Erlassung eines "modifizierten" Bescheides
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat in der Finanzstrafsache gegen den Bf., vertreten durch Dr. Hannes Paulweber, wegen Verdachtes der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom betreffend die Einleitung des Finanzstrafverfahrens (§ 82 Abs. 3 FinStrG) gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG
zu Recht erkannt: Der angefochtene Einleitungsbescheid vom wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit dem Bescheid vom leitete das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Bf. ein Finanzstrafverfahren nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ein, weil der Verdacht bestehe, er habe als faktischer Machthaber der M GmbH vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer (Vorauszahlungen und Gutschriften) für den Zeitraum 3-10/2002 in vorerst unbekannter Höhe bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.
Der Einleitungsbescheid wurde dem Bf. mittels RSa-Kuvert an die im Zentralen Melderegister als Hauptwohnsitz ausgewiesene Adresse zugestellt. Nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 9. und wurde das Schriftstück ab beim Postamt X zur Abholung bereit gehalten, vom Bf. aber nicht behoben.
Mit dem Bescheid vom setzte das Finanzamt am Abgabenkonto der M GmbH die Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume 4-8/2002 mit 22.008,06 € fest.
Am erließ das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz einen "modifizierten" Bescheid, in dem es gegen den Bf. ein Finanzstrafverfahren nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG einleitete, weil der Verdacht bestehe, dieser habe als faktischer Machthaber der M GmbH vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer (Vorauszahlungen und Gutschriften) für den Zeitraum 4-8/2002 in der Höhe von 22.008,06 € bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.
Gegen diesen, über Ersuchen der Finanzstrafbehörde von der Bundespolizeidirektion Innsbruck am zugestellten Bescheid erhob der Bf. durch seinen Vertreter in der Eingabe vom das Rechtsmittel der Beschwerde.
Den vorgelegten Strafakten kann entnommen werden, dass der Bf. im Vorverfahren die Annahme amtlicher Schriftstücke grundsätzlich verweigert hat.
Mit dem Vorhalt vom ersuchte die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz den Bf., zur Zustellung des Einleitungsbescheides vom am Stellung zu beziehen. Der Vorhalt blieb unbeantwortet.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Vorweg ist zu prüfen, ob der Einleitungsbescheid vom dem Bf. rechtswirksam zugestellt wurde.
Kann gemäß § 17 Abs. 1 ZustellG die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen.
Im vorliegenden Fall wurde das Schriftstück nach zwei erfolglosen Zustellversuchen ab beim Postamt X zur Abholung bereit gehalten, vom Bf. aber nicht behoben.
Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte (§ 17 Abs. 3 ZustellG).
Die Zustellung des Einleitungsbescheides vom erfolgte am , da die Sendung an diesem Tag erstmals am Postamt zur Abholung bereit gehalten wurde. Da seitens des Bf. weder Einwändungen gegen die Zustelladresse vorgebracht wurden noch geltend gemacht wurde, der Bf. habe wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen können, ist von einer rechtmäßigen Zustellung des Einleitungsbescheides vom auszugehen. Daran ändert nichts, dass sich der Bf. weigert, amtliche Schriftstücke zu übernehmen und die Sendung nicht behoben hat. Der Bescheid erwuchs, da er nicht angefochten wurde, in Rechtskraft.
Mit dem "modifizierten" Bescheid vom erließ die Finanzstrafbehörde erster Instanz erneut einen Bescheid, mit dem gegen den Bf. als faktischen Machthaber der M GmbH über die Voranmeldungszeiträume 4-8/2002 ein Finanzstrafverfahren nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eingeleitet wurde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss der strafbestimmende Wertbetrag nicht bereits im Einleitungsbescheid in jener Höhe angeführt werden, die dem später zu erlassenden Straferkenntnis entspricht (), weshalb die fehlende Anführung des strafbestimmenden Wertbetrages der Erledigung vom nicht die Bescheideigenschaft nimmt. Andererseits wurde dem Bf. die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages nicht durch eine bloße Mitteilung, sondern erneut in Bescheidform bekannt gegeben.
Die Rechtskraft eines Bescheides bewirkt bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage das Prozeßhindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache. Ist ein Bescheid unanfechtbar und unwiderrufbar geworden, so entfaltet er die Wirkung, dass die mit ihm erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann; diese Rechtswirkung wird Unwiederholbarkeit genannt ().
Da der Bescheid vom in Rechtskraft erwachsen ist, verstößt der angefochtene Bescheid vom gegen den auch im Bereich des Finanzstrafgesetzes geltenden Grundsatz "ne bis in idem", weil mit ihm nicht neuerlich über die erledigte Sache entschieden werden konnte.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 FinStrG ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss -abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich dem Amtsbeauftragten das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt.
Graz,
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 82 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 17 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 17 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 |
Schlagworte | Zustellung Hinterlegung rechtskräftig entschiedene Sache Unwiederholbarkeit |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at