte unter Anrechnung der in Italien gezahlten Steuer vom Einkommen der Einkommensteuer zu unterziehen. Ansässig im Sinne des Art. 23. Abs. 3 lit. a DBA ist nach Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA eine Person, welche aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthaltes, des Ortes der Geschäftsleitung oder eines ähnlichen Merkmales in beiden Vertragsstaaten steuerpflichtig ist (Art. 4 Abs. 1 DBA) und - wie im vorliegenden Fall - in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte verfügt, in jenem Vertragsstaat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen). Da ein Sachverhalt örtlich getrennter Mittelpunkte der Lebensinteressen von der Abgabenbehörde weder festgestellt noch behauptet wurde, sondern im Gegenteil hierzu die Begründungen der neuen Sachbescheide auf das Bestehen des Familienwohnsitzes in L. abstellen, bestätigt die Behandlung des Partners der Berufungswerberin als in Italien ansässig auch den in Italien gelegenen Familienwohnsitz auf Seiten der Berufungswerberin.

Die von der Behörde unwidersprochen gebliebene Aktenlage bietet ebenfalls keine widersprechenden Anhaltspunkte. Das Vorbringen, wonach die Wohnung in L. zu Anfang des Jahres 2003 hergerichtet wurde, steht in zeitlichem Zusammenhang mit dem Eingehen der Lebenspartnerschaft der Berufungswerberin und spricht dafür, dass der Wohnsitz ausgestaltet wurde und längerfristig ausgelegt war. Die Berufungswerberin pendelte in den Streitjahren jeweils von Ende März bis Anfang November nach L. und die Häufigkeit der Fahrtbewegungen sowie ihre Dauer und zeitliche Lagerung unter Bedachtnahme auf Fenster- und Feiertage spiegeln die Berufungsausführungen wieder, wonach sie so weit als möglich die Freizeit und Urlaubstage bei ihrem Gatten in L. verbracht habe. Der Einwand, dass der Gatte auf Grund der Art seiner Erwerbstätigkeit seinerseits nicht nach X. pendeln konnte, ist nachvollziehbar, denn der Gegenstand seiner Betätigung bestand in der Bootsbetreuung in der Aprilia Marittima, dem für Urlaubstörns in die Adria idealen, größten nautischen Komplex Europas mit eigenständigem Sportboothafen (Aktenvermerk der Abgabenbehörde zur Einkommensteuererklärung 2005, http://www.apriliamarittima.com/de/n_index.php). Berücksichtigt man weiters, dass die Erwerbstätigkeit des Partners der Berufungswerberin sich jeweils über 8 zusammenhängende Monate im Jahr erstreckte, ist die Behauptung des Entschlusses zur Errichtung des gemeinsamen Familienwohnsitzes an dem in Italien gelegenen Wohnsitz aus Gründen der Erwerbstätigkeit des dort tätigen Partners nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Auch die Übersiedlung der Haustiere der Berufungswerberin nach L. fügt sich solcherart als stimmiges Sachverhaltselement in das Gesamtbild der Verhältnisse.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine berufliche Veranlassung des Bestehens eines Wohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort dann angenommen werden, wenn der Grund in der Erwerbstätigkeit des Partners gelegen ist und dieser Einkünfte in steuerlich relevanter Höhe erzielt (, 95/14/0059). Das Höchstgericht anerkannte Erwerbseinkünfte des (Ehe)Partners in Höhe von ATS 20.000 (E vom , 96/15/0006, vom , 2004/15/0102, vom , 2001/14/0157) als solche von steuerlich relevanter Größe. In valorisierender Anlehnung an diesen Richtwert gehen die LStRL in Rz 344 von maßgeblichen Einkünften des (Ehe)Partners dann aus, wenn diese den Betrag von € 2.200 übersteigen. Liegen die Einkünfte des (Ehe)Partners unter dieser Grenze, ist deren Relevanz nach der Relation zum Familieneinkommen zu beurteilen (), wobei sie nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann zu vernachlässigen sind, wenn sie - bei einer über die unmittelbaren Streitjahre hinausgehenden Betrachtung der Betätigung des Partners der Art und regelmäßigen Ertragslage nach - deutlich unter einem Zehntel der Einkünfte des anderen Partners liegen (VwGH v , 2003/13/0154).

Den beigebrachten Steuererklärungen zufolge erzielte der Partner der Berufungswerberin italienische Einkünfte in Höhe von € 7.491 in 2004 und € 849 in 2005. Bezogen auf die beiden Streitjahre überstiegen die vom Lebensgefährten bzw. Ehegatten der Berufungswerberin erzielten Einkünfte sohin deutlich sowohl die erwähnte absolute Betragsgrenze (€ 4.400) als auch den als Mindestrelation zum Einkommen der Berufungswerberin judizierten Richtwert von 10 v.H. der Einkünfte des Steuerpflichtigen (Einkünfte der Berufungswerberin € 40.986,49, italienische Einkünfte des Partners € 8.340; Verhältnis der italienischen Einkünfte des Partners zu den Einkünften der Berufungswerberin 20,35 v.H.), sodass sich die Erwerbstätigkeit des Ehegatten als ein die steuerliche Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen tragender Grund im Sinne der Rechtsprechung darstellt. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ergibt sich aus der isolierten Betrachtung der vom Partner der Berufungswerberin im Jahr 2005 erzielten italienischen Einkünfte für sich allein keine andere Beurteilung. Die Einkünfte des Partners der Berufungswerberin stellen Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar, welche der Einkunftsart gemäß in den einzelnen Wirtschaftsjahren durchaus Schwankungen unterlegen sein können. Die Berufungswerberin begründete des Absinken des Gewinnes im Jahr 2005 mit dem Wegfall eines Hauptkunden. In Übereinstimmung damit weisen die italienischen Abgabenerklärungen (nur) im Jahr 2005 Aquisitionsaufwendungen in Höhe von € 1.878 aus und lässt sich das Absinken des Gewinnes auf den Entfall von Einnahmen zurückführen. Diese betrugen im Streitzeitraum trotz des Entfalls des Hauptkunden € 27.932 und sprechen im Zusammenhalt mit Gegenstand und Sitz des Unternehmens ebenfalls für das Vorliegen einer steuerlich relevanten Einkunftsquelle. Gegenteilige Feststellungen hat die Abgabenbehörde auch nicht getroffen oder behauptet.

Zusammenfassend ersetzte die Abgabenbehörde erster Instanz sohin bei Erlassung der bekämpften Aufhebungsbescheide die in die aufgehobenen Bescheide eingeflossene Rechtsauffassung, wonach die Erwerbstätigkeit des Partners des Steuerpflichtigen die Abzugsfähigkeit von Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung zu begründen vermag, durch die nach Lehre und Rechtsprechung nicht zutreffende Rechtsmeinung, dass die Verursachung dieser Kosten wegen der Erwerbstätigkeit des Gatten, weil nicht in der eigenen Erwerbstätigkeit gelegen, zum Ausschluss der Abzugsfähigkeit der Kosten führt. Die vom Gesetzgeber in § 299 Abs. 1 BAO als (einzig) zulässiger Aufhebungsgrund normierte inhaltliche Rechtswidrigkeit der aufzuhebenden Bescheide lag demnach nicht vor, weshalb die Bescheide gemäß § 299 BAO vom betreffend die Berufungsvorentscheidung hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2004 und vom betreffend Einkommensteuer 2005 aufzuheben waren. Sollte die Abgabenbehörde erster Instanz jedoch - wofür sich aus der vorliegenden Aktenlage kein Anhaltspunkt bietet - Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit des aktenkundigen Sachverhaltes gehabt haben und diesen nicht mittels weiteren Erhebungen nachgegangen sein, weil sie der Meinung war, die Rechtssache sei bereits dadurch entschieden, dass die Ursache der doppelten Haushaltsführung in der Erwerbstätigkeit des (Ehe)Partners der Berufungswerberin gelegen ist, so kann dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis führen. Wie schon eingangs dargelegt, hat eine Maßnahme nach § 299 BAO nämlich zur weiteren Voraussetzung, dass Gewissheit über das Bestehen einer Rechtswidrigkeit vorliegt, was nur bei vollständig geklärtem Sachverhalt möglich ist.

2) Berufungsvorentscheidung vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2004 und Bescheid vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005

Gemäß § 299 Abs. 3 BAO tritt durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat. Mit der Aufhebung des aufhebenden Bescheides scheidet ein mit diesem verbundener, einen aufgehobenen Bescheid ersetzender Bescheid aus dem Rechtsbestand aus. Die Berufung vom gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vom war sohin als unzulässig zurückzuweisen. Hinsichtlich der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2004 scheidet die Berufungsvorentscheidung vom aus dem Rechtsbestand aus und lebt die Berufungsvorentscheidung vom wieder auf. Der Vorlageantrag vom erweist sich dadurch als verspätet und war deshalb ebenfalls zurückzuweisen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 273 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte
Aufhebung gem. § 299 BAO
inhaltliche Rechtswidrigkeit
Familienheimfahrten
doppelte Haushaltsführung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at